VwGH 87/12/0179

VwGH87/12/01796.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungsrat Dr. Fischer, über die Beschwerde des JU in A, vertreten durch Dr. Roland Paumgarten, Rechtsanwalt in Kufstein, Oberer Stadtplatz 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 3. November 1987, Zl. 26 2410/1‑VI/2/87, betreffend Entfall von Bezügen, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §51 Abs2
GehG 1956 §13 Abs3 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987120179.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Zollamt K, wo er als Abfertigungsbeamter eingesetzt wird. In dieser Eigenschaft hat er zollamtliche Abfertigungen von Waren durchzuführen.

In der Zeit vom 13. April 1983 bis 29. Dezember 1985 hat der Beschwerdeführer keinen Dienst verrichtet.

Am 8. Juni 1983 wurde von der Finanzlandesdirektion für Tirol die amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers angeordnet. Im Gutachten des Amtssachverständigen Dr. H vom 29. Juni 1983 wurde eine chronische hypersekretorische Rhinitis und Bronchitis, Kreislaufschwäche, allgemeine körperliche Schwäche, Zustand nach Kniescheibenprellung links mit Verdacht auf Chondropathia‑Patelle (Operation an der Orthopädischen Universitätsklinik für 16. August 1983 vorgesehen) diagnostiziert und festgestellt, der Beschwerdeführer sei nicht dienstfähig, und es sei auf Grund des derzeitigen Zustandes nicht anzunehmen, daß innerhalb eines halben Jahres eine wesentliche Besserung und damit Dienstfähigkeit eintrete.

Am 22. November 1983 ordnete die Dienstbehörde neuerlich die amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers an, wobei sie mitteilte, der Beamte sei seit 16. August 1983 infolge einer Knieoperation wieder dienstunfähig. Es sei zu prüfen, ob der Beschwerdeführer derzeit auf Grund der erfolgten Operation in der Lage sei, Dienst zu versehen, insbesondere sitzende Arbeiten durchzuführen. In seinem Gutachten vom 6. Dezember 1983 führte der Amtssachverständige aus, der Beschwerdeführer sei derzeit nicht dienstfähig, ein Ende dieser Dienstunfähigkeit sei derzeit nicht vorhersehbar. Hinsichtlich der Verletzung des linken Knies werde festgestellt, die Beugung sei nur bis etwa 90 Grad und schmerzhaft möglich. Nach fachärztlich‑orthopädischem Befund Dris. P vom 28. November 1983 handle es sich um eine Patellarchondropathie nach Kniescheibensprung links. Auf alle möglichen konservativen Maßnahmen sei bisher keine Besserung eingetreten.

Am 28. Dezember 1983 ordnete die Dienstbehörde eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers an, wobei sie anfragte, ob der Beschwerdeführer gehfähig (eventuell mit Stock) und in der Lage sei, sitzende Arbeiten durchzuführen.

Dazu erstattete der Amtsarzt den Befund, das linke Knie könne derzeit nur bis ca. 100 Grad aktiv gebeugt werden, passiv bis 90 Grad, wobei lebhafte Schmerzen angegeben würden, diese auch bei oberflächlicher Palpation im Bereich der Kniescheibe. Laut Befund der Orthopädischen Universitätsklinik Innsbruck sei bei der Gelenksspiegelung am 18. August 1983 eine kleine Knochenlamelle und ein geringer bis mäßiggradiger Knorpeldefekt der Gelenksfläche der Kniescheibe festgestellt worden. Als Diagnose wird genannt: geringer bis mäßiger Knorpelschaden an der Gelenksfläche der linken Kniescheibe, Neigung zu Bronchitis, leichte Herzrhythmusstörung. Gutächtlich äußert sich der Amtssachverständige dahin, dem Beschwerdeführer könne zugemutet werden, entweder selbst oder als Beifahrer mit Pkw von der Wohnung zum Dienstort zu fahren.

Mit Erledigung vom 8. Juni 1984 forderte die Dienstbehörde den Beschwerdeführer auf, sich an dem auf die Zustellung der Erledigung folgenden Tag beim Zollamt K zum Dienstantritt zu melden. Unter Mitteilung der Diagnose des Amtsarztes wurde ausgeführt, eine Abwesenheit vom Dienst sei durch das vorangeführte Krankheitsbild nicht gerechtfertigt. Auf Grund des geringen bis mäßigen Knorpelschadens an der Gelenksfläche des linken Knies, wobei die Beugefähigkeit noch von 90 bis 100 Grad gegeben sei, sei der Beschwerdeführer auch aus ärztlicher Sicht in der Lage, zu gehen und Abfertigungen am Amtsplatz durchzuführen. Wie der Amtsarzt in seinem Gutachten festgestellt habe, sei der Beschwerdeführer vom körperlichen Zustand her auch in der Lage, selbst einen Pkw zu lenken, was im Hinblick auf die Betätigung der Kupplung auf eine genügende Bewegungsfreiheit und Belastbarkeit des linken Knies schließen lasse.

Der Beschwerdeführer trat daraufhin am 13. Juni 1984 seinen Dienst um 7.30 Uhr an, meldete sich jedoch schon um 8.00 Uhr beim Amtsvorstand, um sich abzumelden und seinen Arzt aufzusuchen. Um 15.00 Uhr meldete er sich als dienstunfähig. Er legte im Wege seiner Dienststelle die ärztliche Bescheinigung des Dr. A vom gleichen Tag vor, wonach der Beschwerdeführer wegen Patellarchondropathie links voraussichtlich vom 13. Juni bis 31. Juli 1984 verhindert sei, Dienst zu versehen.

Mit Erledigung vom 18. Juni 1984 forderte die Dienstbehörde den Beschwerdeführer auf, den Dienst am 19. Juni 1984 beim Zollamt K wieder anzutreten, wobei sie auf die Rechtsfolge des § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 hinwies. Das Leiden sei bereits Gegenstand der amtsärztlichen Untersuchung gewesen, besondere neue Umstände seien nicht hinzugekommen.

