Normen
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §11 Abs1;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §114 Abs3 impl;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §41 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1984070324.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 9.930,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 10. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in der Zeit vom 19. November 1983 bis 21. November 1983 im Flußbett der K auf einer Länge von 350 m im Bereich näher bezeichneter Ufergrundstücke mit einem Bagger Regulierungs- und Räumungsarbeiten ohne wasserrechtliche Bewilligung vorgenommen und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 WRG 1959 begangen zu haben, wofür er mit einer Geldstrafe von 20.000 S (im Uneinbringlichkeitsfall mit 4 Wochen Ersatzarrest) bestraft wurde. Der Berufung des Beschwerdeführers gab sodann der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 14. September 1984 dahin Folge, daß die Geldstrafe auf 10.000 S (die Ersatzarreststrafe auf 2 Wochen) herabgesetzt wurde, was auch zu einer Verringerung des Verfahrenskostenbeitrages führte. In der Begründung des Rechtsmittelbescheides heißt es: Der Beschwerdeführer stütze sich bei seinem Entlastungsversuch auf Punkt 7 der Vorschreibungen des Bescheides der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 16. (richtig: 6.) Juni 1983, mit welchem ihm und seiner Ehegattin die wasserrechtliche Bewilligung zur Wiederausnutzung der Wasserkraft und zum Um- und Ausbau der Wasserkraftanlage "X-mühle" an der K erteilt worden war. In dieser Vorschreibung sei im Zusammenhang mit einer Anzeigepflicht bei Räumungen von einem Maschineneinsatz die Rede, woraus der Beschwerdeführer offenbar die Berechtigung für seine weitgehenden Baggerarbeiten ableite. Für die Berufungsbehörde sei nun, unter Bedachtnahme auf § 41 Abs. 1 WRG 1959, maßgebend, ob ein Teil der vom Beschwerdeführer durchgeführten Maßnahmen "im konsensfreien Raum" erfolgt oder ob sie zur Gänze von der angeführten wasserrechtlichen Bewilligung erfaßt gewesen seien, wie der Beschwerdeführer behaupte. Bei Prüfung des bisherigen Verfahrens sei nicht eindeutig erkennbar gewesen, ob die bis ca. 400 m flußabwärts der Wehranlage vorgenommene Räumung ganz im wasserrechtlich bewilligten Projekt Deckung finde. In der Stellungnahme zu einem Amtsgutachten vom 18. Juni 1984 habe der Beschwerdeführer diesem eine technisch unvollständige und unzulässigerweise rechtliche Beurteilung vorgeworfen. Für die Strafberufungsbehörde seien aber weder unzulässige rechtliche Auslegungen des erwähnten Vorschreibungspunktes 7 noch ergänzende oder zu klärende flußbautechnische Einzelheiten erheblich, so daß auf vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gestellte Beweisanträge nicht einzugehen gewesen sei. Allein maßgeblich sei, daß dem Amtssachverständigen das seinerzeitige wasserrechtliche Bewilligungsprojekt zur Verfügung gestanden habe. Aufgrund der technischen Unterlagen sei diesem durchaus zuzutrauen, für den konkreten Fall, wie geschehen, festzustellen, daß der angesprochene Bereich nicht zur Gänze vom bestehenden wasserrechtlichen Konsens gedeckt sei. Somit müsse davon ausgegangen werden, daß jedenfalls ein Teil der Baggerungsarbeiten unbewilligt erfolgt, also der (äußere) Straftatbestand erfüllt sei. Was das Verschulden anlange, seien die behaupteten Unklarheiten bei der Bescheidauslegung zwar nicht ganz von der Hand zu weisen; auch die Berufungsbehörde habe sich vorwiegend nach technischen Voraussetzungen orientieren müssen. Eine Absicht des Beschwerdeführers, das Tatbild zu verwirklichen, lasse sich daher nicht eindeutig nachweisen. Doch hätten dem Beschwerdeführer bei entsprechender und ihm zumutbarer Sorgfalt Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens kommen müssen, zumal er von der Erstbehörde ausdrücklich aufgefordert worden sei, die Baggerarbeiten einzustellen. Er habe jedoch darauf vertraut, bescheidgemäß zu handeln, ohne sich darüber ausreichend zu informieren. Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit bleibe dem Beschwerdeführer daher nicht erspart. Doch habe die Geldstrafe aufgrund der Berufungseinwendungen auf die angegebene Höhe herabgesetzt werden können.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, bei der gegebenen Rechts- und Sachlage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt zu werden. Er ist der Ansicht, alle ihm angelasteten Maßnahmen aufgrund und im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung vom 6. Juni 1983 vorgenommen, somit nicht rechtswidrig, sondern vielmehr konsensgemäß, jedenfalls aber nicht schuldhaft gehandelt zu haben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind unter anderem Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen zu bestrafen. Gemäß § 41 Abs. 1 WRG 1959 muß zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern (abgesehen von der Sonderregelung bei Eisenbahnanlagen) vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.
