European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985020168.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde im Instanzenzug mit Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung schuldig erkannt, er habe sich am 2. März 1983 um 2.15 Uhr in Wien 13, Hietzinger Hauptstraße 152, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws erstens geweigert, sich dem Amtsarzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorführen zu lassen obwohl eine zuvor von einem geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan durchgeführte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt den Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung ergeben habe, zweitens vorher habe der Beschwerdeführer gegen 2.10 Uhr als Lenker des genannten Pkws das in Wien 13, an der Kreuzung der Auhofstraße mit der Testarellogasse aufgestellte Verkehrszeichen "gemäß § 52 Ziffer 24" mißachtet und sei, ohne anzuhalten, in die Testarellogasse Richtung Hietzinger Hauptstraße eingebogen und sei drittens in der Folge in der Testarellogasse, von der Kreuzung mit der Auhofstraße bis zur Kreuzung mit der Hietzinger Hauptstraße, in einem Abstand von zirka 3 m vom rechten Fahrbahnrand gefahren und habe somit sein Fahrzeug nicht soweit rechts gelenkt, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei. Er habe hiedurch zu erstens eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) zu
2) eine solche nach § 52 Z. 24 StVO, zu 3) eine solche nach § 7 Abs. 1 StVO begangen. Es wurden Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt. In der Begründung des Berufungsbescheides wurde ausgeführt, der als Zeuge vernommene Meldungsleger habe klar und schlüssig angegeben, daß der Beschwerdeführer, nachdem die Atemluftprobe bei ihm positiv verlaufen sei, vom Meldungsleger aufgefordert worden sei, sich dem Amtsarzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorführen zu lassen, was der Beschwerdeführer jedoch verweigert habe. Der Beschwerdeführer sei vorher durch seine Fahrweise insofern aufgefallen, daß er einen zu großen Abstand (von 3 m) vom rechten Fahrbahnrand eingehalten habe. Außerdem habe er eine Stopptafel nicht beachtet. Die Berufungsbehörde folge den Angaben des Meldungslegers, nicht der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers. Die Anzeige sei in einer die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Weise dem Beschwerdeführer (richtig: seinem Rechtsvertreter) am 23. Juni 1983 vorgehalten worden. Die Beweisanträge auf ergänzende Einvernahme des Meldungslegers und auf Beischaffung eines Auszuges aus dem Wiener Stadtplan, ferner auf Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze seien abzuweisen gewesen, da diese "das gestellte Beweisthema nicht erfaßt hätten".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die von der Beschwerde gerügte rechtliche Fehlsubsumtion würde nur dann vorliegen, wenn die Behörde in dem dem § 44 a lit. a VStG 1950 entsprechenden Spruchteil festgestellt hätte, der Beschwerdeführer habe sich bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 StVO nicht der ärztlichen Untersuchung unterzogen, dann aber dieses Verhalten in dem dem § 44 a lit. b VStG 1950 entsprechenden Spruchteil dem § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a StVO unterstellt hätte. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil sowohl die Behörde erster als auch jene zweiter Instanz in ihrem Spruch feststellten, der Beschwerdeführer habe die Vorführung zum Amtsarzt verweigert. Ob die Behörden zu Recht zu dieser Feststellung gekommen sind, ist aber keine Frage der rechtlichen Beurteilung, sondern eine solche der mängelfreien Durchführung des Strafverfahrens. Es trifft zu, daß im Text der Anzeige - dies im Gegensatz zum "Betreff" der Anzeige, in dem unter anderem von der "Verweigerung der Vorführung zur amtsärztlichen Untersuchung" die Rede ist - davon gesprochen wird, der Beschwerdeführer habe sich geweigert, sich der amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Auch in der Zeugenaussage des Sicherheitswachebeamten G vom 30. August 1983 ist davon die Rede, der Beschwerdeführer sei vom Sicherheitswachebeamten aufgefordert worden, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, dies habe er abgelehnt. Abweichend davon sprach der zweite Sicherheitswachebeamte GR in seiner Zeugenaussage vom 25. Mai 1984 davon, daß der Beschwerdeführer zur "Vorführung vor den Amtsarzt" durch den Sicherheitswachebeamten G deutlich aufgefordert worden sei.
Wenn die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens aus diesen Bekundungen im Zusammenhalt mit den Umständen dieses Falles - von der Anwesenheit eines im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arztes am Tatort war nie die Rede - zum Schlusse kamen, daß der Beschwerdeführer nicht aufgefordert worden sei, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sondern vielmehr, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorführen zu lassen, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung. Diese Beweiswürdigung erscheint dem Verwaltungsgerichtshof schlüssig, handelt es sich doch offenbar bei den Bekundungen des Sicherheitswachebeamten G um ein Vergreifen im Ausdruck.