Der Beschwerdeführer trat trotz dieser Aufforderung den Dienst nicht an und teilte seiner Dienststelle mit, er sei gehunfähig. Mit Eingabe vom 26. Juni 1984 teilte der Beschwerdevertreter der Dienstbehörde mit, der Beschwerdeführer sei von mehreren Fachärzten und Dr. A auch nach dem 13. Juni 1984 ärztlich untersucht worden, wobei ein die Arbeitsunfähigkeit verursachender Schaden des Kniegelenkes festgestellt worden sei. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe sich seit der amtsärztlichen Untersuchung im Winter 1983/84 zum Nachteil verändert. Er beantragte die Einsicht in das amtsärztliche Gutachten und eine fachärztliche Untersuchung und Begutachtung der Arbeitsfähigkeit, weil die Tragweite der Knieverletzung nur von einem Facharzt ausreichend beurteilt werden könne.

Dazu teilte die Finanzlandesdirektion für Tirol mit Erledigung vom 11. Juli 1984 mit, die Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst sei ab 14. Juni 1984 nicht mehr gerechtfertigt. Sie vertrat, gestützt auf das „ärztliche bzw. fachärztliche Gutachten“, die Auffassung, daß der Beschwerdeführer auch mit gewissen Beschwerden in der Lage sei, seinen Dienst, der vorwiegend sitzend geleistet werden könne, zu verrichten. Die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. A, wonach eine Dienstunfähigkeit bis 31. Juli 1984 bestätigt werde, stelle keinen ausreichenden Entschuldigungsgrund dar, weil gegenüber der amtsärztlichen Untersuchung keine neuen Umstände eingetreten seien.

Mit Eingabe vom 24. Juli 1984 beantragte der Beschwerdeführer, über den Entfall der Bezüge ab 19. Juni 1984 bescheidmäßig abzusprechen. Für die Zeit vom 1. August bis 20. September 1984 wurde ihm über seinen Antrag ein Erholungsurlaub gewährt.

Der Amtsarzt Dr. H ergänzte auf Anfrage der Dienstbehörde mit Schreiben vom 22. August 1984 sein Gutachten dahin, der Beschwerdeführer sei auf Grund der seinerzeitigen Untersuchungsbefunde in der Lage, sitzende Büroarbeiten zu verrichten, wobei allerdings die Möglichkeit gegeben sein müsse, fallweise auch für längere Zeit das linke Bein etwas hoch zu lagern. Vom ärztlichen Standpunkt sei auf alle Fälle zu empfehlen, das Knie nicht vollkommen ruhig zu stellen, sondern wechselnde Haltungen einzunehmen. Dadurch müßten nach ärztlicher Erfahrung keine zusätzlichen Arbeitspausen eintreten.

Nach Ablauf des Erholungsurlaubes legte der Beschwerdeführer seiner Dienststelle neuerlich eine Krankmeldung des Dr. A vor, wonach er wegen derselben Erkrankung wie vorher vom 21. September 1984 voraussichtlich bis 21. Oktober 1984 verhindert sei, seinen Dienst zu versehen. Daraufhin teilte die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 9. Oktober 1984 mit, die vorgelegte ärztliche Bescheinigung beruhe offensichtlich auf dem bisherigen Krankheitsbild und bringe gegenüber dem amtsärztlichen Untersuchungsergebnis nichts Neues. Sie stelle daher keinen ausreichenden Entschuldigungsgrund für das Fernbleiben vom Dienst dar. Mit einer weiteren Erledigung vom 23. Oktober 1984 teilte die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer mit, auf Grund des vorliegenden Sachverständigenbeweises sehe sie sich nicht veranlaßt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Es bleibe dem Beschwerdeführer unbenommen, auf seine Kosten ein derartiges Gutachten beizubringen.

Der Beschwerdeführer brachte dazu mit Schreiben vom 10. Oktober 1984 vor, er habe bereits in seiner Eingabe vom 26. Juni 1984 den Amtsarzt Dr. H, aus persönlichen und fachlichen Gründen abgelehnt und die endgültige Überprüfung seiner Arbeitsunfähigkeit durch eine fachärztliche Untersuchung begehrt. Weiters führte er dazu aus, der Amtsarzt habe im Dezember 1983 im Zusammenhang mit der Untersuchung vorgeschlagen, zu ihm privat in Behandlung zu kommen, weil er für die vorliegende Verletzung eine besondere Behandlungsmethode wisse. Er sei dann wiederholt gegen Entgelt in Behandlung des Amtsarztes gewesen, jedoch ohne Erfolg. Durch diese Behandlung sei der Amtsarzt in seinem Fall befangen und nicht imstande, ein objektives Gutachten über die Arbeitsunfähigkeit zu erstatten. Außerdem fehlten ihm die fachlichen Voraussetzungen zur Begutachtung und Heilbehandlung der komplizierten Verletzung. Es sei die Begutachtung durch einen orthopädischen Facharzt erforderlich.

Weiters brachte er mit Eingabe vom 5. Dezember 1984 vor, er sei wegen des Unfalles vom November 1981 ständig in Behandlung bei Dr. P. Da sich in den letzten Monaten keine Besserung gezeigt habe, hätte sich der Beschwerdeführer an zwei Fachärzte gewandt. Gleichzeitig legte er ein Schreiben des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. P vom 28. November 1983 vor, das folgenden Wortlaut hat:

Diagnose: Patellarchondropathie bei Z.n. Patellarfissur li.

Anamnese: Am 11.11.81 nach einem Verkehrsunfall u.a. Fissur der li. Patella. Seither ständig Knieschmerzen li.

Bisherige Therapie: April 82 einige i.a. Injektionen mit Arteparon 50 mg, auch eine lokale Infiltration mit Diprophos und Xyloneural.

Im Nov./Dez. 82 einige i.a. Injektionen mit Peroxinorm. Am 18.8.83 Arthroscopie an der Klinik in Ibk., der ausführliche Befundbericht steht trotz telef. Mahnung noch immer aus. Laut Auskunft Dr. G handelt es sich um einen Knorpeldefekt medialseits an der li. Patella.

Aug./Spt. 83 10 i.a. Injektionen mit Arteparon 50 mg.

Auf sämtliche der o.a. Therapien keinerlei Besserung der Beschwerden. Da der Patient das Vertrauen zur Klinik verloren hat (was mich nicht wundert), ist er nicht operationswillig. Ich empfehle dennoch Arthrotomie mit Inspektion der Patella und Femurgleitflächen, bei Bedarf Kniegelenkstoilette bzw. Release zur Minderung des Anpreßdruckes.

Die Beschwerden sind durchaus glaubhaft, der Patient auch sehr kooperativ; obwohl ich mir wirklich alle Mühe gegeben habe, hat der Patient auf die konservative Therapie nicht angesprochen, weitere diesbezügliche Versuche (i.a. Injektionen, Ultraschall o.ä.) sind deshalb abzulehnen.“

Weiters legte der Beschwerdeführer ein fachärztliches Gutachten des Dr. M, Facharzt für Orthopädie, vom 27. November 1984 vor, das in einem Rechtsstreit erstattet wurde, ob die Knieschädigung auf den als „Dienstunfall“ vom 11. November 1981 eingestuften Schaden zurückzuführen sei. Darin wird folgende Beurteilung ausgesprochen:

Beim Beschwerdeführer „besteht seit einem Verkehrsunfall am 11.11.81 ein dauernder Schmerzzustand im linken Knie, der trotz zahlreicher Behandlungsversuche eher zunimmt und bis heute ein Ausmaß erreicht hat, daß der Pat. nur noch unter Zuhilfenahme eines Gehstockes sich stark hinkend fortbewegen kann. Dieser Schmerzzustand hat sich nach einem Unfalltrauma entwickelt, wobei eine Patellafissur und ein Haemarthros, also ein Bluterguß bestanden hatte. Es ist eine bekannte Tatsache, daß jene Kontinuitätstrennungen der Kniescheibe, die in der knorpeligen Gleitfläche eine ‑ oft röntgenologisch nicht faßbare ‑ Stufe oder auch nur Unebenheit bewirken, hartnäckige Beschwerden verursachen und dies lange bevor die Femoro‑Patellararthrose sich darstellen läßt. Dazu kommt, daß die traumatisierte Gelenkkapsel nach Blutergüssen oftmals narbige Schrumpfungen erleidet und von sich aus zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung führen kann.

Nun zur Frage der Patella‑Chondropathie. Darunter versteht man oberflächliche Knorpellaesionen der Kniescheiben, die nach extremen Belastungen besonders beim Sport auftreten können, bes. beim alpinen Schilauf, Radsport, Reiten usw.

Es ist im vorliegenden Fall nahezu unsinnig, die derzeitigen Beschwerden einer Chondropathie zuschreiben zu wollen. Hätte eine solche bestanden, so hätte Herr AR JU nicht 25 Jahre lang den Radrennsport ausüben können, und dann hätte er die Beschwerden beiderseitig.

Es lassen sich aber am gesunden rechten Knie weder klinisch noch röntgenologisch irgendwelche Hinweise für eine Chondropathie finden. Am kranken linken Knie konnten bei der Arthroscopie an der Orth. Klinik in Innsbruck ‑ ‚….. lediglich medial zeigt sich ein geringer bis mäßiggradiger Knorpeldefekt …‑ keine ausreichenden Knorpelschäden nachgewiesen werden, die diese heftigen Beschwerden erklären würden“.

Das folgende fachärztliche Gutachten bezieht sich auf die Unfallkausalität des Schmerzzustandes am linken Knie und kann nur im Punkt 3 für die Beurteilung des Beschwerdeführers als bedeutsam angesehen werden:

„Die therapeutischen Konsequenzen können an sich nicht Gegenstand des Gutachtens sein, sind aber wohl nur im Fall eines verstümmelnden Eingriffes möglich. (Patellektomie oder Knieresektion) Damit wird aber das Ausmaß der vorliegenden Knieschädigung unterstrichen.“

Der Vorstand des Zollamtes K erstattete auf Auftrag der Dienstbehörde folgende Beschreibung des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers:

„AR JU ist beim Zollamt K als Abfertigungsbeamter für Einfuhrabfertigungen eingesetzt.

AR U hat keine zusätzliche Funktion. Die Abfertigung in der Einfuhr beinhaltet die Warenbeschau und die Ausfertigung der Warenerklärungen. Da die Warenbeschau bei Gütern, die laufend importiert werden, auf ein Minimum beschränkt ist, entfällt auf die Warenbeschau eine Zeit von höchstens zwei Stunden, verteilt auf den ganzen Tag. Die Stückgüter, die beschaut werden sollen, lagern im Zollager und werden von Beamten der ÖBB ‑ Zollagentur, oder Angestellten der verschiedenen Speditionen dargelegt. Um das Lager der Zollgüter vom Abfertigungsraum zu erreichen, benötigt man höchstens zwei Minuten. Stiegen sind auf diesem Weg nicht vorhanden.

Waggonsendungen:

Ca 5 x im Jahr werden Waggonsendungen, die leicht Überschaubar sind, nicht an die Rampe gestellt, sondern auf dem Abfertigungsgleis 14 beschaut. Hier muß der Beamte eine 6stufige kleine Stiege hinuntergehen, bis er auf das Niveau der Gleise gelangt. Von diesen wenigen Beschauen könnte AR U ohne weiteres ausgeschaltet werden. Andere Sendungen werden von der ÖBB auf der Abfertigungsrampe auf Verlangen des Zollamtes beigestellt und sind vom Bahnmagazin aus ebenerdig zu erreichen.

