FSG 1997 §24 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.411.65.2020.R20
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Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Claudia Drexel, BA, über die Beschwerde des M D, L,vertreten durch Heinzle Nagel Rechtsanwälte, Bregenz,gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D vom 05.10.2020 betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs 1 Z 1 iVm § 7 Abs 1 und Abs 3 Z 1 sowie gemäß den §§ 25 Abs 1 und 26 Abs 1 des Führerscheingesetzes (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für die Dauer von einem Monat, gerechnet ab dem 06.09.2020, somit bis einschließlich 06.10.2020, entzogen. Gleichzeitig wurde gemäß § 24 Abs 3 FSG als begleitende Maßnahme eine Nachschulung angeordnet und dem Beschwerdeführer aufgetragen, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme und eine fachärztliche Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie beizubringen. Es wurde bestimmt, dass diese Anordnungen spätestens bis zum Ende der Entziehungsdauer zu befolgen bzw der Bezirkshauptmannschaft D beizubringen sind. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen.
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Darin wendet er sich gegen den Ausspruch, dass die verfügten begleitenden Maßnahmen (Nachschulung, amtsärztliches Gutachten, verkehrspsychologische Stellungnahme, fachärztliche Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie) spätestens bis zum Ende der Entziehungsdauer zu befolgen bzw der Bezirkshauptmannschaft D beizubringen sind. Insoweit wird auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung angefochten.
Begründend bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er am 05.09.2020 einer Verkehrskontrolle unterzogen worden sei. Die amtsärztliche Untersuchung habe den Verdacht einer Beeinträchtigung durch Suchtgift ergeben. Aufgrund dessen sei dem Antragsteller der Führerschein vorläufig abgenommen worden.
Die Behörde habe mit dem am 05.10.2020 verfassten Bescheid, der denkmöglich nicht vor dem letzten Tag der Entziehungsfrist, also dem 06.10.2020, zugestellt werden habe können, vorgeschrieben, dass die Anordnungen spätestens bis zum Ende der Entziehungsdauer zu befolgen sind. Dieser Spruchteil führe – im Zusammenhang mit dem Hinweis, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Nachschulung bzw vor Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens ende – dazu, dass die Entziehungsdauer bis zur Befolgung aller Anordnungen verlängert werde.
Mit dieser Anordnung bewirke die Behörde offenkundig gesetzwidrig, dass die in § 26 Abs 1 Satz 1 FSG festgelegte fixe Entziehungszeit von einem Monat um zumindest fünf Wochen verlängert werde. Für die Nachschulung seien gemäß § 5 Abs 4 FSG-NV mehrere Sitzungen vorgeschrieben, die über einen Zeitraum von mindestens 22 Tagen verteilt sein müssten. Zuvor müsse gemäß § 5 Abs 7 FSG-NV die verkehrspsychologische Untersuchung durchgeführt werden. Auch der Amtsarzttermin sei dem Beschwerdeführer auf 11.11.2020 vorgegeben worden. Die Behörde bewirke damit einen „kalten Entzug“, den es, wie insbesondere die Materialien zur 5. FSG-Novelle, BGBI I Nr 81/2002, zum Ausdruck bringen würden, zu vermeiden gelte.
Der Beschwerdeführer verweist überdies auf das Erkenntnis des VwGH vom 11.04.2000, 99/11/0338, in dem dieser (in Bezug auf eine Nachschulungsanordnung) ausgesprochen habe, dass von einer Nichtbefolgung keine Rede sein könne, wenn dem zur Befolgung einer Nachschulungsanordnung Verpflichteten trotz seines Verlangens keine solche angeboten wurde. Dies habe der VfGH in seinem Erk vom 27.06.2003, G 373/02 ua, zum Anlass genommen, § 24 Abs 3 fünfter Satz FSG (idF BGBI I Nr 81/2002) für verfassungskonform zu erklären. Der VfGH lege zugrunde, dass es nicht zur Verlängerung der Entziehungsdauer kommen könne, wenn den Betroffenen an der Nichtbefolgung einer Anordnung kein Verschulden treffe. Das Gesetz selbst trage diesem Gedanken in § 24 Abs 3 Satz 11 FSG Rechnung, wenn es anordne, dass die Behörde eine angemessene Frist zu setzen habe, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren sei.
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass die in den beiden angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Überlegungen für alle Arten von zur Beendigung der Entziehung der Lenkberechtigung erforderlichen Mitwirkungshandlungen gelten müssten, sei dies nun eine Nachschulung, eine amtsärztliche Untersuchung, eine verkehrspsychologische Stellungnahme oder eine fachärztliche Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie.
Da der angefochtene Bescheid, mit welchem die begleitenden Maßnahmen angeordnet worden seien, am letzten Tag der Entziehungsdauer zugestellt und damit wirksam geworden sei, sei evident, dass es dem Antragsteller absolut unmöglich sei, die begleitenden Maßnahmen zeitgerecht zu erfüllen, um nach Ablauf der zeitlich fixierten Entziehungsdauer den Führerschein wieder ausgefolgt zu erhalten.
Der Beschwerdeführer beantragt daher die Beseitigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung sowie die ersatzlose Behebung des Ausspruchs, dass die Anordnungen einer Nachschulung, der Beibringung einer amtsärztlichen Untersuchung, einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie einer fachärztlichen Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie spätestens bis zum Ende der Entziehungsdauer zu befolgen bzw der Bezirkshauptmannschaft D beizubringen sind.
3. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer lenkte am 05.09.2020 ein Kraftfahrzeug auf einer näher bezeichneten Straße in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand. Er hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO begangen.
Der Beschwerdeführer ist Ersttäter im Sinne des § 26 Abs 1 iVm Abs 5 FSG.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund des Verwaltungsaktes als erwiesen angenommen:
Aus der Anzeige der PI L vom 06.09.2020 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer ein Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Aus der polizeiärztlichen Untersuchung vom 05.09.2020 geht die Fahruntüchtigkeit des Beschwerdeführers aufgrund von Suchtgift hervor. Eine Untersuchung von Blutproben des Beschwerdeführers auf Suchtmittel durch Dr. S, Institut für Gerichtliche Medizin der Universität I, ergab eine Beeinträchtigung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Probenahme durch Cannabinoide.
Es bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen. Zum einen wird dieser Sachverhalt vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Zum andern sind sowohl die Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige der PI L, als auch das Ergebnis der polizeiärztlichen Untersuchung sowie das Gutachten des Dr. S schlüssig und nachvollziehbar.
5.1. Gemäß § 24 Abs 1 Z 1 iVm § 7 Abs 1 und Abs 3 Z 1 ist Besitzern einer Lenkberechtigung diese (ua) dann zu entziehen, wenn davon auszugehen ist, dass deren Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr gegeben ist, weil anzunehmen ist, dass sie aufgrund eines durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustands die Verkehrssicherheit gefährden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO begangen hat.
§ 24 Abs 3 erster Satz FSG sieht vor, dass die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen kann. Gemäß § 24 Abs 3 Z 1 FSG ist die Behörde bei Entziehung der Lenkberechtigung in der Probezeit dazu verpflichtet, eine Nachschulung anzuordnen. Die Anordnung bloß eines Verkehrscoachings kommt in diesem Fall ungeachtet der Frage, ob es sich um eine erstmalige Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO handelt, nicht in Betracht.
§ 24 Abs 3 vierter Satz FSG sieht vor, dass die Behörde im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme auftragen kann.
Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer gemäß § 24 Abs 3 sechster Satz FSG nicht vor Befolgung der Anordnung.
Gemäß § 26 Abs 1 FSG ist bei einer erstmaligen Übertretung des § 99 Abs 1b StVO die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen.
5.2. Dem Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid die Absolvierung einer Nachschulung, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG, einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie einer Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie aufgetragen. Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde ausschließlich gegen den im Zusammenhang mit diesen Anordnungen erfolgten Ausspruch der Behörde, dass diese Anordnungen spätestens bis zum Ende der Entziehungsdauer zu befolgen bzw der Behörde beizubringen sind, sowie gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde.
5.3. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Anordnung, gegen die sie sich richtet, führt zum selben Ergebnis als die bereits ex lege eintretende Rechtsfolge des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG.
5.3.1. Der Beschwerdeführer hat erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO begangen. Dementsprechend hatte die Behörde die Entziehungsdauer gemäß § 26 Abs 1 FSG mit einem Monat festzusetzen. Gleichzeitig war sie gemäß § 24 Abs 3 Z 1 FSG dazu verpflichtet, eine Nachschulung anzuordnen, weil sich der Beschwerdeführer noch in der Probezeit befindet. Gemäß § 24 Abs 3 sechster Satz FSG endet daher die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der gemäß § 24 Abs 3 erster und vierter Satz FSG angeordneten Maßnahmen.
Die Verlängerung der Entziehungsdauer über den in § 26 Abs 1 FSG vorgesehenen einmonatigen Zeitraum hinaus (bis zur Befolgung der Maßnahmen) ergibt sich somit bereits aus dem klaren Wortlaut des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG, der keine Ausnahmen für die kürzere Entziehungsdauer des § 26 Abs 1 FSG vorsieht.
5.3.2. Gegenteiliges lässt sich auch den vom Beschwerdeführer angeführten Erwägungen in den Materialien (zu BGBl I Nr 81/2002) nicht entnehmen. Darin wird ausgeführt, dass mit der Verlängerung der Entziehungsdauer bis zur Befolgung der Anordnungen gemäß § 24 Abs 3 FSG den Schwierigkeiten begegnet werden soll, die mit dem damals geltenden § 28 Abs 2 FSG verbunden waren. Dieser sah vor, dass erst anlässlich der Wiederausfolgung des Führerscheines geprüft wurde, ob und gegebenenfalls welche sonstigen Anordnungen vorzuschreiben sind. Dies führe fast zwangsläufig zu einer faktischen Verlängerung der Entziehungsdauer und damit zu einem „kalten Entzug“. Daher solle künftig bereits anlässlich der Entziehung über die Erbringung etwaiger weiterer Nachweise abgesprochen werden. Dabei werde davon ausgegangen, dass begleitende Maßnahmen oder ärztliche Gutachten nur bei schwereren Delikten oder im Fall von Wiederholungsdelikten angeordnet würden, bei denen die Entzugsdauer entsprechend lange sei; dadurch werde dem Betreffenden realistischerweise die Möglichkeit eingeräumt, die geforderten Anordnungen innerhalb der Entzugszeit beizubringen, sodass ein „kalter Entzug“ vermieden werde.
Zwar ergibt sich aus diesen Ausführungen, dass mit § 24 Abs 3 Satz FSG ein „kalter Entzug“ verhindert werden soll (vgl auch VwGH 08.09.2016, Ra 2014/11/0087). Sie sind jedoch vor dem Hintergrund zu sehen, dass damit die mit der Novelle BGBl I Nr 81/2002 in § 24 Abs 3 FSG vorgenommenen Änderungen in Abgrenzung zur vorherigen Rechtslage erläutert werden. Nach der vorherigen Rechtslage war ein solcher „kalter Entzug“ bei Vorschreibung einer verkehrspsychologischen Untersuchung, der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens oder eines Gutachtens über die fachliche Befähigung schon deshalb in aller Regel unvermeidlich, weil erst anlässlich der Wiederausfolgung der Lenkberechtigung geprüft wurde, ob solche Anordnungen vorzuschreiben sind.
Aus diesen Erwägungen ist außerdem abzuleiten, dass der Gesetzgeber dabei den Regelfall einer mehrmonatigen Entziehungsdauer vor Augen hat. Diese Ausführungen können folglich nicht als Beleg dafür herangezogen werden, dass der Gesetzgeber trotz des eindeutigen Wortlauts des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG in den Materialien den (abweichenden) Willen geäußert hat, dass ein kürzerer Entziehungszeitraum, wie er sich im vorliegenden Fall aus der Privilegierung des § 26 Abs 1 FSG ergibt, zum Ausschluss der Rechtsfolgen des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG führen soll.
5.3.3. Zum selben Ergebnis führt eine Zusammenschau von § 24 Abs 3 dritter Satz in Verbindung mit § 24 Abs 3 vorletztem und letztem Satz FSG. Diese Bestimmungen sehen vor, dass eine Person, die sich nicht mehr in der Probezeit befindet, bei der erstmaligen Übertretung des § 99 Abs 1b StVO (anstelle einer Nachschulung) ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen zu absolvieren hat. Die Behörde hat dafür eine angemessene Frist zu setzen. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
Das Gesetz sieht daher die Endigung des gesetzlich vorgesehenen Entziehungszeitraums unabhängig von der Absolvierung der gemäß § 24 Abs 3 angeordneten Maßnahmen nur im Fall einer erstmaligen Übertretung des § 99 Abs 1b StVO außerhalb der Probezeit vor (vgl dazu auch VwGH 01.06.2016, Ra 2016/11/0076). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass sich bei einem Probeführerscheinbesitzer, dem anstelle eines Verkehrscoachings zwingend eine Nachschulung vorzuschreiben ist, die Entziehungsdauer gemäß § 24 Abs 3 sechster Satz FSG ex lege bis zur Befolgung dieser Maßnahme verlängert. Dasselbe gilt hinsichtlich der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und einer fachärztlichen Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie.
Die Materialien (RV 221 Blg NR 24. GP, 3) führen zu § 24 Abs 3 vorletzter und letzter Satz FSG aus, dass die einmonatige Entzugsdauer in einigen Fällen zu kurz sein werde, um das Verkehrscoaching zu absolvieren und die Behörde daher eine angemessene Frist festlegen solle, innerhalb derer es zumutbar und möglich sei, der Anordnung nachzukommen. Daraus geht hervor, dass sich der Gesetzgeber sehr wohl der Problematik bewusst war, dass es bei einer kurzen Entziehungsdauer aufgrund der Anordnung des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG zu einer Verlängerung der Entziehung über den gesetzlich vorgesehenen Zeitraum hinaus kommen kann. Dennoch hat er sich nur für den Fall der Anordnung eines Verkehrscoachings für eine von § 24 Abs 3 sechster Satz FSG abweichende Regelung entschieden.
Es bestehen daher keine Zweifel daran, dass der Gesetzgeber – abgesehen von den Fällen des § 24 Abs 3 vorletzter und letzter Satz FSG – die Verlängerung der Entziehungsdauer über den gesetzlich vorgesehenen Zeitraum hinaus zwecks Absolvierung der aufgetragenen Maßnahmen zur Wiedererlangung der Lenkberechtigung in Kauf genommen hat.
5.3.4. In diese Richtung deutet auch die Entscheidung VwSlg 15.552 A/2001. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hat die Behörde erst nach Ablauf der viermonatigen Entziehungsdauer die Entziehung der (bereits vorläufig abgenommenen) Lenkberechtigung ausgesprochen. Der VwGH hat dazu festgehalten, dass es bei einer vorläufigen Abnahme des Führerscheins dazu kommen kann, dass die Entziehungsdauer im Zeitpunkt des Ausspruches der Entziehung durch die Behörde bereits abgelaufen ist. Die Entziehung sei deshalb jedoch nicht rechtswidrig. Auch führe die Nichtbefolgung der Anordnung zur Absolvierung einer Nachschulung gemäß (dem damaligen) § 25 Abs 3 zweiter Satz FSG dazu, dass die Entziehungsdauer nicht ende, sodass der Betreffende, solange er die Anordnung der Nachschulung nicht befolge, nicht in den Besitz der Lenkberechtigung gelange. Dies gelte auch für jene Fälle, in denen trotz gleichzeitigen Ausspruchs der Entziehung und der Anordnung die Befolgung der Anordnung innerhalb des Zeitraums, für den die Lenkberechtigung entzogen wird, nicht möglich ist. In solchen Fällen habe die im Bescheid festgesetzte Entziehungszeit für das Ende der Entziehungsdauer keine praktische Bedeutung.
Auch aus diesen Ausführungen folgt, dass das Gesetz die Ausfolgung der Lenkberechtigung vor Absolvierung der zum Nachweis bzw zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit aufgetragenen Maßnahmen nicht vorsieht. Der heutige § 24 Abs 3 sechster Satz FSG entspricht inhaltlich dem damaligen § 25 Abs 3 FSG. Diese Judikatur ist daher auch für den vorliegenden Fall maßgeblich. Hätte der Gesetzgeber den dieser Judikatur zugrundeliegenden Erwägungen etwas hinzuzufügen gehabt, ist davon auszugehen, dass er darauf in der zeitlich unmittelbar nachgelagerten Novelle BGBl I Nr 81/2002 Bezug genommen hätte.
5.3.5. Schließlich würde eine Endigung der Entziehung der Lenkberechtigung vor Absolvierung der angeordneten Maßnahmen zum Nachweis bzw zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit dem mit § 24 Abs 1 Z 1 iVm § 7 Abs 1 und Abs 3 Z 1 sowie § 24 Abs 3 sechster Satz FSG verfolgten Ziel zuwiderlaufen: Mit diesen Bestimmungen soll offenkundig die Teilnahme von Personen am Straßenverkehr verhindert werden, die durch ihr bisheriges Verhalten vermuten haben lassen, dass sie aufgrund mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Sobald deren Verkehrszuverlässigkeit durch Absolvierung der ihnen aufgetragenen Maßnahmen wieder gewährleistet ist, steht ihnen die Teilnahme am Straßenverkehr demgegenüber wieder offen.
5.3.6. Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass sich auch aus § 14 Abs 3 FSG-GV ergibt, dass eine Wiederausfolgung des Führerscheins an eine Person, die in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, vor der Erbringung des Nachweises ihrer Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nicht erfolgen darf. Auch diese Bestimmung steht daher einer Ausfolgung der Lenkberechtigung an den Beschwerdeführer vor der Erbringung des Nachweises seiner Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen entgegen.
5.3.7. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass aufgrund der klaren Anordnung des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG, der ex lege die Verlängerung der Entziehungsdauer bis zur Befolgung der aufgetragenen Maßnahmen vorsieht, sowohl die Setzung einer gesonderten, von der Entziehungsdauer losgelösten Frist zur Absolvierung der betreffenden Maßnahmen, als auch ein Ende der Entziehungsfrist vor der Befolgung dieser Maßnahmen ausscheidet. Der angefochtene Spruchteil, wonach die Anordnung einer Nachschulung, einer Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie einer Stellungnahme aus dem Sonderfach Psychiatrie bis zum Ende der Entzugsdauer zu befolgen bzw der Bezirkshauptmannschaft D beizubringen sind, ist – wie der Beschwerdeführer unter Punkt 2. seiner Beschwerde selbst ausführt – im Zusammenhang mit den bereits ex lege eintretenden Rechtsfolgen des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG zu verstehen und weist (wenngleich vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbar) im Grunde lediglich auf diese Rechtsfolgen hin.
5.3.8. Die in der Beschwerde angeführte Judikatur des VwGH und des VfGH vermag die Argumentation des Beschwerdeführers nicht zu stützen. Mit Erkenntnis vom 11.04.2000, 99/11/0338, hat der VwGH (in Bezug auf eine Nachschulungsanordnung) ausgesprochen, dass von der Nichtbefolgung einer Nachschulungsanordnung keine Rede sein könne, wenn dem zur Befolgung einer Nachschulungsanordnung Verpflichteten trotz seines Verlangens keine solche angeboten wurde. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt gegenständlich nicht vor.
Auch die Entscheidung des VfGH in VfSlg 16.925/2003, die bei der Prüfung der Verfassungskonformität des (nunmehrigen) § 24 Abs 3 sechster Satz FSG auf diese Entscheidung des VwGH Bezug nimmt, ist für die vorliegend zu beurteilenden Rechtsfrage nicht einschlägig. Anders als der Beschwerdeführer dartut, hat der VfGH in diesem Erkenntnis nämlich nicht (allgemein) ausgeführt, „dass es nicht zur Verlängerung der Entziehungsdauer kommen könne, wenn den Betroffenen an der Nichtbefolgung einer Anordnung kein Verschulden treffe“. Tatsächlich hat er lediglich festgehalten, dass nach dieser Judikatur des VwGH „ein mangelndes Angebot an Kursplätzen für sich allein genommen nicht dazu führen kann, dass der Einzelne durch eine Verlängerung der Entziehungsdauer wegen Nichtbefolgung der Anordnung belastet wird“.
Es ist nicht ersichtlich, was aus diesem Ausspruch für die Position des Beschwerdeführers, dass der Zeitraum der Entziehung seiner Lenkberechtigung entgegen der expliziten Anordnung des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG und des § 14 FSG-GV bereits vor Absolvierung der Untersuchungen und Maßnahmen zum Nachweis bzw zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu enden hat, zu gewinnen ist.
5.4. Aufgrund dieser Entscheidung erübrigt sich ein Abspruch über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs 1 VwGVG ohne öffentliche mündliche Verhandlung getroffen werden. Zum einen wurde eine solche vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Zum andern hat das Landesverwaltungsgericht die amtswegige Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, weil der Sachverhalt unstrittig ist und es vorliegend ausschließlich um die Beurteilung von Rechtsfragen ging.
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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