LVwG Steiermark LVwG 41.25-3796/2021

LVwG SteiermarkLVwG 41.25-3796/202119.1.2022

RAO 1945 §16 Abs4
StPO 1975 §1 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.41.25.3796.2021

 

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Michael Hackstock über die Beschwerde der Frau Rechtsanwältin Dr. AB, G, Zgasse, vertreten durch die CD & Partner Rechtsanwälte GbR, G, Zgasse, gegen den Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (Plenum) vom 17.11.2021, GZ: Vs 1057/18-3,

 

z u R e c h t e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 109/2021 (im Folgenden VwGVG) iVm § 16 Abs 4 Rechtsanwalts-ordnung, RGBl. Nr. 96/1886 idF BGBl. I Nr. 106/2021 (im Folgenden RAO), wird der Beschwerde vom 17.12.2021, eingeschränkt mit Schriftsatz vom 22.12.2021,

 

keine Folge gegeben.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 109/2021 (im Folgenden VwGG), eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Aufgrund der von Seiten des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer mit Eingabe vom 29.12.2021 vorgelegten Beschwerde sowie der angeschlossenen übermittelten Verwaltungsverfahrensakten ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

 

Mit rechtskräftigem Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 04.10.2018, GZ: Vs 1057/18, wurde Frau Rechtsanwältin Dr. AB in der Strafsache 14 Hv 39/18w des LG für Strafsachen Graz zur Verteidigerin der Beschuldigten (Angeklagten) EF im Rahmen der Beigebung bestellt, wobei die Hauptverhandlungen vom 15.10.2018 bis 19.12.2018 stattfinden würden.

 

Am 23.03.2021 stellte Frau RA Dr. AB bei der Behörde einen Antrag auf Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO für das „Jahr 2020“ und wurde diesem Schriftsatz ein Kostenverzeichnung für den Abrechnungszeitraum vom „24.09.2020 bis 18.12.2020“ angeschlossen und eine Vergütung im Ausmaß von € 177.171,69, darin enthalten ein Erschwerniszuschlag im Ausmaß von 100 % sowie eventualiter ein Erfolgszuschlag von 30 %, jeweils samt USt., gemäß § 16 Abs 4 RAO begehrt. Im Jahr 2020 hätten am 08.09., 09.09., 10.09., 11.09., 21.09., 22.09., 23.09., 24.09., 25.09., 05.10., 06.10., 07.10., 08.10., 09.10., 19.10., 20.10. und 21.10.2020 Verhandlungstermine stattgefunden, wobei die reine Verhandlungdauer der ersten 8 Verhandlungstage 5 Stunden und 27 Minuten betragen habe, sodass die 50te Verhandlungsstunde am 24.09.2020 mit Verstreichen der zehnten halben Stunde überschritten worden sei und für die elfte halbe Stunde daher bereits eine Sonderpauschalvergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO zustehen würde. Unter Verweis auf den Aktenumfang (100 Bände, weit über zweitausend ON, etliche Video- und Tondateien im Ausmaß von mehreren 100 Stunden), welcher sich auch in der antragsgemäßen Verlängerung der Ausführungsfrist für die Rechtsmittel nach § 285 Abs 2 StPO um vier Wochen mit strafgerichtlichem Beschluss zeige, und zeige sich die Komplexität des Verfahrens aufgrund kaum vorhandener Judikatur zu § 246 StGB sowie Abgrenzungsfragen im Zusammenhang mit dem später in Kraft getretenen Straftatbestand der staatsfeindlichen Bewegung nach § 247a StGB und der erheblichen Beeinträchtigung des „normalen“ Kanzleibetriebes in Folge von Verlegungsbitten und Terminverschiebungen sowie zahlreichen notwendigen Substitutionen und der massiven Einschränkung der verbleibenden Zeit für andere Mandanten, welche hätten vertröstet werden hätten müssen. Wegen dem Erfordernis von Terminverschiebungen und Koordinationen sei auch ein erheblicher Umsatzrückgang zu verzeichnen, der durch die sehr eingeschränkt zur Verfügung stehende „sonstige Zeit“ entstanden sei und zu erhöhtem Erklärungsaufwand gegenüber den zum Teil verärgerten Klienten geführt habe, sodass aufgrund von 17 Verhandlungstagen im Zeitraum vom 08.09.2020 bis 21.10.2020 ein Erschwerniszuschlag von 100 % gerechtfertigt sei. Darüber hinaus wurde im Rahmen eines Eventualantrages auch die Zuerkennung eines Erfolgszuschlages im Ausmaß von 30 % begehrt, da das höchstgerichtliche Verfahren vor dem OGH aufgrund der Abgrenzung zwischen den Tatbeständen der staatsfeindlichen Verbindung und der staatsfeindlichen Bewegung mit einem Freispruch enden könne und wurde überdies ersucht, einen angemessenen Vorschuss im Ausmaß von 30 % der geltend gemachten Kosten zu gewähren. Diesem Antrag waren zahlreiche Urkunden, insbesondere Hauptverhandlungsprotokolle aus dem zugrundeliegenden Strafverfahren, angeschlossen.

 

Mit Eingabe vom 14.06.2021 wurde der Behörde von Seiten des Justizministeriums eine Anfrage unpräjudiziell dahingehend beantwortet, dass ein Strafverfahren durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung ende, es bei Urteilsaufhebung (Kassation) es zur Wiederholung der Verhandlung in erster Instanz im zweiten Rechtsgang komme, womit ein neues (Straf-)Verfahren jedoch mit der Urteilsaufhebung nicht beginne, weshalb im Fall eines zweiten Rechtsganges weiterhin vom selben Verfahren im Sinne des § 16 Abs 1 1. Satz RAO auszugehen sei und somit bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anspruchs auf Sondervergütung auf den ursprünglichen Verhandlungsbeginn (Beginn der Hauptverhandlung) als Beginn der Jahresfrist abzustellen sei.

 

In der Folge wurde mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 19.10.2021, GZ: Vs 1057/18-3, dem Antrag der Frau Dr. AB, Rechtsanwältin in G, die ihr für die Verteidigung der Angeklagten EF im Strafverfahren GZ: 31 Hv 6/2020w (im ersten Rechtsgang: 14 Hv 39/18w, 20 Hr 41/17m) des LG für Strafsachen Graz für die im Jahr 2020 erbrachten Leistungen gemäß § 16 Abs 4 RAO eine Vergütung in der Höhe von € 177.171,69 (darin enthalten € 29.528,61 an USt.) zuzusprechen, teilweise stattgegeben und die beantragte Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO mit € 41.069,59 (darin enthalten € 6.844,93 an USt.) festgesetzt und wurde der Antrag im Umfang des Mehrbegehrens abgewiesen.