Abgesehen von der Warenbeschau verbringt der Beamte den Rest der Dienstzeit am Schreibtisch.“

Dazu brachte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 26. Februar 1985 im wesentlichen vor, die Arbeitsplatzbeschreibung sei nicht richtig, der Beschwerdeführer habe bis zu seinem Unfall regelmäßig die für seine Tätigkeit übliche Hausbeschau durchgeführt. Er habe durchschnittlich täglich siebenmal im Magazin, das nicht ebenerdig mit seinem Arbeitsplatz gelegen sei, und durchschnittlich fünfmal täglich am Bahnhof (nicht auf der Rampe) Eisenbahnwaggons abfertigen müssen. Dazu sei es notwendig gewesen, eine je nach Entfernung des Eisenbahnwaggons nicht unerhebliche Strecke zu Fuß im Bereich des Eisenbahngeländes zurückzulegen. Massengüterabfertigung über das Magazin, die nur stichprobenweise kontrolliert werde, betrage nur etwa 1 Prozent der Gesamtabfertigung. Zur Durchführung der wesentlichen Tätigkeit des Abfertigungsbeamten gehöre die Durchführung der Abfertigung durch Hausbeschau, die Abfertigung im Bereich des Bahngeländes sowie die Abfertigung im Magazin oder auf der Rampe, wozu es im erheblichen Ausmaß notwendig sei, Stufen zu steigen, Unebenheiten zu überwinden und Reisetätigkeit auszuüben.

Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers wurde vom Leiter der Dienststelle dahin beantwortet, die Hausbeschau‑Abfertigungen seien ein Teil der Berufsausübung, zu der niemand gezwungen werde. Der Beschwerdeführer habe eine solche Tätigkeit auf eigenen Wunsch im Oktober 1981 durch 16,9 Stunden und im November 1981 durch 5,6 Stunden ausgeübt. Seit Dezember 1981 habe er die Hausbeschautätigkeit eingestellt. Die Warenbeschau im Magazin dauere pro Tag höchstens zwei Stunden. Seit 1980 würden Waggonsendungen zu 90 bis 95 Prozent überhaupt nicht mehr beschaut werden. Von den wenigen noch zu beschauenden Waggonsendungen würden die meisten Waggons zur Beschau an die Rampe gestellt, die vom Bahnmagazin aus ebenerdig zu erreichen sei. Verzollungen, die noch auf dem Gleis zu beschauen seien, würden dem Beschwerdeführer nicht zugeschrieben werden. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers würde sich auf Abfertigungen im Bahnmagazin beschränken. Der Beschwerdeführer habe sechs oder sieben Stufen zu bewältigen, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen und wieder zu verlassen. Die Entfernung vom Arbeitsplatz bis zum Zollmagazin betrage 90 bis 120 m, wobei auf der ganzen Strecke eine Stufe, 12 cm hoch, zu überwinden sei. Die Entfernung bis zum Ende der Rampe ungefähr 160 m, die weiteste Entfernung am Arbeitsplatz (freies Bahnhofsgelände) gegen Norden etwa 500 m gegen Süden ungefähr 700 m, wobei der Höhenunterschied zwischen Amtsraum und Bahngelände sieben Stufen betrage. Waggonladungen, die durch Zollbeamte zu beschauen seien, fielen erfahrungsgemäß im Monat höchstens fünfmal an.

Diese Arbeitsplatzbeschreibung wurde vom Beschwerdeführer neuerlich bestritten und mit gleicher Eingabe vom 4. April 1985 folgender fachärztlicher Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. M vorgelegt:

„Herr Amtsrat JU wurde heute von mir untersucht. Es handelt sich um einen heftigen Schmerzzustand im linken Kniegelenk als Folgezustand eines erlittenen Verkehrsunfalles.

Pat. ist auf Grund seiner Schmerzen und seiner Gehbehinderung derzeit nicht dienstfähig. Er kann weder eine Tätigkeit im Sitzen, Gehen oder Stehen ausführen.“

Schließlich legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. September 1986 das fachärztliche Gutachten des Univ.‑Prof. Dr. P vom 24. März 1986 vor, nachdem er am 30. Dezember 1985 den Dienst bereits wieder angetreten hatte. Dieses Gutachten enthält als objektiven Befund:

„47‑jähriger, 178 cm großer und 67 kg schwerer Verletzter von gutem AZ und EZ, gesundem Aussehen.

Der Barfußgang ist etwas links hinkend, Zehen‑, Ballen‑, Fersengang und Einbeinstand sind beiderseits möglich.

Linkes Bein: Die Fußpulse sind tastbar, die Haut des Fußrückens ist von normaler Farbe, der distale Unterschenkel ist etwas ödematös verdickt, die Kniegelenkskonturen sind verwaschen, es besteht ein deutlicher Kniegelenkserguß, ein sogenanntes pallo'tement der Kniescheibe. Das Kniegelenk ist bandstabil. Die Kniescheibe ist etwas schlechter beweglich als rechts, deutlicher Andrückschmerz und Druckschmerz an der Unterseite der Kniescheibe, innen stärker als außen. Der Kniegelenksspalt ist frei.

Beweglichkeit:

Linkes Kniegelenk: S 0‑0‑90 rechts: S 0‑0‑135“

In Zusammenfassung und Beurteilung wird ausgeführt:

„Die heutige klinische und röntgenologische Untersuchung zeigt nunmehr das Folgebild einer sogenannten Chondromalazie der Kniescheibe bei beginnender Femuropatellararthrose. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung der Gelenksfläche der linken Kniescheibe, mit entsprechend entzündlichen Veränderungen und vermehrtem Reizerguß des linken Kniegelenkes. Eine derartige Erkrankung kann sowohl schicksalshaft als auch als posttraumatischer Zustand aufgefaßt werden. Beim Auftreten schicksalshafter Erkrankungen kommt dieses Leiden häufig doppelseitig vor, auch findet sich üblicherweise eine Verbildung der Kniescheibe.

Beide Faktoren sind bei Herrn U nicht zu finden, weshalb nun mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der heutige vorliegende Zustand als rein posttraumatischer Zustand nach dem Kniescheibenbruch links aufgefaßt werden muß. Somit gilt der heutige Zustand als Unfallsfolge des Ereignisses vom 11.11.1981.

