VwGH 85/11/0113

VwGH85/11/011322.10.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Berger, über die Beschwerde der JK Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Walter Papis, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr von 18. März 1985, Zl. 99.635/1-IV/7-85, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §57a Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985110113.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren hinsichtlich der Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. Juli 1973 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 zur Vornahme wiederkehrender Begutachtungen von Fahrzeugen der im einzelnen angeführten Arten - unter Beachtung der in den Anlagen 1 bis 3 zu diesem Bescheid angegebenen Auflagen - ermächtigt. Die im Beschwerdefall maßgebliche Auflage unter der Z. 5 der Anlage 2 lautet:

"Bei einem Ausscheiden der gemäß § 28a Abs. 1 Ziffer 1 KDV 1967 namhaft gemachten Person aus den Diensten des Ermächtigten oder bei Änderungen in dieser Person, die die für die Eignung maßgeblichen Umstände betreffen, ist unverzüglich dem Amt der N.Ö. Landesregierung Mitteilung zu machen. Gleichzeitig ist eine andere Person, unter Vorlage der maßgeblichen Unterlagen für die Beurteilung der Eignung, bekanntzugeben."

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die besagte Ermächtigung gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 widerrufen.

Der Begründung dieses Bescheides und der von ihm als zutreffend übernommenen Begründung des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. November 1984 zufolge sei zum einen unterlassen worden, die nach dem Ableben des seinerzeit zur Durchführung von Begutachtungen namhaft gemachten und geeigneten FD erfolgten Änderungen im Stand des Personals, das die Begutachtungen vornimmt, entsprechend der im Ermächtigungsbescheid erteilten Auflage unverzüglich dem Landeshauptmann von Niederösterreich anzuzeigen. Zum anderen habe der hiezu nicht befugte handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, JK, am 26. Mai 1984 an einem näher bezeichneten Pkw eine wiederkehrende Begutachtung vorgenommen und sodann eine Begutachtungsplakette angebracht, obwohl dieses Fahrzeug infolge einer schadhaften Auspuffanlage übermäßigen Lärm verursacht habe und angesichts dieses schweren Mangels eine positive Begutachtung ausgeschlossen gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei deshalb nicht mehr vertrauenswürdig im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin, durch den angefochtenen Bescheid in dem aus dem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. Juli 1973 erfließenden Recht zur wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG 1967 verletzt zu sein. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 hat der Landeshauptmann für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag unter anderem zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen des ermächtigten Gewerbetreibenden erkennbar gemacht sein müssen. Der ermächtigte Gewerbetreibende hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist unter anderem dann zu widerrufen, wenn der ermächtigte Gewerbetreibende nicht mehr vertrauenswürdig ist. Durch Verordnung ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung geeignet zu gelten hat.

Die zuletzt genannte Regelung ist im § 28a KDV 1967 enthalten. Nach dem ersten Absatz dieser Verordnungsstelle in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 6. Novelle zur KDV 1967, BGBl. Nr. 356/1972, setzt die Ermächtigung eines Gewerbetreibenden zur wiederkehrenden Begutachtung unter anderem voraus, daß dieser (Z. 1) für jede Begutachtungsstelle oder für mehrere innerhalb eines Kreises mit einem Durchmesser von nicht mehr als 50 km liegende Begutachtungsstellen über mindestens eine zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung geeignete Person verfügt - die in Frage kommenden Qualifikationen werden in den lit. a bis e im einzelnen angeführt -, und (Z. 2) gewährleisten kann, daß die zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung geeignete Person (Z. 1) während der Begutachtungstätigkeit von allen von ihr zu leitenden Begutachtungsstellen so leicht und rasch erreichbar ist, daß sie die Begutachtungstätigkeit ausreichend durchführen kann.

Zum Begriff der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt, daß ein Gewerbetreibender dann vertrauenswürdig ist, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, es könne sich die Kraftfahrbehörde darauf verlassen, daß er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, daß nur betriebstaugliche und verkehrssichere Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde (Erkenntnisse vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11527/A, und vom 18. Dezember 1985, Zl. 85/11/0077). Insbesondere die Ausstellung unrichtiger positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit in hohem Maße.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deshalb für inhaltlich rechtswidrig, weil eine einmalige, lediglich auf leichter Fahrlässigkeit beruhende fehlerhafte Begutachtung die Annahme der Vertrauensunwürdigkeit nicht rechtfertige. Das gelte auch für das Unterlassen einer Änderungsanzeige, zumal die Beschwerdeführerin insoweit lediglich gegen eine Ordnungsvorschrift verstoßen habe. Ebensowenig wie ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht sei - sofern nur, was bei der Beschwerdeführer zutreffe, geeignetes Personal im Sinne des § 28a KDV 1967 vorhanden sei - ohne Belang, daß die Begutachtung nicht von hiezu geeigneten Personen durchgeführt werde. Denn das Gesetz bringe nirgends zum Ausdruck, daß die Begutachtung von der geeigneten Person selbst durchzuführen sei. Es lasse vielmehr die Zulässigkeit der Heranziehung von Erfüllungsgehilfen erkennen. Dem Gesetz sei Genüge getan, wenn es im Betrieb eine geeignete Person gebe, die die Verantwortung trage.

