VwGH 87/14/0078

VwGH87/14/007822.9.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführererin Kommissär Mag. Piffl, über die Beschwerde des HB in R, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 6. März 1987, Zl. 66/2-5/Ae-1987, betreffend Eintragung steuerfreier Beträge für 1985 in die Lohnsteuerkarte, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen im Betrag von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Gemeindeprüfer bei einer Bezirkshauptmannschaft. Für 1985 beantragte er die Eintragung eines steuerfreien Betrages auf Grund erhöhter Werbungskosten, die ihm durch den Besuch von Lehrveranstaltungen an einer Universität entstanden waren (S 25.726,-- an Fahrtkosten mit Pkw, S 330,-- an Kosten für Bahnfahrten, S 718,-- für Fachliteratur, S 218,-- für Referate, S 280,-- für den Beitrag zur österreichischen Hochschülerschaft, S 282,-- für Studienführer und Telefonate). Er behauptete, der Schwerpunkt der ihm obliegenden Gebarungsprüfungen betreffe den finanziellen Bereich (Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Vergabe von Arbeiten und Lieferungen) in Betrieben und betriebsähnlichen Einrichtungen der Gemeinden. Dabei seien umfangreiche betriebswirtschaftliche (kaufmännische) Kenntnisse zur Erhöhung der Prüfungseffizienz unerläßlich. Die erforderliche Fortbildung werde von seiner Dienststelle nicht geboten. Um sich auf den erwähnten Gebieten fortzubilden, studiere der Beschwerdeführer Betriebswirtschaftlehre an der Universität, da dies im Vergleich zu Kursangeboten für ihn sowohl hinsichtlich der Kosten als auch hinsichtlich der Zeiteinteilung günstiger sei. Der Abschluß des Studiums sei aus zeitlichen und familiären Gründen "von vornherein als wenig aussichtsreich zu beurteilen". Der Beschwerdeführer strebe auf Grund des Studiums auch nicht einen Dienstposten einer höheren Verwendungsgruppe an. Durch die Fortbildung hoffe er jedoch, die Qualität seiner Prüfungstätigkeit zu steigern und hiedurch der Sicherung und Erhaltung seiner Einnahmen als Revisor zu dienen sowie einem Berufswechsel durch eine Versetzung innerhalb der Dienststelle vorzubeugen. Er ziele auch darauf ab, die Position des Ersten Gemeindeprüfers (Dienstklasse VII) innerhalb der gleichbleibenden Verwendungsgruppe einnehmen zu können. An der Universität wähle der Beschwerdeführer solche Sachgebiete aus, die er in seinem Beruf gebrauchen könne. Das Lehrangebot sei viel umfangreicher als das der Kurse des Wirtschaftsförderungsinstitutes, dazu komme noch die Freiheit in der Zeiteinteilung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid lehnte die belangte Behörde im Instanzenzug die Eintragung eines steuerfreien Betrages für erhöhte Werbungskosten ab, gewährte dem Beschwerdeführer jedoch einen steuerfreien Betrag für Aufwendungen wegen außergewöhnlicher Belastung gemäß § 34 Abs. 7 EStG in der maximalen Höhe von S 12.000,--. Sie vertrat die Ansicht, daß es sich bei dem Hochschulstudium des Beschwerdeführers als ordentlicher Hörer nicht um Berufsfortbildung, sondern um Berufsausbildung handle. Dieses Studium umfasse nämlich auch Fächer, die mit der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht im Zusammenhang stünden. Mit der Absolvierung des Studiums verschaffe sich der Beschwerdeführer nicht nur eine bessere und gründlichere Ausbildung, sondern die Voraussetzungen für den beabsichtigten beruflichen Aufstieg zum "Ersten Gemeindeprüfer" in leitender Position.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Berücksichtigung von Berufsfortbildungskosten als Werbungskosten bei der Bemessung der Lohnsteuer für das Kalenderjahr 1985 verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Während Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Erlangung eines Berufes (Ausbildungskosten) zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben im Sinne des § 20 EStG zählen, bilden die Berufsfortbildungskosten Werbungskosten (oder Betriebsausgaben). Berufsfortbildung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um seinen Beruf besser ausüben zu können. Fortbildungskosten dienen dazu, in einem bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Sie sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den hierauf beruhenden Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig. Aufwendungen zur beruflichen Fortbildung sind indes nicht nur dann Werbungskosten, wenn ohne sie eine konkrete Gefahr für die berufliche Stellung oder das berufliche Fortkommen bestünde oder durch sie ein konkret abschätzbarer Einfluß auf die gegenwärtigen oder künftigen Einkünfte gegeben ist. Dem Wesen einer die Berufschancen erhaltenden oder verbessernden Berufsfortbildung entsprechend muß es vielmehr genügen, wenn die Aufwendungen an sich - auch ohne zunächst konkret erkennbare Auswirkungen auf die Einkünfte - geeignet sind, daß der Steuerpflichtige im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden bleibt und den jeweiligen Anforderungen gerecht wird (vgl. Verwaltungsgerichtshof 18. März 1986, Zl. 85/14/0156).

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nie behauptet, daß die außerhalb des "Rechnungswesens und Steuerprüfungswesens" angebotenen Lehrveranstaltungen zur Berufsfortbildung geeignet seien. Aus diesem Grunde habe er die Studienkosten des ersten Studienabschnittes, der nach der Studienordnung die Aufgabe habe, in die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften einzuführen und die Grundlagen für die betriebswirtschaftliche Berufsausbildung zu vermitteln, nicht als Werbungskosten, sondern nur als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Erst die spezielle Fachrichtung des zweiten Studienabschnittes diene der Vermittlung jenes Wissenspotentials, das der Beschwerdeführer für die Gebarungsprüfung der Gemeinden verwenden könne. Die beantragten Werbungskosten beträfen ausschließlich Aufwendungen für die spezielle Studienrichtung "Rechnungswesen" sowie "Steuer- und Prüfungswesen" und ergänzend "Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Einrichtungen". Für die von der belangten Behörde angeführten zusätzlichen Lehrveranstaltungen seien keine Kosten angefallen, da der Beschwerdeführer diese zwar inskribiert, aber nicht besucht habe.

Ein Hochschulstudium ist nun in der Regel nicht der Berufsfortbildung, sondern der Berufsausbildung zuzurechnen, es sei denn, ein zweiter Studiengang wäre mit dem abgeschlossenen ersten Studium, aufgrund dessen der Steuerpflichtige seinen Beruf ausübt, derart qualifiziert verflochten, daß er dem Steuerpflichtigen die Ausweitung seiner Berufskenntnisse ermöglicht. Diese Ausnahme von der Regel liegt im Beschwerdefall nicht vor. Zu Recht hält die belangte Behörde dem Beschwerdevorbringen entgegen, daß das Hochschulstudium der Betriebswirtschaftslehre nur als Ganzes einer rechtlichen Beurteilung unter dem Blickwinkel der Berufsfortbildung oder der Berufsausbildung unterzogen werden kann und die dem Beschwerdeführer vorschwebende Aufteilung in Lehrveranstaltungen, die für den Beschwerdeführer Berufsfortbildung seien, und übrige Lehrveranstaltungen, die der Berufsausbildung zuzurechnen seien, nicht möglich ist. Dem Beschwerdevorbringen selbst ist zu entnehmen, daß etwa das Studium des zweiten Studienabschnittes die Bewältigung der Studien im ersten Studienabschnitt zur Voraussetzung hat. Auf Grund des pädagogischen Aufbaues kann das Studium daher nur als Einheit einer Beurteilung unterzogen werden. Berufsfortbildung und Berufsausbildung schließen einander aus. Da jede der vom Beschwerdeführer besuchten Lehrveranstaltungen jedenfalls auch dem Abschluß des Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der Universität dient, mögen manche der Lehrveranstaltungen zwar auch der Berufsfortbildung des Beschwerdeführers als Gemeindeprüfer dienlich sein, doch handelt es sich in diesem Fall um einen gemischten Aufwand (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, zweite Auflage, Tz 13 zu § 20), der nicht abzugsfähig ist.

Hat der Beschwerdeführer sich zu einem Studium der Betriebswirtschaftslehre entschlossen, so sind die ihm daraus entstehenden Kosten demnach solche der privaten Lebensführung, mögen ihm auch einzelne Lehrveranstaltungen im Zuge dieses Studiums zur Fortbildung in seinem bereits ausgeübten Beruf dienlich sein.

Prognosen zur Frage eines positiven Studienabschlusses unter Berücksichtigung der familiären Situation des Beschwerdeführers sind nicht erforderlich. Dem Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer den ersten Studienabschnitt bereits erfolgreich abgeschlossen hat und er einen erfolgreichen Abschluß des Gesamtstudiums selbst nicht ausschließt, mag er ihn auch zur Zeit als unwahrscheinlich einschätzen. Es kann daher keine Rede davon sein, daß der jedenfalls der Privatsphäre zuzuzählende Anteil selbst unter Zugrundelegung der Darstellung des Beschwerdeführers von so untergeordneter Bedeutung wäre, daß von einem gemischten Aufwand nicht gesprochen werden könnte.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher weder inhaltliche Rechtswidrigkeit noch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 22. September 1987

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte