VwGH 82/17/0040

VwGH82/17/004016.11.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des JJ in W, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Wien I, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Jänner 1982, Zl. MDR-J 10/81/Str., betreffend Übertretung des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37
AVG §38
FremdenverkehrsförderungsG Wr 1955 §11
FremdenverkehrsförderungsG Wr 1955 §12 Abs2
MRK Art5
MRK Art6 Abs2
VStG §25
VStG §5 Abs1 Satz2
VStG §5 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1982170040.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Beherbergungsbetriebes in Wien. Im Zuge einer vom Magistrat der Stadt Wien, MA 4, Referat 2-Revisionsstelle, durchgeführten Nachschau wurde am 11. Oktober 1979 von einem Organwalter der genannten Behörde eine Niederschrift aufgenommen, in der es unter anderem heißt:

"... Im Betrieb befanden sich im Rev. Zeitraum 1977 - 1979 ca. 90 Betten, die an Gastgeber vermietet werden. Die Monatsmiete pro Bett und Person betrug 1977 S 500,-- und 1978 - 1979 S 500,-- incl. M.W.St. Heizzuschlag für Kochstrom u. Heizung in den Wintermonaten S 50,--

Es besteht somit keine Ortstaxepflicht ..."

Am 29. Oktober 1980 fand eine weitere Nachschau statt. In der an diesem Tage aufgenommenen Niederschrift heißt es unter anderem:

"... es handelt sich grundsätzlich um ?Monatsmieter', kurzfristige Beherbergungen finden nicht statt.

Der Zimmerpreis setzt sich aus 3 Beträgen zusammen:

1. Heizung, Wasser, Abwasser

S 150,-- / Zimmer

2. Strompauschale

S 300,-- bis 350,-- / Zimmer

3. Miete

S 400,-- bis 600,-- / Person

  

 

Es ergeben sich demnach derzeit folgende Zimmerpreise:

2 Bettzimmer:

S 150,-- Heizung

 

S 350,-- Strom

 

S 800,-- Miete

 

S 1.300,-- Gesamt

  

 

1 Bettzimmer:

S 150,-- Heizung bzw.

S 150,--

 

S 350,-- Strom

S 350,--

 

S 400,-- Miete

S 450,--

 

S 900,-- Gesamt bzw.

S 950,-- ..."

   

 

In einer weiteren Niederschrift vom 30. Dezember 1980 heißt

es:

"Die Überprüfung der o.a. Aufzeichnungen ergab, daß im Zeitraum 10/79 - 11/80 insgesamt 6.760 Nächtigungen stattfanden, für die Ortstaxepflicht bestanden hat.

Folgende Berechnung wird somit anerkannt:

6.760 Nächtigungen a S 2,-- = S 13.520,-- ..."

Diese Niederschrift trägt unter anderem die Unterschrift der Bevollmächtigten des Beschwerdeführers JE.

Im Zuge des am 29. Jänner 1981 gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Strafverfahrens wegen Übertretung nach § 20 Abs. 1 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes (WFFG), LGBl. für Wien Nr. 13/1955, verantwortete sich der Beschwerdeführer dahingehend, ihm sei bei einer Abgabenprüfung im Zeitraum von Oktober 1979 bis November 1980 vom "Kontrollor" der zuständigen Magistratsabteilung ausdrücklich bestätigt worden, daß sein Betrieb nicht abgabepflichtig sei. Es werde daher die zeugenschaftliche Einvernahme jenes Abgabenprüfers beantragt, der im inkriminierten Zeitraum den Betrieb des Beschwerdeführers überprüft und ausdrücklich bestätigt habe, daß keine Verpflichtung zur Bezahlung einer Ortstaxe bestehe. Weiters werde zum selben Beweisthema die Einvernahme der Zeugen AE und JE beantragt. Dem Beschwerdeführer sei die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift sohin ohne sein Verschulden unmöglich gewesen.

In einer am 16. März 1981 mit dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers aufgenommenen Niederschrift heißt es:

"Herr JJ (Beschwerdeführer) wurde meiner Ansicht nach durch die Art der Berechnung der Ortstaxe insofern überfordert, weil der Revisor am 10.11.1979 bei einem Preis pro Person S 500,-- keine OT-Pflicht feststellte, hingegen aber am 29.10.1980 bei einem Zimmerpreis für 2 Personen S 800,-- Ortstaxepflicht für gegeben erachtete ..."

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, MA 4, vom 17. August 1981 wurde der Beschwerdeführer schließlich schuldig erkannt, er habe für seinen Betrieb in Wien, G-gasse 14, die Ortstaxe für die Zeit von Oktober 1979 bis November 1980 in der Höhe von 13.520,-- S bis zum 30. Dezember 1980 nicht abgerechnet und abgeführt, "somit" fahrlässig verkürzt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 1 WFFG in der derzeit geltenden Fassung begangen. Nach derselben Gesetzesstelle wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von einer Woche verhängt.

In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, es sei richtig, daß bei der Revision vom 11. Oktober 1979 betreffend den Zeitraum Jänner 1977 bis September 1979 bei einem Preis pro Person von 550,-- S monatlich keine Ortstaxepflicht festgestellt worden sei. Dies deshalb, weil dieser Betrag die Mehrwertsteuer in der Höhe von 8 % beinhalte, sodaß das Nettoentgelt 509,26 S betragen habe. Somit sei das tägliche Beherbergungsentgelt unter 20,-- S, also unter der Freigrenze gelegen. Zur Behauptung des Beschwerdeführers, daß der am 29. Oktober 1980 festgestellte Zimmerpreis für zwei Personen von 800,-- S ebenfalls nicht zur Ortstaxepflicht führen könne, sei aber zu sagen, daß vom Beschwerdeführer infolge der Erhöhung der Energie- und Betriebskosten eine Aufteilung des gesamten Monatsbetrages in Heizung, Strom und Miete vorgenommen worden sei. Somit verblieben nach seiner Aufteilung von insgesamt 1.300,-- S für ein Zweibettzimmer nur 800,-- S für "Miete". Die entsprechenden Werte bei einem Einbettzimmer seien zuletzt bei 950,-- S bzw. 450,-- S gelegen. Da diese Aufteilung nicht habe anerkannt werden können, sei Ortstaxepflicht im Zeitraum Oktober 1979 bis November 1980 gegeben gewesen. Die amtliche Bemessung der Ortstaxe sei vom Beschwerdeführer anerkannt worden.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Aufteilung des gesamten Monatsbetrages in Heizungs- und Stromkosten einerseits und Miete andererseits sei bis zur letzten Überprüfung vom Kontrollorgan als richtig bestätigt und demgemäß Ortstaxefreiheit angenommen worden. Als das Kontrollorgan schließlich seine Rechtsmeinung geändert habe, sei dies zur Kenntnis genommen worden; es könne dahingestellt bleiben, ob diese Rechtsmeinung überhaupt richtig sei. Jedenfalls könne aber ein fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers nicht darin erblickt werden, daß er sich dieser Rechtsmeinung angeschlossen und seine Zahlungspflicht anerkannt habe, nachdem er bis zum Zeitpunkt der letzten Kontrolle mit einer gegenteiligen Rechtsmeinung des kontrollierenden Beamten konfrontiert gewesen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Jänner 1982 bestätigte die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis mit der Begründung, der Beschwerdeführer behaupte, daß er das WFFG unverschuldet irrig ausgelegt habe. Dieses Vorbringen sei jedoch unrichtig. Da der Betrag für die Heizung weder in den im § 15 Abs. 2 WFFG bezeichneten Tabellen ausgewiesen worden sei noch dem ortsüblichen Ausmaß entspreche, seien zu Recht als ortstaxepflichtige Entgelte die Zimmerpreise abzüglich der Umsatzsteuer herangezogen worden. Bei dieser Sachlage stehe zweifelsfrei fest, daß die Befreiungsbestimmung des § 12 Abs. 2 WFFG nicht habe Platz greifen können. Im Hinblick darauf, daß der Inhalt der §§ 11 und 12 WFFG klar sei, habe der Beschwerdeführer nicht unverschuldet zu einer rechtsirrigen Auslegung kommen können. Überdies hätten ihm angesichts des klaren Gesetzeswortlautes zumindest Zweifel an der Richtigkeit seiner Auffassung aufkommen müssen. In diesem Fall sei er verpflichtet gewesen, sich zur Klärung der Zweifel an eine geeignete Stelle zu wenden. Das habe der Beschwerdeführer jedoch unterlassen. Daß anläßlich der Überprüfung am 11. Oktober 1979 das Vorliegen einer Ortstaxepflicht verneint worden sei, sei zutreffend. Daraus lasse sich für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, da damals der Zimmerpreis incl. Umsatzsteuer S 500,-- bzw. S 550,-- und der Heizzuschlag S 50,-- betragen habe. Selbst unter Einrechnung des Heizzuschlages sei keine Ortstaxepflicht gegeben gewesen.

