VwGH 87/13/0015

VwGH87/13/00152.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde der Dr. GH in W, vertreten durch Dr. Manfred Roland, Rechtsanwalt in Wien XIII, Hietzing, Am Platz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 1. Dezember 1986, GZ 6/3-3463/86, betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1981 bis 1983, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 §6 Z11;
UStG 1972 §6 Z12;
UStG 1972 §6 Z11;
UStG 1972 §6 Z12;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Ärztin, betreibt unter anderem die Wiener Schule für Körperpflege, eine Privatlehranstalt für Kosmetik, Massage und Fußpflege, der 1977 vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde.

Im Jahre 1986 fand bei der Beschwerdeführerin für den Streitzeitraum eine Betriebsprüfung statt, im Rahmen derer - soweit dies für das hg. Verfahren von Relevanz ist - festgestellt wurde, daß die Umsätze der oben genannten Schule 1981 und 1982 einschließlich der Behandlungsbeiträge, 1983 nur noch die Schulgelder und die Entgelte für Diplome und Zeugnisse bei der Veranlagung erklärungsgemäß gemäß § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 steuerfrei belassen worden seien. Der Betriebsprüfer verwies in diesem Zusammenhang jedoch auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 26. November 1981 an die Wiener Schule für Körperpflege, in welchem die Auffassung vertreten worden sei, daß auf die Umsätze dieser Schule die angeführte Befreiungsbestimmung nicht angewendet werden könne und führte ferner aus, daß die belangte Behörde im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuerveranlagung der Beschwerdeführerin für 1980 ebenfalls die Anwendung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 auf die Umsätze aus dem Schulbetrieb verneint habe. Gestützt auf diese Tatsachen unterwarf der Prüfer diese Umsätze, soweit sie den Streitzeitraum betrafen, dem Normalsteuersatz.

Gegen die der Ansicht des Betriebsprüfers erlassenen entsprechenden Bescheide des Finanzamtes erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung. In dieser bekämpft sie zunächst die "Nichtanerkennung der Steuerbefreiung gemäß § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972". Nur für den Eventualfall, daß diese Steuerbegünstigung auf sie nicht angewendet werden könne, beantragt sie den "Schulbetrieb als Liebhaberei" zu behandeln.

Begründend wird in diesem Rechtsmittel im wesentlichen ausgeführt:

Schon in der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1980 habe die Beschwerdeführerin dargelegt, warum nach ihrer Ansicht auf die in Rede stehenden Umsätze die Befreiungsbestimmung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 anzuwenden sei. Gegen den damaligen Bescheid der belangten Behörde, mit welchem das seinerzeitige Rechtsmittel abgewiesen worden sei, sei nur durch ein Versehen des Anwaltes der Beschwerdeführerin die Frist zur Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde versäumt worden.

Im übrigen sei durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes "praktisch eine Gleichstellung" der Schule der Beschwerdeführerin mit den öffentlichen Schulen erfolgt. Die strengen Auflagen stellten nicht nur hohe Anforderungen hinsichtlich der Organisation, des Lehrstoffes und der Qualität des Lehrpersonals, sondern auch einen Verzicht auf jedes Gewinnstreben dar.

Die unter Annahme der "Umsatzsteuerfreiheit" bisher ausgewiesenen eher geringfügigen Überschüsse beruhten darauf, daß die Beschwerdeführerin und ihr Gatte un- bzw. unterhonorierte Leistungen erbracht hätten.

Im übrigen sei davon auszugehen, daß Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht ohnehin schon begünstigt seien "und gar nicht mehr der vergleichenden Tätigkeit bedürften, weil diese schon durch das Öffentlichkeitsrecht gefordert und gegeben ist".

