VwGH 82/08/0021

VwGH82/08/002130.11.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Iro, Mag. Öhler, Dr. Pichler, Dr. Degischer, Dr. Knell, Dr. Dorner und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführer Dr. Serajnik und Dr. Starlinger, über die Beschwerde des Dipl. Ing. JM in G, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, Raubergasse 27/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. Dezember 1981, Zl. 5‑226 Ma 111/14‑1981, betreffend Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte, Graz, Josef Pongratz‑Platz 1), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §35 idF 1978/684
ASVG §58 Abs2 idF 1967/201
ASVG §67 Abs1
ASVG §67 Abs4
VwGG §13 Abs1 Z1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982080021.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1980 sprach die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte aus, daß der Beschwerdeführer als Betriebsnachfolger der Gesellschaft in C, D-Straße, gemäß § 410 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 67 Abs. 4 ASVG verpflichtet sei, der mitbeteiligten Partei an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit von August 1979 bis Dezember 1979 einen Betrag in der Höhe von S 1,305.399,13 zuzüglich 8,5 % Verzugszinsen aus dem Betrage von S 1,305.390,-- ab 23. Jänner 1980 sowie S 16.424,16 an Verzugszinsen und S 732,25 an Mahngebühren, somit insgesamt S 1,322.555,54, nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen. Begründet wurde der Bescheid damit, daß der Beschwerdeführer seit 22. Oktober 1979 den Betrieb der im Spruch genannten Gesellschaft fortführe.

1.2.1. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch, in dem er sich zunächst dagegen wandte, daß seine Betriebsnachfolgehaftung auch über den 22. Oktober 1979, den Tag der angeblichen Übernahme des Betriebes der obgenannten Gesellschaft, festgestellt worden sei. Gegen die Bejahung einer Betriebsnachfolge im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG wandte der Beschwerdeführer im Einspruch und in weiteren Schriftsätzen im Einspruchsverfahren folgendes ein:

1.2.2. Entgegen der Auffassung der Mitbeteiligten habe der von ihm geführte Betrieb einen anderen Betriebsgegenstand als der Vorgängerbetrieb. Während nämlich. die Gesellschaft das Baugewerbe im Sinne des § 156 Gewerbeordnung 1973 ausgeübt habe, sei ihm mit Bescheid des Bundesministers für Bauten und Technik vom 29. August 1977 die Befugnis eines Zivilingenieurs für Hochbau verliehen worden. Auf Grund dieser verliehenen Befugnis habe er ab 20. Oktober 1977 in C, D‑Straße 19, Planungstätigkeiten als Zivilingenieur ausgeführt und führe sie weiterhin aus. Gemäß § 5 Abs. 3 des Ziviltechnikergesetzes, BGBl. Nr. 146/1957, sei ihm jedoch als Zivilingenieur für Hochbau die rechtliche Möglichkeit geboten, „im Rahmen meines Fachgebietes eine ausführende Tätigkeit betreffend Bauwesen“ (Ausführung von Hochbauten) auszuführen. Im Rahmen dieser ihm bereits ab 29. August 1977 zustehenden gesetzlichen Möglichkeit habe er ab November 1979 auch tatsächlich Hochbauten ausgeführt. Ein Baugewerbe im Sinne des § 156 Gewerbeordnung 1973 sei von ihm aber niemals ausgeübt worden. Zwischen der gewerblichen Tätigkeit der Gesellschaft und seiner auf Grund der genannten Befugnis ausgeübten Tätigkeit bestehe keine Identität.

1.2.3. Es bestehe auch keine Identität des Betriebsstandortes. Die Gesellschaft habe zwar in C, D-Straße 19, ihr Büro gehabt, in dem sich aber lediglich die Buchhaltung und die mit ihr befaßten Angestellten befunden hätten. Der eigentliche Baubetrieb und alle Maschinen und Geräte und Fahrzeuge hätten sich in C, E‑Straße 55, befunden. Der Beschwerdeführer sei gemeinsam mit der Gesellschaft Mitmieter der Büroräume in C, D-Straße 19, gewesen, und habe dort die schon genannte Planungstätigkeit als Zivilingenieur für Hochbau ausgeübt. Nach Auflösung der Gesellschaft infolge Konkurseröffnung sei sie nun zwar als Mieter des Büros ausgeschieden, der Beschwerdeführer habe jedoch nicht etwa „diese Bestandrechte übernommen“, sondern die ihm zustehenden Bestandrechte in diesen Räumlichkeiten fortgeführt.

1.2.4. Von den umfangreichen, im Eigentum der Gesellschaft stehenden Betriebsmitteln (Baumaschinen, Geräte, Fahrzeuge etc.) habe er kein einziges Stück erworben. Er habe nur einen geringfügigen Teil der beweglichen Betriebsmittel gemietet. Der Gesamtwert der beweglichen Betriebsmittel der Gesellschaft habe laut dem im Konkursverfahren eingeholten Schätzungsgutachten S 1,284.845,-- betragen. Der Schätzwert der vom Beschwerdeführer gemieteten beweglichen Betriebsmittel habe lediglich S 84.807,--, also etwa 7 % der gesamten beweglichen Betriebsmittel, betragen. Dieser Anteil sei so unbedeutend, daß von einer „Betriebsmittelübernahme“ nicht ernstlich gesprochen werden könne. Für die gemieteten Gegenstände sei nicht einmal ein fixer Mietzins vereinbart worden. Grundlage der „Vermietung“ sei der Umstand gewesen, daß der Masseverwalter für die Fahrnisse keinen Aufbewahrungsort besessen habe. Zwischenweilig seien alle an den Beschwerdeführer vermieteten Geräte anderweitig veräußert worden.

1.2.5. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft habe diese neben einigen kleineren unbedeutenden Baustellen, die jedoch ausschließlich vom Masseverwalter eingestellt worden seien, acht größere Vorhaben durchgeführt. Der Beschwerdeführer habe nur ein einziges Bauvorhaben, nämlich die Fertigstellung des Lagerhauses der F-Gesellschaft in C, als Zivilingenieur für Hochbau übernommen, wobei jedoch seitens des Bauherrn ein gesonderter neuer Auftrag ergangen sei. Die Erteilung dieses Bauauftrages an den Beschwerdeführer sei nicht etwa deshalb erfolgt, weil er sich diese Geschäftsbeziehung als Geschäftsführer der Gesellschaft habe verschaffen können, sondern ausschließlich deshalb, weil zwischen dem Bauherrn und dem Beschwerdeführer eine persönliche (nicht geschäftliche) Beziehung bestehe. Einige der Großbaustellen seien vom Masseverwalter fertiggestellt worden, einige anderen Bauunternehmen übergeben worden. Von einer Fortführung vorhandener Geschäftsbeziehungen könne daher ebenfalls nicht die Rede sein.

1.2.6. Die Dienstverhältnisse der Arbeitnehmer der Gesellschaft hätten durch vorzeitigen Austritt gemäß § 25 KO am 12. Oktober 1979 geendet. Mit einem Teil der Arbeitnehmer habe der Masseverwalter in der Folge befristete Dienstverhältnisse, insbesondere zum Zweck der Fortführung bereits begonnener Arbeiten, abgeschlossen. im Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft seien dort zehn Angestellte sowie rund 80 bis 100 Arbeiter beschäftigt gewesen. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen seines Zivilingenieursbüros am 22. Oktober 1979 mit 18 Arbeitern und bis Dezember 1979 mit weiteren 10 Arbeitern, die arbeitslos gewesen seien, Dienstverhältnisse begründet. Von den Angestellten der Gesellschaft seien nur vier Angestellte zu ihm in ein Dienstverhältnis getreten, und zwar einer ab 22. Oktober 1979, zwei ab 1. Dezember 1979 und einer ab 1. Jänner 1980. Der Abschluß von Dienstverhältnissen mit rund einem Viertel der bei der Gesellschaft beschäftigten Dienstnehmer begründe ebenfalls keine „Betriebsübernahme“.

