VwGH 84/14/0129

VwGH84/14/012921.1.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Iro, Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Fürnsinn und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde des AK in K, vertreten durch Dr. Bernhard Lindmayr, Rechtsanwalt in Kapfenberg, Wiener Straße 52, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 4. Juli 1984, Zl. B 220-3/82, betreffend Gewerbesteuer 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §6;
GewStG §12 Abs2 Z2;
GewStG §7 Z8;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwRallg;
EStG 1972 §6;
GewStG §12 Abs2 Z2;
GewStG §7 Z8;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben,

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt auf Grund eines Bestandvertrages ("Pachtvertrages") mit den österreichischen Bundesbahnen in einem österreichischen Bahnhof in bahneigenen Räumen eine Tabaktrafik mit Sporttoto-Annahmestelle.

Im Anschluß an eine abgabenbehördliche Prüfung in diesem Unternehmen hielt der Prüfer in seinem Bericht bezüglich des Jahres 1980 (Streitjahr) fest, auf Grund der herrschenden Rechtsprechung sei bei Tabaktrafiken in Bahnhofsgebäuden der ÖBB der Platzwertanteil, der in der Miete enthalten sei, gemäß § 7 Z. 8 des Gewerbesteuergesetzes 1953 (GewStG) hinzurechnungspflichtig. Der Zurechnungsbetrag sei wie folgt ermittelt worden:

Mietwert per m2 (geschätzt auf Grund von Vergleichsbetrieben)

S 600,-- jährlich x 13,42 m2 =

S 8.052,--

Miete laut Gewinn- und Verlustrechnung S 49.950,-

-

Platzwertanteil

S 41.898,--

Hälftezurechnung gemäß § 7 Z. 8 GewStG S 20.949,--

Das Finanzamt erließ für das Streitjahr einen der Auffassung des Prüfers entsprechenden Gewerbesteuerbescheid.

Gegen diesen wandte der Beschwerdeführer mit Berufung ein, daß zwar der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. März 1978, Zl. 2602/77, bei einem Blumenhandel (in bahneigenen Räumen) einen Platzwert berücksichtigt habe, daß aber für Bahnhofstrafiken andere Maßstäbe gelten würden als für die übrigen Bahnnebenbetriebe; denn eine Bahnhofstrafik habe keinen Platzvorteil gegenüber den Standorten anderer Trafiken. Die äußerst hohe Mietenbelastung der Bahnhofstrafiken beruhe nicht auf einem Platzvorteil, sondern auf der Machtstellung der Österreichischen Bundesbahnen. Wesentlich längere Offenhaltungszeiten bedingten wesentlich höhere Kostenbelastungen der Bahnhofstrafiken (insbesondere durch Löhne).

Vergleichsbetriebe im innerstädtischen Bereich erzielten bei nur 45stündiger Offenhaltungszeit den gleichen Umsatz wie eine Bahnhofstrafik bei einer doppelten Offenhaltungszeit. Eine überhöhte Miete allein rechtfertige noch nicht die Annahme eines Platzvorteiles.

Das Finanzamt traf eine abweisende Berufungsvorentscheidung, mit der es nicht nur die Zurechnung gemäß § 7 Z. 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrages aufrecht erhielt, sondern den Platzwert auch bei der Ermittlung des Gewerbekapitals durch eine Zurechnung gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. in Höhe von S 110.000,-