Aber auch "was die vergleichbare Tätigkeit anbetrifft", sei

diese als gegeben anzusehen. "Die Vergleichbarkeit ... der

Vermittlung von Berufswissen oder zumindest von Allgemeinwissen auf Stoffgebieten die auch in den Lehrplänen öffentlicher Schulen vorzufinden sind, ist dadurch gegeben, daß in der Wiener Schule für Körperpflege sowohl berufsbildende Fächer als auch - als Ausfluß des Öffentlichkeitsrechtes - allgemeinbildende Fächer unterrichtet werden." Die Stoffgebiete des Berufswissens seien "mit der öffentlichen Berufsschule der Kosmetiker vergleichbar" und "darüber hinaus sind die Stoffgebiete des Allgemeinwissens (wie Staatsbürgerkunde, Deutsch, Kaufmännisches Rechnen) mit vielen öffentlichen Schulen vergleichbar".

Die an der Schule der Beschwerdeführerin beschäftigten Lehrer würden überwiegend auch an öffentlichen Schulen unterrichten.

Ausdrücklich sei darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Wiener Schule für Körperpflege um eine berufsbildende mittlere Schule handle, die auch allgemeinbildende Fächer unterrichte und damit "erzieherische Ziele anstrebt".

Es werde aber "unabhängig von der Frage der Umsatzsteuerfreiheit nach § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 ... überhaupt grundsätzlich die Steuerpflicht bezweifelt", da die in Rede stehende Tätigkeit auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten ließe. Dies zeige eindeutig der Betriebsprüfungsbericht, "wonach bei Annahme der Umsatzsteuerpflicht die Erlöse die den Kosten gegenüberstehen, durch die Umsatzsteuer derartig reduziert werden, daß in jedem Jahr erhebliche Verluste entstehen".

Im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens gab die Beschwerdeführerin bekannt, daß die Schulräume an ihrer Unterrichtsanstalt 5 Klassenzimmer, 1 Labor, 1 Lehrmittelzimmer, 2 Garderoberäume, 2 Pausenräume, 3 Toiletten, 2 Waschräume, 1 Direktionskanzlei, 1 Schulsekretariat sowie diverse Nebenräume umfaßten, der Lehrkörper aus derzeit 17 Lehrkräften bestehe und der gemeinsame Unterricht in den Klassenzimmern und im Labor stattfinde. Das Schulsekretariat sei während der gesamten Unterrichtszeit und darüber hinaus mindestens mit einer Person besetzt. Ihm obliege unter anderem die Führung der vorgeschriebenen Schülerakten.

Aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten, vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst genehmigten Organisationsstatut der Wiener Schule für Körperpflege ergibt sich unter anderem, daß sich dieselbe in Fachabteilungen für Kosmetik, für Massage und Fußpflege aufgliedert. Aus den für jede der Fachabteilungen vorgeschriebenen Lehrplänen geht hervor, daß als Pflichtgegenstände (als Freigegenstände werden jeweils Englisch und Französisch genannt) neben berufsspezifischen Fächern auch Religion, Staatsbürgerkunde, Deutsch, Kaufmännisches Rechnen, Betriebswirtschaft für Körperpflegeberufe und als spezifisch medizinische Gegenstände Anatomie, Physiologie und Pathologie aufscheinen. Die Abschlußprüfungen der einzelnen Fachabteilungen (die Ausbildung an einer derselben dauert zwei Schuljahre mit je zwei Semestern) umfassen schriftliche, mündliche und praktische Prüfungen, wobei die erstgenannten aus "Deutsch" oder "Staatsbürgerkunde" oder "Kaufmännisches Rechnen" und "Betriebswirtschaft" bestehen. Mündliche Prüfungen sind unter anderem in Anatomie, Physiologie und Pathologie abzulegen. Als "allgemeines Bildungsziel" der Wiener Schule für Körperpflege umschreibt das Organisationsstatut deren Aufgaben dergestalt, daß sie "die für die Ausübung des Berufes der Kosmetikerin, des Masseurs und des Fußpflegers notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf eine Erziehung zum Verantwortungsbewußtsein und Erwerb eines Allgemeinwissens zu vermitteln" habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung abgewiesen und nach Zitierung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972, der Gesetzesmaterialien und unter eingehendem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. April 1976, Zl. 559/75, im wesentlichen dargelegt:

Aus den Beispielen, welche die Gesetzesmaterialien für und gegen die Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 anführten, sei der Schluß zulässig, daß die Beschwerdeführerin, die eine Lehranstalt mit Öffentlichkeitsrecht für Kosmetik, Massage und Fußpflege betreibe, nicht unter die genannte Gesetzesbestimmung zu subsumieren sei, "da Kosmetikschulen ausdrücklich vom Ausschluß dieser Befreiungsbestimmung betroffen sind". Einem Rechtsirrtum unterliege im übrigen die Beschwerdeführerin, wenn sie vermeine, daß eine Schule mit Öffentlichkeitsrecht die in Rede stehende Befreiungsbestimmung "gar nicht nötig hätte, weil sie ohnedies wie eine öffentliche Schule zu betrachten sei".

Im vorliegenden Fall sei die strittige Schule von einer Privatperson errichtet worden und werde von einer solchen erhalten. Sie sei daher als Privatschule anzusehen, gleichgültig, ob ihr das Öffentlichkeitsrecht verliehen worden sei oder nicht. Da die Entgelte für die Leistungen der Schule grundsätzlich der Umsatzsteuer unterlägen, sei nur zu prüfen, ob § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 zur Anwendung kommen könne. Eine Anwendung dieser Befreiungsbestimmung käme aber nur dann in Frage, wenn die Privatschule eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausübe. "Im Zweifel" werde daher festzustellen sein, "ob sich der betreffende Unterrichtsstoff auch in den vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst erstellten Lehrplänen öffentlicher Schulen findet". Dies liege aber im Streitfall deshalb nicht vor, weil es keine der Wiener Schule für Körperpflege auch nur annähernd entsprechende öffentliche Schule gebe. Da demnach kein zum Vergleich heranzuziehender Lehrplan einer öffentlichen Schule vorliege, "kann der nach § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 geforderte Nachweis, daß eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird, nicht gelingen".

Was den von der Beschwerdeführerin gestellten Eventualantrag anlange, ihre Schultätigkeit als "Liebhaberei" zu behandeln, so könne auch diesem ein Erfolg nicht beschieden sein. "Da der in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesene Verlust aus Gewerbebetrieb

allein auf den Umstand zurückzuführen war, daß ... die

Inanspruchnahme der unechten Befreiung versagt wurde, konnte in diesem Umstand kein Kriterium für die Annahme einer Liebhaberei gefunden werden."

Ferner habe die Beschwerdeführerin gegen die in der Stellungnahme der Betriebsprüfung angeführten Argumente gegen "die Annahme von Liebhaberei" (Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, keine Beschränkung hinsichtlich der Schüler, die Höhe des Schulgeldes deckt annähernd die Kosten, keine Befreiung bzw. Verminderung des Schulgeldes aus sozialen oder anderen Gründen, Beschäftigung fremder Personen im jeweils erforderlichen Ausmaß) keine ernsthaften Einwendungen vorgebracht. Die belangte Behörde erachte daher die in dieser Stellungnahme "angeführten Gründe als gegeben".

