Normen
KStG 1966 §22 Abs6;
KStG 1966 §22;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984140186.X00
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes; aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 8.730,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Sowohl nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens als auch auf Grund der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Schriftsätze ist unbestritten, daß die beiden Beschwerdeführer, Sektionen des Deutschen A-vereines, im Inland weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, aber hier Berghütten (Beherbergungsbetriebe) unterhalten und mit den daraus erzielten Einkünften beschränkt steuerpflichtig sind. In Streit steht in beiden Beschwerdefällen einzig und allein, ob diesen Einkünften für das Jahr 1982 die Tarifbegünstigung des § 22 Abs. 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 (KStG) zugute kommt. Die belangte Behörde verneinte dies in beiden im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden gleichermaßen mit der Begründung, hinsichtlich der Berechnung der Körperschaftsteuer beziehe sich die Tarifbestimmung des § 22 Abs. 6 KStG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1982 auf die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Z. 6 leg. cit., das heißt, daß nur solche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die der Befreiungsbestimmung des § 5 Abs. 1 Z. 6 unterlägen, tarifbegünstigt seien. Gemäß § 5 Abs. 3 KStG wären jedoch beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen von der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. ausdrücklich ausgenommen. Die Anwendung der Tarifbegünstigung des § 22 Abs. 6 KStG sei somit auf den Kreis der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen eingeschränkt.
Die Beschwerdeführer vertreten hingegen in ihren wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide erhobenen Beschwerden gleichermaßen die Auffassung, der Hinweis "im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 6" im § 22 Abs. 6 KStG diene - offenbar zur Vermeidung einer Wiederholung - nur der Definition, welche Art von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen gemeint seien. § 22 Abs. 6 KStG verlange jedoch nicht, daß diese Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen tatsächlich von der Körperschaftsteuer befreit sein müßten. Aus § 5 Abs. 3 KStG ergebe sich lediglich, daß die "Befreiungen" (nicht etwa "Bestimmungen") nach § 5 Abs. 1 Z. 4 bis 13 KStG auf beschränkt Steuerpflichtige nicht anzuwenden seien, nicht jedoch, daß auch die Bestimmung des § 22 Abs. 6 KStG, welche ja keine "Befreiung" von der Körperschaftsteuer, sondern einen Abzug bis zur Höhe von S 100.000,-- zum Inhalt habe, für beschränkt Steuerpflichtige nicht anzuwenden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbundenen Beschwerden erwogen:
Nach § 22 Abs. 6 KStG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 570, anzuwenden gemäß Abschnitt II Art. II Z. 3 dieses Gesetzes erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1982, ist bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 6 vor Anwendung der Steuersätze ein Betrag in Höhe des Einkommens, höchstens jedoch ein Betrag von S 100.000,-- abzuziehen.
Gemäß dem in § 22 Abs. 6 angeführten § 5 Abs. 1 Z. 6 KStG sind nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 34 bis 47 BAO von der Körperschaftsteuer befreit "Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen".
Es trifft nun zu, daß die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Z. 6 KStG auf beschränkt Steuerpflichtige (§ 3 Z. 1) zufolge § 5 Abs. 3 KStG nicht anzuwenden ist. Damit ist aber für die belangte Behörde nichts gewonnen. Räumt doch § 22 Abs. 6 KStG die dort vorgesehene Tarifbegünstigung nicht bloß von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, sondern schlechthin "Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 6" ein, das sind (wie dargelegt) "Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen". Daß diesem Tatbestandsmerkmal nach den Vorstellungen des Gesetzgebers an sich auch beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entsprechen können, folgt schon daraus, daß andernfalls die Steuerbefreiung für beschränkt Steuerpflichtige nicht nach § 5 Abs. 3 leg. cit. hätte ausgeschlossen werden müssen.
Dieses dem Wortlaut des § 22 Abs. 6 KStG gemäße Auslegungsergebnis ist weder sinnwidrig noch unsachlich. Nichts spricht nämlich von der Sache her dagegen, beschränkt Steuerpflichtige zwar von der betraglich unbegrenzten Steuerbefreiung, nicht aber auch von der betragsmäßig begrenzten Tarifbegünstigung auszuschließen.
Das Vorbringen der belangten Behörde in den Gegenschriften - hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgende Rechtsträger schlechthin in den Genuß der Tarifbegünstigung kommen zu lassen, so wäre anstelle des Bezuges auf § 5 Abs. 1 Z. 6 KStG ein bloßer Verweis auf die Bestimmungen der §§ 34 ff BAO ausreichend gewesen - schlägt nicht durch. Ist es doch durchaus eine sinnvolle Gesetzestechnik, bei der Bestimmung eines Begriffes nicht an ein anderes Gesetz anzuknüpfen, wenn das betreffende Gesetz selbst eine Anknüpfungsmöglichkeit bietet, wie sie für § 22 Abs. 6 KStG bezüglich "gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Körperschaften" und dgl. eben § 5 Abs. 1 Z. 6 KStG eröffnete. Daß bei dieser Anknüpfung durchaus auch eine Eingrenzung auf unbeschränkt Steuerpflichtige hätte erfolgen können, zeigt z.B. § 22 Abs. 2 leg. cit., der die dort normierte Tarifbegünstigung Ausschüttungen unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften vorbehält. Dem Wortlaut des § 22 Abs. 6 KStG ist eine vergleichbare Einschränkung nicht zu entnehmen.
Die belangte Behörde beruft sich in der Gegenschrift, die sie zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers erstattete, auf die Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 1981, 805 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XV. GP. Es ist der belangten Behörde zuzubilligen, daß nicht nur die von ihr zitierten Ausführungen in der Regierungsvorlage zu dem in Aussicht genommenen neuen § 22 Abs. 6 KStG, sondern auch die Ausführungen im Vorblatt zu Abschnitt II für die Absicht der Gesetzesautoren sprachen, die Tarifbegünstigung gemäß § 22 Abs. 6 KStG in der Fassung des Abschnittes II Artikel I Z. 6 des Abgabenänderungsgesetzes 1981, BGBl. Nr. 620, nur unbeschränkt Steuerpflichtigen einzuräumen. Diese Absicht fand aber jedenfalls in der Fassung des § 22 Abs. 6 KStG gemäß Abschnitt II Artikel I Z. 3 Abgabenänderungsgesetz 1982, BGBl. Nr. 570, mit welchem Gesetz Abschnitt II Artikel I Z. 6 des Abgabenänderungsgesetzes 1981 (schon ab der Veranlagung 1982, vgl. Abschnitt II Artikel II Abgabenänderungsgesetz 1981 und Abschnitt II Artikel II Z. 3 Abgabenänderungsgesetz 1982) derogiert wurde, keinen Niederschlag.
Obwohl die belangte Behörde diesbezüglich nichts ins Treffen führt, sei der Vollständigkeit halber noch bemerkt, daß auch die Verwendung des Begriffes "Einkommen" im § 22 Abs. 6 KStG zu keiner von der vorstehenden abweichenden Beurteilung der Beschwerdefälle führt. Zwar trifft die beschränkte Steuerpflicht die inländischen Einkünfte einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (§ 3 Z. 1 KStG), doch muß, da § 22 leg. cit. keinen besonderen Tarif für diese Einkünfte, sondern allein einen Tarif für das "Einkommen" vorsieht, das aus den inländischen Einkünften einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft gebildete Einkommen als "Einkommen" im Sinne des § 22 KStG verstanden werden. Dieses Verständnis des körperschaftsteuerlichen Einkommensbegriffes bei beschränkt Steuerpflichtigen erhärtet § 15 KStG, der im Zusammenhang mit beschränkt steuerpflichtigen Versicherungsunternehmen von einem "inländischen steuerpflichtigen Einkommen" spricht.
Zusammenfassend hat die belangte Behörde in beiden Beschwerdefällen die Rechtslage verkannt. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 19. März 1985
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