- (geschätzter Teilwert) berücksichtigte. Das Finanzamt stützte seine Entscheidung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 2602/77; im Beschwerdefall sei ebenso wie im Falle des Erkenntnisses Zl. 2602/77 der vereinbarte "Pachtzins" vom Umsatz berechnet und seitens der Parteien des Bestandvertrages keine Aufteilung des "Pachtzinses" auf Raummiete und besonderen Platzwert vorgenommen worden, während der Verwaltungsgerichtshof eine solche Aufteilung für geboten erachtet habe. Die in der Berufung ins Treffen geführten längeren Offenhaltungszeiten der Bahnhofstrafiken würden sich nicht nur mit höheren Kosten, sondern auch mit höheren Umsätzen zu Buche schlagen. Andere Trafiken könnten diesen standortbedingten höheren Umsatz - und damit grundsätzlich auch höhere Erträge - nicht erzielen, wie auch ein Vergleich mit anderen Trafiken im Finanzamtsbereich erweise. Es bestehe auch kein Grund, Bahnhofstrafiken anders zu behandeln als sonstige Bahnnebenbetriebe.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer aus, der Berufungsvorentscheidung sei nicht zu entnehmen, inwieweit die zum Vergleich herangezogenen anderen Trafiken mit jener des Beschwerdeführers tatsächlich vergleichbar wären. Abgesehen davon sei es nicht möglich, den Umsatz aus einer 90stündigen Offenhaltungszeit mit dem Umsatz bei Normalöffnungszeiten zu vergleichen. Bei einer Umrechnung auf Normalöffnungszeiten liege beim Beschwerdeführer keineswegs ein Platzwert vor, zumal seine Trafik auch im Bahnhof nicht günstig situiert sei. Es dürfe auch nicht allein auf den Umsatz abgestellt, sondern es müsse zudem eine Kosten-Nutzenüberlegung angestellt werden. Als Unterschied zu anderen Bahnnebenbetrieben strich der Beschwerdeführer heraus, daß Zigarettenautomaten im Gegensatz zu anderen Warenautomaten vom Publikum weitgehend akzeptiert würden.

Im Zuge des weiteren Rechtsmittelverfahrens brachte das Finanzamt dem Beschwerdeführer Vergleichsbetriebe (Trafiken) unter Bekanntgabe des Umsatzes, des Lohnaufwandes, des Mietaufwandes, der Anzahl der Arbeitnehmer und der Größe der gemieteten Fläche zur Kenntnis.

In einer Äußerung zu dieser Aufstellung bestritt der Beschwerdeführer die Vergleichbarkeit seines Betriebes mit jenen Vergleichsbetrieben, weil die von ihm gezahlte Miete rein umsatzbezogen sei und in keinerlei Zusammenhang mit einem eventuellen Gewinn stehe; ein Platzwert werde aber immer im Zusammenhang mit einem erzielbaren Gewinn (Standortvorteil) zu sehen sein. Weiters wäre auch nach der räumlichen Situation in seiner Trafik und der Zahl der Arbeitnehmer Vergleichbarkeit nicht gegeben. Gegen einen Standortvorteil spreche auch, daß sein Vorgänger die Bahnhofstrafik gegen eine "Nichtbahnhofstrafik" getauscht habe. Ein vom Beschwerdeführer namhaft gemachter sachverständiger Zeuge könne bestätigen, daß die Trafik des Beschwerdeführers keinen Platzvorteil habe.

Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte die Festsetzung der Gewerbesteuer für 1980 nach Maßgabe der Berufungsvorentscheidung. Der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß unter den dem Beschwerdeführer mitgeteilten Vergleichsbetrieben nur ein infolge der Höhe des Umsatzes geeigneter aufscheine, der sich in zentraler Lage befinde und dessen Umsatz etwas unter dem des Beschwerdeführers liege. An Lohnaufwand seien bei diesem Betrieb S 578.468,-- (drei Arbeitnehmer) angefallen und es habe dieser Betrieb eine Jahresmiete von S 602,--/m2 zu tragen.

In der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes pflichtete die belangte Behörde dem Beschwerdeführer bei, daß ein Platzwert nur im Zusammenhang mit einem erzielbaren Gewinn zu sehen sei. Hinsichtlich des Gewinnes behaupte der Beschwerdeführer, daß wegen der längeren Offenhaltungszeiten ein höherer Personalaufwand und - nicht näher bezeichnete - andere höhere Unkosten anfielen. Obwohl der Beschwerdeführer weiters geltend mache, daß auf Grund der in einer Bahnhofstrafik schwierigen Arbeitsbedingungen Personal nur schwer zu finden sei, wäre es ihm gelungen, im Streitjahr mit einem Personalaufwand von zirka S 436.000,-- einen Umsatz von etwa S 7,036.000,-- zu erzielen. Hingegen habe der Vergleichsbetrieb mit einem Personalaufwand von etwa S 578.000,-- nur einen Umsatz von rund S 6,747.000,-- erreicht. Da ferner von den anderen Unkosten des Beschwerdeführers, die im Zusammenhang mit längeren Offenhaltungszeiten relevant sein könnten, nur der Betrag von S 5.330,-- (Strom für Beleuchtung und Beheizung) in Frage komme, erweise sich das Vorbringen des Beschwerdeführers über das Nichtvorhandensein eines Platzwertes als nicht stichhältig. Es seien daher die Hinzurechnungen gemäß § 7 Z. 8 und § 12 Abs. 2 Z. 2 GewStG durchzuführen gewesen. Da sich die belangte Behörde nach dem Gesagten ein Bild über das im übrigen ohnehin notorische Vorhandensein eines Platzwertes habe machen können, sei die beantragte Zeugeneinvernahme entbehrlich gewesen.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich insoweit in seinen Rechten verletzt, als bei der Ermittlung des Gewerbeertrages besagter "Platzwert" von S 20.949,-- gemäß § 7 Z. 8 und bei der Ermittlung des Gewerbekapitals ein Betrag von S 110.000,-- gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 GewStG hinzugerechnet worden sei. In den Beschwerdegründen legt der Beschwerdeführer im wesentlichen dar, die genannten gesetzlichen Bestimmungen böten keine Handhabe, einen einheitlich für die Überlassung von Räumlichkeiten zu entrichtenden Mietzins in einen sogenannten ortsüblichen Mietzins für die Überlassung der Benützung der Räumlichkeiten und in einen sogenannten Platzwertvorteil aufzuteilen. Diese Aufteilung widerspreche auch der den §§ 7 und 8 GewStG zu entnehmenden Zielsetzung, eine Doppelbelastung durch zwei Realsteuern (Grundsteuer und Gewerbesteuer) hintanzuhalten. Diese Teilung stehe weiters in Widerspruch zum erkennbaren Grund für die Hinzurechnung gemäß § 7 Z. 8 GewStG, daß sich nämlich ein Mieter fremder Anlagegüter deren eigene Anschaffung erspare und dadurch wenigstens teilweise begünstigt sei. Es solle eben nicht das Gewerbesteueraufkommen durch solche als Betriebsunkosten voll absetzbare Begünstigungen des Steuerpflichtigen ungebührlich vermindert werden. "Niemals aber stellen unvermeidliche, zwingende Betriebsausgaben, die ein Gewerbetreibender oder ein Unternehmen im Zusammenhang mit der Führung eines Betriebes (nicht dem Erwerb eines Betriebes) machen muß und die nicht zur persönlichen Bereicherung eines Eigentümers oder wesentlich beteiligten Miteigentümers im erheblichen Ausmaß führen, einen Hinzurechnungstatbestand dar." Daß sich ein Bestandobjekt in günstiger Lage befinde und daher ein hoher Umsatz oder Ertrag erzielt werde, könne schon deshalb keinen Hinzurechnungstatbestand bilden, weil ja der höhere Ertrag ohnedies im vollen Umfang von der Gewerbesteuer erfaßt werde. Die Vorgangsweise der belangten Behörde käme geradezu einer Doppelbelastung gleich, weil der, der ohnedies einen viel zu hohen Mietzins zu zahlen habe, dann auch noch durch die Hinzurechnung eines sogenannten Platzwertvorteiles zusätzlich ungebührlich belastet werde. Hingegen wäre der, der einen durch die Zufälligkeit der Mietzinsbildung niedrigeren Mietzins zu zahlen habe, begünstigt, weil bei ihm kein überhöhter Mietzins vorliege und er daher keine Mietzinsaufteilung in "ortsüblichen Mietzins" und "Platzwertanteil" und dessen Hinzurechnung zum Gewerbeertrag zu befürchten hätte. Zudem wären die ÖBB Vollkaufmann. Sie würden mit ihren Nebenbetrieben einschließlich der Vermietung von Bahnlokalen der Gewerbesteuer unterliegen, bestünde für sie nicht eine Ausnahme. Die Befreiung eines Bestandzinsempfängers von der Gewerbesteuer auf Grund besonderer Begünstigungsbestimmungen dürfe aber "dem Zahler" nicht zum Nachteil gereichen, so daß der zweite Satz des § 7 Z. 8 und "der analogen Bestimmungen" (des § 12 Abs. 2 Z. 2 GewStG ?) Anwendung zu finden habe. Die belangte Behörde habe auch übersehen, daß der Beschwerdeführer unmittelbar keinen Mietzins vom Umsatz der Rauchwaren zahle. Vielmehr werde die einprozentige bzw. nunmehr 1,14%ige Beteiligung am Umsatz der Tabakwaren schon beim Tabakhauptverlag von der Handelsspanne des Bahnhoftrafikanten in Abzug gebracht, so daß der Beschwerdeführer nach dem Vertragswortlaut selbst keine Abgabe vom Umsatz als Mietzins zu entrichten habe, vielmehr diese Abgabe vom Umsatz die Austria Tabakwerke AG unmittelbar an die ÖBB leiste. Ähnliches treffe auf den vom Umsatz der Presseerzeugnisse abhängigen Mietzinsanteil zu, den die Zeitschriftenvertriebsfirma selbst - wenngleich auf Grund der vom Beschwerdeführer erarbeiteten Umsätze - an die ÖBB entrichte. Weiters widerspreche sich die belangte Behörde, wenn sie zwar den Platzwertvorteil an den Ertragsmöglichkeiten messe, auf diese Ertragsmöglichkeiten aber beim Betriebsvergleich mit anderen Tabaktrafiken nicht Bedacht nehme. Der Betrieb des Beschwerdeführers arbeite nämlich - wie alle Bahnhofstrafiken - mit geringen Gewinnspannen. Wie im Verwaltungsverfahren bringt der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde in diesem Zusammenhang die längeren Offenhaltungszeiten und die damit verbundenen Arbeits- und Kostenbelastungen sowie den Umstand ins Spiel, daß sein Betriebsvorgänger die Bahnhofstrafik mit hohen Kosten gegen eine andere Trafik mit geringerem Umsatz eingetauscht habe. Beim Betriebsvergleich wäre auch auf die Körperbehinderung des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen, ebenso auf die schon erwähnten Zufälligkeiten der österreichischen Mietzinsbildung, zumal diese auch in der Aufstellung der Vergleichsbetriebe ihren Niederschlag gefunden hätten. Jedenfalls müßten einander die Gewerbeerträge von gleichgroßen Betrieben mit gleichen Verkaufszeiten gegenübergestellt werden, und nicht Betriebe mit so unterschiedlichen Verkaufszeiten und Strukturen (wie in der Aufstellung des Finanzamtes), um verläßlich einen Platzwertvorteil beurteilen zu können. Dazu komme die geringe Bedeutung und Frequenz des gegenständlichen Bahnhofes, so daß nur der kleinere Teil der Kunden des Beschwerdeführers zu den Bahnkunden gehöre. Die Bahn biete also überhaupt keinen Platzvorteil, sondern bürde dem Trafikanten lediglich die langen Verkaufszeiten und die hohen Abgaben vom Umsatz auf. Für die in Rede stehenden Räumlichkeiten wären überdies extrem hohe Zinsen zu bezahlen, obwohl die Arbeitsbedingungen sehr beengt seien (Gesamtfläche nur 13,5 m2). Es ergebe sich somit kein Platzvorteil, sondern ein Platznachteil für die fragliche Bahnhofstrafik. Daß schließlich die belangte Behörde den namhaft gemachten sachverständigen Zeugen nicht einvernommen habe, bewirke einen wesentlichen Verfahrensmangel.

