VwGH 86/08/0105

VwGH86/08/010512.2.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde des Dr. DH, Rechtsanwalt in W, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma G in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. März 1986, Zl. VII/2-2900/5-1986, betreffend Beitragsvorschreibung (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §68 Abs1
ASVG §68 Abs1 Satz2 idF 1968/006, 1973/031
ASVG §68 Abs1 Satz2 idF 1979/530

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986080105.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 13. Jänner 1975 wurde über das Vermögen der Firma G der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt. In dieser Eigenschaft übersandte er der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 31. März 1982 eine Aufstellung über ehemalige Dienstnehmer der Gemeinschuldnerin und deren Entgeltforderungen mit der Bitte, ihm für diese Forderungen Sozialversicherungsbeiträge mitzuteilen. Mit Nachtragsrechnung vom 20. Dezember 1983 schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer für den Beitragszeitraum Jänner 1975 Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 10.437,64 vor. Gegen diese Nachtragsrechnung wandte der Beschwerdeführer Verjährung ein und ersuchte um bescheidmäßige Feststellung der Zahlungspflicht. Daraufhin sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit Bescheid vom 30. Jänner 1984 gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG in Beachtung der §§ 68 ASVG und 62 AlVG aus, daß die dem Beschwerdeführer als Dienstgeber mit der Nachtragsrechnung Nr. 348 vom 20. September 1983 vorgeschriebenen Beiträge in der Höhe von S 10.437,64 als nicht verjährt gelten. Dem dagegen erhobenen Einspruch des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 4. Dezember 1984 nicht statt. Über die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Juni 1985, Zl. 85/08/0015, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes im wesentlichen mit der Begründung auf, daß die bescheidmäßige Feststellung, Beiträge gälten nicht als verjährt, nach den anzuwendenden Verfahrensbestimmungen unzulässig sei. Daraufhin behob der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 26. August 1985 den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 30. Jänner 1984.

Mit Bescheid vom 30. September 1985 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gemäß § 410 Abs. 1 ASVG in Beachtung des § 68 ASVG und des § 62 AlVG aus, daß der Masseverwalter als Dienstgeber zur Zahlung der mit der Nachtragsrechnung Nr. 348 vom 20. September 1983 vorgeschriebenen Beiträge in der Höhe von S 10.437,64 verpflichtet sei. Nach der Bescheidbegründung lägen dieser Beitragsnachberechnung Entgeltforderungen für den Beitragszeitraum Jänner 1975 zugrunde. Der Beschwerdeführer habe diese Forderungen der Dienstnehmer auch anerkannt. Da die Meldung der Beitragsgrundlagen jedoch nicht innerhalb der im § 34 ASVG festgelegten Frist von drei Tagen, sondern erheblich verspätet mit Schreiben vom 31. März 1982 erfolgt sei, habe im Sinne des zweiten Satzes des § 68 Abs. 1 ASVG die Verjährungsfrist erst mit dem Einlangen der Meldung zu laufen begonnen. Die Beiträge seien demnach innerhalb der in § 68 Abs. 1 ASVG festgelegten Verjährungsfrist vorgeschrieben worden, weshalb eine Verjährung nicht eingetreten sei.

