VwGH 82/06/0015

VwGH82/06/00151.7.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des Ing. WW in S, vertreten durch Dr. Hans Langreiter‑Gruber, Rechtsanwalt in Salzburg, Roseggerstraße 23, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 18. Jänner 1982, Zl. 7/13‑2092/29‑1981, betreffend Entschädigung nach § 20 Salzburger Raumordnungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2 implizit
AVG §74 Abs1
ROG Slbg 1977 §20 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1982060015.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchteiles I wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1980, Zl. 1664/79, zu verweisen. Mit dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 30. April 1979, betreffend den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Entschädigung nach § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat damals ausgesprochen, daß nach den hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Naturschutzrechtes die Lage der Grundflächen im Landschaftsschutzgebiet Tennengebirge kein allgemeines Bauverbot bedeutet. Er verwarf die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde, daß schon auf Grund naturschutzrechtlicher Bestimmungen jede Art von Verbauung unzulässig sei, als rechtsirrig. Der Gerichtshof verwies allerdings darauf, daß bei der Beurteilung der Frage des Ausmaßes der durch den Flächenwidmungsplan entstandenen Wertminderung Umstände eine Rolle spielen können, die zu Nutzungsbeschränkungen oder Nutzungsverboten von Grundflächen (auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen oder bestimmter Gegebenheiten) führen. Es könnte der Fall eintreten, daß die Annahme einer Wertverminderung im Sinne des Gesetzes zur Gänze verneint werde. Abschließend bemerkte der Gerichtshof, daß hinsichtlich des zum Bauplatz erklärten Grundstückes die weitere Frage des Vorliegens einer unbilligen Härte jedenfalls bejaht werden müßte.

lm fortgesetzten Verfahren holte die Salzburger Landesregierung zur Frage der Schätzung des Liegenschaftswertes das Gutachten eines technischen Amtssachverständigen ein, welcher den Baulandpreis mit S 400,-- pro Quadratmeter schätzte, den Preis für ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück als mit S 35,-- pro Quadratmeter als angemessen beurteilte und für die Lage der Grundflächen in der „gelben“ Zone der Wildbachverbauung vom Baulandpreis eine Wertminderung von 25 % als gerechtfertigt erachtete. Diese gutächtliche Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und er nahm kritisch zu den gutächtlichen Äußerungen Stellung und legte in der Folge ein privates Schätzungsgutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes der Grundflächen vor. Die Kosten des Gutachtens in der Höhe von S 7.823,-- machte er gemäß § 20 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes mit der Begründung geltend, daß bisher kein Gutachten eines „fachlich zuständigen“ Sachverständigen eingeholt worden sei.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers mit Verfügung vom 19. November 1981, Zl. 81/06/0168, das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG 1965 freigestellt hatte, innerhalb einer Frist von acht Wochen den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides vorzulegen, erließ die Salzburger Landesregierung den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Jänner 1982, mit welchem sie den Antrag des Beschwerdeführers auf eine Entschädigung gemäß § 20 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes neuerlich abwies (Spruchteil I) und gleichzeitig seinem Antrag auf Zuerkennung der Kosten des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens keine Folge gab (Spruchteil II).

Die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung einer Entschädigung begründete die belangte Behörde damit, daß mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. März 1977 dem Beschwerdeführer die naturschutzbehördliche Zustimmung zur Errichtung eines Wohnobjektes verweigert und in diesem Bescheid ausdrücklich festgehalten worden sei, daß sich die naturschutzbehördliche Prüfung nicht nur auf die Gestaltung des Objektes selbst zu beschränken habe, sondern auch berücksichtigen müsse, ob sich die Errichtung eines bestimmten Bauwerkes an einer bestimmten Stelle überhaupt störend auf die geschützte Landschaft auswirken würde. Diese Befürchtung treffe im Beschwerdefall zu, zumal jede weitere Siedlungsverdichtung in diesem Bereich als störende Maßnahme der dort vorhandenen reizvollen Naturlandschaft anerkannt werden müsse. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei mit Erkenntnis vom 5. April 1979, Zl. 993/77, als unbegründet abgewiesen worden. Da sohin schon aus Gründen des Naturschutzes die gegenständlichen Grundstücke keiner Verbauung zugeführt werden könnten, könnten sie, wie dem Gutachten des Amtssachverständigen zu entnehmen sei, nur als Grünland bewertet werden, weshalb durch die Ausweisung im Flächennutzungsplan als Grünland (ländliches Gebiet mit landwirtschaftlicher Nutzung) keine Wertminderung erfolgt sei. Aus diesem Grunde sei auch ein weiteres Eingehen auf die Differenzen zwischen den vom Amtssachverständigen und den vom Beschwerdeführer beigezogenen Sachverständigen ermittelten Bau- und Grünlandpreisen entbehrlich.

Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Kosten des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens begründete die Salzburger Landesregierung damit, daß gemäß § 74 Abs. 1 AVG 1950 das Prinzip der Selbsttragung der Kosten gegeben sei. Die diesbezügliche Geltendmachung der Bestimmungen des § 20 Abs. 3 ROG 1977 durch den Beschwerdeführer sei unrichtig.

