VwGH 86/08/0166

VwGH86/08/016614.4.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde des Dipl.- Ing. GB in W, vertreten durch Dr. Georg Josef Reich, Rechtsanwalt in Wien V, Prinz-Eugen-Straße 36, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Juni 1986, Zl. MA 14-B 2/86, betreffend Rückforderung (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse in Wien X, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1333;
ABGB §877;
ASVG §446;
ASVG §69;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1986080166.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- sowie der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der wesentliche Sachverhalt ist auch in dem die gegenständliche Angelegenheit betreffenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1985, Zl. 84/08/0192, aufgezeigt. Danach verpflichtete die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse mit ihrem Bescheid vom 30. Mai 1969 den Beschwerdeführer als Betriebsnachfolger gemäß § 67 Abs. 4 ASVG, Beitragsrückstände der KL GesmbH im Betrag von S 269.101,81 samt Anhang zu bezahlen. Gegen diesen Bescheid wurde Einspruch erhoben, dem jedoch nie aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Der Beschwerdeführer bezahlte daraufhin in mehrjährigen Raten insgesamt S 222.000,-- auf diesen Haftungsbetrag. Mit Bescheid vom 24. November 1982 gab der Bundesminister für soziale Verwaltung dem Einspruch statt und stellte fest, daß der Beschwerdeführer nicht verpflichtet ist, die Beitragsrückstände der KL GesmbH zu zahlen. In der Folge begehrte der Beschwerdeführer die Aufrechnung der von ihm bezahlten Beträge mit seinen eigenen Beitragsrückständen. Die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse rechnete mit Schreiben vom 10. Oktober 1983 den Rückforderungsbetrag in der Höhe von S 222.000,-- mit diesen Beitragsrückständen in der Weise auf, daß die enthaltenen Verzugszinsen storniert wurden, so daß sich unter Berücksichtigung nachträglich eingelangter Zahlungen zugunsten des Beschwerdeführers ein Beitragsguthaben von S 28.327,-- ergab, das angewiesen wurde. Dieser Betrag wurde jedoch vom Beschwerdeführer als Teilzahlung nicht angenommen und rücküberwiesen, wobei mit Schreiben vom 21. Oktober1983 ein Betrag von S 583.626,93 verlangt wurde. Diesen Betrag errechnete der Beschwerdeführer in der Weise, daß sich nach Verzinsung des Betrages von S 220.000,-- mit 11,5 v.H. an Kapital und Zinseszinsen ein Rückforderungsanspruch von insgesamt S 883.404,14 ergebe, der sich nach Aufrechnung mit dem Beitragsrückstand des Beschwerdeführers zusätzlich nachträglich eingelangter Zahlungen auf S 583.626,93 vermindere. Der Beschwerdeführer ersuchte, darüber bescheidmäßig abzusprechen. Dieses Begehren wies die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse mit Bescheid vom 20. Dezember 1983 wegen Unzulässigkeit des Verwaltungsweges zurück. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Einspruch wurde mit dem seinerzeitigen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 1984 als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß der Abspruch der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse in ihrem Bescheid vom 20. Dezember 1983 zu Recht erfolgt sei. Dieser Bescheid der belangten Behörde wurde auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1985, Zl. 84/08/0192, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dies deswegen, weil die belangte Behörde die Zulässigkeit des Verwaltungsweges verkannte.

Hierauf wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 20. Dezember 1983 mit dem Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 26. November 1985 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 stattgegeben und gleichzeitig festgestellt, daß die Entscheidung der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse, mit der der Antrag des Beschwerdeführers auf Bezahlung eines Betrages von S 583.626,93 wegen Unzulässigkeit des Verwaltungsweges zurückgewiesen wurde, nicht zu Recht erfolgt sei. Mit dem weiteren Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 20. Jänner 1986 wurde auf Grund des bezüglichen Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG festgestellt, daß die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse nicht verpflichtet sei, an den Beschwerdeführer einen Betrag von S 583.626,93 zu bezahlen.

