LVwG Vorarlberg LVwG-408-138/2020-R7

LVwG VorarlbergLVwG-408-138/2020-R727.1.2021

EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
EpidemieG 1950 §26

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGVO:2021:LVwG.408.138.2020.R7

 

 

 

 

 

ImNamenderRepublik!

 

 

 

Erkenntnis

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schlömmer über die Beschwerde der S L G m.b.H., I, vertreten durch Matt Anwälte OG, Bregenz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 19.08.2020 betreffend Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

 

 

Begründung

 

1. Mit angefochtenem Bescheid wurde Folgendes entschieden:

Spruch

 

Der Antrag der S L Gesellschaft m.b.H. vom 15.03.2020, präzisiert mit Antrag vom 30.04.2020, auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 (WV) i.d.g.F. wird abgewiesen .“

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Einschreiterin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser wird Folgendes vorgebracht:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Beschwerdeführerin – S L G m.b.H. mit Sitz in I – betreibt in L einen Seilbahnbetrieb.

 

Die Beschwerdeführerin hat mit den Schreiben vom 15.03.2020 und (ergänzend) vom 30.04.2020 die Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 Abs 1 Z 5 iVm Abs 3 und 4 Epidemiegesetz 1950 für den Zeitraum vom 16.03.2020 bis einschließlich 13.04.2020 beantragt.

 

4. Der obige Sachverhalt ergibt aus der Aktenlage und ist unbestritten.

 

5.1. Rechtliche Grundlagen:

 

Gemäß § 26 Abs 1 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950, wird für den Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten (Eisenbahnen, Binnenschifffahrtsunternehmungen, Flöße usw) und für den Verkehr auf denselben durch Verordnung bestimmt, in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind.

Gemäß Abs 2 leg cit werde in gleicher Weise die erforderlichen Anordnungen über die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes auf Schiffen und Hafenbauten und sonstigen im Bereiche der Seebehörden gelegenen Objekten durch Verordnung erlassen.

 

Gemäß § 32 Abs 1 EpiG, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 104/2020, ist natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

1. sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder

2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 untersagt worden ist, oder

3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder

4. sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß § 22 angeordnet worden ist, oder

7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

 

Gemäß Abs 3 leg cit ist die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1974_399_0/1974_399_0.pdf , zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl Nr 414, ist vom Bund zu ersetzen.

 

Gemäß Abs 4 leg cit ist für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

 

§ 32 Abs 1, 3 und 4 EpiG, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl Nr 702/1974 sowie idF BGBl I Nr 43/2020, ist mit dem oben zitierten Gesetzestext ident.

 

Gemäß § 33 EpiG, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl Nr 702/1974, ist der Anspruch auf Entschädigung gemäß § 29 binnen sechs Wochen nach erfolgter Desinfektion oder Rückstellung des Gegenstandes oder nach Verständigung von der erfolgten Vernichtung, der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen, widrigenfalls der Anspruch erlischt.

 

Gemäß § 49 Abs 1 EpiG, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 62/2020, ist abweichend von § 33 der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges, der aufgrund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme besteht, binnen drei Monaten vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen.

 

Gemäß § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG), BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 23/2020, kann beim Auftreten von COVID-19 durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Die Verordnung ist

1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,

2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt oder

3. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken. Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen jene bestimmten Orte betreten werden dürfen.

 

§ 2 COVID-19-MG idF BGBL I Nr 12/2020 unterscheidet sich zum jenen § 2 COVID-19-MG idF BGBl I Nr 23/2020 dadurch, dass nach dem letzten Satz der Regelung der Satz „Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen jene bestimmten Orte betreten werden dürfen.“ ergänzt wurde.

 

Gemäß § 4 Abs 1 COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 23/2020, tritt dieses Bundesgesetz mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft.

 

Gemäß Abs 1a leg cit tritt Abs 2 idF des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 16/2020, rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.

 

Gemäß Abs 2 leg cit, so der Bundesminister gemäß § 1 eine Verordnung erlassen hat, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

 

Gemäß Abs 3 leg cit bleiben die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 unberührt.

 

Gemäß Abs 4 leg cit können Verordnungen aufgrund dieses Bundesgesetzes vor seinem Inkrafttreten erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten.