Die belangte Behörde erstattete zur Beschwerde eine Gegenschrift und beantragte darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Sie hält dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf das schon mehrfach genannte hg. Erkenntnis Zl. 2602/77 entgegen, § 7 Z. 8 GewStG sehe eine Hinzurechnung auch in Fällen vor, in denen sich durch die Inbestandnahme eines Wirtschaftsgutes ein höherer Ertrag (der ohnehin der Gewerbesteuer unterliege) ergebe. Die Bestimmung, wonach die Hinzurechnung entfalle, wenn der Bestandzins beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sei bzw. das Wirtschaftsgut zum Gewerbekapital des Überlassenden gehöre, solle nur verhindern, daß derselbe Betrag doppelt von der Gewerbesteuer erfaßt werde. Das sei nur möglich, wenn der Empfänger einen steuerpflichtigen Gewerbebetrieb unterhalte. Diese Voraussetzung sei nach Schrifttum und Rechtsprechung nicht gegeben, wenn der Bestandgeber von der Gewerbesteuer befreit sei. Ob die Miete vom Beschwerdeführer oder auf seine Rechnung durch einen anderen an die ÖBB geleistet worden sei, wäre eine reine Verrechnungsfrage. Geringere Gewinnspannen als in anderen Trafiken seien im Beschwerdefall nicht erwiesen. Bezüglich der "Vergleichstrafik" gebe die Beschwerde zu, daß der Betriebsinhaber ebenfalls nicht im Verkauf tätig sei. Daher lasse der Umstand, daß in der Bahnhofstrafik des Beschwerdeführers trotz der immer wieder ins Treffen geführten schwierigen Arbeitsbedingungen niedrigere Personalkosten als in der Vergleichstrafik anfielen, die längeren Offenhaltungszeiten nicht als gegen einen Platzvorteil sprechend erscheinen.