Dem vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Einspruch gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht statt und bestätigte den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse. Dem Einwand des Masseverwalters, die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sei bereits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung in der Lage gewesen, die offenen Beiträge festzustellen, hielt die belangte Behörde entgegen, daß die Meldepflichten nach den §§ 33 und 34 ASVG den Dienstgeber beziehungsweise die im § 36 ASVG angeführten meldepflichtigen Personen träfen. Das ASVG enthalte keine Bestimmung, nach der die Kasse von sich aus auf dem Prüfungswege offene Beiträge feststellen müsse. Auch finde sich im § 68 leg. cit. kein Hinweis darauf, daß die Frist für die Verjährung des Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen ab einer Konkurseröffnung zu laufen beginne. Da als Meldung im Sinne der Bestimmung des § 34 ASVG erst das Schreiben des Beschwerdeführers an die Kasse vom 31. März 1982 angesehen werden könne und die Verjährungsfrist somit auf Grund des zweiten Satzes des § 68 Abs. 1 ASVG erst mit dem Einlangen dieser Meldung zu laufen begonnen habe, sei Verjährung nicht eingetreten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die Angaben über die Versicherten zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung seien bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorgelegen, da es sich um gemeldete, laufend beschäftigte Dienstnehmer gehandelt habe und auf die Kündigungsentschädigungen und die Sonderzahlungen (von denen die vorgeschriebenen Beiträge berechnet worden seien) auf Grund der Kollektivverträge Rechtsansprüche bestanden hätten. Die Kasse wäre also schon bei Konkurseröffnung in der Lage gewesen, diese Ansprüche festzustellen und die Beiträge vorzuschreiben. Die Ansprüche hätten im Jänner 1975 bestanden. Die Meldepflichten nach den §§ 33 und 34 ASVG seien erfüllt gewesen, weil die Beschäftigten ja bei der Kasse gemeldet gewesen seien; nur habe die Kasse nach Konkurseröffnung keine Beiträge für die Sonderzahlungen und Kündigungsentschädigungen vorgeschrieben. Dieses Versäumnis treffe die Kasse allein. Die nachträgliche Vorschreibung der Beiträge nach acht Jahren sei rechtswidrig, da bereits Verjährung eingetreten sei. Die Gemeinschuldnerin sei Selbstabrechner gewesen und sehe die Kasse in den Beitragsnachweisungen überhaupt nicht, wer gemeldet und was gemeldet worden sei; dies geschehe lediglich zum Jahresende in Form von Beitragsgrundlagennachweisen für die einzelnen Dienstnehmer eines Betriebes. Es stehe demnach auch nicht fest, was in der Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum Jänner 1975 gemeldet gewesen sei. Ob ein solcher Beitragsgrundlagennachweis für 1975 erstellt worden sei, könne vom Beschwerdeführer nicht überprüft werden, da ihm die Buchhaltung der Gemeinschuldnerin nicht zur Verfügung gestanden sei. Es wäre jedoch Aufgabe der Kasse gewesen, bei Eintritt des Konkurses sofort eine Überprüfung vorzunehmen. Sie sei jedoch ihren Erhebungsverpflichtungen nach § 42 ASVG nicht nachgekommen, so daß die Verjährungsfrist ab 13. Jänner 1975 zu laufen begonnen habe. Sie sei daher bereits am 12. Jänner 1977 abgelaufen, spätestens jedoch am 12. Jänner 1980, wenn man rechtlich von einer fünfjährigen Verjährungsfrist ausgehen sollte. Die Beitragsnachrechnung Nr. 348 stamme jedoch vom 20. September 1983, also einem Zeitpunkt, in dem die Verjährung längst eingetreten gewesen sei. Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. März 1982 sei keine Meldung im Sinne der §§ 33 und 34 ASVG, sondern habe lediglich als Anfrage über die darauf entfallenden Beiträge dienen sollen, falls aus dem Massevermögen noch etwas hätte bezahlt werden sollen. Bisher seien die Kündigungsentschädigungsansprüche noch nicht bezahlt worden. Mit dem Schreiben seien auch der Kasse keine neuen Tatsachen bekannt geworden. Selbst wenn der "Dienstnehmer" (gemeint: Dienstgeber) keine oder unrichtige Angaben gemacht oder Änderungsanzeigen unterlassen habe, verjähre das Recht des Versicherungsträgers binnen fünf Jahren ab Fälligkeit. Die Fälligkeit wäre im Februar 1975 gegeben gewesen. Weiters müsse darauf hingewiesen werden, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Kündigungsentschädigungen in der Arbeitslosenversicherung nicht beitragspflichtig seien.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantrage ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sollten die Beschwerdeausführungen über die Gemeinschuldnerin als Selbstabrechner so zu verstehen sein, daß der Beschwerdeführer damit behauptet, es seien ohnedies die Kündigungsentschädigungen und Sonderzahlungen, von denen die vorgeschriebenen Beiträge errechnet wurden, schon im Jahre 1975 gemeldet worden, so handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, da der Beschwerdeführer im Einspruchsverfahren der Feststellung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, es sei die Meldung dieser Entgeltforderungen erst mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. März 1982 erfolgt, lediglich mit der Behauptung entgegentrat, auch dieses Schreiben sei nicht als Meldung zu qualifizieren; er behauptete aber nie, daß bereits vor diesem Schreiben diese Entgeltforderungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gemeldet worden seien. Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, daß jedenfalls vor dem Schreiben vom 31. März 1982 (gleichgültig ob man nun dieses Schreiben als Meldung im Sinne der §§ 33, 34 ASVG ansieht oder nicht) keine Meldung der Kündigungsentschädigungen und Sonderzahlungen, von denen die vorgeschriebenen Beiträge errechnet wurden, erfolgt sind.