Aus den dargelegten Gründen sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 sind von den unter § 1 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. fallenden Umsätzen die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausübung dienenden Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, daß eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972, Anm. 237 ff und die dort angeführte hg. Judikatur, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 28. April 1976, Zl. 559/75) ist die Frage, ob eine Privatschule eine einer öffentlichen Schule vergleichbare Tätigkeit ausübt, in erster Linie anhand des Lehrstoffes zu beurteilen. Eine Vergleichbarkeit des Lehrstoffes liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn eine Einrichtung im Sinne des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 der Art nach einzelne Gegenstände unterrichtet, die zum Lehrstoff öffentlicher Schulen gehören. Es ist vielmehr erforderlich, daß der Lehrstoff in den unterrichteten Gegenständen auch dem Umfang und dem Lehrziel nach wenigstens annähernd dem von öffentlichen Schulen Gebotenen entspricht. Dies wird inbesondere dann zu verneinen sein, wenn z.B. der Unterricht nur in einem bloß wenige Wochen umfassenden Kurs dargeboten wird. Die Vergleichbarkeit der Tätigkeit einer Privatschule mit der einer öffentlichen Schule wird allerdings nicht allein an Lehrstoff und Lehrziel zu messen sein. Es wird vielmehr zu prüfen sein, ob eine entsprechende Vergleichbarkeit auch in organisatorischer Hinsicht (gemeinsamer Unterricht einer Mehrzahl von Schülern in entsprechenden Klassenräumlichkeiten etc.), in didaktischer Hinsicht, bei der Schülerbeurteilung und allenfalls hinsichtlich der Abschlüsse gegeben ist (vgl. Kranich-Siegl-Waba, a.a.O. Anm. 240, hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1987, Zl. 86/13/0184).

Im Beschwerdefall ist nun davon auszugehen, daß die Wiener Schule für Körperpflege eine Privatschule ist und sie daher nur dann unter die Befreiungsbestimmung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 fällt, wenn sie die in dieser Gesetzesbestimmung normierten Voraussetzungen erfüllt. Der Umstand, daß ihr das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde, deutet zwar auf die Vergleichbarkeit mit einer öffentlichen Schule hin; ohne nähere Prüfung der von dieser privaten Schule tatsächlich ausgeübten Tätigkeit jedoch wird die Anwendbarkeit des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 auf sie nicht ohne weiteres unterstellt werden können. Eine solche Prüfung erweist sich deshalb als notwendig, weil § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 in der geltenden Fassung keinerlei Unterscheidung zwischen privaten Schulen mit und ohne Öffentlichkeitsrecht trifft.

Auf der Basis der oben dargelegten Rechtsauffassung, von welcher abzugehen im Streitfall keine Veranlassung besteht, teilt der Gerichtshof die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht, daß auf die in Rede stehenden, von der Wiener Schule für Körperpflege vereinnahmten Entgelte die Befreiungsbestimmung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 deshalb anzuwenden ist, weil die genannte Privatschule eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausübt. Dies gilt nach dem von der belangten Behörde nicht in Streit gestellten Vorbringen der Beschwerdeführerin bzw. dem Inhalt des vorgelegten Organisationsstatutes der Wiener Schule für Körperpflege sowohl in organisatorischer und didaktischer Hinsicht, als auch hinsichtlich der Schülerbewertung und der Abschlußprüfungen. Besteht doch in der Schule ein Lehrkörper, ein Sekretariat, wird doch einer Mehrzahl von Schülern in entsprechenden Klassenräumen gemeinsamer Unterricht erteilt und werden die allgemeinen didaktischen Grundsätze im Organisationsstatut - durchaus denen an öffentlichen Schulen vergleichbar - wie folgt umschrieben:

"Für die Gestaltung des Unterrichtes ist grundsätzlich zu beachten:

1. Die Darbietung und Erarbeitung des Lehrstoffes hat berufs- und lebensnah zu sein.

  1. 2. Die Selbständigkeit der Schüler ist anzustreben.
  2. 3. Zur Bildung klarer Vorstellungen sind sorgfältig ausgewählte Lehrmittel heranzuziehen und Exkursionen durchzuführen. Die nur abstrakte und mechanische Wissensvermittlung ist zu vermeiden.

    4. Bei der Lehrstoffverteilung in den einzelnen Unterrichtsfächern ist im Sinne der Konzentration auf die möglichen Querverbindungen Bedacht zu nehmen.

    5. Lehrbücher, Diapositive, Film und gegebenenfalls Rundfunk und Fernsehen sind dem Unterricht bzw. der Erziehung sinnvoll nutzbar zu machen.