 

Unter Bezugnahme auf die einschlägigen Rechtsvorschriften und Gesetzesmaterialien zu § 16 Abs 4 RAO wurde behördlicherseits im Wesentlichen ausgeführt, dass der 15.10.2018 (Hauptverhandlung) im vorliegenden Fall den Beginn des Verhandlungsjahres darstelle und mit diesem Tag daher das erste Verhandlungsjahr begonnen habe und jeweils mit 15.10. der nachfolgenden Jahre die weiteren Verhandlungsjahre beginnen würden, welche den maßgeblichen Beobachtungszeitraum für die Zuerkennung einer angemessenen Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO darstellen würden. Mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 02.07.2019 sei über Leistungen aus dem Jahr 2018 abgesprochen worden und befinde sich das Verfahren zur GZ: 31 Hv 6/20w des LG für Strafsachen Graz im zweiten Rechtsgang. Nach § 1 Abs 2 StPO ende ein Strafverfahren durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung. Bei Urteilsaufhebung komme es zu einer Wiederholung der Verhandlung in erster Instanz im zweiten Rechtsgang. Ein neues Strafverfahren beginne jedoch nicht. Demgemäß sei im Falle eines zweiten Rechtsganges weiterhin vom selben Verfahren im Sinne der Regelung des § 16 Abs 4 RAO auszugehen und somit der Beurteilung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anspruches auf Sondervergütung auf den ursprünglichen Verhandlungsbeginn, das heißt Beginn der Hauptverhandlung als Beginn der Jahresfrist abzustellen. Der zugrundeliegende Antrag umfasse „die im gegenständliche Verfahrenshilfeangelegenheit im Jahr 2020 angelaufenen Kosten“. Somit sei zunächst zu berücksichtigen, dass das (zweite) Verhandlungsjahr im Zeitraum 01.01. bis 14.10.2020 „weitergelaufen“ sei. In diesem Zeitraum seien von der Antragstellerin folgende von ihr mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag verzeichneten Leistungen erbracht worden.

 

Mit 15.10.2020 habe ein neues Verhandlungsjahr im Sinne des § 16 Abs 4 RAO begonnen. Die weiteren, von der Antragstellerin für den Zeitraum ab 15.10.2020 verzeichneten Leistungen würden in das insgesamt dritte Verhandlungsjahr des nunmehr zu GZ: 31 Hv 6/2020w des LGS Graz geführten Straverfahrens fallen. Der Abrechnungszeitraum dieses Verhandlungsjahres laufe bis zum 14.10.2021 weiter. Mit Beginn eines neuen Verhandlungsjahres sei zunächst wieder der Schwellenwert von 10 Verhandlungstagen bzw. 50 Verhandlungsstunden zu erreichen. Erst mit dem Überschreiten eines dieser Schwellenwerte, könne wieder eine Sondervergütung zugesprochen werden.

 

Der Antrag sei rechtzeitig und werde nach der höchstgerichtlichen Judikatur unter Hinweis auf die allgemeine Übung ein pauschaler Abschlag in der Höhe von 25 % als angemessen angesehen und wurde behördlicherseits auf Tarifansätze und Einheitssatz fallbezogen vom verzeichneten Erschwerniszuschlag gemäß § 4 AHK ein solcher im Ausmaß von 20 % unter Bezugnahme auf den antragstellerseitig dargelegten Verfahrensumfang und die Komplexität des Falles zuerkannt und ein Erfolgszuschlag gegenständlich nicht gewährt, sodass die angemessene Vergütung wie folgt festgesetzt werde:

 

 

Gegen diesen Bescheid erhob Frau Rechtsanwältin Dr. AB am 03.11.2021 fristgerecht Vorstellung, in welcher sie beantragte, das Ermittlungsverfahren einzuleiten und den Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 19.10.2021 derart abzuändern, dass ihrem Antrag vom 22.03.2021 nach Maßgabe ihrer Vorstellung stattgegeben werde und ihr gemäß § 16 Abs 4 RAO eine Vergütung in der Höhe von € 102.165,84 (darin enthalten € 17.027,64 an USt.) zuerkannt werde, da der bekämpfte Bescheid hinsichtlich des vorgenommenen Angemessenheitsabschlages von 25 % und des nicht zuerkannten Erfolgszuschlages nicht angefochten werde. Begründend wurde ausgeführt, dass im Falle eines zweiten Rechtsganges ein neues Verfahren im Sinne des § 16 Abs 4 RAO begonnen habe bzw. das Jahr, in welchem die maßgebliche Grenze des § 16 Abs 4 RAO überschritten werden müsse, mit dem ersten Verhandlungstag des neuen Rechtsganges zu laufen beginne und wurde unter Bezugnahme auf Gesetzesmaterialien festgehalten, dass die behördliche Auslegung im Widerspruch zur historischen Auslegung und somit im Widerspruch zum subjektiven Willen des Gesetzgebers stehe. Beim zweiten Verfahrensgang sei die besonders umfangreiche Verhandlungstätigkeit bei Gericht genauso gegeben. Würde man bei einem weiteren Rechtsgang unter dem „Jahr“ im Sinne des § 16 Abs 4 RAO denselben Zeitabschnitt wie im ersten Rechtsgang heranziehen, so wären Konstellationen möglich, in denen der weitere Rechtsgang gegen Ende des Verhandlungsjahres beginne und der Verfahrenshilfe im betreffenden Verhandlungsjahr Verfahrenshilfeleistungen im Ausmaß knapp unter dem „Schwellenwert“ erbringe und dann im darauffolgenden Verhandlungsjahr wiederum bis zu 10 Verhandlungstage tätig werden müsse, ohne dass er dafür Anspruch auf Sondervergütung hätte. Auch wären Konstellationen – wie gegenständlich – möglich, in denen vor Ende des Verhandlungsjahres der „Schwellenwert“ bereits knapp überschritten werde, kurz darauffolgende weitere Verfahrenshilfeleistungen jedoch bereits in ein weiteres Verhandlungsjahr fallen würden, weshalb kein Anspruch auf Sondervergütung dieser Leistungen bestehe, sodass der behördlichen Auslegung folgend, zusammenfassend Konstellationen möglich seien, bei denen ein im Ergebnis in jedem Fall gleichbelasteter Verfahrenshelfer, abhängig vom Beginn des zweiten Rechtsganges, weniger oder wo möglich gar keinen Anspruch auf Sondervergütung hätte und sei nach dem subjektiven gesetzgeberischen Willen vielmehr davon auszugehen, dass mit der ersten Verhandlung im neuen Rechtsgang das „Jahr“ in welchem der „Schwellenwert“ überschritten werden müsse, neu zu laufen beginne, was eine historisch-teleologische Auslegung ergebe, welche auch im Bereich des Wortsinnes der Norm liege.