Ob die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, eine (wiederkehrende) Begutachtung müsse nicht von einer "geeigneten" Person selbst durchgeführt werden und es sei dem Gesetz Genüge getan, wenn es eine solche Person, die die Verantwortung trage, im Gewerbebetrieb gebe, zutrifft, kann im Beschwerdefall dahinstehen:

Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin hat dieser Umstand keine entscheidende Rolle gespielt. Denn wie das durchgehende Verwenden der Worte "nicht befugt" und "nicht berechtigt", statt "nicht geeignet", das Fehlen jeglicher Erörterung darüber, inwieweit bei Begutachtungen auch nicht "geeignete" Personen herangezogen werden können und die im Gegensatz dazu umfangreichen Ausführungen zum Unterbleiben der vorgeschriebenen Änderungsanzeige erkennen lassen, wurde allein dem letzteren Umstand - neben der angenommenen unrichtigen Begutachtung - entscheidende Bedeutung beigemessen. Im Gegensatz zu der (von der belangten Behörde übernommenen) Auffassung der Erstbehörde hält aber der Verwaltungsgerichtshof den - nach der Aktenlage erstmaligen - Verstoß gegen die im Ermächtigungsbescheid enthaltene Auflage, Änderungen im Bereich der "geeigneten" Personen unverzüglich "dem Amt der N.Ö. Landesregierung" mitzuteilen, nicht für so schwerwiegend, daß deshalb allein schon die Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin angenommen werden könnte. Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, handelt es sich hiebei um eine Ordnungsvorschrift. Jedenfalls ein einmaliger Verstoß gegen sie ist nicht von solchem Gewicht, daß allein deshalb schon der Ermächtigte im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 "nicht mehr vertrauenswürdig" ist.

Die belangte Behörde hat allerdings die Annahme der mangelnden Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin auch auf die im Rahmen einer wiederkehrenden Begutachtung durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vorgenommene unrichtige Begutachtung eines Fahrzeuges am 26. Mai 1984 gestützt. (Darauf, und nicht etwa, wie in der Gegenschrift gesagt wird, auf die "Ausstellung einer Begutachtungsplakette" für das überprüfte Fahrzeug, wird in der Begründung des auch insoweit bestätigten erstinstanzlichen Bescheides erkennbar abgestellt. Daher erübrigt sich eine Prüfung daraufhin, ob der als erwiesen angenommene schwere Mangel, die übermäßige Lärmentwicklung, dem Anbringen einer Begutachtungsplakette am überprüften Fahrzeug entgegen gestanden wäre: Nach § 57a Abs. 5 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der 9. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 552/1984, war für das Anbringen der Begutachtungsplakette allein erforderlich, daß das vorgeführte Fahrzeug "den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit" entsprach.) Wäre nun die Ausstellung eines unrichtigen positiven Gutachtens einwandfrei nachgewiesen, so ließe dies in Verbindung mit dem erwähnten Verstoß gegen die Anzeigepflicht jedenfalls den Schluß auf den Verlust der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin zu. Die besagte Prämisse trifft aber aus folgenden Gründen nicht zu:

Zunächst hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die Annahme der belangten Behörde, ein Fahrzeug, das zufolge seiner defekten Auspuffanlage übermäßigen Lärm verursacht, weise einen schweren Mangel auf, der eine positive Begutachtung ausschließe. Dieser Annahme ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten; sie entspricht auch der im Beschwerdefall geltenden Rechtslage:

Bereits nach § 57a Abs. 1 KFG 1967 in der Fassung vor der 9. Kraftfahrgesetz-Novelle waren Fahrzeuge unter anderem daraufhin zu begutachten, ob mit ihnen nicht übermäßiger Lärm verursacht werden kann.

Die Annahme, das am 26. Mai 1984 vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin positiv begutachtete und noch am selben Tage (gegen 12.00 Uhr) im Zuge einer Verkehrskontrolle beanstandete Fahrzeug habe übermäßigen Lärm verursacht, ist indes nicht ausreichend begründet. Diese Annahme wurde allein auf die Aussage des als Zeuge vernommenen Meldungslegers gestützt, er habe am beanstandeten Fahrzeug eine defekte Auspuffanlage, die "wirklich übermäßigen Lärm" entwickelt habe, festgestellt. Eine Überprüfung des Fahrzeuges zwecks Objektivierung des besagten Mangels ist nicht erfolgt. Dessen hätte es aber bedurft, um die Frage einer unrichtigen Begutachtung mangels entsprechender Sorgfalt hinreichend beurteilen zu können. Es besteht ungeachtet der Aussage des Straßenaufsichtsorgans die Möglichkeit, daß die begutachtende Person nach der - von dieser behaupteten und von der Behörde nicht in Abrede gestellten - Reparatur der Auspuffanlage (Einbau eines neuen Endtopfes) vertretbarerweise der Meinung war, der von der Auspuffanlage verursachte Lärm liege nunmehr im Bereich des Zulässigen.

Da die belangte Behörde bei mängelfreier Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebühren lediglich S 420,-- zu entrichten waren (S 240,-- für 2 Ausfertigungen der Beschwerde, S 120,-- für die Vollmacht, S 60,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides).

Wien, am 22. Oktober 1986

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