VwGH 82/07/0228

VwGH82/07/022819.2.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesforste, vertreten durch ein Vorstandsmitglied, in Wien 3., Marxergasse 2, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Oktober 1982, Zl. AgrarS-3225/5-1982, betreffend Ablösung von Holzbezugsrechten (mitbeteiligte Partei: A-AG in W, vertreten durch Dr. Ludwig Kammerlander, Rechtsanwalt in Wien I., Kärntner Ring 6), zu Recht erkannt:

Normen

WWSGG §21 impl;
WWSLG OÖ 1952 §26 Abs1 litb;
WWSLG OÖ 1952 §4 Abs1;
WWSGG §21 impl;
WWSLG OÖ 1952 §26 Abs1 litb;
WWSLG OÖ 1952 §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Gmunden vom 16. Oktober 1981 wurde gemäß § 40 Abs. 1 des oberösterreichischen Wald- und Weideservitutenlandesgesetzes-WWG, LGBl. Nr. 2/1953, in Verbindung mit § 6 Abs. 1 lit. a dieses Gesetzes das Verfahren zur Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung des Holzbezugsrechtes auf Grund der Regulierungserkenntnisse Nr. 23337 vom 20. Dezember 1861, Nr. 1859 vom 7. Februar 1862 sowie Nr. 2898 vom 6. März 1863, betreffend die im Eigentum der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stehende Liegenschaft EZ. 49 KG. X im Gerichtsbezirk Mondsee mit der Begründung eingeleitet, die beschwerdeführende Partei als Verpflichtete habe die Ablösung der dieser Liegenschaft

zustehenden Holzbezugsrechte - jährlich 4 Wr. Klafter (= 13,642

fm) Brennholz, 0,2 Wr. Klafter (=0,4737 fm) Zeugholz und 0,1 Wr.

Klafter (= 0,2368 fm) Bauholz sowie ein Elementarholzbezugsrecht - in Geld beantragt. Mit Bescheid vom 21. April 1982 wies die genannte Behörde sodann den Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 26 Abs. 1 WWG im wesentlichen mit der Begründung ab, eine grundlegende Veränderung der wirtschaftlichen Existenzverhältnisse der berechtigten, schon im Zeitpunkt der Regulierung nichtlandwirtschaftlich genutzten Liegenschaft sei nicht eingetreten. Mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Oktober 1982 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei hierauf gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 5, 18, 26 sowie 39 WWG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung heißt es, Hauptfrage im Beschwerdefall sei die Zulässigkeit der Ablösung der in Rede stehenden Nutzungsrechte in Geld. Gemäß § 26 Abs. 1 lit. b WWG - lit. a oder c kämen bei der gegebenen Sachlage nicht in Betracht - müßten die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sein. Dies treffe nicht zu. Denn mangels Verringerung des verbauten Areals sei der Wirtschaftsbedarf der Liegenschaft (§ 4 Abs. 1 WWG) - auf diesen und nicht den momentanen Eigentümer komme es vor allem an - seit der Einforstung keinesfalls geringer geworden. Auch wenn sich die "Gesichtspunkte der Landeskultur" seither geändert hätten, berühre dies den Wirtschaftsbedarf der berechtigten Liegenschaft nicht.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die beschwerdeführende Partei "durch die rechtlich unrichtige Anwendung der §§ 1, 18 und 26" WWG, also im Unterbleiben einer Ablösung der Nutzungsrechte in Geld, in ihren Rechten verletzt erachtet. Sie meint, mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 1 WWG sei im Beschwerdefall nichts gewonnen, da es sich bei der berechtigten Liegenschaft nicht um ein landwirtschaftliches Gut handle. Für das betroffene Haus gebe es eine Bewirtschaftsmöglichkeit im angegebenen Sinn nicht, und es sei auch nicht ein "notwendiges Gebäude" im Sinn dieser Gesetzesstelle. Der Zweck von Wohnhauseinforstungen wie im Beschwerdefall habe einst insofern im landeskulturellen Interesse gelegen, als die Besiedlung des ländlichen Raumes durch Forst- und Salinenarbeiter sowie kleine Gewerbetreibende hätte sichergestellt werden sollen. Diese seien bei den damaligen Bewirtschaftungsverhältnissen und technischen Möglichkeiten auf Holz als Baustoff und Heizmaterial angewiesen gewesen, wie Punkt IX der (erstgenannten) Urkunde zeige. Die wirtschaftlichen Existenzverhältnisse hätten sich jedoch seither wesentlich geändert. Im Bestand von Objekten der angegebenen Art im Ortsbereich könne man heute keine Maßnahme der Bodenreform mehr erblicken. Die notwendigen baulichen Änderungen bzw. die Beheizung des Objektes könnte ebensogut über das Ablösungsentgelt und dessen Verzinsung sichergestellt werden. Der Holzbezug habe auch wertmäßig auf die Existenz des Wohnhauses keinen Einfluß mehr. Wenn die Frage der Existenzsicherung, wie die belangte Behörde meine, nur bei einer Neubegründung von Nutzungsrechten maßgebend sein dürfte, könnte die Einforstung für das in Rede stehende Gebäude überhaupt nicht abgelöst werden, was dem § 1 WWG widerspräche. Subjektive Gesichtspunkte müßten unberücksichtigt bleiben, denn der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, private Vermögensvorteile sicherzustellen; Gegenstand der Gesetzgebung sei vielmehr unter anderem die Anpassung der gegebenen Agrarstruktur an die geänderten sozialen und wirtschaftlichen Anschauungen und Bedürfnisse. Nur aus dieser Sicht sei die Entbehrlichkeit von Rechten zu beurteilen.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei hält die - von der belangten Behörde als nicht gegeben angesehene - Voraussetzung des § 26 Abs. 1 lit. b WWG für erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist die Ablösung der Nutzungsrechte in Geld zulässig, wenn und insoweit die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind. Die dauernde Entbehrlichkeit erblickt die beschwerdeführende Partei in der Änderung des Personenkreises der Berechtigten und der völligen Andersartigkeit der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die Nutzungsrechte seinerzeit ausgeübt wurden, und die nun bestimmend sind. Mit dieser Ansicht verkennt die beschwerdeführende Partei die Rechtslage.

Auf den berechtigten Personenkreis stellt weder das Gesetz ab noch lassen die maßgebenden Regulierungserkenntnisse eine dahin gehende Einschränkung erkennen (was auch für Punkt IX der Urkunde Nr. 23337, betreffend eine Sonderregelung des Brennholzbezuges, gilt). Ebensowenig hat die im Lauf der Zeit eingetretene Änderung der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der Einkommensverteilung, der Arbeitsbedingungen, die erweiterte Substituierbarkeit verschiedener Güter bei der Bedarfsdeckung für sich allein Einfluß auf den Bestand der nur unter ganz bestimmten, taxativ aufgezählten Voraussetzungen ablösbaren Nutzungsrechte. Daß eine Ablösung in dem - allein von Amts wegen wahrzunehmenden Interesse der Landeskultur erforderlich wäre (§ 6 Abs. 3 WWG), ist von keiner Seite behauptet worden. Daß die Ablösung aber etwa allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen gefährdete und im Beschwerdefall deswegen (§ 18 Abs. 1 WWG) nicht möglich wäre, hat andererseits auch die belangte Behörde nicht angenommen. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß § 4 Abs. 1 WWG in Fällen wie dem vorliegenden, wo eine landwirtschaftliche Nutzung fehlt, nicht anzuwenden wäre. Nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle haben die Nutzungsrechte ohne Rücksicht auf die Bestimmungen der Regulierungsurkunden in erster Linie der ordentlichen Bewirtschaftung der berechtigten Liegenschaft - ohne Rücksicht auf deren Größe und Bewirtschaftsart - zu dienen. Es versteht sich, daß damit im Einzelfall sehr wohl zu differenzieren sein wird, je nachdem, welche Art von Einforstung gegeben ist, ob also beispielsweise das berechtigte Gut einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellt oder ob wie im Beschwerdefall (bei zugehörigen Grundflächen zur Zeit der Regulierung im Ausmaß von 211 m2) das Gebäude selbst im Mittelpunkt des Einforstungsrechtes steht, was etwa bei der für dauernd erfolgten Beseitigung des Baues entscheidendes Gewicht hätte. Im Beschwerdefall ist das betroffene Haus nicht abgetragen, nicht verkleinert und überhaupt in seiner Bausubstanz kaum verändert worden. Nach einem bei den Verwaltungsakten liegenden Erhebungsbericht vom 14. Jänner 1982 dürfte lediglich "der

Dachstuhl mit dem Balkon .... um die Jahrhundertwende erneuert

worden sein"; das mit hölzernen Zubauten versehene, gemauerte Haus besitzt ein ausgebautes erstes Stockwerk, von dem der Zeitpunkt des Ausbaues nicht mehr festgestellt werden konnte.

Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht erkennen, daß diese Umstände ebensowenig wie die sonst im Verfahren bekannt gewordenen Tatsachen - so etwa der nicht gute Bau- und Erhaltungszustand - eine - gänzliche oder teilweise - Ablösung der Nutzungsrechte gemäß § 26 WWG gerechtfertigt hätten; durch das Unterbleiben einer allfälligen sonstigen Maßnahme im Rahmen des gemäß § 40 WWG eingeleiteten Verfahrens erachtet sich die beschwerdeführende Partei selbst nicht verletzt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft Stempelübergebühren in der Höhe von S 200,-- sowie die Umsatzsteuer, die wegen der gesetzlichen Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes nicht eigens vergütet werden kann.

Wien, am 19. Februar 1985

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