 

Darüber hinaus wurde unter Bezugnahme auf den Antragsinhalt auch moniert, dass die lediglich 20%ige Erschwerniszulage zu niedrig ausfalle und ein Erschwerniszuschlag von 100 % aufgrund der Komplexität/Diffizilität des konkreten Falles im Vergleich zu bloßen Durchschnittsfällen zustehe.

 

Mit dem nunmehr bekämpften, im Spruch dieses Erkenntnisses bezeichneten Bescheides des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (Plenum) vom 14.11.2021 wurde der Vorstellung der Frau Rechtsanwältin Dr. AB vom 03.11.2021 gegen den Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 19.10.2021, auf Rechtsgrundlage § 26 Abs 5 iVm § 28 Abs 1 und § 16 Abs 4 RAO keine Folge gegeben und wurde der Abteilungsbescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer mit inhaltsgleicher Begründung bestätigt, zumal die Behörde in dem vom Seiten der Vorstellungswerberin erstatteten Vorbringen keinen Grund erblickt habe, von den bisher getroffenen Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung abzuweichen.

 

Gegen diesen Bescheid wendet sich die rechtzeitig und formal zulässige Beschwerde der Frau Rechtsanwältin Dr. AB, in welcher sie beantragte, den angefochtenen Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 17.11.2021 dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO stattgegeben werde und die beantragte Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO mit € 102.165,84 (darin enthalten € 17.027,64 an USt.) festgesetzt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, wobei gestützt auf den Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes beschwerdebegründend unter „2.1.“ folgendes festgehalten wurde:

 

„2.1. Zur Sonderpauschalvergütung im Zusammenhang mit einem zweiten Rechtsgang:

 

In Verfahren, in denen der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird, hat er unter den Voraussetzungen des Abs. 3 für alle jährlich darüber hinausgehenden Leistungen an die Rechtsanwalt Anspruch auf eine angemessene Vergütung (§16 Abs 4 RAO).

 

Die bescheiderlassende Behörde geht in casu davon aus, dass das Verfahren mit der Verhandlung vom 15.10.2018 und somit das erste Verhandlungsjahr begonnen habe bzw. mit 15.10. der nachfolgenden Jahre die weiteren Verhandlungsjahre beginnen. Folglich sie das zweite Verhandlungsjahr im Zeitraum vom 01.01.2020 bis 14.10.2020 ‚weitergelaufen‘, und habe mit dem 15.10.2020 ein neues Verhandlungsjahr iSd § 16 Abs 4 RAO begonnen.

 

Die weiteren, von der Beschwerdeführerin für den Zeitraum ab 15.10.2020 verzeichneten Leistungen, würden somit in das dritte Verhandlungsjahr fallen.

 

Dabei übersieht die bescheiderlassende Behörde, dass im Falle eines zweiten Rechtsgangs ein neues Verfahren iSd § 16 Abs 4 RAO beginnt bzw. das Jahr, in welchem die maßgebliche Grenze des § 16 Abs 4 RAO überschritten werden muss, mit dem ersten Verhandlungstag des neuen Rechtsgangs zu laufen beginnt.

 

Die Auslegung der Behörde steht im Widerspruch zur historischen Auslegung und somit im Widerspruch zum subjektiven Willen des Gesetzgebers und ergibt sich dies aus nachstehenden Umständen:

 

Den Gesetzesmaterialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020 – welche von der Behörde selbst zitiert werden – ist folgendes zu entnehmen (Rv 19 BlgNR 27. GP 9 f):

 

‚Nach § 16 Abs. 4 erster Satz RAO hat ein nach den §§ 45 oder 45a bestellter Rechtsanwalt dann, wenn er in einem Verfahren innerhalb eines Jahres mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird und er zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätte, einen Anspruch auf angemessene Vergütung gegenüber der Rechtsanwaltskammer. Im Gesetz bislang nicht ausdrücklich angeordnet wird dabei, ab welchem Zeitpunkt die in dieser Regelung genannte Jahresfrist, innerhalb derer mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als fünfzig Verhandlungsstunden zu erbringen sind, zu laufen beginnt. Das soll – schon aus verfassungsrechtlichen Überlegungen – dahin klargestellt werden, dass dabei jeweils auf ein Jahr ab dem ersten vom Verfahrenshilfeverteidiger geleisteten Verhandlungstag abgestellt wird. Hinter diesem Verständnis steht die Überlegung, dass Anknüpfungspunkt und maßgebliches Beurteilungskriterium für den den [sic.] Anspruch auf Sondervergütung begründenden besonderen Aufwand des Verfahrenshelfers eben die besonders umfangreiche Verhandlungstätigkeit bei Gericht ist, die den Verfahrenshelfer übermäßig belastet. Würde man unter dem ‚Jahr‘ nach § 16 Abs. 4 erster Satz RAO dagegen das ‚Kalenderjahr‘ verstehen, wären Konstellationen möglich, in denen ein gegen Ende des Kalenderjahres bestellter Verfahrenshelfer im betreffenden Kalenderjahr Verfahrenshilfeleistungen in einem Ausmaß knapp unter dem ‚Schwellenwert‘ erbringt und dann im Jänner des darauffolgenden Kalenderjahres wiederum bis zu zehn Verhandlungstage tätig werden muss, ohne dass er dafür Anspruch auf Sondervergütung hätte. Dagegen hätte ein vom Zeitaufwand ebenso belasteter Verfahrenshelfer, dessen Verhandlungstätigkeit aber erst im Jänner beginnt, Anspruch auf Sondervergütung bereits ab dem elften Verhandlungstag, ein Ergebnis, das unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten kaum haltbar wäre […] (Hervorhebungen durch Verfasser)‘

 

Bei einem zweiten Verfahrensgang ist die besonders umfangreiche Verhandlungstätigkeit bei Gericht genauso gegeben. Nicht nachvollziehbar wäre, wenn in einem zweiten Rechtsgang eben solche Konstellationen, wie sie die Novellierung verhindern soll, möglich wären.

 

Doch der Auslegung der Behörde folgend wären solche Konstellationen denkbar bzw. würde gegenständlich eine solche vorliegen:

 

Würde man bei einem weiteren Rechtsgang unter dem ‚Jahr‘ iSd § 16 Abs 4 denselben Zeitabschnitt wie im des ersten Rechtsgangs heranziehen, so wären Konstellationen möglich, in denen der weitere Rechtsgang gegen Ende des Verhandlungsjahres beginnt, und folglich der Verfahrenshelfer im betreffenden Verhandlungsjahr Verfahrenshilfeleistungen im Ausmaß knapp unter dem ‚Schwellenwert‘ erbringt und dann im darauffolgenden Verhandlungsjahr wiederum bis zu zehn Verhandlungstage tätig werden muss, ohne dass er dafür Anspruch auf Sondervergütung hätte.

 

Auch wären Konstellationen – wie gegenständlich – möglich, in denen vor Ende des Verhandlungsjahres der ‚Schwellenwert‘ bereits knapp überschritten wird, kurz darauf folgende weitere Verfahrensleistungen jedoch bereits in ein weiteres Verhandlungsjahr fallen und deshalb kein Anspruch auf Sondervergütung dieser Leistungen besteht.

 

Zusammenfassend sind der Auslegung der Behörde folgend Konstellationen möglich, bei denen ein im Ergebnis in jedem Fall gleich belasteter Verfahrenshelfer, abhängig vom Beginn des zweiten Rechtsgangs, weniger oder womöglich gar keinen Anspruch auf Sondervergütung hätte.

 

Dem subjektiven Willen des Gesetzgebers (s RV 19 BlgNR 27. GP 9 f) folgend ist jedoch vielmehr davon auszugehen, dass mit der ersten Verhandlung im neuen Rechtsgang das ‚Jahr‘, in welchem der ‚Schwellenwert‘ überschritten werden muss, (neu) zu laufen beginnt.

 

Diese historisch-teleologisch Auslegung orientiert sich an den Wertungen und Zwecken, die mit der Erlassung des Gesetzes realisiert werden sollten. Auch liegt diese Auslegung im Bereich des Wortsinns der Norm.

 

In diesem Sinne auch die Interpretation des VwGH (Ra 2015/03/0088), wonach‚in § 16 Abs 4 RAO 1986 […] nach dem Kriterium der Dauer der Hauptverhandlung jene Gruppe von Strafverfahren definiert [werden], in denen eine sorgfältige Vertretung oder Verteidigung für den Verfahrenshelfer einen ungewöhnlich hohen Arbeitsaufwand erfordert und in welchem daher den als Verfahrenshelfer beigegebenen Rechtsanwälten für ihren Aufwand ausnahmsweise eine besondere Vergütung zuerkannt werden soll.‘ “

 

Darüber hinaus wurde in der Beschwerde unter „2.2. Zum Erschwerniszuschlag“ nochmals begründet, warum ein solcher im verzeichneten Ausmaß von 100 % zustehe.

 

In der Folge hielt die Beschwerdeführerin diesen Beschwerdepunkt jedoch nicht mehr aufrecht und „zog die Beschwerde hinsichtlich Punkt 2.2. (Erschwerniszuschlag) zurück“. Aufrecht erhalten wurde die Beschwerde lediglich hinsichtlich „Punkt 2.1. (Sonderpauschalvergütung im Zusammenhang mit einem zweiten Rechtsgang)“.

 

Nach Durchführung des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Verfahrensgegenstand von nachstehenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:

 

Mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 04.10.2018 wurde Frau Rechtsanwältin Dr. AB in der Strafsache 14 Hv 39/18 w des LG für Strafsachen Graz zur Verteidigerin der Beschuldigten (Angeklagten) EF im Rahmen der Beigebung bestellt.

 

Mit Antrag vom 22.03.2021, bei der Behörde eingelangt am 23.03.2021, beantragte Frau Rechtsanwältin Dr. AB die Zuerkennung einer Sonderpauschalvergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO unter Vorlage eines Leistungsverzeichnisses für den Abrechnungszeitraum 24.09.2020 bis 18.12.2020 mit einer Gesamtsumme von € 177.171,69, darin enthalten ein Erschwerniszuschlag im Ausmaß von 100 % (€ 56.785,80), ein „eventualiter Erfolgszuschlag 30 %“ (€ 34.071,48), inklusive 20 % USt. (€ 29.528,61).

Mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 19.10.2021 wurde diesem Antrag teilweise stattgegeben und die beantragte Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO mit € 41.069,59 (darin enthalten € 6.844,93 an USt.) festgesetzt und wurde der Antrag im Umfang des Mehrbegehrens abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob Frau Rechtsanwältin Dr. AB am 03.11.2021 fristgerecht Vorstellung, wobei sie sich gegen den vorgenommenen Angemessenheitsabschlag von 25 % und den von Behördenseite nicht zuerkannten Erfolgszuschlag nicht aussprach und beantragte, ihr eine Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO in der Höhe von € 102.165,84 (darin enthalten € 17.024,64 an USt.) zuzuerkennen.

 

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (Plenum) vom 17.11.2021 wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und der Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 19.10.2021 bestätigt, wobei die Behörde von den bisher getroffenen Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung nicht abwich.

 

Gegen diesen Bescheid erhob Frau Rechtsanwältin Dr. AB mit Schriftsatz vom 17.12.2021 rechtzeitig und formal zulässig Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragte in Abänderung des bekämpften Bescheides eine Vergütung im Ausmaß von € 102.165,84 (darin enthalten € 17.024,64 an USt.) festzusetzen, in eventu den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

Mit Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 22.12.2021 wurde der Beschwerdepunkt, welcher sich auf die Zuerkennung eines 100%igen Erschwerniszuschlages bezog, nicht mehr aufrechterhalten, sondern zurückgezogen und „die Beschwerde lediglich hinsichtlich Punkt 2.1. (Sonderpauschalvergütung in Zusammenhang mit einem zweiten Rechtsgang) ausdrücklich aufrecht erhalten“.