Die Tatsache, daß der Betriebsvorgänger die strittige Bahnhofstrafik aufgegeben habe und nunmehr an einem anderen Standort eine Trafik betreibe, spreche nicht zwingend gegen einen Platzvorteil, da die längeren Offenhaltungszeiten auch schwierigere Arbeitsbedingungen für den Inhaber mit sich brächten.

Das Vorbringen über Zinszahlungen durch eine Zeitschriftenvertriebsfirma verstößt nach Meinung der belangten Behörde gegen das Neuerungsverbot. Daß der namhaft gemachte Zeuge nicht einvernommen worden sei, bedeute jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel, da in der Beschwerde nicht einmal behauptet werde, daß der Zeuge als Tabakhauptverleger auch über die Umsatzstrukturen (z.B. ungewöhnlicher oder gewöhnlicher Anteil an Stempelmarken, Zeitungen usw.) und über die Personalkosten der von ihm belieferten Trafiken Angaben hätte machen können. Welche dem Zeugen angeblich bekannten Vergleichsbetriebe das Finanzamt dem Beschwerdeführer vorenthalten haben solle, hätte letzterer gar nicht vorgebracht.

Der Beschwerdeführer bekämpfte die hier in Streit stehende Berufungsentscheidung der belangten Behörde nicht nur beim Verwaltungsgerichtshof, sondern auch beim Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der bei ihm eingebrachten Beschwerde mit Beschluß vom 8. Juni 1985, B 681/84, ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG verstärkten Senat erwogen:

I. 1. Gemäß § 7 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 6) folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt sind: ...

8. Die Hälfte der Miet- und Pachtzinse für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Das gilt nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinse beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind; ...

2. Die Auslegung des § 7 Z. 8 GewStG war Gegenstand des schon mehrfach erwähnten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. März 1978, Zl. 2602/77, das die Abgabenbehörden beider Instanzen für ihren Standpunkt ins Treffen führten und das der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausdrücklich in Frage stellt. Im Falle dieses Erkenntnisses hatte ein Steuerpflichtiger einen Blumenhandel in einem von den österreichischen Bundesbahnen in Bestand genommenen Geschäftslokal in einem Bahnhof betrieben. Der Steuerpflichtige hatte (ebenfalls) einen umsatzabhängigen Bestandzins zu bezahlen. Aus diesem errechnete die Abgabenbehörden im Falle des Erkenntnisses Zl. 2602/77 (ebenfalls) unter Heranziehung von Vergleichsbetrieben im Schätzungsweg einen Platzwertanteil heraus, den sie zur Hälfte dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zurechneten. Die Schätzung orientierte sich (gleichfalls) nach den Quadratmeterpreisen, die für Vergleichslokale zu bezahlen waren; der darüber hinausgehende Teil des Bestandzinses betreffe den besonderen Platzwert. Der damalige Beschwerdeführer hielt der Zurechnung für einen Platzwert gemäß § 7 Z. 8 GewStG entgegen, ein solcher Wert sei im Hinblick darauf, daß der vereinbarte Zins vom Umsatz berechnet werde und seitens der Parteien des Bestandvertrages keine Aufteilung des Zinses auf Raummiete und besonderen Platzwert vorgenommen worden sei, durch "keine Wertansätze konkretisiert" worden und dadurch nicht bewertbar. Mangels Bewertbarkeit liege aber auch kein Wirtschaftsgut im Sinne des § 7 Z. 8 GewStG vor, so daß die Hinzurechnungsvorschrift mangels Tatbestandsmäßigkeit nicht angewendet werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof teilte diese Auffassung des damaligen Beschwerdeführers im Erkenntnis vom 14. März 1978 aus folgenden Gründen nicht:

"Daß in einem einheitlichen Bestandvertrag, der nach den im konkreten Fall bestehenden wirtschaftlichen Gegebenheiten dem Pächter die Nutzung nicht nur der verpachteten Räumlichkeiten, sondern auch des mit deren Lage verbundenen Platzwertes ermöglicht, eine Aufteilung des Pachtzinses auf das Entgelt für die Überlassung der Räume und auf das Entgelt für den besonderen Platzwert nicht vorgenommen ist, läßt die Vornahme einer solchen Aufteilung durch die Abgabenbehörde steuerrechtlich nicht nur zulässig, sondern als unter dem Gesichtspunkt des § 7 Z. 8 GewStG geboten erscheinen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlaß, im vorliegenden Fall von dieser, von ihm schon in seinem Erkenntnis vom 21. September 1962, Zl. 597/62, ausgesprochenen Rechtsansicht abzugehen. Wie dort bleibt also auch im vorliegenden Fall nur zu prüfen, ob die belangte Behörde bei dieser dem Grunde nach nicht nur zulässigen, sondern nach der Sachlage zwingenden Aufteilung sinnvoll vorgegangen ist. Die belangte Behörde hat also in dem Prinzip nach zutreffender Weise versucht, durch Ermittlung von Vergleichsfällen festzustellen, welcher Teil des insgesamt bezahlten Pachtzinses als Entgelt für die bloße Überlassung der Räumlichkeiten und welcher Teil darüber hinaus als Entgelt für die Überlassung des am Hauptbahnhof L. für einen Blumenhandel, wie ihn der Beschwerdeführer betreibt, zweifellos bestehenden Platzwertes bezahlt wird."

Im Erkenntnis Zl. 597/62, in dem es um die Inbestandnahme eines (nicht bahneigenen) Gemischtwarengeschäftes gegangen war, hatte der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt, unter Platzwert sei der günstige Standort eines Gewerbebetriebes zu verstehen, der einen höheren Umsatz bzw. Ertrag ermöglicht und der demnach auch die Höhe eines allfälligen Pachtzinses wesentlich beeinflußt. Es könne also eine (schätzungsweise) Aufteilung des Pachtschillings auf das Entgelt für die Überlassung von Räumen und auf ein Entgelt für den besonderen Platzwert nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Der Verwaltungsgerichtshof kann diese Rechtsprechung aus folgenden Gründen nicht mehr aufrecht erhalten:

Die Zurechnung gemäß § 7 Z. 8 GewStG betrifft Miet- und Pachtzinse für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Es muß also der zuzurechnende Miet- oder Pachtzins für die Benützung eines (beweglichen) Wirtschaftsgutes aufgewendet (und nach dem einleitenden Halbsatz des § 7 leg. cit. bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt) worden sein. Da die Zurechnungen gemäß § 7 GewStG zu dem nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb erfolgen (siehe § 6 Abs. 1 und nochmals den einleitenden Halbsatz des § 7 GewStG), ist der Begriff des Wirtschaftsgutes hier in jener Bedeutung zu verstehen, wie sie ihm bei der Gewinnermittlung, also insbesondere im Bereich der §§ 4 ff EStG 1972, zukommt (Lenski-Steinberg, Gewerbesteuer-Kommentar, Anmerkung 4 zu § 8 Nr. 7, sowie die Urteile des BFH vom 12. Mai 1960, IV 122/58 U, BStBl. III Seite 466; vom 23. April 1969, I R 159/66, BStBl. II Seite 439; vom 29. April 1970, IV R 20/67, BStBl. II Seite 726; und vom 14. Oktober 1970, I R 94/70, BStBl. 1971 II Seite 28).

Wirtschaftsgut im Sinne des Einkommensteuerrechtes können nun zwar neben körperlichen (materiellen) Gütern auch immaterielle (unkörperliche) Güter sein. Dazu zählen nicht nur Rechte und rechtliche Umstände (Zustände), sondern auch tatsächliche Umstände (Zustände) (Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 4 Abs. 1 Tz 11, sowie Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 6 Tz 20, und die dort jeweils zitierte Rechtsprechung). Voraussetzung für die Wirtschaftsguteigenschaft ist allerdings auch bei immateriellen Gütern stets, daß sie in irgendeiner Form eigenständig in Erscheinung treten. Es muß sich um nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbare Güter handeln (Hofstätter-Reichel, a.a.O., Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a.a.O.) und nicht bloß um den Ausfluß eines ("anderen") Wirtschaftsgutes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1980, Zlen. 3332, 3415/79).

Dadurch, daß für Räumlichkeiten ein (einheitlicher) höherer Bestandzins zu entrichten ist, als ihn andere vergleichbare Betriebe zu bezahlen haben, tritt jedoch noch kein Wirtschaftsgut selbständig in Erscheinung. Derartige höhere Aufwendungen führen auch nach der Verkehrsauffassung noch zu keinem selbständig bewertbaren Gut. Es handelt sich vielmehr um Aufwendungen, die im Sinne des § 7 Z. 8 GewStG unmittelbar für die Benützung des Grundbesitz bildenden Wirtschaftsgutes "Geschäftslokal" zu entrichten sind und deren Höhe Ausfluß einer besonderen Qualität dieses Wirtschaftsgutes, nämlich (aus der Sicht des Beschwerdefalles) seiner guten Lage ist (Lenski-Steinberg, a.a.O., und Urteil des BFH vom 22. Februar 1962, IV 58/59 U, BStBl. 1962

III Seite 367; vgl. weiters nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen die Urteile des BFH vom 29. April 1970, IV R 20/67, BStBl. II Seite 726; vom 22. März 1972, I R 179/70, BStBl. II Seite 632 - betreffend einen Verkaufsstand in einem Bahnhof der Deutschen Bundesbahnen -, und vom 30. März 1976, VIII R 169/72, BStBl. II Seite 463; sowie Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Tz 7-136).

II. 1. Gemäß § 12 Abs. 2 GewStG werden dem Einheitswert des gewerblichen Betriebes folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswertes abgezogen sind:

….

2. die Werte (Teilwerte) der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen, aber im Eigentum eines Mitunternehmers oder eines Dritten stehen, es sei denn, daß sie zum Gewerbekapital des überlassenden gehören.

2. Auch eine Zurechnung nach § 12 Abs. 2 Z. 2 GewStG ist sohin vom Vorliegen eines Wirtschaftsgutes abhängig. Da es hier um eine Zurechnung zum Einheitswert des gewerblichen Betriebes im Sinne des Bewertungsgesetzes (Bewertungsgesetz 1955 - BewG) geht (siehe § 12 Abs. 1 und den einleitenden Halbsatz von § 12 Abs. 2 GewStG), kommt der bewertungsgesetzliche Begriff des Wirtschaftsgutes zum Zug (Urteile des Bundesfinanzhofes vom 29. April 1970, IV R 20/67, BStBl. II Seite 726; und vom 14. Oktober 1970, I R 94/70, BStBl. 1971 II Seite 28; Philipp, a. a.O., Tz 12-38; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 1957, Zl. 445/55, Slg. Nr. 1589/F). Dies kann jedoch bei der Zurechnung nach § 12 Abs. 2 Z. 2 GewStG zu keinem anderen Ergebnis führen als bei der Zurechnung nach § 7 Z. 8 GewStG (siehe Punkt I), weil auch das Wirtschaftsgut im Sinne des BewG jedenfalls eine nach der Verkehrsauffassung selbständige Bewertungsfähigkeit voraussetzt (vgl. auch die Urteile des BFH vom 29. April 1970, IV R 20/67, BStBl. II Seite 726; vom 14. Oktober 1970, I R 94/70, BStBl. 1971 II Seite 28; vom 22. März 1972, I R 179/70, BStBl. II Seite 632; und vom 30. März 1976, VIII R 169/72, BStBl. II Seite 463; die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1962, Zl. 69/62, und vom 22. Oktober 1963, Zl. 2054/61; Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, Anmerkungen zu § 3; sowie schließlich Rössler-Troll-Langner, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz13, Anmerkung 20 zu § 95).

III. Die Beschwerde erweist sich sohin bereits mit ihrem grundsätzlichen Einwand gegen den Ansatz eines Platzwertes als berechtigt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen bedurfte.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte der Verwaltungsgerichtshof absehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 21. Jänner 1986

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte