VwGH 82/13/0094

VwGH82/13/009421.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Sperlich, über die Beschwerde der Dr. AP in W, vertreten durch Dr. Heinrich Gussenbauer, Rechtsanwalt in Wien IV, Schleifmühlgasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. März 1982, Zl. GA 5-379/4/82, betreffend die Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener und abgeführter Lohnsteuer für die Kalenderjahre 1979 und 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §67 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982130094.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die als Professorin an einer allgemein bildenden höheren Schule tätig ist, stellte beim Finanzamt 1979 und 1980 Anträge, die für die Mitarbeit an der schriftlichen und mündlichen Matura erhaltenen Beträge (Maturataxen) nicht als laufenden, sondern als sonstigen Bezug zu behandeln und die Differenz zwischen dem Lohnsteuerbetrag, der sich bei Anwendung des festen Steuersatzes des § 67 Abs. 1 EStG 1972 ergibt, und dem Lohnsteuerbetrag, der sich bei Anwendung des Lohnsteuertarifes ergibt, als zu Unrecht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer zurückzuzahlen.

Die Finanzlandesdirektion wies - nachdem zufolge eines Devolutionsantrages die Zuständigkeit zur Entscheidung auf sie übergegangen war - mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid diese Anträge ab. Unabdingbare Voraussetzung für die Einordnung eines einmaligen Bezuges in die Kategorie der sonstigen Bezüge sei, daß diese einmaligen Bezugsteile neben ihrem äußeren Merkmal aus Leistungen resultieren, "die sozusagen Anteilsleistungen aus verschiedenen (Grund)Lohnzahlungszeiträumen darstellen". Werde aber eine nach äußeren Merkmalen als sonstiger Bezug gestaltete Zuwendung für einen innerhalb eines (Grund)Lohnzahlungszeitraumes erbrachte Arbeitsleistung gewährt, also für eine besondere konkrete Arbeitsleistung gezahlt, so handle es sich um einen laufenden Bezug, wenn die vorangegangenen Lohnzahlungszeiträume für diese besondere Arbeitsleistung keinerlei Anteilswerte enthalten. Allein aus der Tatsache, daß die Matura üblicherweise nur einmal im Jahr stattfinde und für die damit verbundenen Arbeiten eine besondere Vergütung gezahlt werde, könne nicht eine begünstigte Besteuerung abgeleitet werden. Die Tätigkeit bei Reifeprüfungen sei ein Teil der normalen Lehrtätigkeit. Abgesehen davon ende der Unterricht in den Maturaklassen bereits mit Beginn der Klausurprüfung - somit bis zu 10 Wochen vor Ablauf des Unterrichtsjahres -, sodaß fraglich sei, ob der Zeitaufwand für die Tätigkeit in Zusammenhang mit der Reifeprüfung durch die entfallenen Unterrichtsstunden nicht zumindest wettgemacht werde. Ein zusätzlicher Entfall von Unterrichtsstunden könne sich dadurch ergeben, daß die Reifeprüfung, bei der der Lehrer anwesend sei, zum größeren Teil während der Unterrichtszeit stattfinde. Da "laut obigen Ausführungen der Arbeitgeber die Lohnsteuer im gegenständlichen Fall nicht zu Unrecht einbehalten und abgeführt hat", sei den Anträgen ein Erfolg zu versagen.

Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, die Prüfungsgebühren seien als sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1972 anzusehen und deshalb mit dem dort vorgesehenen begünstigten Steuersatz zu versteuern.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1972 beträgt, wenn der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (z. B. 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) erhält, die Lohnsteuer, soweit die sonstigen Bezüge innerhalb eines Kalenderjahres S 8.500,-- übersteigen, 6 v. H. Gemäß § 67 Abs. 2 leg. cit. sind die über den Freibetrag von S 8.500,-- hinausgehenden sonstigen, insbesondere einmaligen Bezüge (§ 67 Abs. 1 leg. cit.), soweit sie innerhalb eines Kalenderjahres ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge übersteigen, dem laufenden Bezug des Lohnzahlungszeitraumes zuzurechnen, in dem sie ausgezahlt werden.

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1976, BGBl. Nr. 314, über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes, gebühren den Bundesbediensteten und Landeslehrern, die als Prüfer oder Mitglied einer Prüfungskommission bei den in der dortigen Anlage I angeführten Prüfungen, darunter an höheren Schulen bei Reifeprüfungen, tätig sind, die näher genannten Entschädigungen.

Voraussetzung für die Einordnung einer Zahlung von Dienstbezügen in den Kreis der "sonstigen Bezüge" ist, daß der Arbeitnehmer "laufende", das heißt für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume flüssiggemachte Bezüge erhält. Die aus dem gleichen Dienstverhältnis fließenden und neben den laufenden Bezügen, das heißt nicht für die regelmäßigen Lohnzahlungszeiträume ausbezahlten Bezüge, sind dann sonstige Bezüge (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1957, Zl. 3548/54). Sie müssen durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, und die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen zu unterscheiden sein (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zum EStG 1972, Lfg. Juli 1976, § 67 Abs. 1, S. 3 und 4).

Die Beschwerdeführerin ist Professorin an einer allgemein bildenden höheren Schule. Als solche erhält sie "laufende", das heißt für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume flüssiggemachte Bezüge. Die sogenannten Maturataxen werden neben diesen laufenden Bezügen, das heißt nicht für die regelmäßigen Lohnzahlungszeiträume ausbezahlt; sie unterscheiden sich von den laufenden Bezügen durch den Rechtstitel, aus dem die Beschwerdeführerin ihren Anspruch gegen den Arbeitgeber ableiten kann, und die gesonderte Abrechnung. Damit aber sind die sogenannten Maturataxen als "sonstige Bezüge" zu qualifizieren.

Der angefochtene Bescheid ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 21. September 1983

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