Der gegen diesen Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 20. Jänner 1986 erhobene Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse nicht verpflichtet sei, an den Beschwerdeführer einen Betrag von S 583.626,93 zu zahlen. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides handle es sich vor allem darum, ob dem Beschwerdeführer auf Grund von zu Unrecht gezahlten Beiträgen ein Anspruch auf Zinsen entstanden sei und ob diese Zinsen daher zur Aufrechnung mit eigenen Beitragsrückständen herangezogen werden könnten. Hiezu sei jedoch auszuführen, daß das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz keine Bestimmungen enthalte, die dem Dienstgeber bzw. Betriebsnachfolger eine Verzinsung für von ihm zu Unrecht entrichteter Beiträge einräumten. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß das Begehren des Beschwerdeführers auf Zahlung eines Betrages von S 583.626,93 nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach den Beschwerdeausführungen stehe außer Streit, daß der Beschwerdeführer die Beiträge "zu Ungebühr" entrichtet habe. Insbesondere sei jedenfalls von der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse eine Aufrechnung nach November 1982 vorgenommen worden. Darin liege noch mehr als ein Anerkenntnis. Zu Ungebühr entrichtet seien auch Beiträge, bei denen sich die Ungebühr nachträglich herausstelle. Beitragsrückforderungen könne nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur heißen, daß die Beiträge samt Anhang, samt Nebengebühren und samt Zinsen zurückgezahlt werden müßten. Zu verweisen sei hier auf Krejci, System, 1.2.5.5. Es hätten daher die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse und die belangte Behörde auszusprechen gehabt, daß dem Beschwerdeführer nicht nur die gezahlten Beiträge aufzurechnen, sondern ihm darüber hinaus auch noch Zinsen zu zahlen seien. Dies in der Höhe der von der belangten Behörde bzw. der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse berechneten Zinsen (Gesichtspunkt der Bereicherung).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 erster Satz AVG können zu Ungebühr entrichtete Beiträge, ....., zurückgefordert werden.

Nach § 412 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 erster Satz ASVG können Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen binnen einem Monat nach der Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung; der Landeshauptmann kann dem Einspruch auf Antrag aufschiebende Wirkung zuerkennen .....

Rückforderbar entsprechend dem § 69 Abs. 1 ASVG sind auch ungebührlich entrichtete Verzugszinsen, Mahngebühren und Verwaltungskostenersätze.

Wenn der Beschwerdeführer unter Berufung auf allgemein Rechtsgrundsätze die Ansicht vertritt, die belangte Behörde habe ihm nicht nur die nach § 69 Abs. 1 ASVG zu Unrecht bezahlten Beträge aufzurechnen gehabt, sondern ihm darüber hinaus auch noch Zinsen zahlen müssen, so kann ihm dabei nicht gefolgt werden.

Der § 69 Abs. 1 ASVG stellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes eine abschließende Regelung dar. Hätte der Gesetzgeber dabei einen Anspruch auf Verzinsung der bezahlten Beiträge einräumen wollen, so hätte er dies ausdrücklich zum Ausdruck bringen müssen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß der Gesetzgeber in anderen Fällen (vgl. § 59 Abs. 1 oder § 63 Abs. 2 ASVG) die Entrichtung von Verzugszinsen ausdrücklich vorsieht.

Zu der in der Beschwerde aufgezeigten Ansicht von Krejci ist zu bemerken, daß selbst nach bürgerlichem Recht durch den bloßen Besitz eines Betrages, der nicht fruchtbringend angelegt oder verwendet wird, kein Vorteil entsteht, dessen Ersatz gemäß § 877 ABGB berechtigterweise verlangt werden kann (vgl. OGH vom 11. Oktober 1978, 1 Ob 686/78, EvBl. 1979/84).

Im Hinblick auf diese Erwägungen ist der angefochtene Bescheid nicht mit den der belangten Behörde in der Beschwerde vorgeworfenen Rechtswidrigkeiten belastet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen ist.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 14. April 1988

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