Der heutige Zustand entspricht unter Berücksichtigung des Berufes des Verletzten als Zollwachebeamter einer Minderung der Arbeitsfähigkeit von 30 %. Inwieweit der heutige Zustand als bleibend anzusehen ist, ist nicht mit nötiger Sicherheit zu beurteilen. Es kann durch neuerliche Behandlungsserien zu einer vorübergehenden Besserung des Zustandes kommen, wie gleich durch Zunahme eines Gelenksergusses eine Verschlechterung eintreten kann, die neuerliche Gelenksfunktionen unter Umständen auch einen operativen Eingriff an der Kniescheibe selbst nach sich ziehen könnten. Eine völlige Arbeitsunfähigkeit, wie von Herrn U angenommen, besteht auf Grund dieses Leidens jedoch nicht.“

Der Amtsarzt Dr. H ergänzte auf Anfrage der Dienstbehörde sein Gutachten unter Berücksichtigung der fachärztlichen Gutachten der Orthopäden Dr. M und Univ.‑Prof. Dr. P auf die Anfrage, ob dem Beschwerdeführer bestimmte Arbeiten bei der Abfertigung zumutbar gewesen seien, dahin gehend, daß es dem Beschwerdeführer sicher zugemutet werden könne, als Unterbrechung zur Schreibtischarbeit etwa zwölfmal am Tag eine Strecke von ungefähr 120 m und zurück zurückzulegen. Es sei ihm auch durchaus möglich, die Stufen mit 12 cm Höhe zu überwinden bzw. über sieben Stufen einen Höhenunterschied von 1 m zu überwinden. Zur Zurücklegung der Entfernung von 700 m zum Beschauort am Güterbahnhof werde der Beschwerdeführer sicher Stockhilfe benötigen und voraussichtlich etwa 50 % mehr Zeit benötigen als ein Gesunder. Er werde für diese Strecke hin und zurück ungefähr 20 bis 30 Minuten benötigen, während der Beschau am Warenmagazin von etwa 2 Stunden müsse er allerdings auch wieder stehen. Vom ärztlichen Standpunkt müßte es dem Beschwerdeführer zugestanden werden, sich jeweils nach Zurücklegung der Wegstrecke für 10 bis 15 Minuten hinsetzen zu können und das Bein allenfalls hoch zu lagern. Auch eine durchgehende zweistündige stehende Arbeit sei vom ärztlichen Standpunkt ungünstig und müßte mindestens alle 15 Minuten durch 5‑ bis 10minütiges Sitzen unterbrochen werden.

Ohne dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, zu diesem ergänzenden Gutachten des Amtssachverständigen Stellung zu nehmen, erließ hierauf die Finanzlandesdirektion für Tirol den Bescheid vom 9. Februar 1987, mit dem festgestellt wurde, daß die Bezüge des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 vom 14. Juni 1984 bis 31. Juli 1984 und vom 21. September 1984 bis 29. Dezember 1985 entfallen. In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, gemäß § 51 des Beamten‑Dienstrechtsgesetzes 1979 habe der Beamte, der vom Dienst abwesend sei, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen. Eine Abwesenheit vom Dienst wegen Krankheit könne nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn

1. durch die Krankheit die ordnungsgemäße Dienstleistung verhindert, oder

2. die Dienstleistung die Gefahr einer nicht zumutbaren wesentlichen Verschlimmerung mit sich bringe, oder

3. die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill darstellen würde.

Der Beschwerdeführer sei beim Zollamt K als Abfertigungsbeamter in der Einfuhr beschäftigt und habe dabei neben Schreibtischtätigkeit

1. Warenbeschauen im ÖBB‑Magazin durchzuführen, das über eine Stufe von 12 cm Höhe zu erreichen sei. Die größte Entfernung vom Arbeitsplatz betrage 120 m. Im Schnitt fielen pro Tag ca. 12 Beschauen an.

2. Abfertigungen von Waggonsendungen. Zwischen Amtsraum und Bahngelände bestehe ein Niveauunterschied von etwa 1 m (sieben Stufen). Der Beschauort sei höchstens 700 m entfernt. Solche Abfertigungen fielen täglich erfahrungsgemäß ein‑ bis zweimal an. Für diese Beschäftigungen würden ungefähr 2 Stunden pro Tag benötigt. Die übrigen Arbeiten würden am Schreibtisch verrichtet. Für die Abfertigung im Wege der Hausbeschau bedürfe es einer Anordnung des Vorstandes. Eine solche Anordnung sei auf Wunsch des Beschwerdeführers nicht mehr erfolgt.

Nach Wiedergabe des ergänzenden Gutachtens des Amtssachverständigen wird weiter ausgeführt, „eine durchgehende zweistündige Tätigkeit im ÖBB‑Gelände bzw. Bahngelände“ falle nie an. Eine Unterbrechung durch sitzende Tätigkeiten mit gleichzeitiger Hochlagerung des Beines sei möglich. Die Behörde sei auf Grund der vorliegenden Befunde der Ansicht, daß der Beschwerdeführer durchaus in der Lage gewesen sei, die Aufgaben eines Abfertigungsbeamten in der Einfuhr beim Zollamt K auszuführen, weil er das linke Kniegelenk bis 90 Grad beugen habe können, einen Pkw zu lenken, was im Hinblick auf die Betätigung der Kupplung durchaus auf eine genügende Bewegungsfreiheit und Belastbarkeit des linken Knies schließen lasse, nur 30 v.H. erwerbsgemindert sei und eine völlige Arbeitsunfähigkeit nicht vorliege. Dem Beschwerdeführer könne zugemutet werden, die Wegstrecken bis zu den Dienstverrichtungsstellen zurückzulegen. Bei der Einteilung der Abfertigungen wäre auf seine Behinderung Rücksicht genommen worden. Die Zurücklegung der Wegstrecke zu den Beschauorten unter Zuhilfenahme eines Gehstockes könne sicher zugemutet werden, wenn man an die Unzahl gehbehinderter Menschen denke, die Wegstrecken zu ihrer Arbeitsstätte nur unter Zuhilfenahme eines Gehstockes zurücklegen könnten. Die Behörde könne sich des Eindruckes nicht erwehren, daß es dem Beschwerdeführer um die Durchsetzung der Feststellung eines hohen Grades seiner Erwerbsminderung im Zusammenhang mit dem erlittenen Unfall gegangen sei und er diesen durch die angebliche Dienstunfähigkeit untermauern hätte wollen. Dieser Eindruck sei durch die beiden von ihm vorgelegten Gutachten bestätigt worden. Einerseits habe er gegenüber Dr. M erklärt, daß ihn „die Dienststelle wegen dieser Behinderung in Pension schicken will“, und andererseits habe er gegenüber Dr. P von einer völligen Arbeitsunfähigkeit gesprochen.

