VwGH 82/13/0090

VwGH82/13/009011.4.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde des Dr. OT in G, vertreten durch Dr. Walter Schlick, Rechtsanwalt in Graz, Friedrichgasse 6/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Februar 1982, Zl. GA 5-1614/2/82, betreffend Erstattung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer für das Kalenderjahr 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §67 Abs1 idF 1978/571 ;
EStG 1972 §67 Abs1 idF 1978/571 ;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog im Jahre 1980 als Hochschulassistent neben laufenden Monatsbezügen zwei als "Nachtrag 80/05" bzw. Nachtrag 80/08 bezeichnete Entschädigungen für Prüfungstätigkeit und für die Begutachtung wissenschaftlicher Arbeiten im Sinne der § 4 und 5 des Bundesgesetzes vom 11. Juli 1974 über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, BGBl. Nr. 463, in Höhe von S 5.136,-- (2. Juni 1980) und S 7.452,-- (13. Oktober 1980). Von beiden Beträgen wurde die für laufende Bezüge tarifmäßig vorgesehene Lohnsteuer einbehalten.

Im Jahr 1981 stellte der Beschwerdeführer beim Finanzamt für Körperschaften in Wien einen Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO mit der Begründung, daß die genannten Entschädigungen zu Unrecht als laufende Bezüge und nicht als sonstige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG versteuert worden seien. Der Beschwerdeführer brachte vor, daß die Entschädigungen für Leistungen gebührten, die während des ganzen Semesters und nicht bloß innerhalb eines Lohnzahlungszeitraumes erbracht worden seien. So setze sich der Betrag von S 5.136,-- aus folgenden im Wintersemester 1979/1980 erbrachten Leistungen zusammen:

"S

1.863,--

für Mitwirkung bei der Beurteilung des Erfolges der Teilnehmer an der Lehrveranstaltung 'Konversatorium aus Finanzrecht' WS 79/80

S

1.288,--

für Mitwirkung bei der Beurteilung des Erfolges der Teilnehmer an der Lehrveranstaltung 'Übungen aus Finanzrecht' WS 79/80

S

1.081,--

für Mitwirkung bei der Abnahme der schriftlichen Diplomarbeit aus Finanzrecht im WS 79/80

S

904,--

für Mitwirkung bei der Betreuung von zwei Diplomanden im WS 79/80"

Ähnlich verhalte es sich mit dem Betrag von S 7.452,--, der für die im Sommersemester 1980 erbrachten Leistungen ausgezahlt worden sei. Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, daß Bezüge, die für besondere konkrete Arbeitsleistungen bezahlt würden, nicht als sonstige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG angesehen werden könnten.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und wies nochmals darauf hin, daß die von ihm ausgeübte Prüfungstätigkeit sich nicht auf bestimmte in einem Lohnzahlungszeitraum gesetzte Prüfungsakte beschränkt habe, sondern daß die betreffenden Lehrveranstaltungen in ihrer Gesamtheit "immanenten Prüfungscharakter" gehabt hätten. Seine Tätigkeit habe im Abhalten und Gestalten von Lehrveranstaltungen bestanden, sowie im Erarbeiten der hiefür benötigten Unterlagen. Die Beurteilung und Benotung der Mitarbeit und des Wissensstandes der Teilnehmer sei durch gezielte Fragestellungen nach einem Punktesystem erfolgt. Nach Addition der bei den mündlichen Fragestellungen und der bei zwei Teilklausuren gesammelten Punkteanzahl habe sich am Semesterende der "Erfolg der Lehrveranstaltung" des einzelnen Teilnehmers ergeben.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Als sonstige Bezüge seien nur solche Bezugsteile zu verstehen, die der Arbeitnehmer "typischerweise" nicht in Form laufenden Arbeitslohnes empfängt. Davon könne aber bei der Entlohnung für eine zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers nicht gesprochen werden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 1 EStG werden sonstige, insbesondere einmalige Bezüge, die der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber erhält (z.B. 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) begünstigt besteuert.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. September 1983, Zl. 82/13/0094, ausgesprochen hat, ist Voraussetzung für die Beurteilung eines Dienstbezuges als sonstiger Bezug, daß der Arbeitnehmer "laufende", d. h. für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume flüssig gemachte Bezüge erhält. Die aus dem gleichen Dienstverhältnis fließenden und neben den laufenden Bezügen, d. h. nicht für die regelmäßigen Lohnzahlungszeiträume ausbezahlten Bezüge, sind dann sonstige Bezüge.

Ausgehend von diesen Überlegungen ist der Gerichtshof in dem zitierten Erkenntnis zu dem Ergebnis gelangt, daß die Entschädigungen, die den Bundesbediensteten im Zusammenhang mit ihrer Prüfungstätigkeit bei Reifeprüfungen gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1976, BGBl. Nr. 314, gebühren, als sonstige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG anzusehen sind. Dem Umstand, daß damit eine zusätzliche Leistung des Dienstnehmers entlohnt wird, hat der Gerichtshof keine entscheidende Bedeutung beigemessen.

Wendet man die dem zitierten Erkenntnis zugrunde liegenden Beurteilungskriterien auf den Beschwerdefall an, so zeigt sich, daß auch die dem Beschwerdeführer für seine zusätzliche Lehr- und Prüfungstätigkeit im Sinne der §§ 4 und 5 des oben zitierten Bundesgesetzes vom 11. Juli 1974 jeweils in einem Betrag pro Semester neben laufenden Bezügen auf Grund eigenen Rechtstitels ausbezahlten Entschädigungen, die Merkmale sonstiger Bezüge aufweisen.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, die kumulierte Entlohnung für eine laufend erbrachte Leistung könne nicht als sonstiger Bezug angesehen werden, so übersieht sie, daß auch ein 13. oder 14. Monatsbezug, der im Gesetz ausdrücklich als Beispiel für einen sonstigen Bezug genannt ist, für die laufende Tätigkeit des Arbeitnehmers gewährt wird. Der belangten Behörde kann aber auch nicht darin beigepflichtet werden, daß zusätzliche Leistungen eines Arbeitnehmers, die dieser im Rahmen ein und desselben Dienstverhältnisses erbringt, nicht zur Gänze durch Gewährung eines sonstigen Bezuges im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG entlohnt werden können. Liegt doch ein Dienstverhältnis im Sinne des Einkommensteuerrechtes gemäß § 47 Abs. 3 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Die im Rahmen eines einheitlichen Dienstverhältnisses als zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers zum Ausdruck kommende Arbeitskraft wird in steuerlicher Betrachtungsweise dem Arbeitgeber ebenso geschuldet, wie die von der belangten Behörde als "Grundleistung" bezeichnete Arbeitskraft. Der einheitlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zu schulden, steht der Anspruch auf Entlohnung durch den Arbeitgeber gegenüber. Aus dieser einheitlichen Betrachtungsweise folgt, daß es für die Beurteilung eines Bezugsteiles als sonstiger Bezug nicht entscheidend sein kann, ob der Arbeitgeber damit einem Teil der Grundleistung oder einer bestimmten Zusatzleistung des Arbeitnehmers Rechnung trägt.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben, wobei gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 von der Durchführung der beantragten Verhandlung abgesehen werden konnte, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 11. April 1984

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