Normen
GJGebG 1962 §13
JN §54 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982150036.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei erhob gegen WM beim Arbeitsgericht Wien eine Klage mit dem Urteilsbegehren, „der Beklagte ist schuldig, der Klägerin zu Handen des Klagsvertreters den Betrag von S 12.577,34 samt 12 % Zinsen seit 1. 10. 1980 aus S 11.985,53 sowie die Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Zwangsvermeidung zu bezahlen“. Als Streitwert führte die beschwerdeführende Partei den Betrag von S 11.985,53 samt Anhang an. In der Klagserzählung schlüsselte die beschwerdeführende Partei das Klagebegehren insofern auf, als sie den von der beklagten Partei geschuldeten Kapitalbetrag mit S 11.985,53 angab und zu der Differenz auf den Klagsbetrag von S 12.577,34 von S 591,81 angab, daß dies „die bis zum 30. September 1980 anerlaufenen 12%igen Verzugszinsen und Spesen“ seien. Bei der ersten Tagsatzung, bei der ein Versäumungsurteil im begehrten Umfang erging, entrichtete die beschwerdeführende Partei die Entscheidungsgebühr, wobei sie von einem Wert des Streitgegenstandes von S 11.985,53 ausging.
Mit Zahlungsauftrag vom 27. Jänner 1981 schrieb der Kostenbeamte des Arbeitsgerichtes Wien der beschwerdeführenden Partei eine Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG 1962 von S 10,-- und unter Ordnungsnummer 2 eine restliche Entscheidungsgebühr gemäß TP 3 lit. b des Tarifes zum Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz 1962, BGBl. Nr. 289 (GJGebGes), von S 6,-- und gemäß § 42 Abs. 1 GJGebGes einen Steigerungsbetrag von S 6,--, zusammen S 22,-- zur Zahlung vor, wobei er der Gebührenberechnung einen Betrag von S 12.580,-- zugrunde legte.
In dem dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berichtigungsantrag wurde die Aufhebung des Zahlungsauftrages mit der Begründung begehrt, daß gemäß § 54 Abs. 2 JN unter anderem Zinsen, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bei der Wertberechnung nicht zu berück-sichtigen seien.
Mit dem nunmehr mit Beschwerde angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht Folge. In der Bescheidbegründung verwies die belangte Behörde auf das Urteilsbegehren, das auf S 12.577,34 gelautet habe. Der Wert des Streitgegenstandes richte sich - von Änderungen während des Rechtsstreites abgesehen - nach dem Umfange des Klagebegehrens (§ 13 GJGebGes in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN). Die Vorschreibung sei daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach richtig erfolgt.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 1 B‑VG. Der Verfassungsgerichtshof lehnte jedoch mit Beschluß vom 27. Februar 1982, B 589/81-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B‑VG in der Fassung des Bundes‑Verfassungsgesetzes BGBl. Nr. 350/1981 ab.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 zur Gänze aufzuheben. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Gründe sind die gleichen wie in ihrem Berichtigungsantrag.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 GJGebGes ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN. Gemäß § 54 Abs. 2 JN bleiben Zuwachs, Früchte, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bei der Wertberechnung unberücksichtigt.
Strittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lediglich, ob ein in der Klagserzählung als Zinsenersatz angesprochener Teilbetrag dem Streitwert hinzuzurechnen ist, wenn das Urteilsbegehren global auf einen Betrag lautet, ohne daß der für Zinsen geforderte Teilbetrag ausgewiesen ist. Wie der Gegenschrift der belangten Behörde entnommen werden kann, wird von ihr nicht in Zweifel gezogen, daß in dem von der beschwerdeführenden Partei im Urteilsbegehren global angesprochenen Betrag von S 12.577,34 ein Betrag von S 591,81 an kapitalisierten Verzugszinsen und Spesen enthalten war. Ebenso wird von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt, daß dieser kapitalisierte Zinsenbetrag als Nebenforderung geltend gemacht worden ist. Die belangte Behörde vertritt lediglich den formalen Standpunkt, daß der Streitwert sich nur nach dem Urteilsantrag richtet und dieser die Zinsennebenforderung nicht ausweist.
Dieser Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Wohl ist es richtig, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 1958, Zl. 1775/57, ausgesprochen hat, daß sich der Wert des Streitgegenstandes - von Änderungen während des Rechtsstreites abgesehen - nach dem Umfang des Klagebegehrens, insbesondere des Urteilsantrages, richtet. Dieser Rechtssatz wurde aber vom Verwaltungsgerichtshof zu § 54 Abs. 1 JN im Zusammenhalt mit einem Sachverhalt ausgesprochen, der in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit der Bestimmung des § 54 Abs. 2 JN stand. § 54 Abs. 2 JN ordnet klar und eindeutig an, welche Teile des Klagebegehrens, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bei der Wertberechnung unberücksichtigt bleiben. Eine bestimmte Formvorschrift, wie etwa diese Nebenforderungen geltend gemacht werden müßten, um bei der Wertberechnung unberücksichtigt zu bleiben, hat der Gesetzgeber nicht aufgestellt. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß dann, wenn aus der gesamten Klage eindeutig erkennbar ist, daß im § 54 Abs. 2 JN genannte Nebenforderungen vom Klagebegehren umfaßt sind, diese bei der Streitwertbemessung nicht in Ansatz gebracht werden dürfen. Das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht verwendete Argument, daß die Kostenberechnung im Justizverwaltungsverfahren von einem juristisch nicht vorgebildeten Bediensteten vorgenommen wird, dem nicht ohne weiteres zugemutet werden könne, aus dem Urteilsantrag zu erkennen, ob allenfalls in dem eingeklagten Betrag auch Zinsen oder andere Nebengebühren enthalten sind, ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht durchschlagend, weil - wie die belangte Behörde selbst zugeben muß - aus der Klagserzählung ersichtlich ist, daß von der beschwerdeführenden Partei neben einem Kapitalbetrag ein bestimmter Betrag an kapitalisierten Zinsen begehrt wurde. Schließlich kann der belangten Behörde auch nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, durch die Kapitalisierung der Nebengebühren und Zinsen würden diese ihren Charakter als solche verlieren und als Kapital anzusehen sein. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben wurde, in welcher Form die als Nebenforderung angesprochenen Zinsen geltend gemacht werden müssen. Es ist daher nicht zu erkennen, daß der Gesetzgeber eine unterschiedliche Behandlung bei der Streitwertberechnung fordert, je nachdem ob Zinsen als Nebenforderung in kapitalisierter oder nicht kapitalisierter Form geltend gemacht werden.
Der angefochtene Bescheid entspricht sohin nicht der Rechtslage, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Kostenmehrbegehren war deshalb abzuweisen, weil es sich beim Schriftsatzaufwand um einen pauschalierten Ersatzanspruch handelt, der einen gesonderten Zuspruch für Umsatzsteuer ausschließt und die von der beschwerdeführenden Partei erbrachten Stempelgebühren bereits anläßlich der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde aufgelaufen sind.
Wien, am 22. September 1983
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