Es trifft zu, daß die diesbezügliche Aussage des Sicherheitswachebeamten G auf Seite 3 des Berufungsbescheides unrichtig wiedergegeben wird; doch findet der Verwaltungsgerichtshof in Anbetracht der oben ausgeführten Umstände die Beweiswürdigung der belangten Behörde trotzdem schlüssig.
Die Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer von der Hietzinger Hauptstraße Nr. 152 selbst mit seinem Pkw ganz oder zum Teil, bis zu seiner Wohnung fuhr oder ob er auf dieser Strecke vom Streifenwagen der Sicherheitswachebeamten transportiert wurde, kann als unerheblich dahingestellt werden, da diesbezüglich kein verwaltungsstrafrechtlicher Vorwurf gegen den Beschwerdeführer erhoben wurde. Daß sowohl die Atemluftprobe mit positivem Ergebnis als auch die Aufforderung, sich einem Arzt vorführen zu lassen, am Tatort Hietzinger Hauptstraße 152 erfolgte, hat die belangte Behörde in schlüssiger Weise festgestellt.
Hinsichtlich des Deliktes nach § 52 lit. c Z. 24 StVO vermißt die Beschwerde zu Unrecht die spruchmäßige Angabe jener Stelle, an welcher der Beschwerdeführer vor dem genannten Vorrangzeichen sein Kraftfahrzeug hätte anhalten müssen. Eine solche Angabe könnte unter Umständen dann erforderlich sein, wenn einem Kraftfahrzeuglenker vorgeworfen wird, zwar irgendwo nahe einem solchen Vorrangzeichen angehalten zu haben, aber nicht an den in § 52 lit. c Z. 24 StVO genannten Stellen, also nicht vor einer allfälligen Bodenmarkierung oder nicht an jener Stelle, von der aus gute Übersicht besteht. Solche Feststellungen erübrigen sich aber in einem Fall wie dem vorliegenden, an dem der Beschwerdeführer sein Fahrzeug überhaupt nicht anhielt. Der Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle erfordert nicht schlechthin die Angabe, aus welcher Richtung der benachrangten Straße der Beschwerdeführer sein Fahrzeug in die bevorrangte Straße lenkte, ohne dem Anhaltegebot zu entsprechen. Daß nämlich Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers durch diese Unterlassung beeinträchtigt worden wären, ist nicht ersichtlich; dies behauptet nicht einmal der Beschwerdeführer selbst. Die Berufungsbehörde verstieß durch die Neuformulierung des Tatortes dieser Übertretung nicht gegen das Verbot des § 31 Abs. 1 VStG 1950, weil der Tatort "von der Auhofstraße in die Kreuzung mit der Testarellogasse" bereits in der Anzeige enthalten war, welche am 23. Juni 1983 dem Vertreter des Beschwerdeführers vorgehalten worden war.
Die zum Delikt nach § 7 Abs. 1 StVO von der Beschwerde vermißte "konkrete Beweisaufnahme" erfolgte durch die Anzeige,
durch die mehrmalige Vernehmung des Sicherheitswachebeamten G und
durch die einmalige Vernehmung des Sicherheitswachebeamten R. Schon die Erstbehörde warf dem Beschwerdeführer vor, "in zu großem Abstand vom rechten Fahrbahnrand gefahren" zu sein; die Berufungsbehörde ergänzte dies insofern, daß das Fahrzeug des Beschwerdeführers in einem Abstand von zirka 3 m vom rechten Fahrbahnrand gefahren sei und daß dafür - dies mit dem gesetzlichen Wortlaut des § 7 Abs. 1, erster Satz StVO ausgedrückt - kein einsehbarer Grund gegeben gewesen sei. Der Beschwerdeführer vermochte weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde konkret aufzuzeigen, durch welche Umstände - z.B. besonders breite abgestellte andere Fahrzeuge - die Einhaltung eines so großen Abstandes vom rechten Fahrbahnrand gerechtfertigt gewesen sei. In seinem Schriftsatz vom 31. Oktober 1983 sprach er nur davon, der rechte Fahrbahnrand sei am Tatort "immer verparkt"; im übrigen vertrat er die - in dieser Allgemeinheit unrichtige - Rechtsansicht, es entspreche den Verkehrsvorschriften, beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen einen Abstand von einem Meter einzuhalten.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 Z. 2, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 3. Oktober 1985
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