 

Im Amtsblatt Nr 13/2020, vom Samstag, 14.03.2020, wurde ua folgende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft F kundgemacht:

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Amtsblatt Nr 19/2020, vom Freitag, 27.03.2020, wurde ua folgende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft F kundgemacht:

 

 

In den Vorarlberger Landesgesetzblättern, LGBl Nr 16/2020, ausgegeben am 27.03.2020 sowie LGBl Nr 22/2020, ausgegeben am 10.04.2020, wurden folgende Verordnungen des Landeshauptmannes kundgemacht:

 

 

 

5.2. Rechtliche Beurteilung:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass die Bestimmungen des EpiG trotz Erlassung des COVID-19-MG aufrecht geblieben sind. Das bedeutet, dass § 32 EpiG mit seiner ausdrücklichen taxativen Aufzählung der Fälle, in denen eine Vergütung zu leisten ist, unverändert Bestand hat. In den Erläuterungen zur Epidemiegesetz-Novelle 1974, BGBl Nr 702/1974, RV 1205, Beilage XIII GP, S 3, wird ausgeführt, dass § 32 eine Entschädigung für alle natürlichen und juristischen Personen sowie für die Personengesellschaften des Handelsrechts vorsehe, die durch eine Erwerbsbehinderung infolge der im Gesetz aufgezählten behördlichen Maßnahmen einen Verdienstentgang erlitten hätten.

 

Der vorliegend zu beurteilende Fall eines Vermögensnachteiles, der zunächst aufgrund der Erlassung einer Verordnung gemäß § 26 EpiG entstanden sei bzw – wie sich noch zeigen wird – aufgrund der Erlassung einer Verordnung nach dem COVID-19-MG (dazu siehe Verordnung BGBl II Nr 96/2020) entstanden ist, fällt nicht unter die im § 32 EpiG taxativ aufgezählten behördlichen Maßnahmen. Des Weiteren hat sich auch nicht ergeben, dass gegenständlich tatsächlich eine Maßnahme gegenüber der Beschwerdeführerin verhängt worden wäre, die auf den § 32 EpiG bzw auf die dort unter Abs 1 Z 1 bis 7 aufgezählten Maßnahmen zurückgeführt werden könnte.

An dieser Stelle ist auch festzuhalten, dass auch die Bestimmung des § 32 Abs 3 EpiG, wonach die Arbeitgeber den Arbeitnehmern den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen haben, nur dann anzuwenden ist, wenn Maßnahmen nach dem EpiG dazu geführt haben, dass es zu einer Behinderung des Erwerbes gekommen ist.

 

§ 32 Abs 3 EpiG ist keine Rechtsgrundlage für eine Entgeltfortzahlung, wenn die Behinderung des Erwerbs – wie sich gegenständlich noch zeigen wird – durch eine Maßnahme nach dem COVID-19-MG entstanden ist. Dasselbe gilt für den Übergang des Anspruchs auf Vergütung von Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber. Auch ein solcher findet nur im Fall von Maßnahmen nach dem EpiG statt. Das COVID-19-MG enthält keine derartigen Regelungen. Darüber hinaus ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich im § 32 EpiG – worauf sich der Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges der Beschwerdeführerin stützt – keine Maßnahme ergibt, welche iVm dem § 26 EpiG steht.

 

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) führte ua in seiner Entscheidung vom 14.07.2020, G 202/2020-20, aus, dass im Hinblick auf Betretungsverbote von Betriebsstätten, die wegen COVID-19 auf Grundlage des § 1 COVID-19-MG angeordnet würden, eine Vergütung des dadurch entstandenen Verdienstentganges nach § 32 EpiG nicht in Betracht komme. Der Gesetzgeber habe die Geltung der Regelungen des EpiG über die Schließung von Betriebsstätten betreffend Maßnahmen nach § 1 COVID-19-MG ausgeschlossen. Mit der Schaffung des COVID-19-MG habe der Gesetzgeber offenkundig (auch) das Anliegen verfolgt, Entschädigungsansprüche im Falle einer Schließung von Betriebsstätten nach dem EpiG, konkret nach § 20 iVm § 32 EpiG, auszuschließen.

