VwGH 84/14/0035

VwGH84/14/003522.1.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schöller, über die Beschwerde des GK in G, vertreten durch Dr. Emil Soucek, Rechtsanwalt in Graz, Friedrichgasse 6/V, legen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 17. Jänner 1984, Zl. 29-3/84, betreffend Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §20 Abs1 Z3;
EStG 1972 §20 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1982 im Zusammenhang mit seiner Funktion als Bezirksvorsteher eines Grazer Gemeindebezirkes den Abzug von Werbungskosten in Höhe von insgesamt

S

94.421,--,

darunter

S

3.600,--

Kosten eines Arbeitsraumes,

S

1.185,--

für eine Tageszeitung,

S

5.000,--

Parteispende,

S

12.492,--

für Wahlveranstaltungen (Spenden), Pokale und Medaillen

weitere Kosten in Höhe von

S

10.756,--

anläßlich einer Besichtigung des Flughafens Thalerhof

sowie Bewirtungsspesen in Höhe von

S

27.469,--.

 

Das Finanzamt gewährte dem Beschwerdeführer bei der Einkommensteuerveranlagung für 1982 jedoch nur den Werbungskostenpauschbetrag gemäß § 16 Abs. 5 EStG 1972 in Höhe von S 40.000,--. Den Abzug höherer Werbungskosten versagte das Finanzamt unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer dagegen ein, als politischem Funktionär stünden ihm ansonsten regelmäßig unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 EStG 1972 fallende Aufwendungen wie "Parteisteuern", Eintrittsgelder anläßlich der Teilnahme an kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen und im Zusammenhang damit stehende Fahrtkosten, Fernsprechgebühren, Blumenspenden und ähnliche Ehrengaben (z.B. Stiftung eines Pokals) als Werbungskosten zu, weil sich ein unmittelbarer, ursächlicher Zusammenhang mit den Einnahmen in diesen Fällen nicht in Abrede stellen lasse. Die diesen Voraussetzungen entsprechenden Werbungskosten des Beschwerdeführers seien zur Gänze belegt und daher in voller Höhe abzugsfähig. Der Beschwerdeführer berief sich dabei auf einschlägiges Schrifttum (Hofstätter-Reichel, Kommentar zum EStG 1972, § 16 Abs. 4 bis 6, Tz 3, sowie § 29, Tz 7).

Das Finanzamt gab der Berufung des Beschwerdeführers mit Berufungsvorentscheidung teilweise statt und ließ lediglich folgende Positionen nicht zum Abzug als Werbungskosten zu:

Arbeitsraum

S

3.600,--

Tageszeitung

S

1.185,--

Spenden und Pokale

S

1.221,--

Spende für Maturaball

S

200,--

Zuwendung für den Bezirk

S

5.000,--

Flughafen-Besichtigung

S

9.666,--.

Mit dem angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde besagte Berufungsvorentscheidung gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts. Diese Rechtswidrigkeit erblickte die belangte Behörde darin, daß das Finanzamt im Rechtsmittelverfahren Kosten für Medaillen und damit zusammenhängende Feiern von S 11.271,-- sowie die genannten Bewirtungsspesen von S 27.469,-- als Werbungskosten anerkannt hatte. Da aber auch derartige Kosten grundsätzlich dem Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 bzw. Z. 3 EStG 1972 unterlägen, erweise sich die Berufungsvorentscheidung als inhaltlich rechtswidrig, so daß sie aus Zweckmäßigkeitsgründen, vor allem im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, aufzuheben gewesen sei.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Behebung der Berufungsvorentscheidung durch die Oberbehörde gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht darüber zu befinden, ob ihm der Abzug von Werbungskosten zu Unrecht versagt wurden, sondern allein darüber, ob dem Beschwerdeführer mit der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Werbungskosten zuerkannt wurden die im Sinne des angefochtenen Bescheides rechtens nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, und ob deshalb die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung zu Recht aufgehoben hat. Unter diesem Gesichtspunkt und unter Bedachtnahme auf die Gründe, aus denen der angefochtene Bescheid die Berufungsvorentscheidung für rechtswidrig erachtet, kann vor dem Verwaltungsgerichtshof allein in Frage stehen, ob das Finanzamt die Kosten für Medaillen und damit zusammenhängende Feiern (Getränkekonsumation) im Betrag von S 11.271,-- und die Bewirtungsspesen von S 27.469,-- als Werbungskosten anerkennen durfte. Diese Frage ist anhand der Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z. 2 und 3 EStG 1972 zu lösen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. dürfen die Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, auch wenn die Aufwendungen zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Diesem Abzugsverbot wurden bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 636/1975 auch Repräsentationsaufwendungen unterstellt (siehe Hofstätter-Reichel, a.a.O., 20 Tz 5). Repräsentationsaufwand war bis dahin nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allerdings unter gewissen Voraussetzungen abzugsfähig, wenn nämlich

a) der Aufwand jenen überstieg, der bei Steuerpflichtigen in ähnlicher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Stellung sonst üblich ist; abzugsfähig war nur der Mehrbetrag;

b) der Beweis erbracht wurde, daß jener Mehraufwand unvermeidlich ist, um die Erwerbung oder den Fortbezug der Einkünfte zu sichern;

c) der Aufwand ordnungsgemäß belegt war (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1984, Zl. 83/13/0046).

Das Bundesgesetz BGBl. Nr. 636/1975 fügte nun (ab 1976) in § 20 Abs. 1 EStG 1972 eine Ziffer 3) ein, nach deren für den Beschwerdefall maßgeblichen Teil "Repräsentationsaufwendungen, wie insbesondere Aufwendungen anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden", als nicht abzugsfähig erklärt wurden. Der Gesetzgeber hat sohin Repräsentationsaufwendungen in einem Sondertatbestand aus den Aufwendungen für die Lebensführung er (Z. 2) herausgehoben. Damit sollte nach den Gesetzesmaterialien (17 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIV. GP) ein generelles Abzugsverbot für Repräsentationsspesen geschaffen werden. Bezüglich der in Z. 3 beispielhaft angeführten "Aufwendungen anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden" brachte der Verwaltungsgerichtshof dementsprechend in seinen Erkenntnissen vom 31. Mai 1983, Zlen. 83/14/0008, 0015 und 0016, und vom 23. Mai 1984, Zl. 83/13/0046, zum Ausdruck, daß den Gründen, die den Abgabepflichtigen veranlassen, einen solchen Aufwand zu tragen, keine Bedeutung zukommt und es daher auch unmaßgeblich ist, ob sich der Abgabepflichtige der Bewirtung seiner Geschäftsfreunde entziehen kann bzw. ob die Bewirtung ausschließlich im betrieblichen Interesse liegt oder ob dies nicht der Fall ist.

Die gleichen Überlegungen gelten im Grunde für alle Repräsentationsaufwendungen schlechthin, die in bezug auf die Aufwendungen anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden ja nur ein Beispiel darstellen. Sie unterliegen entsprechend den Intentionen des Gesetzgebers einem generellen Abzugsverbot ohne Rücksicht auf ihre Veranlassung, ihre Zwangsläufigkeit und ein gegebenes betriebliches (berufliches) Interesse.

Der Begriff der Repräsentationsaufwendungen ist allerdings im Gesetz nur beispielhaft (mit den genannten Bewirtungsspesen), aber nicht umfassend umschrieben. Zur Bestimmung des allgemeinen Begriffes der Repräsentationsaufwendungen ist zunächst festzuhalten, daß sich das Abzugsverbot für diese Aufwendungen in § 20 EStG 1972 findet und daher alle Einkunftsarten betrifft. Weiters ist zu beachten, daß das Bundesgesetz BGBl. Nr. 636/1975 bereits einen in Schrifttum und Rechtsprechung weitgehend vorgeprägten Repräsentationsaufwandsbegriff vorfand (siehe nochmals die letztgenannte Belegstelle bei Hofstätter-Reichel, a. a.O.) und wohl auch an diesen Begriff anschloß, wofür der im Gesetz beispielhaft erwähnte, sich im Rahmen des vorgeprägten Repräsentationsaufwandsbegriffes haltende Aufwand anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden spricht. Berücksichtigt man die Stellung des § 20 Abs. 1 Z. 3 im Aufbau des Einkommensteuergesetzes 1972 sowie den in Schrifttum und Rechtsprechung entwickelten Begriff der Repräsentationsaufwendungen im Zusammenhalt mit der eigentümlichen Bedeutung dieses Wortes, so sind darunter alle Aufwendungen zu verstehen, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen bedingt bzw. im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtige Einkünfte bewirkenden Einnahmen anfielen, aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern, es ihm also ermöglichen, zu "repräsentieren".

Das gesellschaftliche Ansehen fördert aber nicht nur die Bewirtung, die ein Unternehmer Geschäftsfreunden, sondern gleichermaßen die Bewirtung, die ein politischer Funktionär anderen Personen welcher Art immer - möglichen Wählern, anderen politischen Funktionären usw. - zuteil werden läßt. Eine andere Betrachtung wäre lediglich bei der Bewirtung von Arbeitnehmern des politischen Funktionärs denkbar (siehe nochmals das Erkenntnis vom 31. Mai 1983); der vorliegende Sachverhalt bietet zu einer solchen Betrachtung allerdings keinerlei Anlaß. Ebenfalls nicht nur beruflichen Interessen, sondern auch seinem (eigenen) gesellschaftlichen Ansehen dienen weiters Ehrungen Dritter, die ein politischer Funktionär vornimmt Das bedeutet für den Beschwerdefall, daß das Finanzamt zu Unrecht sowohl die Aufwendungen des Beschwerdeführers für Bewirtungen als auch für Medaillen als Werbungskosten anerkannte, wobei aus der Einkommensteuererklärung und ihren Beilagen hervorgeht, daß es sich bei besagten Medaillen vorwiegend um silberne Papstmedaillen handelte. Für diese käme auch das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 in Betracht.

Soweit der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 11. November 1981, Zl. 13/1536/78, und die daraus abgeleiteten Folgerungen bei Hofstätter-Reichel, a.a.O., § 16 Abs. 4 bis 6, Tz 3, hinweist, ist zu bemerken, daß dieses Erkenntnis zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 636/1975 ergangen ist, abgesehen davon, daß es auch kaum für den Beschwerdefall einschlägige Aussagen enthält.

Was die Ausübung des in § 299 BAO der Oberbehörde eingeräumten Ermessens betrifft, so hat die belangte Behörde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hinreichend begründet, warum sie von ihrem Behebungsrecht Gebrauch machte, wenn sie das Interesse an der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ins Treffen führte.

Die belangte Behörde hat sohin zu Recht eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der Berufungsvorentscheidung angenommen und daher diesen Bescheid gemäß § 299 Abs. 2 BAO auch zu Recht aufgehoben. Damit erweist sich aber die Beschwerde als unbegründet, so daß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 22. Jänner 1985

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