VwGH 86/18/0206

VwGH86/18/020610.3.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Renner, über die Beschwerde des Dr. KP in L, vertreten durch Dr. Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 3, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. Juni 1986, Zl. VerkR-1099/7-1985-II/Bi, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs9;
VStG §64 Abs1;
VStG §64 Abs2;
VStG §64 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986180206.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 19. Juni 1986 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, 1. er habe am 13. Februar 1985 um 13.50 Uhr in Linz, auf der Kreuzung Salzburgerstraße-Schumannstraße, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw alkoholbeeinträchtigt gelenkt und

2. sei damit zur selben Zeit auf der Salzburgerstraße, einer Bundesstraße mit Vorrang, nächst dem Hause Nr. 28, umgekehrt. Er habe hiedurch zu 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 und zu 2) eine solche nach § 14 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; zu 1) wurde eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzarreststrafe 16 Tage), zu

2) eine solche von S 300,-- (Ersatzarreststrafe 1 Tag) verhängt. In der Begründung des Berufungsbescheides wurde nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsstrafverfahrens ausgeführt, hinsichtlich der Übertretung nach § 14 Abs. 2 StVO folge die Berufungsbehörde den Angaben des als Zeugen vernommenen Meldungslegers, wonach der Tatort sich in der Salzburgerstraße nächst dem Hause Nr. 28 befunden habe, habe doch der Beschwerdeführer selbst angegeben, im Hause Salzburgerstraße 23 jemanden besucht zu haben und lägen die mit diesen beiden Hausnummern bezeichneten Häuser einander annähernd gegenüber. Der Behauptung des Beschwerdeführers, der Tatort sei anderswo gewesen, sei nicht zu folgen. Hinsichtlich der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO ging die Berufungsbehörde zunächst davon aus, daß ein Blutalkoholgehalt zur Zeit der Tat von 0,8 %o und darüber beim Beschwerdeführer nicht mit Sicherheit beweisbar sei. Hingegen sei nach den Gutachten der Amtssachverständigen Dr. W und Dr. P die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Beschwerdeführers zur Tatzeit erwiesen. Gerade ein kurz vor dem Lenken getätigter Sturztrunk sei geeignet, sofort eine schädliche Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit auszuüben, wenn auch seine Auswirkung auf den Blutalkoholgehalt erst später festzustellen sei. Der Tatbestand nach § 5 Abs. 1 StVO sei ohne Rücksicht auf den Blutalkoholgehalt des Beschwerdeführers - der sich zur Tatzeit knapp unter oder über 0,8 %o bewegt habe - erwiesen. Bei der Strafbemessung sei die Behörde von monatlichen Privatentnahmen des Beschwerdeführers aus seinem (damaligen) Unternehmen als Rechtsanwalt von S 15.000,-- bis S 20.000,-- und von der Sorgepflicht für die Ehefrau und drei Kinder ausgegangen. Eine einschlägige Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO wirke erschwerend. Die Auferlegung der Kosten der Untersuchungen gründe sich auf § 5 Abs. 9 StVO. Zur Höhe dieser Kosten wurden nähere Ausführungen gemacht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, "Aktenwidrigkeit" und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hinsichtlich der Übertretung nach § 14 Abs. 2 StVO erhobene Behauptung, der Tatort sei unrichtig wiedergegeben, geht von einem anderen als dem von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt aus. Die Behörde hat aber schlüssig begründet, warum sie den von der ersten Instanz festgestellten Tatort als den richtigen ansah. Hinsichtlich dieses Tatortes lag auch eine rechtzeitige Verfolgungshandlung vor in der Vernehmung des Beschwerdeführers als Beschuldigtem am 8. März 1985 vor der Bundespolizeidirektion L.

Hinsichtlich der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO kann zunächst jede Beschäftigung mit den Gutachten des Professors Dr. J - einem vom Beschwerdeführer herangezogenen, daher privaten, Sachverständigen - und des Professors Dr. M - eines Sachverständigen im Sinne des § 52 Abs. 2 AVG 1950 - deshalb unterbleiben, weil sich diese beiden Gutachten mit der Frage des Blutalkoholgehaltes beschäftigten und die belangte Behörde ausdrücklich davon ausging, ein solcher Gehalt von 0,8 %o oder darüber zur Tatzeit sei nicht erwiesen.

Die belangte Behörde handelte rechtsrichtig, wenn sie die Möglichkeit einer Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO auch ohne Rücksichtnahme auf einen bestimmten Blutalkoholgehalt annahm (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Oktober 1973, Slg. N.F. Nr. 8477/A).