 

Weiters hat der VfGH im zitierten Erkenntnis ausgeführt, dass auch das im § 4 Abs 1a COVID-19-MG vorgesehene rückwirkende Inkrafttreten des § 4 Abs 2 idF des BGBl I Nr 16/2020 mit 16.03.2020 aus Sicht des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes keinen Bedenken begegnet: Der Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen des EpiG betreffend die Schließung von Betriebsstätten sei bereits in der – am 16.03.2020 in Kraft getretenen – Stammfassung des § 4 Abs 2 COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020, enthalten gewesen. Mit der Novellierung BGBl I Nr 16/2020 sei die Bestimmung lediglich insofern präzisiert worden, als die Bestimmungen des EpiG betreffend die Schließung von Betriebsstätten „im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung“ nach § 1 COVID-19-MG nicht gelten würden. Eine rückwirkende Beeinträchtigung einer Vertrauensposition sei darin nicht zu erblicken.

 

Die Anwendung des § 32 EpiG – gegenständlich wohl § 32 Abs 1 Z 5 iVm mit Abs 3 und 4 EpiG – auf Maßnahmen resultierend aus § 26 EpiG bzw aus § 4 iVm mit § 1 COVID-19-MG scheitert somit schon deswegen, weil – wie bereits oben ausgeführt – § 32 EpiG jene Fälle, in denen eine Vergütung zu leisten ist, taxativ aufgezählt hat und dazu keine Maßnahmen aus § 26 EpiG bzw aus seiner COVID-19-Maßnahmenverordnung zählen.

 

Da im gegenständlichen Fall die Behinderung des Erwerbes und der dadurch entstandene Vermögensnachteil nicht durch eine der im § 32 Abs 1 Z 1 bis 7 EpiG aufgezählten Maßnahmen entstanden ist, gebührt für den Verdienstentgang kein Ersatz nach dem EpiG.

 

An der obigen Beurteilung können auch die unter Punkt 2. wiedergegebenen Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts ändern.

 

Entgegen der Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht erkannt werden, dass es gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft F vom 14.03.2020 nicht möglich gewesen wäre, den Betrieb von Seilbahnen (§ 2 Abs 1 Seilbahnengesetz 2003) gemäß § 26 EpiG einzustellen. Im Zusammenhang mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin zu § 26 EpiG ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Regelung im Jahre 1947 in Kraft getreten ist, daher unter Umständen der Gesetzestext den Gedanken aufkommen lassen könnte, dass dieser nicht auf den gegenständlichen Seilbahnbetrieb angewendet werden kann. Sieht man lediglich den Klammerausdruck des § 1 Abs 1 der genannten Verordnung – § 2 Abs 1 Seilbahngesetz 2003 – und nimmt in diesen Einblick, so ergibt sich bei verständiger Würdigung unter Einbeziehung der Bezeichnung der Verordnung (Schließung von Seilbahnbetrieben und Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2), dass von dieser Verordnung auch die Seilbahn der Beschwerdeführerin mitumfasst ist.

 

Nicht nachvollziehbar ist für das Landesverwaltungsgericht, dass es sich bei der genannten Verordnung, welche gemäß § 26 EpiG verfügt wurde, in Wahrheit um eine Betriebsschließung nach § 20 EpiG handeln könnte. Auch, dass die gegenständlich auf § 26 EpiG gestützte Verordnung zweifellos rechtswidrig sei und dementsprechend die belangte Behörde in verfassungskonformer Interpretation wohl von einer Verordnung gemäß § 20 EpiG ausgehen hätte müssen und somit dem Antrag auf Entschädigung gemäß § 32 EpiG stattzugeben gewesen wäre, ist nicht verständlich. Für das Landesverwaltungsgericht ergeben sich keine Hinweise, dass die gegenständliche Verordnung rechtswidrig gewesen sein könnte, welche zwischenzeitlich durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft F vom 27.03.2020, Amtsblatt Nr 19/2020, außer Kraft gesetzt wurde.