Im Beschwerdefall ist sachverhaltsbezogen unbestritten, daß die von den Arbeiten betroffene Strecke zu einem öffentlichen Gewässer gehört, ferner daß nicht etwa lediglich eine gemäß § 41 Abs. 3 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung gar nicht bedürftige Bachbett- oder Uferräumung vorgenommen wurde. In Streit steht vielmehr, ob die gemäß § 41 Abs. 1 WRG 1959 bewilligungsbedürftigen Ausbaggerungsarbeiten durch den wasserrechtlichen Bescheid vom 6. Juni 1983 zur Gänze gedeckt waren, und wenn dies nicht zutraf, ob der Beschwerdeführer ohne Verschulden von einer derartigen Annahme ausgehen durfte. Die belangte Behörde, die beide Fragen verneinte, ist in ersterer Hinsicht von einer auf die Stellungnahme eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen gestützten Auslegung jenes Bewilligungsbescheides ausgegangen. Dieser handelt nicht von einer Bewilligung gemäß § 41 WRG 1959 (diese Gesetzesstelle wird auch nicht angeführt), und erwähnte "Räumungsarbeiten" nur im Vorschreibungspunkt 7 im Zusammenhang mit einer die Berechtigten treffenden Anzeigepflicht. Der Punkt lautet:
Räumungsarbeiten am Turbinenauslauf und im Wehrunterwasser sind auf Dauer wenigstens 3 Tage vorher nach Möglichkeit dem Fischereiberechtigten anzuzeigen, wenn diese Räumungen nicht allein händisch erfolgen, sondern dafür Maschinen eingesetzt werden.
Eine Bewilligung von Regulierungsarbeiten in dem vom Beschwerdeführer vorgenommenen Umfang könnte somit nur einschlußweise in der Bewilligung des Vorhabens (nach Maßgabe der Projektsunterlagen) enthalten sein. In der von der belangten Behörde verwerteten fachlichen Äußerung ist unter anderem aus dem technischen Bericht zitiert und festgestellt worden, daß der Gerinneverlauf der K unterhalb der Unterwasserfludereinmündung weder beschrieben noch planlich behandelt, daß jedoch erklärt wurde, durch die Sanierungsmaßnahmen träten "keine Veränderungen" des vorhandenen Stauzieles und der Gefällsverhältnisse ein; der Beschwerdeführer habe auch nicht etwa im Zuge der wasserrechtlichen Verhandlung in Abänderung des Antrages zusätzlich eine Änderung der Abflußverhältnisse verlangt. Zum Begriff "Wehrunterwasser" im Vorschreibungspunkt 7 hatte der Sachverständige erklärt, hierunter sei der unmittelbare Bereich fluß ab der Wehranlage, keinesfalls aber eine mehrere hundert Meter lange Gerinnestrecke zu verstehen. Die von der belangten Behörde daraus gezogene Schlußfolgerung, der wasserrechtliche Bescheid decke die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Baggerarbeiten nur zum Teil, ist auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen unbedenklich; denn ohne entsprechende Konkretisierung im Bewilligungsbescheid oder in der diesem zugrundeliegenden Projektsbeschreibung - daß auch die im Gegenstand in Betracht kommende Gesetzesstelle nicht angeführt wurde, ist schon erwähnt worden - wird eine einer eigenen Bewilligung bedürftige (Regulierungs‑)Maßnahme nicht schon allein deswegen, wie der Beschwerdeführer meint, von der allgemeinen Bewilligung des Vorhabens gleichsam stillschweigend mitumfaßt, weil sie zu dessen vollständiger Verwirklichung nötig ist; Ausnahmen regelt das Gesetz selbst (etwa § 111 Abs. 4 WRG 1959 betreffend mit einer Bewilligung "als eingeräumt" anzusehende Dienstbarkeiten). Aus diesem Grund erübrigte sich auch die Befragung informierter Personen - der Beschwerdeführer hat eine solche des seinerzeit tätig gewesenen Amtssachverständigen verlangt -, wie der Bewilligungsbescheid ihrer Ansicht nach zu verstehen sei; denn maßgebend bleibt, welche objektive Rechtsgestalt dieser schließlich erhalten hat. Es durfte daher im Beschwerdefall rechtens davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer das Tatbild der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
In Hinsicht der subjektiven Tatseite wurde von der belangten Behörde Fahrlässigkeit angenommen; sie wirft dem Beschwerdeführer vor, ihm hätten bei entsprechender und zumutbarer Sorgfalt Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens kommen müssen. Dieser Vorwurf ist jedoch für die Zeit bis zum behördlichen Einstellungsauftrag nicht näher begründet worden und nicht einleuchtend, berücksichtigt man die umfangreichen behördlichen Ermittlungen zur Klarstellung, ob der Beschwerdeführer überhaupt tatbildlich gehandelt hat, sowie dessen mehrfachen Hinweis auf ein unter dem Blickwinkel der Schuldfrage nicht erörtertes und den vorgelegten Verwaltungsakten nicht angeschlossenes Schreiben des forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung vom 28. November 1983, aus dem angeblich, und zwar in Übereinstimmung mit der Anschauung des im Bewilligungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen, hervorgeht, daß eine "Räumung" in einem bestimmten und von ihm eingehaltenen Rahmen durchgeführt werden dürfe. Das gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 seiner Entlastung dienende Vorbringen des Beschwerdeführers muß daher für die Zeit bis zur behördlichen Einstellung der Baggerarbeiten am 20. November 1983 als im Ergebnis hinreichend beweiskräftig angesehen werden. Hingegen wurde der Vorwurf der Verletzung einer zumutbaren Sorgfalt bei Fortsetzung der Baggerarbeiten nach diesem Zeitpunkt (am 21. November 1983) vom Beschwerdeführer nicht entkräftet.
Mangels eines den ganzen Tatzeitraum umfassenden Verschuldens war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 12. November 1987
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