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Er erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in seinen Rechten verletzt, als sein Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung gemäß § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 abermals abgewiesen worden sei.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, die belangte Behörde habe unter völliger Mißachtung der eingangs erwähnten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abermals mit einem nicht nur wortwörtlich gleichen Bescheidspruch, sondern auch mit der vollkommen gleichen, vom Verwaltungsgerichtshof bereits als rechtsirrig bezeichneten Begründung seinen Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung abgewiesen.

Schon diesen Ausführungen des Beschwerdeführers kommt Berechtigung zu. Nach § 63 Abs. 1 VwGG 1965 sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in seiner Entscheidung vom 1. Oktober 1980 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er die Auffassung der belangten Behörde nicht teilt, daß durch die bloße Lage eines Grundstückes in einem Landschaftsschutzgebiet jede Art von Verbauung der Grundflächen unzulässig sei. Die belangte Behörde will nur unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1979, Zl. 993/77, dartun, daß im Beschwerdefall tatsächlich jede Verbauung der Grundflächen des Beschwerdeführers von der Naturschutzbehörde abgelehnt worden wäre. Mit dem zitierten Erkenntnis des Gerichtshofes hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in der Begründung seines Erkenntnisses vom 1. Oktober 1980 auseinandergesetzt und dargetan, daß die Naturschutzbehörde jeweils auf Grund eines konkreten Vorhabens zu prüfen hat, ob durch die Verwirklichung des Vorhabens eine abträgliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes anzunehmen ist oder nicht. Gerade in seinem Erkenntnis vom 5. April 1979, Zl. 993/77, hat aber der Verwaltungsgerichtshof die damalige Beschwerde insbesondere deshalb als unbegründet abgewiesen, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren dem Gutachten des Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene hinsichtlich der zu lösenden Fachfragen entgegengetreten ist, sodaß die Naturschutzbehörde das schlüssige Gutachten ihrer Entscheidung zugrundelegen durfte. Damit wurde aber lediglich ausgesagt, daß die damals vom Beschwerdeführer der Naturschutzbehörde vorgelegten Planungsvarianten von der Naturschutzbehörde als im Landschaftsschutzgebiet nicht zulässig erachtet wurden, nicht aber ist damit eine Aussage in der Richtung getroffen, daß jedes Vorhaben des Beschwerdeführers als landschaftsbeeinträchtigend zu gelten hat, wie immer es beschaffen ist. Die Richtigkeit dieser Aussage ergibt sich auch aus § 68 Abs. 1 AVG 1950, wonach einem neuerlichen Ansuchen des Beschwerdeführers entschiedene Sache nur ‑ bei einem (im wesentlichen) unveränderten Projekt auch sonst gleichgebliebene Sach- und Rechtslage vorausgesetzt ‑ entgegengehalten werden könnte.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß auf Grund naturschutzrechtlicher Bestimmungen jede Art von Bebauung unzulässig sei, hat aber der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 1980 ausdrücklich als rechtswidrig bezeichnet. An diese Rechtsansicht war aber die belangte Behörde nach den Bestimmungen des § 63 VwGG 1965 gebunden und dies trifft in gleicher Weise für den Verwaltungsgerichtshof zu (vgl. etwa Erkenntnis vom 14. September 1970, Slg. N. F. Nr. 7850/A). Wenn die belangte Behörde sich nun in ihrer Begründung vor allem auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1979 stützte, so konnte sie auf Grund der dargelegten Erwägungen damit weder eine geänderte Sachlage noch eine geänderte Rechtslage dartun und sie hat mit ihrer neuerlichen Entscheidung die Grenzen der Bindungswirkung nach § 63 VwGG 1965 verkannt. Damit aber belastete sie den angefochtenen Bescheid in seinem Spruchteil I mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit und er war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Bei dieser Situation erübrigte sich ein Eingehen auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde.

Hinsichtlich des angefochtenen Spruchteiles II des angefochtenen Bescheides erweist sich jedoch die Beschwerde als nicht begründet. Die belangte Behörde war verpflichtet (§ 39 AVG 1950), den für die Erledigung des Entschädigungsverfahrens maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und hatte sich hiebei auf Grund der Vorschrift des § 52 Abs. 1 AVG 1950 der ihr beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) zu bedienen. Wenn der Beschwerdeführer auch zur Widerlegung des Gutachtens des Amtssachverständigen ein Privatgutachten vorlegte, so können nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Kosten des Privatgutachtens nicht zu Recht von der Behörde begehrt werden. Die belangte Behörde hat daher zu Recht unter Hinweis auf § 74 Abs. 1 AVG 1950 den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen, weil nach der genannten Gesetzesstelle jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten hat. Als eine Ausnahme von dieser Regel im Sinne des § 74 Abs. 2 AVG 1950 kann auch nicht die Bestimmung des § 20 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes angesehen werden, weil es sich hiebei nicht um Verfahrenskosten im Sinne der genannten Gesetzesstelle gehandelt hat, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darlegt. In dieser Beziehung war daher der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Kostenersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 1. Juli 1982

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