Die belangte Behörde berief sich ferner zu Recht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Frage, welche Auswirkung ein unmittelbar vor Beginn der Lenkertätigkeit erfolgter Alkoholkonsum auf die Fahrtüchtigkeit haben könne; dem von der Berufungsbehörde zitierten Erkenntnis vom 27. Oktober 1982 können noch die weiteren Erkenntnisse vom 12. April 1985, Zl. 85/18/0202, vom 21. März 1986, Zl. 86/18/0001, und vom 20. November 1986, Zl. 86/02/0125, hinzugefügt werden. Der Beschwerdeführer verkennt den Begriff des "Sturztrunkes", der nichts mit der Frage des mehr oder weniger hastigen Trinkens, sondern mit der Frage des kurzen zeitlichen Abstandes des Alkoholkonsums zum Beginn des Fahrzeuglenkens zu tun hat. Da der Beschwerdeführer ja selbst mehrmals behauptete (so in der Niederschrift vom 13. Februar 1985, im Beweisantrag vom 26. Februar 1985, im Schriftsatz vom 12. März 1985 und öfter), daß er innerhalb von 20 Minuten vor Fahrtantritt zwei Achtel Liter Rotwein und unmittelbar vor Fahrtantritt vier Zentiliter Magenbitter getrunken habe, können die Merkmale eines sogenannten Sturztrunkes schon auf Grund seiner eigenen Angaben als gegeben angenommen werden.

Das Gutachten des Amtssachverständigen der ersten Instanz, Dr. W, welches dreimal ergänzt wurde, im Zusammenhalt mit dem Gutachten der Amtssachverständigen der zweiten Instanz, Dr. P, stellt in schlüssiger Weise dar, aus welchen einzelnen Befundmerkmalen die Schlußfolgerung auf die Fahruntüchtigkeit des Beschwerdeführers gezogen wurde. Kein Beweismittel, auch nicht das vom Beschwerdeführer beigebrachte Privatgutachten Dris. J, widerlegt diese Amtsgutachten in der Frage der Fahruntüchtigkeit, unabhängig von der Höhe des Blutalkoholgehaltes. In Anbetracht der beiden schlüssigen Gutachten der Amtssachverständigen bestand kein Anlaß, ein weiteres Gutachten eines Facharztes für interne Medizin einzuholen.

Auch die vom Beschwerdeführer gerügte Undeutlichkeit oder Unklarheit in der Festhaltung der einzelnen Befundmerkmale liegt, betrachtet man das erste und das Ergänzungsgutachten des Amtssachverständigen Dr. W vom 21. März 1985, nicht vor: Demnach war die Rombergprobe unsicher, d. h., es zeigte sich deutliches, jedoch nicht hochgradiges, Schwanken des Untersuchten; die Pupillenreaktion war träge, der Nystagmus zeigte einen Wert von 15 Sekunden, dabei wurde dem Untersuchten der Finger im üblichen Abstand von zirka 25 cm vorgehalten. Eben diese Befunde legte auch die Amtssachverständige der zweiten Instanz ihrer Begutachtung zugrunde, sie kam, zusammen mit den weiteren aus dem Akt ersichtlichen Umständen, ebenfalls zu dem Schluß, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit mit Sicherheit durch Alkoholeinwirkung fahruntüchtig gewesen.

Der von der belangten Behörde bestätigte Schuldspruch erwies sich daher als frei von Rechtsirrtum.

Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde zutreffend auf das vom Beschwerdeführer selbst zugegebene Einkommen von S 15.000,-- bis S 20.000,-- monatlich, auf den (damaligen) gesetzlichen Strafrahmen und auf eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe des Beschwerdeführers hingewiesen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen, daß - innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze - ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzarreststrafe bestehen müsse (vgl. z. B. Erkenntnis vom 17. Juni 1983, Zl. 83/02/0010 und die darin zitierte weitere Rechtsprechung; Erkenntnis vom 30. Jänner 1987, Zl. 86/18/0235).

Auch die weitere Ansicht des Beschwerdeführers, die gemäß § 5 Abs. 9 StVO dem Untersuchten aufzuerlegenden Kosten der Untersuchung auf Alkoholbeeinträchtigung seien bereits in den Kosten des Strafverfahrens im Sinne des § 64 Abs. 1 und 2 VStG 1950 enthalten, ist unrichtig, weil § 64 Abs. 3 des letztzitierten Gesetzes ausdrücklich vorsieht, im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erwachsene Barauslagen dem Bestraften gesondert zum Ersatz aufzuerlegen. Bei den in § 5 Abs. 9 StVO genannten Kosten handelt es sich aber um solche Barauslagen.

Da es der Beschwerde somit insgesamt nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 10. März 1987

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