    6. Die österreichische Norm (ÖNorm, ÖAB 9, u.a.) sind in den in Betracht kommenden Unterrichtsfächern zu berücksichtigen. Erst beim Fehlen solcher sind andere Normen heranzuziehen."

    Aber auch hinsichtlich der Leistungsfeststellung und der Leistungsbeurteilung sowie der Abschlußprüfung liegt eine Vergleichbarkeit mit öffentlichen Schulen vor; denn in den genannten Punkten sind - soweit nichts anderes festgelegt ist - "die für berufsbildende mittlere Schulen geltenden schulunterrichtsrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden".

Es ist aber auch die Frage, ob die Wiener Schule für

Körperpflege vom Standpunkt des von ihr gebotenen Lehrstoffes eine

mit einer öffentlichen Schule vergleichbare Tätigkeit ausübt oder

nicht, zu bejahen. Ergibt sich doch aus ihren Lehrplänen, in

welchen neben berufsspezifischen auch eine Reihe

allgemeinbildender Gegenstände aufscheinen, daß dieselben denen

von öffentlichen berufsbildenden mittleren Schulen vergleichsweise

durchaus entsprechen, was im übrigen auch seine Bestätigung darin

findet, daß die Wiener Schule für Körperpflege in einem im Akt

erliegenden "Verzeichnis der ... öffentlichen und privaten

berufsbildenden mittleren ... Schulen" des Stadtschulrates für

Wien aufscheint.

Bei der gegebenen Sachlage ist aber auch davon auszugehen, daß der jeweils mehrsemestrige Unterricht den Absolventen der Wiener Schule für Körperpflege ein abgeschlossenes Lehrziel, nämlich die Fähigkeit zur Ausübung des Berufes der Kosmetikerin, des Masseurs und des Fußpflegers unter gleichzeitigem Erwerb eines bestimmten Grades an Allgemeinwissen bietet.

Wenn im angefochtenen Bescheid die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 im wesentlichen damit verneint wird, es gäbe im Streitfall keinen zum Vergleich heranzuziehenden Lehrplan einer öffentlichen Schule, weil eine solche, die der Wiener Schule für Körperpflege entspreche, nicht vorhanden sei, so gehen diese Ausführungen schon deshalb ins Leere, weil, worauf der Verwaltungsgerichtshof bereits hingewiesen hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 28. April 1976, Zl. 559/75) § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 von privaten Schulen keine mit jener öffentlicher Schulen idente, sondern nur eine vergleichbare Tätigkeit fordert. Vergleichbar aber erscheint im Streitfall die Tätigkeit in der Schule der Beschwerdeführerin durchaus mit der öffentlicher berufsbildender mittlerer Schulen.

Schließlich teilt der Gerichtshof auch die in der Beschwerde vertretene Auffassung, daß aus der nur in den Gesetzesmaterialien erfolgten Erwähnung der Kosmetikschulen allein keinesfalls der von der belangten Behörde gezogene Schluß zulässig ist, daß die Privatschule der Beschwerdeführerin "nicht unter die Bestimmung des § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 zu subsumieren ist".

Da die belangte Behörde demnach zu Unrecht die Anwendung dieser Befreiungsbestimmung auf die strittigen Umsätze verneint hat, erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Auf die in dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin gestellte Frage des Vorliegens einer "Liebhaberei" im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wiener Schule für Körperpflege braucht im übrigen deshalb nicht eingegangen zu werden, da nach den ausdrücklichen Ausführungen in der Beschwerde (Seite 24) eine "Liebhaberei" nur dann angenommen werden könnte, wenn die Steuerbefreiung nach § 6 Z. 11 Umsatzsteuergesetz 1972 versagt würde und daher "im Falle der Umsatzsteuerpflicht ... zweifelsfrei Dauerverluste der Beschwerdeführerin aus dem gegenständlichen Betrieb" resultieren würden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalen Schriftsatzaufwand Umsatzsteuer nicht zugesprochen werden kann.

Wien, am 2. Dezember 1987

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