 

Selbst wenn man den Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit § 26 EpiG und den Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft F folgen könnte, ist die Beschwerdeführerin auf Folgendes hinzuweisen:

 

In einem kurzen Zeitfenster zwischen dem Inkrafttreten der Verordnung BGBl II Nr 74/2020 am 01.03.2020, welche die Bestimmungen des § 20 Abs 1 bis 3 EpiG auch für COVID-19 anwendbar machte und dem Inkrafttreten des COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020, per 16.03.2020, wäre die belangte Behörde grundsätzlich berechtigt gewesen, eine auf § 20 EpiG gestützte Betriebsschließung durchzuführen, wovon sie allerdings im vorliegenden Fall nicht Gebrauch gemacht hat. Ab diesem Zeitpunkt (16.03.2020) bestand diese Möglichkeit nicht mehr, da der zuständige Bundesminister von der dortigen Verordnungsermächtigung noch am gleichen Tag mit Erlassung der Verordnung BGBl II Nr 96/2020 Gebrauch gemacht hat und mit diesem Tag ein bis 30.04.2020 in Geltung befindliches bundesweites Betretungsverbot (Betriebsschließung) anordnete, mit welchem der formell weiter in Geltung befindliche § 20 EpiG materiell derogiert wurde. Somit hätte die belangte Behörde, auch wenn sie dies tatsächlich gewollt hätte, keine Betriebsschließung gemäß § 20 EpiG verfügen können (dazu siehe LVwG Steiermark vom 02.12.2020, Zl 41.15-2669/2020).

 

Somit ist insgesamt festzustellen, dass der Beschwerdeführerin kein Entschädigungsanspruch nach dem EpiG zusteht, womit spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Abschließend soll die Beschwerdeführerin drauf hingewiesen werden, dass schon der VfGH in seiner Entscheidung vom 14.07.2020, G 202/2020-20, ua ausgeführt hat, dass die Betretungsverbote in einem umfangreichen Maßnahmen- und Rettungspaket eingebettet gewesen seien. Dieses habe darauf abgezielt, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Betretungsverbote auf die betroffenen Unternehmen bzw im Allgemeinen von Folgen der COVID-19-Pandemie abzufedern. So hätten bzw würden die betroffenen Unternehmen insbesondere Anspruch auf Beihilfen bei Kurzarbeit und auf andere finanzielle Unterstützungsleistungen gehabt bzw haben. Im Hinblick auf diese Hilfsmaßnahmen stelle das Betretungsverbot keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums dar. Bei der gegebenen Konstellation könne ein Anspruch auf Entschädigung für alle vom Betretungsverbot erfassten Unternehmen aus diesem Grundrecht nicht abgeleitet werden.

 

6. Zunächst ist festzuhalten, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft F vom 14.03.2020 aufgrund der obigen Ausführungen sowie gemäß der Anregung in der Beschwerde dem VfGH zu einer allfälligen Beurteilung nicht vorgelegt wird.

 

Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Zunächst ist auszuführen, dass vorliegend Rechtsfragen zu klären waren und dazu sich bereits der Sachverhalt unbestritten und entscheidungsreif aus der Aktenlage ergeben hat. Darüber hinaus ergeben sich weder aus der Beschwerde vom 12.10.2020 noch aus der Aktenlage konkrete Beweisanträge, die eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtsfragen erwarten ließen. Auch ergeben sich aus dem Vorbringen keine konkreten Beweisthemen, welche noch zu erheben wären und welche für die vorliegenden Rechtsfragen von Bedeutung wären. Daher ist zusammenfassend darauf hinzuweisen, dass das Landesverwaltungsgericht im vorliegenden Falle eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, da der für die Entscheidung relevante Sachverhalt geklärt ist und in der Beschwerde keine Rechtsfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erforderlich machen würde (dazu siehe auch VwGH 25.02.2020, Ro 2019/03/0029). Auch wenn noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Vergütung für den Verdienstentgang im Zusammenhang mit COVID-19 vorliegt, vermag das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allerdings dann eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht zu begründen, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist. Im vorliegenden Fall ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen und aufgrund des Erkenntnisses des VfGH vom 14.07.2020, G 202/2020-20 ua, klar und eindeutig, sodass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

 

7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die im Verfahren auftretenden Rechtsfragen können aufgrund des klaren Wortlautes der anzuwendenden Bestimmungen ausreichend beurteilt werden.

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