1.3. Die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte hielt in ihren zahlreichen Stellungnahmen im Einspruchsverfahren an ihrer Auffassung fest, daß der Beschwerdeführer Betriebsnachfolger der obgenannten Gesellschaft im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG sei. Über die Gesellschaft sei am 5. Oktober 1979 vom Landesgericht für Zivilrechtssachen C der Konkurs eröffnet worden. Der Beschwerdeführer führe ab 22. Oktober 1979 den Betrieb der Gesellschaft fort. Diese Fortführung stelle sich so dar, daß es sich um die gleiche Art des Betriebes handle, die Tätigkeit am selben Standort ausgeübt werde und ein großer Teil der Betriebsmittel der Gesellschaft vom Beschwerdeführer verwendet werde. Zur Verfolgung des gleichen Betriebszieles, nämlich der Errichtung von Hochbauten, seien 36 Dienstnehmer von der Gesellschaft übernommen worden und bildeten diese ausschließlich den Belegschaftsstand der Nachfolgefirma. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers trete eine Änderung des Betriebsgegenstandes nicht durch den Umstand ein, daß Hochbauten einerseits auf Grund eines Baugewerbes und andererseits auf Grund einer Verleihung der Befugnis eines Zivilingenieurs für Hochbau errichtet würden, da die Betriebsziele - nämlich die Errichtung von Hochbauten - die gleichen geblieben seien. Daß der Schwerpunkt der Tätigkeit des Beschwerdeführers die Durchführung von Hochbauten sei, ergebe sich daraus, daß von den 36 Dienstnehmern 31 Arbeiter und lediglich 5 Angestellte seien und in der Stampiglie bzw. in den Bauschildern des Beschwerdeführers an erster Stelle „Bauausführung“ und erst in weiterer Folge „Planung und Beratung“ stehe. Daß sich der Standort des Betriebes nicht geändert habe, ergebe sich daraus, daß der Beschwerdeführer die Geschäftsräume in C, D-Straße 19, allein übernommen habe, wie sich aus dem Schreiben des Masseverwalters vom 26. Februar 1980 ergebe. Der Betriebssitz der Gesellschaft sei C, D-Straße 19, und nicht C, E-Straße 55, gewesen. Die vom Beschwerdeführer zugestandene Anmietung beweglicher Betriebsmittel genüge für die Annahme einer Betriebsnachfolgehaftung. Da somit der Beschwerdeführer den nämlichen Betrieb ohne Unterbrechung am gleichen Standort, unter Verwendung der gleichen Betriebsmittel, der Weiterbeschäftigung von Dienstnehmern der Gesellschaft und sogar der Übernahme und Weiterführung einer Großbaustelle fortführe, sei er als Betriebsnachfolger im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG anzusehen. Die Haftungssumme werde jedoch für den Zeitraum von August 1979 bis 21. Oktober 1979 auf S 1,182.653,92 richtig gestellt.

1.4. Das Schreiben des Masseverwalters im Konkurs der Gesellschaft an den Beschwerdeführer vom 26. Februar 1980, auf das sich die Parteien wiederholt in ihren Schriftsätzen im Einspruchsverfahren bezogen, lautet:

„Als Masseverwalter im Konkurs ......bestätige ich über Ihren Wunsch die Richtigkeit nachstehenden Sachverhaltes:

a) Daß von allen von der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der Konkurseröffnung betreuten Baustellen lediglich jene der F Gesellschaft in C von Ihnen weitergeführt wird.

b) Daß eine Veräußerung irgendwelcher Betriebsmittel der Gemeinschuldnerin (Baumaschinen, Geräte, Fahrzeuge, etc.) durch mich an Sie nicht erfolgt ist, sondern verschiedene Geräte Ihnen nur gegen jederzeitigen Abruf zum kridamäßigen Verkauf lediglich vermietet wurden, wobei die branchenüblichen Mietzinse nach der Baugeräteliste zugrunde gelegt sind.

c) Daß die Gesellschaft in C, D‑Straße 19 lediglich das Baubüro und die Buchhaltung betrieb, während alle übrigen Betriebsmittel, vor allem die Baumaschinen, Geräte und Fahrzeuge sich auf der im Eigentum der Firma stehenden Betriebsliegenschaft in C, E‑Straße 55, befinden, wo auch der sogenannte ‚Bauhof‘ der Firma war.

d) Daß Sie bei unserer Aussprache am 17.10.1979 in meiner Kanzlei im Beisein Ihres Vertreters Rechtsanwalt Dr. Kronegger mich informierten, daß die Geschäftsräume in C, D‑Straße 19, ursprünglich von Ihrem Vater Ing. GM gemietet waren, Sie im Oktober 1977 in Ihrer Eigenschaft als Zivilingenieur für das Bauwesen dort ebenfalls als Mieter eingetreten sind, etwa ein Jahr später anläßlich der Gründung der Ges.m.b.H. Ing. GM seine Mietrechte zugunsten der Gesellschaft zurückgelegt hat, daher Sie und die Gesellschaft Mieter der Geschäftsräume sind und Sie mir das Anbot stellten, ab sofort die Geschäftsräume allein zu übernehmen, die Masse hinsichtlich der Zinszahlungen ab Oktober 1979 schad- und klaglos zu halten und bis zur Konkursbeendigung die Unterbringung der Geschäftsunterlagen und allfällige Tätigkeiten für die Gemeinschuldnerin in den Büroräumen kostenlos ermöglichen werden, welchem Vorschlag ich als Masseverwalter in der Folge zugestimmt habe.“

1.5. Das von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ebenfalls relevierte Schreiben des Masseverwalters an die mitbeteiligte Partei vom 5. Mai 1980 lautet:

„Über Wunsch Ihres sehr geehrten Herrn S übersende ich eine Fotokopie des Protokolles über die Gläubigerausschußsitzung von 1980 03 26 und eine Fotokopie es Schätzungsprotokolles mit folgenden Erläuterungen:

1) Die im Schätzungsprotokoll mit rotem Signalstift bezeichneten Gegenstände und zwar Postzahl 1- 75, 97 - 120, 130 - 135 und 140 - 146 wurden an Dipl. Ing. M bis zur Verwertung vermietet, zumal sie vom Masseverwalter mangels entsprechender Lagerräume nicht verwahrt werden könnten, teilweise wegen Fortführung der Baustellen durch den Masseverwalter an Ort und Stelle blieben. Erst ab April 1980 nach teilweiser Räumung des Lagers E‑Straße 55 wäre es möglich gewesen, diese Gegenstände in das Lager zu holen, doch müßten dafür auf Kosten der Masse Arbeitskräfte und Frächter aufgenommen werden, weshalb versucht wird, die Gegenstände an Ort und Stelle zu verkaufen.

Dipl. Ing. M hat an den Masseverwalter das Ansuchen gestellt, die oben bezeichneten Gegenstände käuflich zu übernehmen, ausgenommen jedoch von der Büroeinrichtung die Postzahlen 8, 22, 30, 37 und 48. Eine Zusage konnte Herrn Dipl. Ing. M nicht gemacht werden, da zum Teil Interessenten über dem Schätzwert vorhanden sind.“

Aus dem zitierten Protokoll über die Gläubigerausschußsitzung vom 26. März 1980 ergibt sich, daß es sich bei den Postzahlen 1 - 50 um Büroeinrichtungsgegenstände, bei den übrigen Postzahlen um Baugeräte handelt.

1.6. Das Schreiben des Masseverwalters an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vom 30. Juni 1980 lautet:

„Auf Grund Ihrer telefonischen Anfrage vom 26.6.1980 erlaube ich mir zur Vorlage bei der Steiermärkischen Landesregierung wie folgt mitzuteilen:

Von mir als Masseverwalter im Konkurs der Gesellschaft wurden keine Gegenstände aus der Masse an Dipl. Ing. JM verkauft. Ich habe Herrn Dipl. Ing. JM lediglich einen Teil der Betriebseinrichtung vermietet, ohne hiefür einen fixen Mietzins zu vereinbaren, wobei daran gedacht war, die sogenannte Baugeräteliste als Basis heranzuziehen.

Infolge Einziehung aller Baustellen war das Lager E-Straße 55 überfüllt, so daß ich die vermieteten Baugeräte ohnehin zu einem Teil hätte auswärts lagern müssen. Die Herrn Dipl. Ing. JM vermieteten Geräte wurden außerdem in der Zwischenzeit veräußert.

Die noch vorhandenen Geräte insbesondere die Kräne und Bauaufzüge werden der gerichtlichen Versteigerung zugeführt, da sie freihändig nicht zu verwerten sind. Für die Zeit der Benützung eines Teiles der Baugeräte durch Dipl. Ing. JM muß erst unter Beiziehung eines Bausachverständigen ein angemessener Mietzins festgelegt werden. ......“

2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Beschwerdeführers teilweise statt und sprach in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides aus, daß der Beschwerdeführer als Betriebsnachfolger der obgenannten Gesellschaft verpflichtet sei, Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von S 1,167.326,22 zuzüglich 8,5 % Verzugszinsen aus dem Betrag von S 1,167.320,-- ab 23. Jänner 1980 sowie Verzugszinsen von S 14.812,78 und Mahngebühren von S 200,-- betreffend den Beitragszeitraum August 1979 bis 21. Oktober 1979 an die mitbeteiligte Partei zu bezahlen.

2.2. In der Begründung des Einspruchsbescheides führt die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Ganges des Verwaltungsverfahrens, Zitierung des § 67 Abs. 4 ASVG sowie Wiedergabe der wesentlichen Grundsätze der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Gesetzesbestimmung aus, es sei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers eine Änderung des Betriebsgegenstandes durch den Umstand, daß Hochbauten von der Gesellschaft auf Grund eines Baugewerbes nach der Gewerbeordnung errichtet worden seien und von ihm auf Grund einer Verleihung der Befugnis eines Zivilingenieurs für Hochbau errichtet würden, nicht eingetreten, da die Betriebsziele, nämlich die Errichtung von Hochbauten, die gleichen geblieben seien. Sowohl die Gesellschaft als auch der Beschwerdeführer, letzterer ab Verleihung der Befugnis als Zivilingenieur für Hochbau, hätten den gleichen Betriebssitz, nämlich C, D-Straße 19. Nach Auflösung der Gesellschaft, bei der der Beschwerdeführer als geschäftsführender Gesellschafter fungiert habe, sei die genannte Gesellschaft als Mieterin des Büros ausgeschieden und habe der Beschwerdeführer das ihm zustehende Bestandrecht in den gleichen Räumlichkeiten fortgeführt. Auf Grund des Schreibens des Masseverwalters vom 26. Februar 1980 an den Beschwerdeführer sei schlüssig anzunehmen, daß der Beschwerdeführer die betreffenden Räumlichkeiten allein benütze und auch hiefür Zinszahlungen leiste. Wegen der Übernahme der Betriebsmittel als essentielles Merkmal der Betriebsnachfolge verweise die belangte Behörde auf das Schreiben des Masseverwalters vom 5. Mai 1980, aus dem sich ergebe, daß der Beschwerdeführer Betriebsmittel aus der Konkursmasse zur Verfügung gehabt habe. Die „Ausübung von Hochbauten“ durch den Beschwerdeführer im Rahmen seiner Zivilingenieurbefugnis würde von ihm nicht bestritten. Seiner Meinung nach erscheine es aber unzulässig, rein umfänglich Betrachtungen darüber anzustellen, ob seine Planungs- oder Bautätigkeit einen größeren zeitlichen Aufwand erfordere. Seine Planungstätigkeit erfolge hauptsächlich durch ihn persönlich und weiters durch wenige qualifizierte Angestellte, während die Ausführung von Hochbauten die Verwendung zahlreicher Arbeitskräfte erfordere. Eine Wertung der beiden Tätigkeiten in ihrer Bedeutung lasse zumindest die Planungstätigkeit gleichwertig erscheinen. Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer die Baustelle der F‑Gesellschaft, Lagerhallenbau, zur Fertigstellung von der Gesellschaft übernommen habe. In der Stampiglie des Beschwerdeführers sei an erster Stelle „Bauausführung“ und in weiterer Folge „Planung und Beratung“ angeführt, woraus sich der Schwerpunkt im Aufgabenbereich des Beschwerdeführers, nämlich die Bauausführung, erkennen lasse. Die Betriebsanschrift der Gesellschaft sei C, D‑Straße 19, gewesen. Diese Anschrift decke sich mit dem Firmensitz des Beschwerdeführers, von dem aus die Führung des Unternehmens erfolge. Hiebei sei ohne Bedeutung, daß der Beschwerdeführer schon vor der Betriebsübernahme Mitmieter gewesen sei. Maßgebend sei, daß er das Mietrecht der Gesellschaft erworben habe. Auf Grund einer Überprüfung der Versicherungsmeldungen sei festgestellt worden, daß 36 Dienstnehmer der Gesellschaft durch den Beschwerdeführer ohne längere Unterbrechung weiterbeschäftigt worden seien. Die kurze Unterbrechung habe sich in Berücksichtigung der vorzeitigen Austritte der Dienstnehmer (nach § 25 KO) mit der Konkurseröffnung ergeben. Nach Mitteilung der mitbeteiligten Partei bildeten diese 36 Dienstnehmer ausschließlich den Belegschaftsstand der Firma des Beschwerdeführers.

2.3. Die belangte Behörde sei im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt der Auffassung, daß die durch die Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Kriterien der Betriebsnachfolge im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG gegeben seien. Die zwingenden Voraussetzungen für die Annahme der Betriebsidentität seien erfüllt, und zwar sei der Betriebsgegenstand gleichgeblieben, ferner die im Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen, wie Verwendung der Räumlichkeiten der Betriebsvorgängerin, des Betriebsinventars und der Gerätschaften derselben und die Weiterbeschäftigung zumindest eines Teiles der Dienstnehmer der Gesellschaft. Es handle sich hiebei im Gegenstand um wesentliche

Betriebsmittel, die auch nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes die Betriebsidentität bzw. Betriebsnachfolgehaftung begründeten.

2.4. Die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Beträge seien durch die Mitbeteiligte bekanntgegeben worden. Der Vertreter des Beschwerdeführers sei von der endgültigen Haftungssumme in Kenntnis gesetzt worden, habe jedoch erklärt, infolge Fehlens jeglicher Unterlagen nicht in der Lage zu sein, über die Richtigkeit der durch die mitbeteiligte Partei ausgewiesenen Haftungssummen eine Äußerung abzugeben. Wenn der Beschwerdeführer mit 22. Oktober 1979 als Betriebsnachfolger bezeichnet werde, könne er nur für Haftungssummen herangezogen werden, welchen Beiträge zugrunde lägen, die längstens mit 21. Oktober 1979 entstanden seien. In diesem Sinne habe jedoch die mitbeteiligte Partei die Haftungssummen bzw., den Haftungszeitraum, wie er im erstinstanzlichen Bescheid aufscheine, korrigiert und einen entsprechenden Abänderungsantrag gestellt.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. In ihr bestreitet der Beschwerdeführer seine von der belangten Behörde bejahte Haftung für rückständige Beitragsschuldigkeiten der Gesellschaft - in deutlicher Anlehnung an die Rechtsauffassung von Doralt und Koziol in ihrem Artikel „Zur Haftung des Betriebsnachfolgers eines in Konkurs geratenen Unternehmens für die Sozialversicherungsbeiträge“, JBl. 1982, Seiten 13 ff - unter anderem mit der Begründung, daß von einer Betriebsnachfolge auf Grund eines Erwerbes - entgegen der bisherigen, in der Begründung des angefochtenen Bescheides kurz wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - erst dann gesprochen werden könne, wenn die Vermögenswerte (ins Eigentum des Betriebsnachfolgers) übertragen würden. Hievon könne „schon bei Pachtung, insbesondere aber bei Miete keine Rede sein, weil der Bestandgegenstand im Eigentum des Vermieters verbleibt und dem Mieter bloß ein obligatorisches Gebrauchsrecht daran eingeräumt wird“. Abgesehen davon müsse berücksichtigt werden, daß gemäß den rechtlich gleichartig konstruierten Bestimmungen des § 1409 ABGB und des § 14 BAO, die sicherlich bei der Rechtsauslegung herangezogen werden könnten, stets der Eigentumserwerb Voraussetzung sei. Insbesondere die zu § 67 Abs. 4 ASVG ganz parallele Vorschrift des § 14 BAO verlange ausdrücklich die Übereignung. Nur diese Lösung sei auch hier sachlich gerechtfertigt. Durch bloße Vermietung würden den Gläubigern des Vermieters keine Vermögenswerte entzogen, der Haftungsfonds werde nicht verringert, ja nicht einmal verändert. Durch § 67 Abs. 4 ASVG solle vermieden werden, daß bloß die Aktiven übergingen und zum Schaden des Sozialversicherers das Passivum der rückständigen Beiträge beim Betriebsvorgänger verbleibe. Gerade bei der Vermietung gingen aber Aktiva nicht über, sodaß weiterhin beim Vermieter Aktiva und Passiva verblieben. Dazu komme noch, daß der Vermieter den Mietzins, der dem Nutzungswert des Mietobjektes entspreche, erhalte. Damit ziehe der Sozialversicherer letztlich Nutzen aus der Vermietung. Den Mieter deshalb, weil er den Befriedigungsfonds des Sozialversicherers nicht nur schmälere, sondern sogar vermehre, dadurch zu bestrafen, daß er überdies noch für Beitragsverbindlichkeiten des Betriebsvorgängers haften solle, widerspreche eindeutig den Grundregeln unserer Rechtsordnung, weshalb eine solche Auslegung des § 67 Abs. 4 ASVG nicht nur nicht sachgerecht sei, sondern geradezu zu einer gleichheitswidrigen Sonderregelung zugunsten des Sozialversicherungsträgers führe.

3.2. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei beantragten in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerde.

4.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG 1965 gebildeten verstärkten Senat erwogen:

4.1.1. Gemäß § 67 Abs. 4 ASVG haftet der Betriebsnachfolger für die Beiträge, die sein Vorgänger im Betrieb zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers und unbeschadet der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten, vom Tage des Erwerbes zurückgerechnet, im Falle einer Anfrage beim Versicherungsträger jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.

4.1.2. Nach § 1409 Abs. 1 ABGB in der durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982, BGBl. Nr. 370 (IRÄG) unveränderten Fassung ist derjenige, der ein Vermögen oder ein Unternehmen übernimmt, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt.

4.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit dem grundlegenden Erkenntnis vom 1. Oktober 1958, Slg. N.F. Nr. 4763/A, - insofern in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Salcher, Die Haftung des Betriebsnachfolgers für rückständige Sozialversicherungsbeiträge des Vorgängers im Betrieb, RdA 1968, Seiten 81 ff; Wolff, Die Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG im Lichte der Rechtsprechung, SoSi 1972, Seiten 215 ff; Schwarz in der Entscheidungsanmerkung zum Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Dezember. 1971, Slg. N.F.Nr. 8129/A in ZAS 1974, Seiten 178 ff; derselbe in einer Entscheidungsanmerkung zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 1975, Slg. N.F. Nr. 8795/A in ZAS 1976, Seiten 226 ff; Härtel, Die Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ZAS 1976, Seiten 163 ff; Krejci, Das Sozialversicherungsverhältnis, Seiten 212 ff) - die Auffassung, daß Betriebsnachfolge - unter dem Aspekt der Beziehung zur Innehabung des Betriebes - schon dann vorliege, wenn die (physische oder juristische) Person des Betriebsinhabers als Zurechnungssubjekt des Betriebes tatsächlich wechselt, ohne daß es hiebei grundsätzlich auf den Rechtsgrund und die Art des Wechsels ankäme. Betriebsnachfolge dürfe also nicht mit Rechtsnachfolge gleichgesetzt werden.

4.2.2. Begründet wurde diese Auffassung im eben genannten grundlegenden Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 4763/A zum einen damit, daß § 67 Abs. 4 ASVG abgesehen von den mit „unbeschadet“ eingeleiteten Einfügungen vollkommen dem Wortlaut des § 97 Abs. 3 GSVG 1938, BGBl. Nr. 1, entspreche, der wieder mit dem Wortlaut des § 38 d AKVG 1929, BGBl. Nr. 117, bis auf die Abweichung übereinstimme, daß es in der zuletzt genannten Bestimmung statt „der Betriebsnachfolger“ und „sein Vorgänger im Betrieb“ geheißen habe: „der Erwerber eines Betriebes“ und „der Vorgänger“. Diese im wesentlichen sogar wörtliche Übereinstimmung der die Haftung des Betriebsnachfolgers regelnden Bestimmungen des AKVG, des GSVG und des ASVG berechtigten zur Annahme, daß der Gesetzgeber hier eine Einheitlichkeit der Regelungen im Auge gehabt habe. Daher könne auch nicht angenommen werden, daß die Worte „der Erwerber eines Betriebes“ im AKVG und „der Betriebsnachfolger“ im GSVG und im ASVG einen verschiedenen Sinn haben sollten. Daraus ergebe sich. aber, daß „Erwerber“ in diesem Zusammenhange nichts anderes bedeuten solle als „Nachfolger“. Nachfolger bezeichne aber in der hier allein in Betracht kommenden Beziehung zur Innehabung eines Betriebes nur die Tatsache des Wechsels in der Person des Betriebsinhabers. Auf den Rechtsgrund und die Art dieses Wechsels komme es dabei grundsätzlich nicht an. Daß es nur auf die Tatsache des Wechsels in der Betriebsinnehabung ankommen könne, ergebe sich - abgesehen davon, daß alle jene Haftungsbestimmungen vom „Vorgänger“ schlechthin und nicht etwa vom „Rechtsvorgänger“ sprächen - zum anderen auch aus der Überlegung, daß bei jenen Betriebsmitteln, die nicht im Eigentum des Betriebsvorgängers stünden, die Gebrauchsüberlassung nicht nur von diesem durch Weitergabe seines Gebrauchsrechtes, sondern auch unmittelbar vom Eigentümer erworben werden könne. Letzteres werde bei den Betriebsräumen sogar die Regel sein.

4.3. Der Verfassungsgerichtshof teilte in seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 1966, VfSlg. Nr. 5369 (=ZAS 1968, Seiten 16 ff, mit Anmerkung von Schnorr) diese Auslegung des § 67 Abs. 4 ASVG und verwarf die geltend gemachten Gleichheitsbedenken im wesentlichen mit folgender Begründung: Es treffe nicht zu, daß diese Bestimmung den Sozialversicherungsträgern eine sachlich ungerechtfertigte Sonderstellung einräume und ohne sachliche Rechtfertigung dritte Personen verpflichte, fremde Schulden zu bezahlen. Es handle sich vielmehr um eine Vorschrift, deren Grundgedanke auch auf anderen Rechtsgebieten, wenn auch in unterschiedlicher Weise, verwirklicht werde. So könne auf die Vorschrift des § 25 Abs. 1 und Abs. 2 HGB, auf § 1409 ABGB, auf § 302 ABGB in der Auslegung des OGH (SZ XXV/266) und auf § 10 des 2. Verstaatlichungsgesetzes, BGBl. Nr. 81/1947, hingewiesen werden. Dem, der einen bestehenden Betrieb, der eine Gesamtsache im Sinne des § 302 ABGB sei, übernehme, lege § 67 Abs. 4 ASVG in einem beschränkten Umfang die Mithaftung für eine bestehende Schuld auf. Es solle vermieden werden, daß bloß die Aktiva übergingen und zum Schaden des Sozialversicherungsträgers das Passivum der rückständigen Sozialversicherungsbeiträge beim Betriebsvorgänger verbleibe. Die Überlegung, die Trennung von Aktiven und Passiven zu Lasten von Gläubigern nicht zu gestatten, sei sachgerecht. Für das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz komme in Betracht, daß dort das Prinzip der Ipso‑iure‑Versicherung gelte (§ 10 ASVG), d.h. daß die Versicherung unabhängig vom Willen der Beteiligten (Versicherer, Dienstgeber) und von einer Beitragszahlung eintrete. Die im Gesetz vorgesehenen Leistungen habe der Versicherungsträger auch dann zu erbringen, wenn die Beteiligten keine Beiträge entrichtet hätten. Das rechtfertige die Voraussetzungen für den Schuldbeitritt weiter zu fassen, als es § 1409 ABGB getan habe, bei dem ein rechtsgeschäftlicher Vermögensübergang vorausgesetzt werde. Eine Milderung der weiter gefaßten Voraussetzling liege in der Begrenzung des Umfanges der Haftung.

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt Gleichheitsbedenken unter Hinweis auf das eben zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht geteilt (vgl. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1971, Zl. 803/71), und vom 12. Jänner 1972, Zl. 461/71).

4.4. Gegen die zu Punkt 4.2.1. wiedergegebene Auslegung des § 67 Abs. 4 ASVG haben sich jüngst Doralt und Koziol im schon genannten Artikel gewandt. Zwar befassen sich die beiden Autoren hauptsächlich mit der Frage, ob in der Tat § 67 Abs. 4 ASVG auch dann anzuwenden sei, wenn der Nachfolger den Betrieb aus einer Konkursmasse erworben hat, und es scheint auch das Kapitel „Die Verpachtung durch den Masseverwalter“ nur die Frage zu betreffen, ob auch eine Pachtung eines zum Konkursvermögen gehörigen Betriebes die Haftung nach § 67 Abs. 4 ASVG auslöse; doch behandeln die beiden Autoren neben dem zuletzt genannten das allgemeinere, im Einleitungskapitel des Artikels formulierte Problem, „ob als Erwerb im Sinne dieser Norm auch die Pachtung angesehen werden kann“ und lösen es in verneinendem Sinn mit der Begründung, daß sowohl auf Grund der grammatikalischen Interpretation des § 67 Abs. 4 ASVG als auch unter Bedachtnahme auf § 1409 ABGB und insbesondere auf die ganz parallele Vorschrift des § 14 BAO von einem „Erwerb“ im Sinne der genannten Haftungsbestimmung nur gesprochen werden könne, wenn die Vermögenswette ins Eigentum übertragen würden, und daß nur diese Lösung auch sachlich gerechtfertigt sei.

4.5. Jabornegg teilt in seinem Artikel „Die Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 67 Abs. 4 ASVG“, RdA 1982, Seiten 165 ff, zwar im Ergebnis die zu Punkt 4.2.1. wiedergegebene Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, meint aber, es sei bisher nicht gelungen, einen Grund für die weite Interpretation des „Nachfolgers“ anzugeben. Auf der Grundlage des üblichen Verständnisses vom Normzweck des § 67 Abs. 4 ASVG möge die generelle Ablehnung einer Haftung des Pächters als Betriebsnachfolger durch Doralt und Koziol berechtigt sein, nicht hingegen aus der Sicht der von ihm (Jabornegg) vorgeschlagenen Deutung dieser Vorschrift (Seite 175, Fußnote 85). Stelle man nämlich (auf der Grundlage des von Jabornegg ausführlich dargestellten Normzweckes des § 67 Abs. 4 ASVG) darauf ab, daß jemand eine Organisation übernommen habe, innerhalb der versicherungspflichtige Arbeitnehmer Leistungen erbracht hätten, ohne die die Übernahme in der tatsächlich durchgeführten Weise nicht möglich gewesen wäre, so leuchte unmittelbar ein, daß der Erwerber zu den rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen eine ähnliche, wenn auch schwächere Beziehung habe, wie sie der Vorgänger im Betrieb als Arbeitgeber gehabt habe. Die Nutzung von Arbeitsergebnissen für eigene Zwecke rechtfertige aber grundsätzlich das Einstehen für die Sozialversicherungsbeiträge derer, die die entsprechenden Arbeitsleistungen erbracht hätten. Die Tatsache, daß diese Arbeitsleistungen nur mittelbar genützt würden, führe dazu, daß der Erwerber nicht schulde, sondern nur hafte und daher ‑ vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen - in vollem Umfang gegen den Betriebsvorgänger Regreß nehmen könne. Gehe man auf diese Weise von der mittelbaren Nutzung der früher erbrachten Arbeitsleistungen aus, so sei ohne weiteres verständlich, daß „Nachfolger“ immer schon derjenige sein müsse, der neues Zurechnungssubjekt des Betriebes werde, weil schön kraft dieser Stellung die entsprechende Nutzungsmöglichkeit bestehe. Auf welche Weise es zum Betriebsinhaberwechsel gekommen sei, spiele aber dann ganz evident keine Rolle (Seite 176).

4.6.1. Bei der Beurteilung der Frage, was unter der im Beschwerdefall zu prüfenden „Betriebsnachfolge“ unter Lebenden im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG ‑ unter dem Gesichtspunkt der Beziehung zur Innehabung des Betriebes - zu verstehen ist, muß davon ausgegangen werden, daß diese Norm, wie zwingend aus dem Satzteil „unbeschadet der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB“ folgt, eine eigenständige (d.h. mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 1409 ABGB in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor dem IRÄG nicht deckungsgleiche) sozialversicherungsrechtliche Haftungsbestimmung darstellt. Sie unterscheidet sich nämlich zumindest insofern von § 1409 ABGB, als einerseits die Haftung weitergehend ist, weil sie ohne wertmäßige Beschränkung und ohne Rücksicht auf das Kennen oder Kennenmüssen der rückständigen Sozialversicherungsbeiträge eintritt (im Hinblick auf die Auskunftsmöglichkeit durch den Sozialversicherungsträger wird freilich eine Haftungsbefreiung mangels Kennenmüssens kaum in Betracht kommen), und als andererseits die Haftung enger ist, weil sie nur Sozialversicherungsbeiträge aus einem zwölf Monate vor dem Erwerb nicht übersteigenden Zeitraum betrifft. Offenkundig ist auch der vordergründige Zweck dieser Norm, die Einbringung offener Sozialversicherungsbeiträge zu sichern. Eine positive Aussage über die Tatbestandselemente der „Nachfolge“. bzw. des „Erwerbes“ oder über die sachliche Rechtfertigung dieser Norm ist damit aber nicht gewonnen. Die Wendung „unbeschadet der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB“ stellt nur klar, daß unter den Voraussetzungen des § 1409 ABGB der „Betriebsnachfolger“ auch nach dieser Haftungsnorm haftet. Daß trotz Fehlens einer ähnlichen, § 25 HGB betreffenden Bestimmung der „Betriebsnachfolger“ auch nach dieser (gegenüber § 67 Abs. 4 ASVG ebenfalls teils weiteren, teils engeren) Norm haften kann, sollte ebenso wie im Bereich des Abgabenrechtes (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Seite 36, unter Bezug auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 1961, Zl. 1768/58) nicht zweifelhaft sein.

4.6.2. Die entscheidungswesentliche Frage, was unter „Betriebsnachfolge“ bzw. „Erwerb“ zu verstehen ist, läßt sich aber aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 4 ASVG allein nicht zweifelsfrei beantworten: Der Einleitungssatz „Der Betriebsnachfolger haftet für die Beiträge, die sein Vorgänger im Betrieb zu zahlen gehabt hätte ......“ kann zwar - so wie bisher - so verstanden werden, daß die bloße zeitliche Aufeinanderfolge (ein Wechsel) der Zurechnungssubjekte des Betriebes bei Wahrung der Betriebsidentität, unabhängig von rechtlichen Beziehungen zwischen dem „Betriebsnachfolger“ und „seinem Vorgänger im Betrieb“ und von der Art des „Erwerbes“, für den Eintritt der Haftung genüge. Diese Auslegung ist aber keineswegs zwingend. Das Wort „Erwerb“ in der Wendung „vom Tage des Erwerbes zurückgerechnet“ deutet vielmehr auf das Erfordernis eines Betriebserwerbs des „Betriebsnachfolgers“ vom „Vorgänger im Betrieb“ auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm als Tatbestandselement des Haftungseintrittes hin. Diese Deutung ist einerseits nicht durch die obgenannte Eigenständigkeit dieser sozialversicherungsrechtlichen Haftungsbestimmung ausgeschlossen, da auch bei dieser Auslegung der Anwendungsbereich über jenem des § 1409 ABGB insofern hinausgeht, als die Haftung für offene Beitragsschuldigkeiten ohne die beiden genannten Haftungsbeschränkungen des §1409 ABGB eintritt. Andererseits steht dieser Auslegung nicht das in dem zu § 38 d AKVG 1929 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1932, Slg. Nr. 17.318/A (auf das sich der Verwaltungsgerichtshof in dem schon genannten Erkenntnis vom 1. Oktober 1958, Slg. N.F. Nr. 4763/A, bezogen hat) als entscheidend erachtete Begründungselement, man könne von der „Erwerbung eines Betriebes“ überhaupt nicht gut sprechen, weil das Wort „Betrieb“ in erster Reihe die Organisation und Einrichtung der Arbeit und sonstiger Mittel zur Erreichung eines bestimmten Zweckes, also den systematischen Arbeitsvorgang in einem Unternehmen, der erst geschaffen werden müsse und sich nicht von vornherein erwerben lasse, bezeichne, entgegen. Denn, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zuletzt in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 1981, Zl. 08/1011/79, ausgeführt hat, ist unter einem Betrieb im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG eine (näher bestimmte) organisierte Einheit, und zwar eine Erwerbsgelegenheit als Objekt im Rechtsverkehr, zu verstehen.

4.6.3. Nach nunmehriger Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vermögen auch weder die im Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 4763/A kurz aufgezeigte historische Entwicklung der sozialversicherungsrechtlichen Haftung des Betriebsnachfolgers noch die Gesetzesmaterialien zur Haftungsnorm des § 67 Abs. 4 ASVG entscheidende Aufschlüsse über den Begriffsinhalt des „Betriebsnachfolgers“ bzw. des „Erwerbers“ zu geben. Denn es ist zwar schon auf Grund eines verbalen Vergleiches der bezüglichen Bestimmungen offenkundig, daß § 67 Abs. 4 ASVG dem § 97 Abs. 3 GSVG 1938, BGBl. Nr. 1 (mit dem das GSVG, BGBl. Nr. 107/1935, wiederverlautbart wurde) und dieser wiederum dem § 38 d AKVG 1929 nachgebildet wurde (wobei, wie der Verwaltungsgerichtshof schon im mehrfach zitierten Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 4763/A dargelegt hat, nicht anzunehmen ist, daß die Worte „der Erwerber eines Betriebes“ im AKVG und „der Betriebsnachfolger“ im GSVG und im ASVG einen verschiedenen Sinn haben sollten). Aber auch daraus ergibt sich nicht zwingend, daß „Erwerber“ in diesem Zusammenhang nichts anderes bedeuten solle als „Nachfolger“ im Sinne des bloßen Wechsels des Zurechnungssubjektes des Betriebes. Eine solche Interpretation wird auch nicht zweifelsfrei dadurch nahegelegt, daß - so Slg. N.F. Nr. 4763/A - der Gesetzgeber „eine Einheitlichkeit der Regelungen“ und daher möglicherweise (die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum ASVG, 599 BlgNR 7. GP , Seite 33, lassen dies allerdings offen) auch ihrer Interpretation „im Auge gehabt habe“. Denn gerade die zuletzt vom Bundesgerichtshof im Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. April 1937, Slg. Nr. 1317/A, vertretene Deutung des „Betriebsnachfolgers“ nach § 97 Abs. 3 GSVG 1935 unterschied sich von jener des „Erwerbers“ nach § 38 d AKVG 1929 im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 17.318/A, an das allein der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 4763/A angeknüpft hat. Schließlich engt auch der Versuch einer sachlichen Rechtfertigung des § 67 Abs. 4 ASVG durch die EB zur RV zum ASVG („...ist die Haftung darin begründet, daß ...., wie dies beim Wechsel des Betriebsnachfolgers der Fall ist, die Beitragsschuld des Betriebsvorgängers als auf dem Unternehmen lastend angenommen wird“), abgesehen von seiner Tauglichkeit (vgl. Punkt 4.8.2.) und dem methodischen Gewicht dieser Bemerkung, die Interpretation des „Betriebsnachfolgers“ nicht notwendig auf das bisherige Verständnis ein.

4.6.4. Eine Klärung der strittigen Frage ist daher nur von einer systematisch‑teleologischen Untersuchung des § 67 Abs. 4 ASVG zu erwarten, zu der auch die Bedachtnahme auf seine Verfassungskonformität zählt. Ausgangspunkt einer solchen Prüfung ist, wie Jabornegg (RdA 1982, Seiten 168 ff) mit Recht erkannt hat, der Umstand, daß § 67 ASVG die „Haftung für Beitragschuldigkeiten“ regelt und die strittige Haftungsnorm eine von vier Haftungsbestimmungen ist.

4.7.1. Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge eines Versicherten ist gemäß § 58 Abs. 2 erster Satz ASVG in der Regel der Dienstgeber (Auftraggeber) im Sinne des § 35 ASVG, somit grundsätzlich derjenige, dem - unabhängig von rechtlichen Beziehungen zum Versicherten und unabhängig von der wirtschaftlichen Belastung durch das Entgelt - das Risiko des Betriebes (bzw. der sonst in § 35 ASVG genannten Zurechnungsobjekte), in dem der Versicherte in einer die Pflichtversicherung begründenden Weise tätig ist, rechtlich zurechenbar ist (vgl. Krejci, a.a.O., Seiten 87 ff; Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1963, Slg. N.F. Nr.6097/A, vom 19. März 1969, Zl. 1529/68, vom 14. Oktober 1970, Slg. N.F. Nr. 7879/A, vom 10. November 1971, Zl. 1480/71, und vom 28. Juni 1972, Slg. N.F. Nr. 8260/A).

4.7.2. Für aufrechte, fällig gewordene „Beitragsschuldigkeiten“ ordnet § 67 ASVG in vier unterschiedlichen Tatbeständen eine Haftung bestimmter Personen zur ungeteilten Hand mit dem Beitragsschuldner an.

4.7.3. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit in den rechtlichen Voraussetzungen ist doch den drei erstgenannten Tatbeständen gemeinsam, daß die Haftung der in diesen Bestimmungen genannten Personen nur (offene) Beitragsschulden betrifft, die während solcher Zeiträume aufgelaufen sind, in denen diese Personen nicht nur in jeweils unterschiedlicher Weise am Betriebserfolg des dem Beitragsschuldner zuzurechnenden Betriebes interessiert waren, sondern auch in jeweils spezifischer Weise zum Beitragsschuldner in rechtlichen Beziehungen gestanden sind, sei es, daß der Beitragsschuldner „im Einvernehmen“ mit einem anderen Dienstgeber „dieselbe Person .... in einer die Pflichtversicherung begründenden Weise“ beschäftigt hat (§ 67 Abs. 1 leg. cit.), sei es, daß der Beitragsschuldner gemeinsam mit einem anderen Dienstgeber den Betrieb „auf gemeinsame Rechnung“ geführt hat (§ 67 Abs. 2 leg. cit.), sei es, daß nicht dem Beitragsschuldner, sondern einem anderen „die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes“ oder „der erzielte Gewinn“ vorwiegend zufällt (§ 67 Abs. 3 leg. cit.). Daß auch die zuletzt genannte Bestimmung eine rechtliche Zurechenbarkeit der wirtschaftlichen Gefahr bzw. des Gewinnes erfordert und nicht bloße Tatsächlichkeit genügt, hat Krejci (a.a.O., Seiten 204 ff) überzeugend nachgewiesen (vgl. auch die Erkenntnisse vom 29. Juni 1966, Slg. N.F. Nr. 6963/A, und vom 22. Februar 1961, Zl. 2276/58). Für die sachliche Rechtfertigung dieser im Interesse der Beitragssicherung normierten Haftungstatbestände im Sinne eine Ausgewogenheit der von diesen Haftungsnormen Betroffenen ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend, daß diese Personen durch entsprechende, schön vor der Beitragsentstehung vornehmbare Gestaltungen ihrer rechtlichen Beziehungen zum Beitragsschuldner das sie während der Beitragsentstehung treffende Risiko kalkulieren und in gewissem Maße auch durch Einflußmöglichkeiten auf die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Beitragsschuldners mindern oder sogar ganz ausschalten können.

4.7.4. Von diesen ersten drei Haftungstatbeständen des 67 ASVG unterscheidet sich die Haftung des Betriebsnachfolgers nach dem vierten Absatz dieser Bestimmung wesentliche dadurch, daß sie sich auf „Beitragsschuldigkeiten“ des „Vorgängers im Betrieb“ bezieht, die bereits vor dem „Erwerb“ des Betriebes entstanden sind. Der Regelungszusammenhang mit den ersten drei Tatbeständen kann zwar daher bei der Interpretation des vierten Tatbestandes nicht allzu sehr strapaziert werden. Doch muß es auf Grund dieses Zusammenhanges als konsequent erachtet werden, auch und gerade in diesem vierten Haftungsfall, dessen sachliche Rechtfertigung - als Anordnung der Haftung für eine bereits vor dem die Haftung auslösenden Moment entstandene Fremdschuld - einer besonderen Prüfung bedarf (vgl. Jabornegg, RdA 1982, Seite 166), als Tatbestandsvoraussetzung des Eintrittes der Haftung rechtliche Beziehungen zwischen dem „Betriebsnachfolger“ und „seinem Vorgänger im Betrieb“ in bezug auf den Erwerb des Betriebes als Anknüpfungsmoment der Haftung, und zwar solche als erforderlich zu erachten, die unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung dieser Haftungsnorm die obgenannte, in den ersten drei Haftungstatbeständen bestehende vorgängige Kalkulierbarkeit und „begleitende“ Beeinflußbarkeit des Beitragsschuldners zu ersetzen vermögen. Freilich läßt sich weder diese Konsequenz noch vor allem die Art des angesprochenen Ersatzes aus dem dargestellten Regelungszusammenhang allein oder auch nur primär zwingend ableiten. Dazu bedarf es vielmehr unter Beachtung dieses Zusammenhanges näherer Überlegungen über die innere sachliche Berechtigung der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 67 Abs. 4 ASVG in Abhebung von den schon mehrfach genannten sonstigen Haftungstatbeständen einer Betriebsübernahme nach § 1409 ABGB, § 25 HGB und § 14 BAO.

4.8.1. Das der Deckung verschiedener Lebensrisken dienende Sozialversicherungssystem des ASVG baut - trotz Anreicherung durch Versorgungs- und Fürsorgeelemente - nach wie vor auf dem Versicherungsprinzip auf. Die Finanzierung der bei Eintritt solcher Risken zu erbringenden Leistungen soll demnach überwiegend durch Beiträge erfolgen; dies ist auch nach wie vor der Fall. Im Hinblick auf das eminente öffentliche Interesse am Funktionieren dieses Systems wird man Privilegierungen der Beitragsforderungen nicht generell (wohl aber im Einzelfall: vgl. AB zum IRÄG, 1147 BlgNR XV. GP . Seiten 1 und 2) als sachlich ungerechtfertigt bezeichnen können. Aus dem öffentlichen Interesse der Bevölkerung am Funktionieren des Sozialversicherungssystems und dem Angewiesensein der Versichertengemeinschaft auf das Beitragsaufkommen folgt aber andererseits nicht, daß jede „Maßnahme zur Sicherung der Beiträge“ (zu der auch § 67 Abs. 4 ASVG zweifellos gehört) schon deshalb, also weil sie (und wenn sie nur) zur Finanzierung des Systems beiträgt, sachlich gerechtfertigt ist. Es bedarf vielmehr bei dieser Prüfung einer Abwägung zwischen diesem öffentlichen Interesse und dem Interesse der von der Haftungsnorm betroffenen Personen an der Betriebsübernahme ohne Haftung, an der zunehmend ein öffentliches Interesse aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen bekundet wird (vgl. nur das IRÄG). Sie ist aber auch bei einer verfassungskonformen Auslegung der gegenständlichen Haftungsnorm in den Grenzen des Wortsinnes vonnöten.

