VwGH 84/15/0041

VwGH84/15/004112.4.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der Dr. HP in B, vertreten durch Dr. Robert Mühlfellner, Rechtsanwalt in Bischofshofen, Raiffeisenstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 16. Jänner 1984, Zl. 26/47/3-Ga2-DHu/1983, betreffend Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §113 idF 1980/151
BAO §115 Abs2
BAO §115 Abs4
BAO §115 idF 1980/151
BAO §236 Abs1
BAO §299 Abs1
BAO §299 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1984150041.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die Beschwerdeführerin übt als Psychologin eine selbständige Tätigkeit aus. Den aus dieser Tätigkeit erzielten Umsatz besteuerte das Finanzamt anläßlich der Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 1982 mit dem ermäßigten Steuersatz des § 10 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1972 (UStG 1972). Mit dem angefochtenen Bescheid behob jedoch die belangte Behörde den Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes gemäß § 299 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) mit der Begründung, daß dieser Steuersatz Umsätzen aus der Tätigkeit als Psychologe nicht zukomme.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerin wendet ein, daß sie, steuerlich nicht vertreten, bei Beginn ihrer Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt angefragt hätte, wie ihre Umsätze zu versteuern wären; sie habe sohin gemäß § 113 BAO um Rechtsbelehrung ersucht. Der ihr vom Finanzamt erteilten Rechtsbelehrung entsprechend habe sie dann ihre Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz versteuert und die Umsatzsteuer auch mit diesem Steuersatz ihren Patienten weiterverrechnet. Auf Grund dessen verstoße die Bescheidbehebung durch die belangte Behörde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 Abs. 2 UStG 1972 sieht nur für die dort erschöpfend aufgezählten Umsätze den ermäßigten Steuersatz vor. Davon, daß die Beschwerdeführerin mit ihren Umsätzen als Psychologin unter keinen der Tatbestände des § 10 Abs. 2 leg. cit. fällt, geht die Beschwerde selbst aus. Damit erweist sich jedoch die Rechtsrüge gegen den angefochtenen Bescheid, der den Bescheid des Finanzamtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen dessen inhaltlicher Rechtswidrigkeit behob, als unbegründet.

Die Beschwerdeführerin vermag aber auch keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 aufzuzeigen. Hiebei ist vor allem in Rechnung zu stellen, daß die belangte Behörde weder einen neuen Sachverhalt angenommen noch neue Beweise aufgenommen hat. Sie durfte daher den Bescheid des Finanzamtes beheben, ohne der Beschwerdeführerin vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (siehe das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1982, Zl. 82/14/0036, und die dort angeführte Vorjudikatur). Diesem Umstand kommt auch bezüglich des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben Bedeutung zu:

Zwar kann ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben eintreten, wenn ein Abgabepflichtiger sein steuerliches Verhalten einer abgabenbehördlichen Rechtsauskunft entsprechend einrichtete und dann eine für ihn ungünstigere Besteuerung Platz greifen soll. Ein solcher Verstoß ist bei einer im Ermessen der Oberbehörde liegenden Bescheidbehebung gemäß § 299 BAO an sich nicht unbeachtlich (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 82/14/0036 sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1983, Zl. 83/16/0040, 0043). Der nach dem Beschwerdevorbringen erst in der Beschwerde behauptete Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verhilft dieser jedoch deshalb nicht zum Erfolg, weil die belangte Behörde die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wie aufgezeigt, aufgreifen durfte, ohne weitere Erhebungen durchzuführen und ohne der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, zu der beabsichtigten Bescheidbehebung Stellung zu nehmen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben könnte allerdings eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO begründen.

Aus § 113 BAO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 151/1980 ist schließlich für die Beschwerdeführerin schon deshalb nichts zu gewinnen, weil diese Bestimmung lediglich verfahrensrechtliche Anleitungen und Belehrungen zum Gegenstand hat (siehe auch Stoll, BAO-Handbuch, 261).

Da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 12. April 1984

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