Da die vorgeschriebenen Beiträge Entgeltforderungen für Jänner 1975 betreffen, die Beitragsvorschreibung aber erst nach dem 1. Jänner 1980 erfolgte, ist bei der Prüfung der Verjährungsfrage von der Bestimmung des § 68 Abs. 1 ASVG in den Fassungen der ab 1. Jänner 1973 geltenden 29. Novelle, BGBl. Nr. 31/1973, und der ab 1. Jänner 1980 geltenden 34. Novelle, BGB1. Nr. 530/1979, auszugehen. Dabei ist für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der 34. Novelle nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage zu prüfen, ob das Feststellungsrecht verjährt ist oder nicht. Ist darnach Verjährung noch nicht eingetreten, dann ist der weiteren Prüfung die nach der 34. Novelle bestehende Rechtslage zugrundezulegen. War das Feststellungsrecht hingegen auf Grund der bis zum Inkrafttreten der 34. Novelle geltenden Rechtslage bereits verjährt, dann kann die Änderung der Rechtslage nach der 34. Novelle nicht rückwirkend den Eintritt der Verjährungswirkung beseitigen. Damit würde nämlich einem bereits undurchsetzbar gewordenen öffentlich-rechtlichen Anspruch wieder die Durchsetzbarkeit verliehen werden. Eine derartige Rückwirkung des Gesetzes müßte jedoch ausdrücklich angeordnet werden, was jedoch nicht geschehen ist (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1985, Zl. 85/08/0114).

Die im Beschwerdefall relevanten Sätze eins und zwei des § 68 Abs. 1 AVG in der Fassung der 29. Novelle lauten:

"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) überhaupt keine oder unrichtige Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen beziehungsweise über deren Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen."

Die im Beschwerdefall relevanten Sätze eins bis drei des § 68 Abs. 1 in der Fassung der 34. Novelle lauten:

"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte beziehungsweise über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben beziehungsweise Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen beziehungsweise über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen."

Vor dem Hintergrund der obigen Darlegungen wäre die gegenständliche Beitragsvorschreibung jedenfalls dann schon inhaltlich rechtswidrig, wenn nach der Rechtslage der 29. Novelle eine zweijährige Verjährungsfrist in Betracht gekommen wäre, da dann der durch die 34. Novelle eingefügte zweite Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. keinesfalls mehr zur Anwendung gelangt wäre. Eine zweijährige Verjährungsfrist nach der 29. Novelle kommt aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls hinsichtlich der Beiträge von den obgenannten nicht gemeldeten Sonderzahlungen (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Mai 1985, Zl. 82/08/0151, vom 28. November 1985, Zl. 85/08/0132, vom 12. Dezember 1985, Zl. 85/08/0025) nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt auch dem Umstand, daß die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die von der Beitragsvorschreibung betroffenen Kündigungsentschädigungen und Sonderzahlungen hätte ermitteln können, für die Frage der Verjährung keine Bedeutung zu (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 4. Dezember 1981, Zl. 08/3129/80, und vom 23. Mai 1985, Zl. 82/08/0151, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die belangte Behörde hat daher - zumindest hinsichtlich der Beiträge von den Sonderzahlungen - bei der Prüfung des Verjährungseinwandes des Beschwerdeführers mit Recht die nach der 34. Novelle bestehende Rechtslage zugrunde gelegt, da, ausgehend von einer fünfjährigen Verjährungsfrist nach der 29. Novelle, am 1. Jänner 1980 Verjährung noch nicht eingetreten war.