4.8.2. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet die oben wiedergegebenen Argumente des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 1966, VfSlg. Nr. 5369, zu den damals geltend gemachten Gleichheitsbedenken gegen § 67 Abs. 4 ASVG im oben angeführten Verständnis nicht mehr als überzeugend: Soweit der Verfassungsgerichtshof unter erkennbarem Bezug auf die (deutsch-rechtliche) Theorie der Gesamtsachhaftung meint, es handle sich bei § 67 Abs. 4 leg. cit. um „eine Vorschrift, deren Grundgedanke auch auf anderen Rechtsgebieten, wenn auch in unterschiedlicher Weise verwirklicht“ werde, ist einerseits auf die berechtigten Bedenken des Schrifttums gegen diese Theorie zu verweisen (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes II 6, Seite 14; Jabornegg, RdA 1982, Seite 167, Fußnote 21, jeweils mit weiteren Belegstellen); andererseits vermag diese Theorie nur eine cum-viribus-Haftung, d.h. eine Haftung mit der ins Eigentum übergegangenen Gesamtsache „Betrieb“ (vgl. Doralt und Koziol, JBl 1982 Seite 17), zu rechtfertigen. Die im Anschluß an die Überlegungen zur Gesamtsache ganz allgemein und daher über die Gesamtsachhaftungstheorie hinausgehend formulierte These des Verfassungsgerichtshofes, die Überlegung, die Trennung von Aktiven und Passiven zu Lasten von Gläubigern nicht zu gestatten, sei sachgerecht, ist, so wie der Begründungsversuch in den EB zur RV zum ASVG (599 BlgNR VII. GP ., Seite 33), nämlich es werde die Beitragsschuld des Betriebsvorgängers als auf dem Unternehmen lastend angenommen, abzulehnen, da kein sachlicher Grund ersichtlich ist, warum der Übernehmer von Aktiven ohne weitere Voraussetzungen für (wenn auch aus einem bestimmten Zeitraum stammende) Passiven jedweder Höhe einstehen soll. Dem Hinweis auf die Beitragsunabhängigkeit der Leistungen der Sozialversicherung ist - mit Jabornegg (RdA 1982, Seite 167) und Doralt und Koziol (JBl 1982, Seite 16) - entgegenzuhalten, daß sich aus der bloßen Feststellung eines zusätzlichen Haftungsbedürfnisses nicht schlüssig ableiten läßt, weshalb gerade der Betriebsnachfolger (und zwar ohne weitere Voraussetzung als der bloßen zeitlichen Nachfolge in der Innehabung des Betriebes) für Beitragsrückstände in betragsmäßig unbeschränkter, wenn auch auf einen Haftungszeitraum von zwölf Monaten eingegrenzter Höhe einstehen soll. Andererseits ist - mit Doralt und Koziol (JBl 1982, Seite 16) - dazu zu bemerken, daß auch das Steuerschuldverhältnis unabhängig vom Willen der Beteiligten eintritt und der Staat seine Leistungen gegenüber der Allgemeinheit unabhängig von der Entrichtung der Steuerleistung einzelner Nutznießer erbringen muß. Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge und Abgaben (nach § 14 BAO) ist daher nicht vorhanden.

4.8.3. Weder die allgemeine noch die von Krejci (a.a.O., Seite 216 und Seiten 226 ff) für den Bereich des § 67 Abs. 4 ASVG modifizierte Haftungsfondstheorie (nach der der Haftungsfonds des § 67 Abs. 4 ASVG nicht schon im Vermögen des Beitragsschuldners an sich gesehen werden könne, sondern darüber hinaus in der durch die Unternehmensorganisation erzielten Produktivität und Wertschöpfung, die in der Regel ja auch die Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge trage, liege) vermögen ohne weitere Überlegungen zu rechtfertigen, daß - im Gegensatz zu § 1409 ABGB - keine betragsmäßige Beschränkung auf den Wert der übernommenen Haftungsgrundlage (des „Wertschöpfungsquells“) vorgesehen ist. Auch wird - wie Jabornegg (RdA 1982, Seite 168) richtig sieht - in keiner Weise darauf Rücksicht genommen, daß ein „Wertschöpfungsquell“ ohne Betriebsnachfolge möglicherweise überhaupt versiegt wäre.

4.8.4. Gegen die Deutung von Schwarz (ZAS 1976, Seite 230), der die Tatsache der Firmenfortführung mit der Tatsache der Betriebsfortführung für strukturell vergleichbar hält, wendet Jabornegg (RdA 1982, Seite 175, Fußnote 91) mit Recht ein, es sei „problematisch, schon der jeweiligen Relevanz einer ‚Tatsächlichkeit' für sich irgendeine Bedeutung beizumessen. Der für die Haftung bedeutsamen ‚Tatsache‘ der Firmenfortführung liegen doch offensichtlich völlig andere Wertungsgesichtspunkte zugrunde als der ‚Tatsache‘ einer Betriebsfortführung im Zusammenhang mit der Betriebsnachfolgehaftung für Sozialversicherungsbeiträge. Schon die Möglichkeit des Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB, der keine vergleichbare Regelung bei der Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG gegenübersteht, belegt das mit ausreichender Deutlichkeit. Damit verliert sich aber die angebliche strukturelle Verwandtschaft in einer Phänomenologie ohne Aussagekraft“.

4.8.5.1. Aber auch der Versuch einer sachlichen Rechtfertigung des bisherigen Verständnisses des „Betriebsnachfolgers“ durch Jabornegg erweist sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als „geeignetes Instrument zur Behebung des chronischen Erklärungsdefizits“ (Jabornegg, RdA 1982, Seite 176).

4.8.5.2. Unterstellt man nämlich (vgl. aber Punkt 4.8.5.3.) „als Grund der Betriebsnachfolgehaftung nach § 67 Abs. 4 ASVG die sich aus der Übernahme einer betrieblichen Organisation ergebende Möglichkeit der Nutzung früherer Arbeitsleistungen“, die darin bestehe, „daß die früheren Arbeitsleistungen dazu beigetragen haben, eine Organisation zu begründen oder aufrechtzuerhalten, von deren Übernahme sich nun der Erwerber einen Nutzen verspricht“ (Seite 170), so „leuchtet“ nicht „unmittelbar ein“, daß „diese“ Nutzung von Arbeitsergebnissen für eigene Zwecke ….. grundsätzlich das Einstehen für die Sozialversicherungsbeiträge derer, die die entsprechenden Arbeitsleistungen erbracht haben“, rechtfertigt (Seite 176). Denn erstens krankt diese These (ähnlich wie nach richtiger Auffassung Jaborneggs die oben dargestellte von Krejci) daran, daß nach § 67 Abs. 4 ASVG keine betragsmäßige Beschränkung auf den Wert der in die übernommene Organisationseinheit „eingeflossenen“ Arbeitsergebnisse vorgesehen ist. Zweitens wird auch hiebei in keiner Weise darauf Rücksicht genommen, daß die „eingeflossenen“ Arbeitsergebnisse ohne Betriebsnachfolge möglicherweise versiegt wären. Drittens aber stellt sich die Frage, warum denn gerade der Übernehmer der Organisationseinheit Betrieb (Unternehmen), zu dessen Begründung oder Aufrechterhaltung die Arbeitsleistungen, auf die sich die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge beziehen, nach den Voraussetzungen dieser These beigetragen haben sollen, und nicht etwa der Übernehmer von Waren oder Gütern des Anlage- oder Umlaufvermögens (z.B. Maschinen, Betriebseinrichtungen), zu deren Schaffung diese Arbeitsleistungen beigetragen haben haften soll.

4.8.5.3. Aber schon die Voraussetzungen des Rechtfertigungsversuches Jaborneggs überzeugen nicht. Obwohl dies nicht durchgängig unzweifelhaft ist, meint er doch wohl, daß diese mittelbare Nutzungsmöglichkeit der Arbeitsergebnisse der Versicherten, die er nicht nur als sachliche Rechtfertigung der Nachfolgehaftung, sondern auch zur Lösung der Frage der Betriebsidentität heranzieht, nicht im Einzelfall als Voraussetzung des Haftungseintrittes des Betriebsnachfolgers erwiesen werden müsse; er geht vielmehr davon aus, daß sie grundsätzlich und unwiderleglich gegeben sei; auch eine (wirtschaftlich) noch so geringwertige Nutzungsmöglichkeit dieser verdinglichten Arbeitsergebnisse (vgl. Seite 180 f) rechtfertige den Eintritt der Betriebsnachfolgehaftung; ja selbst ihr völliges Fehlen (bei Ersatz durch andere Betriebselemente im Rahmen eines „beweglichen Systems“: Seite 180) vermöge den Eintritt der Haftung zu begründen. Damit erweist sich aber das Kriterium der mittelbaren Nutzungsmöglichkeit der in den Betrieb „eingeflossenen“ Arbeitsergebnisse als selbst theoretisch nicht tragfähig. Daher bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit den Versuchen Jaborneggs, die Beitragsschuld und Beitragslast des Dienstgebers sowie die Haftungsnormen des § 67 Abs. 1 bis Abs. 3 ASVG aus der unmittelbaren oder mittelbaren Nutzungsmöglichkeit der Arbeitsergebnisse zu rechtfertigen, und dem von ihm behaupteten Konnex der sachlichen Rechtfertigung des § 67 Abs. 4 ASVG mit den zuerst genannten Bestimmungen.