Hinsichtlich des allfälligen Einwandes auf die Schwierigkeit der Zurücklegung von Wegstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wies die Behörde auf § 55 des Beamten‑Dienstrechtsgesetzes 1979 hin, wonach der Beamte seinen Wohnsitz so zu wählen habe, daß er bei der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde, in der er im wesentlichen ausführte, nach den getroffenen Feststellungen der Behörde erster Instanz ergebe sich eine von ihm täglich zurückzulegende Wegstrecke von knapp 5.000 m, die nicht als unerheblich anzusehen sei. Bei der Gehbehinderung des Beschwerdeführers werde allein für die Zurücklegung dieser Strecke eine Arbeitszeit von knapp zwei Stunden angenommen werden müssen. Bei der Beschautätigkeit ergebe sich eine zusätzliche Tätigkeit im Gehen, Stehen und Steigen von weiteren zwei Stunden. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht möglich, die Beschautätigkeit zusammenzuziehen, sodaß die Wegstrecke wesentlich vermindert würde. Seine Tätigkeit könne daher nicht als überwiegend sitzend eingestuft werden. Weiters wandte er sich im wesentlichen gegen die Begutachtung durch den Amtssachverständigen und machte neuerlich dessen Befangenheit und mangelnde fachliche Eignung geltend.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde der Amtssachverständige zu den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung gehört und gab in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 1987 im wesentlichen an, er habe die letzte persönliche Untersuchung am 5. Dezember 1983 vorgenommen. Dabei habe ihn der Beschwerdeführer um Beratung gebeten, ob ihm noch andere Behandlungsmöglichkeiten bekannt seien, die zu einer Besserung des Leidens führen könnten. Der Amtsarzt habe angedeutet, daß es manchmal überraschende Erfolge mit Behandlungsmethoden gebe, die die körpereigenen Regulationsvorgänge verbesserten. Der Beschwerdeführer habe ihn ersucht, diesen Behandlungsversuch persönlich in der Privatordination durchzuführen, obwohl er vom Arzt auf die Begutachtungssituation aufmerksam gemacht worden sei. Der Beschwerdeführer sei am 9. und 16. Dezember 1983 in der Privatordination des Amtsarztes gewesen, in der dieser nach apparativer Diagnostik einen Behandlungsversuch durchgeführt habe. Da die Messung und der Behandlungsversuch keine Änderung erbracht hätten und erwarten ließen, habe der Arzt die Behandlung abgebrochen. Der Abschluß des Gutachtens sei absichtlich erst am 22. Jänner 1984 nach dem Behandlungsversuch erfolgt, um eine allfällige Besserung mitverarbeiten zu können. Seine Objektivität sei durch diesen negativen Behandlungserfolg nicht beeinträchtigt gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht Folge und bestätigte diesen gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950. In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der angewendeten Bestimmungen ausgeführt, die Dienstbehörde habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 bejaht und ausreichend begründet. Ergänzend wird unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, eigenmächtig sei ein Fernbleiben des Beamten dann, wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung vorliege. Dies sei hinsichtlich der strittigen Zeiträume nicht der Fall gewesen. Mit der Behauptung, daß durch die wiederholte Vorlage der ärztlichen Bescheinigungen des praktischen Arztes Dr. A und der Fachärzte Dr. B sowie der privatärztlichen Gutachten der Fachärzte für Orthopädie Dr. M und des Facharztes für Unfallchirurgie Univ.‑Prof. Dr. P ein ausreichender Entschuldigungsgrund für die Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst vorgelegen sei, könne für ihn nichts gewonnen werden. Ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit bedinge, sei nach Lage des konkreten Falles und unter Berücksichtigung aller Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch aller ärztlichen Atteste und Gutachten, sowie auch der Angaben des Beamten zu beurteilen und dann gegeben, wenn der betreffende Beamte wegen bei ihm gegebener Folgen einer Erkrankung den an seinem Arbeitsplatz an ihn konkret gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen könne. Nach diesem Grundsatz der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Dienstbehörde nach Beurteilung der dienstlichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers als Abfertigungsbeamter, zu denen er im konkreten Fall in seiner Verwendung verpflichtet sei und die im wesentlichen unbestritten seien, auf Grund der ärztlichen Gutachten und Expertisen zu der Überzeugung gekommen, daß der Beschwerdeführer in den strittigen Zeiträumen nicht dienstunfähig gewesen sei. Die Berufungsbehörde schließe sich dieser Beurteilung an. Der Begriff der Dienstunfähigkeit sei ein Rechtsbegriff, der der rechtlichen Beurteilung unterliege. Daraus folge, daß nicht der ärztliche Sachverständige die Dienstunfähigkeit festzustellen habe, sondern die zur Lösung von Rechtsfragen berufene Dienstbehörde. Sie habe ihrer rechtlichen Beurteilung einen ausreichend ermittelten Sachverhalt zugrundezulegen, in dessen Rahmen auch Beweis durch ärztliche Sachverständige zu erheben sei. Die Tätigkeit des ärztlichen Sachverständigen habe sich darauf zu beschränken, der Dienstbehörde bei der Feststellung des Sachverhaltes fachtechnisch geschulte Hilfe zu leisten. Diese Hilfestellung bestehe in den Fällen, in denen es um die Entscheidung der Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten gehe, in der Feststellung des Leidenszustandes des Beamten und in der Beurteilung, welche Betätigungen der Beamte nach seiner körperlichen und geistigen Konstitution noch zu verrichten imstande sei. Damit ende die Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, die von ihm vorgelegten privatärztlichen Gutachten und ärztlichen Bescheinigungen würden seine Dienstunfähigkeit beweisen und den amtsärztlichen Gutachten widersprechen bzw. der Amtsarzt sei befangen, hielt die belangte Behörde entgegen, es obliege der Dienstbehörde zu befinden, welchem Gutachten die höhere Beweiskraft zukomme. Bei widersprechenden Gutachten könne nur der innere Wahrheitsgehalt des Gutachtens den Ausschlag geben. Im Gegensatz zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Bestätigungen habe der amtsärztliche Sachverständige bei Erstellung des Gutachtens vom 6. Dezember 1983, 5. Juni 1984 und allen weiteren Gutachten und Ergänzungen die Angaben des Beschwerdeführers und die an seinem Arbeitsplatz an ihn konkret gestellten dienstlichen Anforderungen mitberücksichtigt. Der Beschwerdeführer habe dem Amtsarzt gegenüber erklärt, daß er im Winter bei Glatteis die Strecke von der Wohnung zum Dienstort teilweise zu Fuß zurücklegen müsse. In seinem Schreiben vom 20. Juli 1987 habe er ausgeführt, daß er die ungefähr 2 km lange Strecke von seiner Wohnung zur Bushaltestelle in W und zurück zu Fuß zurücklege. Aus diesen Angaben des Beschwerdeführers in Verbindung mit der amtsärztlichen Beurteilung des Leidenszustandes komme man nun eindeutig zu der Überzeugung, daß den amtsärztlichen Gutachten vom 6. Dezember 1983 und 5. Juni 1984 höhere Beweiskraft zukomme als den vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigungen. Durch die weiteren amtsärztlichen Gutachten als Hilfsbefunde zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes und zur rechtlichen Beurteilung seitens der Dienstbehörde sei die Beweiskraft dieser amtsärztlichen Gutachten aber noch bestärkt worden. Diese höhere Beweiskraft und der innere Wahrheitswert des amtsärztlichen Gutachtens könnten auch nicht durch die vom Beschwerdeführer später vorgelegten privatärztlichen Gutachten erschüttert werden. Insbesondere deshalb, weil im fachärztlichen Gutachten des Dr. M im wesentlichen festgestellt werde, daß die Knieverletzung des Beschwerdeführers mit dessen Autounfall vom 11. November 1981 zusammenhänge und daher als Hilfestellung zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit für die Dienstbehörde nicht als ausreichend anzusehen sei. Außerdem habe der Beschwerdeführer Dr. M gegenüber erklärt, daß er wegen dieser Behinderung in Pension geschickt werden solle, was nicht den Tatsachen entspreche. Der Beschwerdeführer habe weiters im Schreiben vom 4. April 1985 erklärt, daß seine Bewegungsfähigkeit seit dem Unfall vom 11. November 1981 ununterbrochen eingeschränkt gewesen sei und sich diese Einschränkung ständig vergrößere. Dem stünden die Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 20. Juli 1987 zu den ergänzenden Ermittlungsergebnissen entgegen, wo er zugegeben habe, daß er die etwa 2 km lange Strecke von seiner Wohnung zur Bushaltestelle in W und zurück zu Fuß zurücklege. Bei einer tatsächlichen Verschlechterung seiner Knieverletzung könnte er dies sicherlich nicht tun. Seit seinem Dienstantritt am 30. Dezember 1985 lege er außerdem die Strecken zur Warenbeschau und zurück tatsächlich zu Fuß zurück. Unter Berücksichtigung aller Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei somit zwingend der Schluß zu ziehen, daß die Zweifel der Dienstbehörde an der vom Beschwerdeführer „bestätigten Dienstunfähigkeit“ in den strittigen Zeiträumen berechtigt gewesen seien. Die Aussagen über die behauptete Befangenheit des Amtsarztes seien durch die glaubhaften Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 1987 eindeutig widerlegt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Nach § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 entfallen die Bezüge, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fern bleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst. Also müssen, soll ein Fernbleiben vom Dienst im Ausmaß von länger als drei Tagen zum Bezugsentfall führen, zwei (weitere) Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein, nämlich a) daß das Fernbleiben ein eigenmächtiges und b) die Abwesenheit ungerechtfertigt (ohne ausreichenden Entschuldigungsgrund) ist.

Eigenmächtig ist ein Fernbleiben des Beamten dann, wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung vorliegt (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1968, Zl. 1436/67, vom 16. Jänner 1969, Zl. 370/68, vom 7. Dezember 1972, Zl. 1562/72, und vom 15. Juni 1981, Zlen. 81/12/0036, 0049, Slg. N. F. Nr. 10.489/A). Eine Gestattung war hinsichtlich beider strittiger Zeiträume (14. Juni bis 31. Juli 1984 und 21. September 1984 bis 29. Dezember 1985) nicht der Fall und wurde nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet.

Ungerechtfertigt ist eine Abwesenheit vom Dienst allgemein zunächst dann, wenn dafür kein „ausreichender Entschuldigungsgrund“ vorliegt. Nach der im Verhältnis zu § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 als lex specialis anzusehenden Bestimmung des zweiten Satzes des § 51 Abs. 2 des Beamten‑Dienstrechtsgesetzes 1979 gilt eine Abwesenheit vom Dienst (jedenfalls) nicht als gerechtfertigt; wenn (u.a. dort genannten Tatbeständen) der Beamte seiner Verpflichtung nach dem ersten Satz der genannten Gesetzesstelle nicht nachkommt. Diese Verpflichtung besteht darin, daß der Beamte, ist er durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen hat, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fern bleibt, oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt.

Am 13. Juni 1984, also am Tag vor Beginn des ersten der beiden strittigen Zeiträume, rief der Beschwerdeführer das Zollamt K an und teilte mit, der behandelnde Arzt habe ihn krank geschrieben. Die Bestätigung des Dr. A vom 13. Juni 1984 wurde der Dienststelle nachgereicht. Auch in der Folge legte der Beschwerdeführer ärztliche Bescheinigungen über seine Dienstunfähigkeit laufend vor, sodaß der gesamte Zeitraum durch solche Bestätigungen gedeckt ist. Nun ist zwar sicher richtig, daß eine ärztliche Bescheinigung die Abwesenheit eines Beamten vom Dienst nicht an sich zu einer gerechtfertigten macht. Ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit des Beamten bedingt, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde zu beurteilen und dann gegeben, wenn der Beamte wegen konkret bei ihm gegebener Folgen einer Erkrankung den an seinem augenblicklichen Arbeitsplatz an ihn konkret gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen kann. Daher kommt es darauf an, worin die Tätigkeiten bestehen, deren Ausübung angesichts der seinerzeitigen tatsächlichen Verwendung zu den Dienstpflichten des Beamten gehörten, und welche Tätigkeiten bei seinem Gesundheitszustand zumutbar waren. Die Gegenüberstellung dieser beiden Gruppen ermöglicht erst die der Behörde allein obliegende Lösung der Rechtsfrage, ob ein ausreichender Entschuldigungsgrund für ein eigenmächtiges Fernbleiben vom Dienst bestanden hat oder nicht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1978, Zl. 657/78).

Der Amtsarzt hat in dem für die Beurteilung der hier strittigen Zeiträume zunächst maßgeblichen Gutachten vom 5. Juni 1984 zu den dargestellten, für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit maßgeblichen Fragen nichts Erhebliches ausgesagt. Sein Gutachten beschränkte sich nämlich darauf, ob dem Beschwerdeführer die Fahrt zum Dienstort mit Pkw zugemutet werden konnte. Die Dienstbehörde hat, ohne durch das ärztliche Gutachten gedeckt zu sein, daraus den Schluß gezogen, bei einer Beugefähigkeit des linken Knies von 90 bis 100 Grad sei der Beschwerdeführer auch aus ärztlicher Sicht in der Lage, zu gehen und Abfertigungen am Arbeitsplatz durchzuführen, zu welchem Schluß sie daraus gelangte, daß die Betätigung der Kupplung beim Fahren mit dem Pkw auf eine genügende Bewegungsfreiheit und Belastbarkeit des linken Knies schließen lasse. Auf die von ihr selbst als Rechtfertigung der Abwesenheit vom Dienst angesehenen Gründe, ob die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill darstellen würde und die Dienstleistung die Gefahr einer nicht vertretbaren wesentlichen Verschlimmerung mit sich bringen würde, ist die Dienstbehörde nicht eingegangen, obwohl im Befund des genannten Amtssachverständigen ausgeführt wird, daß beim Abbiegen des Knies des Beschwerdeführers ein lebhafter Schmerz angegeben werde.

Vor allem aber konnte die belangte Behörde auf Grund dieses amtsärztlichen Gutachtens nicht davon ausgehen, daß nach Dienstantritt des Beschwerdeführers am 13. Juni 1984 nicht eine solche Verschlechterung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers eingetreten sei, daß die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill darstellen würde. Die vom Beschwerdeführer dazu beantragte Befundaufnahme und Gutachtenserstattung durch einen orthopädischen Facharzt als Sachverständigen hat die Behörde nicht durchgeführt und sich über die von ihm selbst vorgelegten fachärztlichen Gutachten, aus welchen eine mögliche Verschlechterung des Leidens erschlossen werden kann, ohne zureichende Begründung hinweggesetzt. Eine neuerliche Befundaufnahme nach der Krankmeldung des Beschwerdeführers am 13. Juni 1984 wäre aber Voraussetzung dafür gewesen, verläßlich beurteilen zu können, ob die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers, die ihm vom Hausarzt bescheinigt worden war, tatsächlich vorlag oder nicht. Dies war umsomehr angezeigt, als der Beschwerdeführer der Dienstbehörde eine Bestätigung des Facharztes für Orthopädie vom 25. März 1985 vorlegte, wonach dieser Sachverständige nach einer Kontrolluntersuchung am genannten Tag feststellte, es handle sich um einen heftigen Schmerzzustand im linken Kniegelenk. Der Patient sei auf Grund seiner Schmerzen und seiner Gehbehinderung derzeit nicht dienstfähig. Er könne weder eine Tätigkeit im Sitzen, Gehen oder Stehen ausführen.

Wenn auch, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 90 KOVG erkennt, ein Anspruch auf Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung nicht besteht, weil es nur auf die Begründung und Schlüssigkeit des Gutachtens ankommt (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1961, Zl. 2411/59, und vom 15. Juni 1967, Zl. 30/67 und 1061/67), war im Beschwerdefall schon deshalb eine weitere Begutachtung erforderlich, weil sich das amtsärztliche Gutachten hinsichtlich der strittigen Zeiten ausschließlich auf eine Befundaufnahme stützt, die einige Zeit vorher erfolgte, während die fachärztlichen Privatgutachten spätere Zustände befundmäßig erfassen. Aus dem amtsärztlichen Gutachten kann daher nicht schlüssig entnommen werden, ob die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit tatsächlich während der allein maßgeblichen Zeiträume nicht gegeben waren.

Darüber hinaus leidet der angefochtene Bescheid aber auch an weiteren Begründungsmängeln, weil aus dem Zustand des Beschwerdeführers nach Dienstantritt unzulässigerweise Rückschlüsse auf seinen Leidenszustand vor Dienstantritt gezogen werden. Daß der Beschwerdeführer nunmehr in der Lage war, seinen Dienst zu versehen und von seiner Wohnung etwa 2 km zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels zu gehen, läßt nämlich keinen Schluß darauf zu, ob dies auch während der strittigen Zeiträume der vom Beschwerdeführer bescheinigten Dienstunfähigkeit so war oder ob eine erhebliche Besserung des Leidenszustandes eingetreten ist.

Der angefochtene Bescheid mußte daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und zwar weil der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 6. September 1988

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