Somit sei unter Zugrundelegung der damaligen Sachlage die Feststellung, daß keine Ortstaxepflicht bestehe, richtig gewesen. Wenn sich der Beschwerdeführer bei geändertem Sachverhalt auf diese - unter anderen Voraussetzungen - gegebene amtliche Auskunft verlassen habe, könne er dies nur getan haben, wenn ihm der Inhalt der maßgebenden Rechtsvorschrift nicht vertraut gewesen sei. Als Beherbergungsunternehmer habe er jedoch die mangelnde Kenntnis der Vorschriften über die Ortstaxe zu vertreten und es müsse ein solcher Umstand als Fahrlässigkeit gewertet werden. Eine Einvernahme der Zeugen AE und JE habe unterbleiben können, da ohnedies auf Grund der Aktenlage unbestritten sei, daß bei der Prüfung am 11. Oktober 1979 keine Ortstaxepflicht bestanden und dies das Prüforgan auch bestätigt habe. Allerdings könne daraus, wie bereits dargelegt, kein Schuldausschließungsgrund abgeleitet werden. Die verhängte Geldstrafe sei auch der Höhe nach angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgebenden Bestimmungen des WFFG lauten:

"§ 11.

Gegenstand der Ortstaxe.

(1) Wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt Aufenthalt nimmt, hat die Ortstaxe zu entrichten, sofern er nicht nach § 12 von der Leistung der Ortstaxe befreit ist.

(2) Zum Entgelt zählt nicht die Umsatzsteuer.

Zum Entgelt zählen weiters nicht das Bedienungsgeld, ein allfälliger Heizzuschlag und das Entgelt für Frühstück, wenn diese in den im § 15 Abs. 2 bezeichneten Tabellen gesondert ausgewiesen werden, jedoch nur bis zum ortsüblichen Ausmaß.

§ 12.

Befreiung.

...

(2) Von der Entrichtung der Ortstaxe sind außerdem Personen befreit, die für eine Beherbergung je Tag kein höheres Entgelt als 20 S zu entrichten haben. ...

§ 13.

Einreichung der Abgabenerklärung und Entrichtung der Ortstaxe.

(1) Die Inhaber der Beherbergungsbetriebe haben die Ortstaxe von den Beherbergten einzuheben und dem Magistrat bis zum 14. des der Beherbergung nächstfolgenden Monates eine Abgabenerklärung einzureichen und die Abgabe zu entrichten. Die Inhaber der Beherbergungsbetriebe haften für die Begleichung der Ortstaxe durch die Beherbergten. ....

§ 15.

Anzeigepflicht.

...

(2) Die im Abs. 1 bezeichneten Unternehmer haben gleichzeitig dem Magistrat Tabellen mit den in ihrem Betrieb für die Personenbeherbergung geforderten Entgelten in zwei Gleichschriften vorzulegen ...

§ 20.

Strafbestimmungen.

(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafe bis zum Fünfzigfachen des Verkürzungsbetrages zu bestrafen ...

(3) Der Magistrat hat das Strafverfahren in allen Fällen nach den Bestimmungen des Verwaltungsstrafverfahrensgesetzes durchzuführen. ..."

Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, auch wenn der Betrag der angeblich verkürzten Abgaben samt "Erhöhungszuschlag" bereits bezahlt sei, müsse hier dennoch als Vorfrage zur Beurteilung, ob strafbares Verhalten vorliege oder nicht, die Berechtigung dieser Vorschreibung bekämpft werden. Die Vorschreibung für Zweibettzimmer sei offenbar zu Unrecht erfolgt, wenn man berücksichtige, daß bis zu einem Entgelt pro Person und Nächtigung von S 20,-- eine Ortstaxepflicht nicht bestehe. Ziehe man nämlich von S 650,-- die darauf entfallende Umsatzsteuer und den Heizkostenbeitrag ab, bleibe man unter der Grenze von S 20,--. Ähnliches gelte von Einbettzimmern, wenn man die Umsatzsteuer und einen Heizkostenbeitrag von monatlichen Entgelten von S 900,-- bzw. S 950,-- abziehe.

Dazu ist grundsätzlich festzuhalten, daß es den Abgabenstrafbehörden obliegt, die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes und die rechtliche Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß Ortstaxe verkürzt wurde, nicht nur in Bezug auf die subjektive, sondern auch auf die objektive Tatseite in Wahrung des Grundsatzes der Amtswegigkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheit (§ 25 VStG 1950 sowie § 24 VStG 1950 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs. 2 AVG 1950) ohne Einschränkung eigenständig vorzunehmen. Dies in Hinsicht darauf, daß der Inhalt eines Abgabenbescheides weder hinsichtlich der Sachverhaltsannahme noch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung Gegenstand einer Bindung für die Abgabenstrafbehörde ist und auch die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 MRK vom österreichischen Vorbehalt zu Art. 5 MRK nicht umfaßt wird (vgl. hiezu das - gleichfalls einen Fall der Übertretung nach § 20 WFFG betreffende - Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 5. Dezember 1983, Zl. 16/1055/79). Daß der Beschuldigte die Abgabenbemessung "anerkannt" hat, ist hiebei ohne jede Bedeutung.

Nun hat sich zwar die belangte Behörde, wie aus der Begründung ihres Bescheides hervorgeht, im Beschwerdefall dieser Aufgabe unterzogen, ist dabei jedoch zu dem Schluß gelangt, es stehe zweifelsfrei fest, daß die Befreiungsbestimmung des § 12 Abs. 2 WFFG nicht habe Platz greifen können.

Diese Auffassung kann jedoch nicht geteilt werden. Sie ist zum Teil schon rein rechnerisch unrichtig: Zieht man nämlich vom Preis für ein Zweibettzimmer (S 1.300,--) zunächst nur die Umsatzsteuer von 8 % (§ 10 Abs. 2 Z 5 UStG 1972 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 587/1983) ab, so ergibt sich ein monatlicher Betrag von S 1.203,70 oder pro Person von S 601,85. Dieser Betrag übersteigt jedoch nur in Monaten, die nicht 31 Tage umfassen, die Freigrenze des § 12 Abs. 2 leg. cit. von S 20,-- pro Tag (29 x S 20,-- das Jahr 1980 war ein Schaltjahr - = S 580,--; 30 x S 20,-- = S 600,--; 31 x S 20,-- = S 620,--) . Diesbezüglich hat also der Beschwerdeführer in den Monaten mit 31 Tagen, die in den hier gegenständlichen Zeitraum fallen, hinsichtlich der Zweibettzimmer nicht einmal den objektiven Tatbestand einer Abgabenverkürzung zu vertreten.

In dieser Hinsicht hat sohin die belangte Behörde ihren Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was allein schon im Hinblick auf den von der Behörde gefällten einheitlichen Schuldspruch zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 führen muß.

Was nun die vom Beschwerdeführer vorgenommene Aufspaltung des Entgeltes für die Beherbergung anlangt, so bestreitet der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr, daß die Stromkosten jedenfalls zum Entgelt gehören. Hingegen will er die Heizkosten vom Entgelt abgezogen wissen, was beim Zutreffen dieser Rechtsansicht eine Abgabenverkürzung hinsichtlich der Zweibettzimmer überhaupt ausschlösse, wie sich aus folgender Berechnung ergibt:

Miete S 800,--

Strom S 350,--

S 1.150,--

- 8 % USt = S 1.064,68 : 2 = S 532,41.

(Hinsichtlich der Einbettzimmer ergibt eine analoge Berechnung freilich die Unanwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 12 Abs. 2 WFFG:

Miete + Stromkosten: S 750,-- - 8 % USt = S 694,44

Miete + Stromkosten: S 800,-- - 8 % USt = S 740,74.