Ob aber nach dieser Rechtslage noch von keiner Verjährung auszugehen war, hängt - sachverhaltsbezogen - in Übereinstimmung mit der Auffassung aller Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich von der Anwendbarkeit des zweiten Satzes des § 68 Abs. 1 in der Fassung dieser Novelle ab. Mit diesem erst durch den Ausschuß für soziale Verwaltung (ohne Begründung) eingefügten Satz wird zwar zunächst nur die Wendung im ersten Satz "vom Tag der Fälligkeit der Beiträge" in den Fällen, in denen "der Dienstgeber Angaben über Versicherte beziehungsweise deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht" hat, dahingehend modifiziert, daß dann die zweijährige Verjährungsfrist nicht schon mit dem Tag der Fälligkeit der Beiträge, sondern erst mit dem (späteren) Tag der Meldung zu laufen beginnt. Wenn sich aber nach dem dritten Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. "diese Verjährungsfrist der Feststellung" in näher bezeichneten Fällen auf fünf Jahre verlängert, so wird durch diese Wendung - in den Fällen erfolgter Meldungen - nicht nur ein Bezug zum ersten, sondern auch zum zweiten Satz hergestellt: der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist ist im Falle einer rechtzeitigen (aber schuldhaft unrichtigen) Meldung mit dem Tag der Fälligkeit der Beiträge, im Falle einer nicht rechtzeitigen (und schuldhaft unrichtigen) Meldung mit dem späteren Tag der Meldung anzusetzen. Wird hingegen überhaupt keine Meldung (also weder innerhalb noch nach Ablauf der Meldefristen) erstattet, so ist der zweite Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. (arg "mit dem Tag der Meldung") unanwendbar (so auch die Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, SoSi 1982, 327). Das hat aber zur Konsequenz, daß in diesen Fällen das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen zwei beziehungsweise fünf Jahren (je nachdem, ob die meldepflichtige Person bei gehöriger Sorgfalt die Meldung als notwendig hätte erkennen müssen oder nicht) ab Fälligkeit der Beiträge verjährt. Eine erst nach Ablauf dieser Frist erstattete Meldung vermag aber aus folgenden Gründen an der bereits eingetretenen Verjährung nichts zu ändern: Wäre nämlich der zweite Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. so zu verstehen, daß auch im Falle einer solchen Meldung "die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen" begänne, so implizierte dies, daß bis dahin mangels einer Meldung die Verjährungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen hätte (arg "erst") und daher noch keine Verjährung eingetreten wäre (es wird ja nicht angeordnet, daß im Falle einer Meldung eine Verjährungsfrist neu zu laufen beginne). Dementsprechend begänne aber bei Unterlassung jeglicher Meldung die Verjährungsfrist überhaupt nie zu laufen. Dies stünde aber nicht nur mit den beiden ersten Sätzen des § 68 Abs. 1 leg. cit., sondern vor allem mit dem dritten Satz, soweit er sich auf solche Fallgestaltungen bezieht ("wenn der Dienstgeber oder eine sonstige

meldepflichtige Person ... keine ... Angabe beziehungsweise

Änderungsmeldungen ... gemacht hat, ..."), im Widerspruch, da auch

bei solchen Fallgestaltungen die Verlängerung "dieser Verjährungsfrist" auf fünf Jahre angeordnet wird, was deren Beginn und Lauf voraussetzt. Es stellte aber auch einen Wertungswiderspruch dar, wenn zwar eine verschuldet unrichtige, aber rechtzeitige Meldung binnen fünf Jahren ab Fälligkeit der Beiträge verjährte, eine unverschuldete Unterlassung einer Meldung aber nie verjähren könnte. Der zweite Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. muß daher so verstanden werden, daß nur dann, wenn eine Meldung zwar nach Ablauf der Meldefristen, aber noch binnen zwei beziehungsweise fünf Jahren nach Fälligkeit der Beiträge erstattet wird, die Verjährungsfrist "erst" mit dem Tage der Meldung zu laufen beginnt; wird hingegen die Meldung nach Ablauf von zwei beziehungsweise fünf Jahren ab Fälligkeit der Beiträge erstattet, so hat diese Meldung wegen bereits eingetretener Verjährung keine Bedeutung mehr für den Beginn oder Lauf der Verjährungsfrist. Die Konsequenz dieser Regelung, daß nämlich dann, wenn kurz vor dem Ende der zweijährigen beziehungsweise fünfjährigen Frist ab Fälligkeit der Beiträge eine Meldung erstattet wird, die volle zwei- beziehungsweise fünfjährige Verjährungsfrist gewahrt ist, während bei Nichtmeldung innerhalb dieser Frist mit deren Ablauf Verjährung eintritt, ist nicht unsachlich. Sie vermeidet nämlich einerseits den oben aufgezeigten Wertungswiderspruch durch die Festlegung einer zwei- beziehungsweise fünfjährigen Verjährungsfrist ab Fälligkeit der Beiträge im Falle der Unterlassung jeglicher Meldung innerhalb dieser Frist und räumt anderseits dem Sozialversicherungsträger ausreichend Zeit ein, innerhalb dieser Frist erstattete Meldungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage hat aber die belangte Behörde zu Unrecht den Verjährungseinwand (hinsichtlich der jedenfalls noch im Jahre 1980 fällig gewordenen Beiträge von den Kündigungsentschädigungen und Sonderzahlungen) verneint, weshalb der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am 12. Februar 1987

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