4.9. Nach nunmehriger Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Deutung der Worte „Betriebsnachfolger“ und „Erwerb“ in § 67 Abs. 4 ASVG, die einerseits den Wortlaut und den dargestellten Regelungszusammenhang dieser Bestimmung mit den anderen Haftungstatbeständen des § 67 leg. cit. beachtet und andererseits unter Bedachtnahme auf die anderen Haftungsregelungen bei Betriebsübernahme, insbesondere auf die ebenfalls öffentlich-rechtliche Haftungsnorm des § 14 BAO, sowohl das besondere Sicherungsbedürfnis der Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigt als auch die Einwände gegen eine wertunabhängige und nicht ausschließbare Haftung des Betriebsnachfolgers in verfassungskonformer Weise in die Überlegungen einbezieht, nur möglich, wenn man unter dem „Erwerb“ eines Betriebes seine „Übereignung“ im Sinne des § 14 BAO auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (oder mehrere Veräußerungsgeschäfte) mit dem „Betriebsvorgänger“, also dem Beitragsschuldner, versteht. Denn lediglich dann kommt dem Betriebsnachfolger nicht nur der Betrieb (als zumindest teilweises objektives Äquivalent für die Haftung) zu, sondern hat er auch die Möglichkeit, in dem (den) den „Erwerb“ des Betriebes begründenden Rechtsgeschäft (Rechtsgeschäften) mit dem Beitragsschuldner die kraft Gesetzes eintretende und durch privatrechtliche Vereinbarung nicht ausschließbare Haftung für die fremden Schulden unter Berücksichtigung der wechselseitigen Leistungen - typischerweise - in seine wirtschaftlichen Überlegungen im Sinne einer (wenn auch nur subjektiv wirtschaftlichen) Äquivalenz zwischen dem übernommenen Betrieb und den offenen Beitragsschulden, für die er zu haften hat, einzubeziehen. Nur diese beiden Elemente vermögen - so wie im Bereich der Haftung nach § 14 BAO - eine im öffentlichen Interesse der Beitragssicherung nicht auf den Wert des übernommenen Betriebes beschränkte (also keine objektive Äquivalenz der wechselseitigen Leistungen voraussetzende) und nicht ausschließbare Haftung zu rechtfertigen. Dieses Verständnis begünstigt auch - anders als im Falle des weiten Nachfolgebegriffes - die wirtschaftspolitisch, aber auch sozialpolitisch wünschenswerte Fortführung von Betrieben. Knüpft man nämlich - so wie bisher - die Haftung an die bloße Fortführung des Betriebes an, so kann zwar der Betriebsnachfolger Überlegungen anstellen, ob es für ihn rentabel sei, den Betrieb trotz der ihm bekannten Beitragsrückstände (vgl. § 67 Abs. 4 letzter Satz ASVG) fortzuführen; diese bloße Kalkulierbarkeit der Rentabilität führt aber in jenen Nachfolgefällen, in denen der Nachfolger den Betrieb nicht vom Beitragsschuldner auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes erwirbt, zufolge des dann typischerweise bestehenden Mangels einer Anrechenbarkeit der Schuld im Erwerb sehr häufig zur Nichtübernahme, da es ja in den Haftungsfällen in der Regel um Betriebe geht, die zur Reaktivierung aufwendiger Investitionen und daher des Einsatzes hohen Eigen- oder Fremdkapitals bedürfen, weshalb ihre Fortführung durch die gesetzlich eintretende, im Erwerb nicht anrechenbare Haftung nach § 67 Abs. 4 ASVG sehr oft erschwert wird.

4.10.1. Versteht man aber unter dem „Erwerb“ eines Betriebes nach § 67 Abs. 4 ASVG seine „Übereignung“ im Sinne des § 14 BAO, so folgt daraus ein Dreifaches:

4.10.2. Erstens muß - durchaus im Einklang mit der bisherigen Judikatur zum Betriebsbegriff (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1981, Zl. 08/1011/79) - ein lebender bzw. lebensfähiger (aktivierbarer oder reaktivierbarer) Betrieb (Unternehmen) erworben werden, d.h. eine organisierte Erwerbsgelegenheit als Objekt im Rechtsverkehr, in der die durch die Betriebsart und den Betriebsgegenstand bestimmten personellen, sachlichen und ideellen Werte (Betriebsmittel) zusammengefaßt sind. Der Erwerb bloßer (nicht zur Organisationseinheit Betrieb aktivierbarer oder reaktivierbarer) Betriebsmittel genügt nicht. Unter der Voraussetzung einer „selbständigen Betriebsmöglichkeit“ (vgl. dazu Erkenntnis vom 20. März 1975, Slg. N.F. Nr. 8790/A) ist aber ein haftungsauslösender Teilbetriebserwerb möglich, bei dem sich die Haftung allerdings nur auf jene Beitragsschulden beziehen kann, die in diesem Teilbetrieb angefallen sind.

4.10.3. Zur Betriebsnachfolge bzw. zum Erwerb eines Betriebes ist - ebenfalls im Einklang mit der bisherigen Judikatur - zweitens nicht erforderlich, daß alle Betriebsmittel erworben werden; es genügt der Erwerb jener Betriebsmittel, die nach der Betriebsart und dem Betriebsgegenstand die wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Daß nicht an allen Betriebsmitteln Eigentum (im engeren oder weiteren Sinn: vgl. dazu Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 354; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes, I 6, Seite 65, II 6, Seite 38) erworben werden kann und erworben wird, rechtfertigt ebensowenig wie der Umstand, daß vielfach die Einräumung von Rechten an einzelnen, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellenden Betriebsmitteln (z.B. an der Betriebsstätte) nicht vom „Vorgänger im Betrieb“, sondern von einem Dritten erfolgt, - insofern gegen die Argumentation in Slg. N.F. Nr. 4763/A nicht die weite Auslegung des Begriffes „Betriebsnachfolger“.

4.10.4. Drittens ist es aber vom dargestellten Rechtfertigungsgrund der Betriebsnachfolgehaftung nach § 67 Abs. 4ASVG her - insofern in teilweisem Gegensatz zur bisherigen Judikatur - nach nunmehriger Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder entscheidend, ob der Betriebsnachfolger den Betrieb auch tatsächlich fortführt (oder ihn etwa nur erwirbt, um ihn aus Gründen der Konkurrenzausschaltung sofort stillzulegen: vgl. Reeger-Stoll, Bundesabgabenordnung, Seite 64), noch - konsequenterweise - von Bedeutung, ob er den Betrieb im Falle der Fortführung mit demselben Betriebsgegenstand betreibt.

4.11. Als „Betriebsnachfolger“ gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (unter dem im Beschwerdefall zu prüfenden Gesichtspunkt der Nachfolge unter Lebenden) ist somit - zusammenfassend - jene Person zu verstehen, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm erworben hat; die bloße Bestandnahme eines Betriebes (eines Teilbetriebes) begründet daher keine Haftung nach dieser Gesetzesstelle. Zum Betriebserwerb ist es allerdings nicht erforderlich, daß alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erworben werden; es genügt vielmehr der Erwerb jener Betriebsmittel, die die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellenden Betriebsmittel von einem Dritten schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird, und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleibt. Die dieser Auslegung widersprechende gegenteilige Judikatur vermag der Verwaltungsgerichtshof aus den ausführlich dargelegten Gründen nicht mehr aufrecht zu erhalten.

4.12. Da der Beschwerdeführer nach der Begründung des angefochtenen Bescheides weder den Betrieb noch einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb der Gesellschaft auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit der Gesellschaft erworben hat, war der angefochtene Bescheid unter Zugrundelegung der dargelegten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Einer Auseinandersetzung mit dem übrigen Beschwerdevorbringen, insbesondere jenem, die Haftung des Beschwerdeführers nach § 67 Abs. 4 ASVG sei auch deshalb zu verneinen, weil ein Erwerb aus einer Konkursmasse die Anwendbarkeit der gegenständlichen Haftungsnorm ausschließe, bedurfte es daher nicht.

5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da einerseits neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht auch die davon errechnete Umsatzsteuer gebührt und andererseits auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 Abs. 1 ASVG Stempelgebühren nicht zu entrichten sind.

Wien, am 30. November 1983

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