Zur Begründung, weshalb der Betrag für die Heizung nicht vom Entgelt abzuziehen sei, führt die belangte Behörde aus, daß dieser Betrag weder in den im § 15 Abs. 2 leg. cit. bezeichneten Tabellen ausgewiesen worden sei noch dem ortsüblichen Ausmaß entspreche. Wie die belangte Behörde zu diesen Feststellungen gelangte und wie hoch das ortsübliche Ausmaß ist, kann jedoch weder dem angefochtenen Bescheid noch auch den Akten des Verwaltungsverfahren entnommen werden; auch wurde dem Beschwerdeführer hiezu das Parteiengehör nicht gewährt. Durch diesen - gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 auch von Amts wegen aufzugreifenden - Begründungs- bzw. Verfahrensmangel hat die belangte Behörde ihren Bescheid auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der Mangel ist auch wesentlich, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Weiters hat die belangte Behörde übersehen, daß nicht feststeht, seit wann der Beschwerdeführer die gegenüber der Nachschau vom 11. Oktober 1979 erhöhten Entgelte gefordert hat. In der Niederschrift vom 29. Oktober 1980 heißt es lediglich:

"Es ergeben sich demnach derzeit folgende Zimmerpreise ..."

Der Umstand, daß der Beschwerdeführer durch seine damalige Vertreterin die Pflicht zur Entrichtung der Ortstaxe für den gesamten Zeitraum von Oktober 1979 bis November 1980 anerkannt hat, läßt noch nicht einen zwingenden Schluß darauf zu, daß die Entgelte während des gesamten Zeitraumes tatsächlich in gleicher Höhe vom Beschwerdeführer gefordert wurden. Da die belangte Behörde nicht begründete, wie sie zu dieser Annahme kam, liegt auch in dieser Hinsicht ein relevanter Verfahrens-(Begründungs-)mangel nach § 42 Abs. 2 lit. c Z 3 VwGG 1965 vor.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur subjektiven Tatseite sind allerdings nicht berechtigt. Der Beschwerdeführer stellt - im Einklang mit seinem Vorbringen auf Verwaltungsebene - in Abrede, daß er fahrlässig gehandelt habe. Er habe ausdrücklich den Nachweis nach § 5 Abs. 1 VStG 1950 angetreten, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Er habe den Beweis dafür angeboten, daß nicht einmal der Abgabenprüfer, in dessen Fachwissen er Vertrauen habe setzen dürfen, eine Verpflichtung erkannt habe, diese Abgabe zu entrichten. Die zum Nachweis für dieses Vorbringen angebotenen Zeugen seien nicht vernommen worden.

Dazu ist folgendes zu sagen:

Gemäß § 254 Abs. 1 FinStrG gilt für den Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechtes das VStG 1950. Über die Schuld bestimmt § 5 Abs. 1 VStG 1950 im ersten Satz, daß zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Nach § 5 Abs. 2 VStG 1950 entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, daß es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung

(Selbstbemessung) und Entrichtung der Abgabe kommt; die fahrlässige Abgabenverkürzung ist ein Erfolgs-, und zwar ein Verletzungsdelikt. Die im § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 normierte Beweislastumkehr hinsichtlich des Verschuldens des Täters für sogenannte Ungehorsamsdelikte kommt somit hier nicht in Betracht. Es ist vielmehr Sache der Verwaltungsbehörde, den Beweis für das Verschulden des Täters an seinem Rechtsirrtum zu erbringen. Ergeben sich Anhaltspunkte für die Entschuldbarkeit des Verhaltens, dann ist die Behörde verpflichtet, über diese Frage von Amts wegen Klarheit zu schaffen, weil dem Beschuldigten in dieser Richtung keine förmliche Beweislast aufgebürdet ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1981,

Zlen. 81/17/0126, 0127, 0131, und vom 21. Juni 1982, Zl. 81/17/0198, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Hiebei ist mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, daß die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Insbesondere muß von einem Gewerbetreibenden verlangt werden, daß er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 30. November 1981 sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Auf den Beschwerdefall angewandt bedeutet dies, daß der Beschwerdeführer als Inhaber eines Beherbergungsbetriebes sich auch über die Vorschriften bezüglich der Ortstaxe informieren und insbesondere davon Kenntnis haben mußte, daß von der Entrichtung der Ortstaxe nur Personen befreit sind, die für eine Beherbergung je Tag kein höheres Entgelt als S 20,-- zu entrichten haben. Unter diesem Gesichtspunkt könnte daher eine Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers nicht verneint werden.

Allerdings vermag nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsauskunft eines behördlichen Organwalters auf die Beurteilung der Schuldfrage dahin Einfluß auszuüben, daß der Auskunftsempfänger hinsichtlich der Rechtmäßgkeit seines Verhaltens in einen schuldausschließenden Irrtum geführt wird (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 373 angeführte Rechtsprechung). Eine solche unrichtige Rechtsauskunft eines Organwalters liegt jedoch im Beschwerdefall nach der Aktenlage nicht vor. In der vom Beschwerdeführer selbst unterfertigten Niederschrift vom 11. Oktober 1979 heißt es nämlich nach Hinweis darauf, daß die Monatsmiete pro Bett und Person im Jahre 1977 S 500,--, und in den Jahren 1978 bis 1979 S 550,-- incl. Mehrwertsteuer, der Heizzuschlag für Kochstrom und Heizung in den Wintermonaten jedoch S 50,-- betragen habe: "Es besteht somit keine Ortstaxepflicht." Aus der Verwendung des Wortes "somit" ergibt sich klar, daß nur im Hinblick auf die damalige Höhe des Entgelts - nach der Aktenlage somit zu Recht - vom Prüfer das Nichtbestehen einer Pflicht zur Entrichtung von Ortstaxe festgestellt worden war, weil selbst unter Hinzurechnung des Zuschlages für Kochstrom und Heizung das Entgelt abzüglich Umsatzsteuer geringer als S 600,-- pro Monat war. Auch das Vorbringen des Beschwerdevertreters in der Niederschrift vom 16. März 1981 deutet darauf hin, daß dies dem Beschwerdeführer bewußt war.

Daß sein Betrieb etwa aus anderen Gründen als der Geringfügigkeit des entrichteten Entgeltes von der Abgabepflicht befreit gewesen sei, konnte der Beschwerdeführer sohin ohne Fahrlässigkeit nicht annehmen; daß auf den "Unterlagen" des Beschwerdeführers, wie er nunmehr in der Beschwerde behauptet, ausdrücklich der Vermerk "befreit" angebracht worden sei, stellt - abgesehen davon, daß nicht klar ist, welche Unterlagen dies sein sollten und von wem dieser Vermerk angebracht wurde - eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. Daß der Beschwerdeführer Jahre hindurch nicht einmal eine Steuernummer gehabt habe, stellt kein Indiz in der von ihm angedeuteten Richtung dar.

Die in der Berufung aufgestellte Behauptung, die Aufteilung des gesamten Monatsbetrages in Heizungs- und Stromkosten einerseits sowie Miete andererseits sei bis zur letzten Überprüfung vom Kontrollorgan als richtig bestätigt und demgemäß Ortstaxefreiheit angenommen worden, wird in der Beschwerde nicht mehr aufrechterhalten. Sie widerspräche im übrigen auch der Aktenlage, da in der Niederschrift vom 11. Oktober 1979 eine solche Aufteilung zwar angeführt ist, der Gesamtbetrag jedoch, wie oben näher ausgeführt, damals den Grenzbetrag des § 12 Abs. 2 WFFG nicht überschritt.

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Fahrlässigkeit insofern anlastete, als er in jenen Fällen, in dem das von ihm geforderte Entgelt die Freigrenze des § 12 Abs. 2 leg. cit. überschritt, seiner Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe nach § 13 Abs. 1 leg. cit. nicht nachkam. Die zeugenschaftliche Vernehmung des Prüfers sowie des AE und der JE waren daher in der Tat entbehrlich.

Aus den oben dargelegten Gründen war jedoch der angefochtene Bescheid, da die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Hiebei konnte von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung abgesehen werden, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt (§ 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965).

Hinsichtlich der oben genannten, nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes sei an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 16. November 1984

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