VwGH 84/14/0018

VwGH84/14/00182.10.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Gerhard Benn-Ibler, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 13, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 20. Dezember 1983, Zl. 6/4/1-8/BK/Go-1981, und vom 2. Februar 1984, Zl. 217/2- 3/Kr-1983, beide betreffend Aussetzung einer Berufungsentscheidung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §281 Abs1;
BAO §281 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Finanzämter L. und K. hatten gegenüber der Beschwerdeführerin mit Bescheiden vom 12. Jänner und vom 5. Oktober 1981 ab dem 1. Jänner 1979 und dem 1. Jänner 1980 den Einheitswert des Betriebsvermögens festgestellt bzw. Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent festgesetzt und weiters für die Jahre 1978 und 1979 Haftungs- und Zahlungsbescheide ddto. 16. Jänner und 5. Oktober 1981 betreffend Kapitalertragsteuer erlassen. Die Beschwerdeführerin brachte gegen alle diese Bescheide Berufungen ein. Die Berufungen wandten sich vor allem dagegen, daß bei der Einheitswertfeststellung bzw. Abgabenfestsetzung und Haftungsinanspruchnahme ein Gesellschafterdarlehen als verdecktes Stammkapital berücksichtigt worden wäre.

Mit den beiden nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden sprach die belangte Behörde aus, daß die Entscheidung über die genannten Berufungen gemäß § 281 Abs. 1 BAO ausgesetzt werde. Die Begründung der angefochtenen Bescheide geht zusammengefaßt dahin, daß nach den Berufungen strittig wäre, ob Gesellschafterdarlehen als verdecktes Stammkapital anzusehen seien. Bezüglich der Körperschaftsteuer der Beschwerdeführerin für die Jahre 1978 und 1979 schwebe beim Verwaltungsgerichtshof in der gleichen Frage ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die genannten Berufungen sei. Den Aussetzungen stünden nach der Aktenlage keine überwiegenden Interessen der Beschwerdeführerin entgegen.

 

Die Beschwerdeführerin macht mit zwei nahezu gleichlautenden Beschwerden sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide als auch deren Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beiden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbundenen Beschwerde erwogen:

Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann gemäß § 281 Abs. 1 BAO die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.

Im Beschwerdefall ist der Tatbestand des § 281 Abs. 1 BAO insofern erfüllt, als davon auszugehen ist, daß wegen einer gleichen Rechtsfrage vor einem Gericht ein Verfahren schwebt, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die gegenständlichen Berufungen ist. Mögen auch die steuerlichen Auswirkungen der zu lösenden Rechtsfrage bei den einzelnen Verfahren verschieden sein (allfällige Behandlung der "Gesellschafterdarlehen" als Eigenkapital einerseits und der darauf entfallenden Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttungen andererseits), so geht es doch sowohl in den ausgesetzten Berufungsverfahren als auch in dem zur hg. Zl. 83/14/0257 über die Körperschaftsteuer der Beschwerdeführerin für die Jahre 1978 und 1979 schwebenden Verfahren primär um die Rechtsfrage, ob als Gesellschafterdarlehen deklarierte Beträge als verdecktes Stammkapital zu behandeln sind oder nicht, also um die gleiche Rechtsfrage. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 29. Juni 1982, Zl. 14/0207/79, zweifellos geeignet, Vorbild für jene Entscheidungen zu sein, die in den gemäß § 281 Abs. 2 BAO fortzusetzenden Berufungsverfahren zu treffen sein werden.

Diese Eignung wird der vom Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 83/14/0257 zu treffenden Entscheidung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch dann zukommen, wenn diese Entscheidung die vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Beschwerdeführer) ausgeführten Beschwerdegründe verwerfen und die Beschwerde als unbegründet abweisen sollte. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Berufungssenat habe ihren "Körperschaftsteuerberufungen" stattgegeben und müßte daher folgerichtig auch ihren anderen "in der gleichen Sache" (!) anhängigen Berufungen stattgeben, und dies, wie aus der Sicht des § 281 Abs. 1 BAO ergänzt werden muß, unabhängig davon, wie der Verwaltungsgerichtshof entscheidet, enthält bloß eine den Realitäten nicht entsprechende Vermutung.

Die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin ist insoweit berechtigt, als die belangte Behörde der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit bot, gegen die beabsichtigten Aussetzungen des Verfahrens einzuwenden, überwiegende Interessen ihrerseits stünden der gegenständlichen Maßnahme entgegen. Was die Beschwerdeführerin in den vorliegenden Beschwerden hiezu einwendet, ist aber nicht geeignet, diese Unterlassung als wesentlich erscheinen zu lassen:

Der erste Einwand geht dahin, durch die stattgebende Berufungsentscheidung betreffend die Körperschaftsteuer für 1978 und 1979 sei der Beschwerdeführerin der Beschwerdeweg an den Verfassungsgerichtshof verwehrt gewesen. Dieser Weg war nun der Beschwerdeführerin keineswegs verwehrt, sie hatte allerdings bei der für sie positiven Entscheidung auch keinen Anlaß, sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden. Erginge im Anschluß an die hg. Entscheidung über die Beschwerde zu Zl. 83/14/0257 eine für die Beschwerdeführerin ungünstige Berufungsentscheidung, so stünde dagegen der Weg zum Verfassungsgerichtshof durchaus offen.

Mit besagtem Hinweis, ihr wäre der Beschwerdeweg an den Verfassungsgerichtshof verwehrt, hat die Beschwerdeführerin offenbar folgende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Auge:

Wenn vor dem Verfassungsgerichtshof ein einschlägiges (Gesetzesprüfungs‑) Verfahren schwebt, so kann die Aussetzung der Berufungsentscheidung überwiegende Interessen der Partei verletzen, weil die Aufhebung eines Gesetzes gemäß Art. 140 B-VG nur auf den Anlaßfall zurückwirkt, der vom Verfassungsgerichtshof entschieden wurde (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1970, Zl. 857/69, u.a.). Diese Rechtsprechung ist auf den Beschwerdefall aber nicht anwendbar, weil - auch die Beschwerdeführerin behauptet solches nicht - im Zeitpunkt der Aussetzung beim Verfassungsgerichtshof kein einschlägiges Verfahren anhängig war (siehe auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1971, Zlen. 782, 808/70).

Zum Erfolg verhilft der Beschwerde schließlich auch die Einrede nicht, sie sei durch die Nichtentscheidung mit Abgabenvorschreibungen belastet, die ihr unwiederbringliche Zinsennachteile verursachen, weil sich dieses Interesse an einer raschen Entscheidung nicht grundlegend vom Interesse eines jeden anderen Berufungswerbers auf Entscheidung ohne unnötigen Aufschub unterscheidet und nicht geeignet ist, ein der Aussetzung entgegenstehendes, überwiegendes Interesse der Beschwerdeführerin darzutun (siehe nochmals das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1970, Zl. 857/69).

Die angefochtenen Bescheide lassen sohin keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und auf die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 2. Oktober 1984

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