 

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, als Geschworenengericht, vom 25.01.2019, 14 Hv 39/18 w-2287, wurde, soweit von Belang, u.a. Frau EF eines Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 1 und 2 erster und vierter Fall StGB für schuldig erkannt, wobei ungeachtet des Umstandes, dass auch die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten EF zurückgewiesen wurde, der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 14.01.2020 zu 14 Os 98/19 x-5 das genannte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25.01.2019, GZ: 14 Hv 39/18 w-2287, in teilweiser Stattgebung bzw. aus Anlass weiterer Nichtigkeitsbeschwerden in den Schuldsprüchen A) und B) (jeweils zur Gänze) sowie im diesen zugrunde liegenden Wahrspruch zur darin näher angeführten Hauptfragen samt Zusatzfragen, sowie einer Eventualfrage zu einer Hauptfrage samt Zusatzfrage, demgemäß auch in sämtlichen Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhafteinrechnung und des Konfiskationsausspruches) und im Verfallserkenntnis, weiters den hinsichtlich eines Verurteilten gefassten Beschlusses auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Entlassung und Verlängerung der Probezeit sowie sämtliche Beschlüsse auf Anordnung der Bewährungshilfe aufhob und die Sache in diesem Umfang an das Landesgericht für Strafsachen Graz als Geschworenengericht zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung verwies.

 

Insofern wurde nach dieser Aufhebung ein zweiter Rechtsgang vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz in der Folge erforderlich.

 

Aufgrund der ersten Hauptverhandlung im ersten Rechtsgang dieses Justizstrafverfahrens am 15.10.2018 begann das zweite Verhandlungsjahr am 15.10.2019 bis einschließlich 14.10.2020.

 

Im verfahrensgegenständlichen „Verhandlungsjahr“ wurden beschwerdeführerseitig nachstehende, vom Antrag erfasste Leistungen verzeichnet und nach Erreichen der „Schwelle“ nach § 16 Abs 4 RAO im zweiten Verhandlungsjahr wie folgt erbracht:

 

 

Unter Berücksichtigung eines 20%igen Erschwerniszuschlages gemäß § 4 AHK sowie eines Angemessenheitsabschlages im Ausmaß von 25 %, wurde eine beantragte Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO für das beschwerdegegenständliche Verhandlungsjahr, einschließlich USt., von Behördenseite im Ausmaß von € 41.069,59 festgesetzt; - dies unter Berücksichtigung beschwerdeführerseitig in diesem Zeitraum erbrachter, anrechenbarer Leistungen wie folgt:

 

„   

 

Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass sich die gegenständlichen Feststellungen in verfahrensrelevanter Hinsicht auf die verwaltungsbehördlichen Verfahrensakten und die darin erliegenden unbedenklichen Urkunden – sowie das beschwerdeführerseitig übermittelte Urteil vom 14.01.2020 - zurückführen lassen und insbesondere die behördlicherseits zuerkannten Leistungen der Höhe nach von Seiten der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurden.

 

In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes hat das Landesverwaltungsgericht im Verfahrensgegenstand erwogen wie folgt:

 

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nicht anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

 

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

§ 17 VwGVG bestimmt Folgendes:

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

 

§ 24 VwGVG lautet wie folgt:

„(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.“

 

§ 27 VwGVG bestimmt Folgendes:

„Prüfungsumfang

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

 

§ 16 RAO:

„(1) Der Rechtsanwalt kann sein Honorar mit der Partei frei vereinbaren. Er ist jedoch nicht berechtigt, eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich zu lösen.

(2) Der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt hat die Vertretung oder Verteidigung der Partei nach Maßgabe des Bestellungsbescheides zu übernehmen und mit der gleichen Sorgfalt wie ein frei gewählter Rechtsanwalt zu besorgen. Er hat an die von ihm vertretene oder verteidigte Partei, vorbehaltlich weitergehender verfahrensrechtlicher Vorschriften, nur so weit einen Entlohnungsanspruch, als ihr der unterlegene Gegner Kosten ersetzt.

(3) Für die Leistungen, für die die nach den §§ 45 oder 45a bestellten Rechtsanwälte zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, haben die in der Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte an diese Rechtsanwaltskammer einen Anspruch darauf, daß sie jedem von ihnen aus dem ihr zugewiesenen Betrag der Pauschalvergütung einen gleichen Anteil auf seinen Beitrag zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung anrechnet, soweit nicht ein Anspruch auf Vergütung nach Abs. 4 besteht.

(4) In Verfahren, in denen der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird, hat er unter den Voraussetzungen des Abs. 3 für alle jährlich darüber hinausgehenden Leistungen an die Rechtanwaltskammer Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Auf Antrag des Rechtsanwalts ist bei Verfahren, in denen das Gericht unter Heranziehung von § 285 Abs. 2 StPO eine Verlängerung der Frist zur Ausführung des Rechtsmittels beschließt, die Tätigkeit zur Erstellung der Rechtsmittelschrift in Ansehung jeder vollen Woche, um die die Rechtsmittelfrist verlängert wurde, der Teilnahme an zehn Verhandlungsstunden gleichzuhalten; Entsprechendes gilt im Fall der Verlängerung der Frist für die Gegenausführung zum Rechtsmittel unter Heranziehung von § 285 Abs. 4 zweiter Satz StPO. Der Antrag auf Vergütung ist vom Rechtsanwalt bei sonstigem Ausschluss bis spätestens zum 31. März des auf das abgelaufene Kalenderjahr, in dem der Rechtsanwalt seine Leistungen erbracht hat, folgenden Jahres bei der Rechtsanwaltskammer einzubringen. Auf diese Vergütung ist dem Rechtsanwalt auf sein Verlangen nach Maßgabe von Vorschußzahlungen nach § 47 Abs. 5 letzter Satz von der Rechtsanwaltskammer ein angemessener Vorschuß zu gewähren. Über die Höhe der Vergütung sowie über die Gewährung des Vorschusses und über dessen Höhe entscheidet der Ausschuß. Im Rahmen der Festsetzung der angemessenen Vergütung sind die vom Rechtsanwalt in seinem Antrag verzeichneten Leistungen entsprechend der zeitlichen Abfolge ihrer Erbringung zu berücksichtigen und zu beurteilen. Ist die Vergütung, die der Rechtsanwalt erhält, geringer als der ihm gewährte Vorschuß, so hat der Rechtsanwalt den betreffenden Betrag dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer zurückzuerstatten.

(5) Die Regelungen der Abs. 3 und 4 sind auch sinngemäß anzuwenden, wenn sich der Entlohnungsanspruch eines nach § 61 Abs. 3 StPO bestellten Amtsverteidigers trotz Ausschöpfung der ihm zur Hereinbringung zumutbaren Schritte als uneinbringlich erweist und dies vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer festgestellt wurde.“

 

§ 45 RAO:

„(1) Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwalts beschlossen oder schließt die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung ein, so hat die Partei Anspruch auf die Bestellung eines Rechtsanwalts durch die Rechtsanwaltskammer.

(2) Die Bestellung für ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof oder Bundesverwaltungsgericht obliegt dem Ausschuß der nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Partei, sonst dem Ausschuß der nach dem Sitz des Gerichtes zuständigen Rechtsanwaltskammer.

(3) Müßte der bestellte Rechtsanwalt außerhalb des Sprengels des Gerichtshofs erster Instanz, wo er seinen Kanzleisitz hat, tätig werden oder ist der Partei, die sich außerhalb dieses Sprengels aufhält, die Zureise zu dem bestellten Rechtsanwalt für eine notwendige mündliche Aussprache wegen unüberwindlicher Hindernisse oder hoher Kosten unzumutbar, so hat der Ausschuß der nach dem Ort der vorzunehmenden Tätigkeit beziehungsweise nach dem Aufenthaltsort der Partei zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag des bestellten Rechtsanwalts oder der Partei hierzu einen Rechtsanwalt zu bestellen, der im Sprengel des Gerichtshofs erster Instanz, wo dieser Ort liegt, seinen Kanzleisitz hat.

(4) Kann der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen, so ist er auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen. Im Fall des Todes des bestellten Rechtsanwalts oder des Verlustes seiner Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft ist von Amts wegen ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen.

(4a) Ist das Gerichtsverfahren, für das die Beigebung des Rechtsanwaltes erfolgt ist, rechtskräftig beendet und wird nicht innerhalb eines Jahres ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet, so ist der bestellte Rechtsanwalt auf seinen Antrag von der Rechtsanwaltskammer zu entheben, wenn der Auftrag zur Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens für die nächste Zeit nicht absehbar ist. Die Enthebung ist dem Verfahrenshilfeempfänger mit der Belehrung mitzuteilen, dass er auf Grund der weiterhin aufrechten Bewilligung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes jederzeit bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer die Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens begehren kann.

(5) Von jeder Bestellung hat der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer in den Fällen des Abs. 2 das benachrichtigende Gericht, in den Fällen des Abs. 3 das Gericht, bei dem das Verfahren in erster Instanz geführt wird, oder, falls der bestellte Rechtsanwalt bei einem anderen Gericht einzuschreiten hat, dieses zu verständigen. Gleiches gilt in den Fällen des Abs. 4 und des Abs. 4a.“

 

§ 46 RAO:

„(1) Die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern haben bei der Bestellung nach festen Regeln vorzugehen; diese haben eine möglichst gleichmäßige Heranziehung und Belastung der der betreffenden Kammer angehörenden Rechtsanwälte unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten. Diese Regeln sind in den Geschäftsordnungen der Ausschüsse festzulegen.

(2) Die Geschäftsordnungen können jedoch allgemeine Gesichtspunkte festlegen, nach denen Rechtsanwälte aus wichtigen Gründen von der Heranziehung ganz oder teilweise befreit sind. Als wichtige Gründe sind besonders die Ausübung einer mit erheblichem Zeitaufwand verbundenen Tätigkeit im Dienst der Rechtsanwaltschaft oder persönliche Umstände anzusehen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen ließen. Die Mitglieder des Präsidiums des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags sind jedenfalls von der Heranziehung befreit.“

 

§ 47 RAO normiert Nachstehendes:

„(1) Der Bund hat dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag für die Leistungen der nach § 45 bestellten Rechtsanwälte, für die diese zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, jährlich spätestens zum 30. September für das laufende Kalenderjahr eine angemessene Pauschalvergütung zu zahlen. Auf die für das laufende Kalenderjahr zu zahlende Pauschalvergütung sind Vorauszahlungen in angemessenen Raten zu leisten.

(2) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ist eine Pauschalvergütung von 32,000.000 S jährlich als angemessen anzusehen.

(3) Der Bundesminister für Justiz hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Hauptausschuß des Nationalrats durch Verordnung die Höhe der Pauschalvergütung entsprechend neu festzusetzen, wenn

1. sich die wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben,

2. die Anzahl der jährlichen Bestellungen oder der Umfang der Leistungen im Sinn des Abs. 1 um mehr als 20 vH gestiegen oder gesunken ist oder

3. es sich als notwendig erweist, die Vergütung für die Leistungen im Sinn des Abs. 1 dort, wo keine gesetzlichen Tarife bestehen, der Entlohnung anzunähern, die nach den Standesrichtlinien der Rechtsanwälte als angemessen angesehen wird.

(4) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Veränderung im Sinn des Abs. 3 Z 1 oder 2 eingetreten ist, ist von jenem Zeitpunkt auszugehen, bis zu dem diese Umstände bei der letzten Neufestsetzung berücksichtigt worden sind.

(5) Für nach § 16 Abs. 4 erster Satz erbrachte Leistungen ist eine angemessene Pauschalvergütung gesondert festzusetzen. Diese Leistungen bleiben bei der Neufestsetzung der Pauschalvergütung nach Abs. 3 außer Betracht. Abs. 3 erster Halbsatz ist anzuwenden, wenn die festzusetzende Pauschalvergütung den Betrag von 50 000 Euro übersteigt. Auf die mit Verordnung gesondert festzusetzende Pauschalvergütung kann der Bundesminister für Justiz dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag auf dessen Antrag für bereits erbrachte Verfahrenshilfeleistungen im Rahmen der jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Mittel einen angemessenen Vorschuß gewähren; ist die tatsächlich festgesetzte Pauschalvergütung geringer als der gewährte Vorschuß, so hat der Österreichische Rechtsanwaltskammertag dem Bundesminister für Justiz den betreffenden Betrag zurückzuerstatten.

(6) Die vorangehenden Bestimmungen sind auch sinngemäß auf die Fälle des § 16 Abs. 5 anzuwenden.“

 

§ 61 StPO:

„Beigebung eines Verteidigers

(1) In folgenden Fällen muss der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten sein (notwendige Verteidigung):

1. im gesamten Verfahren, wenn und solange er in Untersuchungshaft oder gemäß § 173 Abs. 4 in Strafhaft angehalten wird,

2. im gesamten Verfahren zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 StGB (§§ 429 Abs. 2, 430 Abs. 3, 436, 439 Abs. 1),

3. in der Hauptverhandlung zur Unterbringung in einer der in den §§ 22 und 23 StGB genannten Anstalten (§ 439 Abs. 1),

4. in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht als Geschworenen- oder Schöffengericht,

5. in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht als Einzelrichter, wenn für die Straftat, außer in den Fällen des § 129 Abs. 2 Z 1 und 164 Abs. 4 StGB, eine drei Jahre übersteigende Freiheitsstrafe angedroht ist,

5a. in der kontradiktorischen Vernehmung (§ 165), soweit in der Hauptverhandlung nach den Z 3 bis 5 notwendige Verteidigung bestünde,

6. im Rechtsmittelverfahren auf Grund einer Anmeldung einer Nichtigkeitsbeschwerde oder einer Berufung gegen ein Urteil des Schöffen- oder des Geschworenengerichts,

7. bei der Ausführung eines Antrags auf Erneuerung des Strafverfahrens und beim Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über einen solchen (§§ 363a Abs. 2 und 363c).

(2) Ist der Beschuldigte außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die gesamten Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat das Gericht auf Antrag des Beschuldigten, in den Fällen der Z 2 auch nach Ermessen des Gerichts von Amts wegen, zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten er nicht oder nur zum Teil (§ 393 Abs. 1a) zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist (Verfahrenshilfeverteidiger). Die Beigebung eines Verteidigers ist in diesem Sinn jedenfalls erforderlich:

1. in den Fällen des Abs. 1,

2. wenn der Beschuldigte schutzbedürftig ist, weil er

a. blind, gehörlos, stumm oder in vergleichbarer Weise behindert ist oder

b. an einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit leidet,

und er deshalb nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen,

3. für das Rechtsmittelverfahren auf Grund einer Anmeldung einer Berufung,

4. bei schwieriger Sach- oder Rechtslage.

(3) In den Fällen des Abs. 1 sind der Beschuldigte und sein gesetzlicher Vertreter aufzufordern, einen Verteidiger zu bevollmächtigen oder die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Abs. 2 zu beantragen. Bevollmächtigt weder der Beschuldigte noch sein gesetzlicher Vertreter für ihn einen Verteidiger, so hat ihm das Gericht von Amts wegen einen Verteidiger beizugeben, dessen Kosten er zu tragen hat (Amtsverteidiger), soweit nicht die Voraussetzungen des Abs. 2 erster Satz vorliegen.

(4) Die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gilt, wenn das Gericht nicht im Einzelnen etwas anderes anordnet, für das gesamte weitere Verfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss sowie für ein allfälliges Verfahren auf Grund einer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde oder eines Antrages auf Erneuerung des Strafverfahrens.

 

Im Beschwerdefall ist vorab festzuhalten, dass Sache des gegenständlichen Rechtsmittelverfahrens die Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheides gebildet hat (vgl. zB VwGH am 26.04.2011, 2010/03/0109). Das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war. Die Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtes ist allerdings keine unbegrenzte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides. Dieser Rahmen wird in den Fällen einer Trennbarkeit einer behördlichen Entscheidung weiter eingeschränkt, wenn in der Beschwerde von mehreren trennbaren Absprüchen nur ein Teil bekämpft wird (vgl. zB VwGH am 30.06.2015, Ra 2015/03/0022).

 

Gegenständlich stellt das Verfahren nach § 16 Abs 4 RAO auf Zuerkennung einer Sondervergütung ein antragsbedürftiges Verwaltungsverfahren dar, welches durch den Antrag der Beschwerdeführerin vom 22.03.2021 am 23.03.2021 unter Vorlage eines Kostenverzeichnisses mit darin verzeichneten Leistungen vom 24.09.2020 bis 18.12.2020 eingeleitet wurde, wobei der behördlicherseits mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 19.10.2021 in Abzug gebrachte 25%ige Angemessenheitsabschlag, sowie der Umstand, dass in diesem Bescheid ein Erfolgszuschlag (laut Eventualantrag 30 %) nicht zugesprochen wurden, von Seiten der nunmehrigen Beschwerdeführerin bereits in ihrer Vorstellung vom 03.11.2021 akzeptiert wurden. Während sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vom 17.12.2021 auch noch inhaltlich gegen die Höhe des zuerkannten Erschwerniszuschlages gemäß § 4 AHK von 20 % wendete und antragsgemäß vom verzeichneten Erschwerniszuschlag im Ausmaß von 100 % ausging, ließ sie diesen Beschwerdepunkt mit Schriftsatz vom 22.12.2021 ausdrücklich fallen, indem sie „die Beschwerde hinsichtlich Punkt 2.2. der Beschwerde (Erschwerniszuschlag) zurückzog“ und die Beschwerde ausdrücklich „hinsichtlich Punkt 2.1. (Sonderpauschalvergütung in Zusammenhang mit einem zweiten Rechtsgang) aufrechterhielt“.

 

Der Beschwerde liegt die Rechtsauffassung zugrunde, dass im Falle eines zweiten Rechtsganges ein neues Verfahren im Sinne der Regelung des § 16 Abs 4 RAO beginne bzw. das Jahr, in welchem die maßgebliche Grenze des § 16 Abs 4 RAO überschritten werde, mit dem ersten Verhandlungstag des neuen Rechtsganges zu laufen beginnen müsse und stützt sich die Beschwerdeführerin dabei auf eine historische Auslegung und den subjektiven Willen des Gesetzgebers, welcher sich aus den Gesetzesmaterialien zum Berufsrechtsänderungsgesetz 2020 ergebe. Bei einem zweiten Verfahrensgang sei die besonders umfangreiche Verhandlungstätigkeit bei Gericht genauso gegeben und wäre nicht nachvollziehbar, wenn in einem zweiten Rechtsgang Konstellationen möglich sein sollten, welche die letzte Novellierung verhindern solle. Würde man bei einem weiteren Rechtsgang unter dem „Jahr“ im Sinne des § 16 Abs 4 RAO denselben Zeitabschnitt wie im ersten Rechtsgang heranziehen, so wären Konstellationen möglich, in denen der weitere Rechtsgang gegen Ende des Verhandlungsjahres beginne und folglich der Verfahrenshelfer im betreffenden Verhandlungsjahr Verfahrenshilfeleistungen im Ausmaß knapp unter dem „Schwellenwert“ erbringe und dann im darauffolgenden Verhandlungsjahr wiederum bis zu 10 Verhandlungstage tätig werden müsse ohne, dass er dafür Anspruch auf Sondervergütung habe. Auch wären Konstellationen – wie gegenständlich – möglich, in denen vor Ende des Verhandlungsjahres der „Schwellenwert“ bereits knapp überschritten werde, kurz darauffolgende weitere Verfahrenshilfeleistungen jedoch bereits in ein weiteres Verhandlungsjahr fallen würden und deshalb kein Anspruch auf Sondervergütung dieser Leistungen bestehe, sodass ein im Ergebnis in jedem Fall gleich belasteter Verfahrenshelfer, abhängig vom Beginn des zweiten Rechtsganges, weniger oder womöglich gar keinen Anspruch auf Sondervergütung hätte. Dem gesetzgeberischen Willen folgend sei jedoch vielmehr davon auszugehen, dass bei der ersten Verhandlung im neuen Rechtsgang das „Jahr“, in welchem der „Schwellenwert“ überschritten werden müsse, (neu) zu laufen beginne, was sich aus einer historisch-teleologischen Auslegung, orientierend an den Werten und Zwecken, die mit der Erlassung des Gesetzes realisiert werden sollten, ergebe und liege diese Auslegung auch im Bereich des Wortsinnes und würden nach der höchstgerichtlichen Judikatur nach dem Kriterium der Dauer der Hauptverhandlung jene Gruppe von Strafverfahren definiert, in denen eine sorgfältige Vertretung oder Verteidigung für den Verfahrenshelfer einen ungewöhnlich hohen Arbeitsaufwand erfordere und in welchen daher den als Verfahrenshelfer beigegebenen Rechtsanwälten für ihren Aufwand ausnahmsweise eine besondere Vergütung zuerkannt werden solle.

 

Hingegen steht die belangte Behörde im bekämpften Bescheid in diesem Zusammenhang auf dem Rechtsstandpunkt, dass die erste Hauptverhandlung am 15.10.2018 stattgefunden habe und im vorliegenden Fall den Beginn des Verhandlungsjahres darstelle, welches jeweils vom 15.10. bis einschließlich 14.10. laufe und - ungeachtet des zweiten Rechtsganges - dieser Beobachtungszeitraum für die Zuerkennung einer angemessenen Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO maßgebend sei, da damit ein neues Strafverfahren nicht begonnen habe und ein Strafverfahren nach § 1 Abs 2 StPO durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung ende. Aufgrund der Urteilsaufhebung komme es zu einer Wiederholung der Verhandlung in erster Instanz im zweiten Rechtsgang, wodurch jedoch ein neues Strafverfahren nicht begonnen habe, sodass im Falle des zweiten Rechtsganges weiterhin vom selben Verfahren im Sinne der Regelung des § 16 Abs 4 RAO auszugehen sei, weshalb bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anspruches auf Sondervergütung auf den ursprünglichen Verhandlungsbeginn, das heißt Beginn der Hauptverhandlung als Beginn der Jahresfrist abzustellen sei. Innerhalb des beantragten Zeitraumes für „die in gegenständlicher Verfahrenshilfeangelegenheit im Jahr 2020 angelaufenen Kosten“ sei zu berücksichtigen, dass das Verhandlungsjahr bis 14.10.2020 weitergelaufen sei und wurden behördlicherseits verzeichnete Leistungen von 24.09.2020 nach Erreichen der Schwelle nach § 16 Abs 4 RAO bis einschließlich 09.10.2020 berücksichtigt, hingegen verzeichnete Leistungen von 19.10. bis 18.12.2020 nicht, da mit 15.10.2020 ein neues Verhandlungsjahr begonnen habe und diese weiteren antragstellerseitig ab 15.10.2020 verzeichneten Leistungen in das dritte Verhandlungsjahr fallen würden, dessen Abrechnungszeitraum bis 14.10.2021 weiterlaufe, wobei mit Beginn eines neuen Verhandlungsjahres zunächst wiederum der Schwellenwert von 10 Verhandlungstagen bzw. 50 Verhandlungsstunden erreicht werden hätte müssen und erst mit Überschreitung der Schwelle von 10 Verhandlungstagen oder 50 Verhandlungsstunden wieder eine Sondervergütung zugesprochen werden könne, wobei diese Schwelle fallbezogen unbestritten nicht erreicht wurde.

 

Gegenständlich sprach die belangte Behörde über den verfahrenseinleitenden Antrag auf Grundlage der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltenden Rechtslage des § 16 Abs 4 RAO ab, welche durch das Berufsrechtsänderungsgesetz 2020 (BRÄG 2020), BGBl. I Nr. 19/2020, dahingehend geändert wurde, dass nach dem Wort „Jahres“ die Wortfolge „ab dem ersten von ihm geleitsteten Verhandlungstag“ eingefügt wurde und trat diese Änderung aufgrund § 60 Abs 13 RAO mit 01.04.2020 in Kraft. Diese Regelung sieht somit vor, dass insbesondere ein nach § 45 RAO bestellter Rechtsanwalt, der innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag mehr als 10 Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird, unter den Voraussetzungen des § 16 Abs 3 RAO für alle jährlich darüber hinausgehenden Leistungen an die Rechtsanwaltskammer Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat, wobei der Antrag auf Vergütung vom Rechtsanwalt bei sonstigem Ausschluss bis spätestens 31.03. des auf das abgelaufene Kalenderjahr, in dem der Rechtsanwalt seine Leistungen erbracht hat, folgenden Jahres bei der Rechtsanwaltskammer einzubringen ist und ist auf diese Vergütung dem Rechtsanwalt auf sein Verlangen nach Maßgabe von Vorschusszahlungen nach § 47 Abs 5 letzter Satz RAO von der Rechtsanwaltskammer ein angemessener Vorschuss zu gewähren.

 

Die Geltendmachung der in der in Rede stehenden Verfahrenshilfeangelegenheit „im Jahr 2020“ angelaufenen Kosten, welche beschwerdeführerseitig mit dem dem Antrag vom 22.03.2021 beigelegten Kostenverzeichnis beantragt wurden, erfolgte am 23.03.2021 und insofern auch grundsätzlich innerhalb der Frist nach § 16 Abs 4 RAO.

 

Bei Einführen der Regelung des § 16 Abs 4 RAO durch die Novelle BGBl. Nr. 474/1990, wurde gesetzgeberseitig davon ausgegangen, dass die Einführung einer individuellen Vergütung für zu Verfahrenshelfern bestellte Rechtsanwälte, deren Inanspruchnahme einen bestimmten Umfang überschreitet, auch notwendig ist, um die existenzbedrohende Situation für Rechtsanwälte, die durch den Umfang ihrer Tätigkeit in solchen überdurchschnittlich lang dauernden Verfahren herangezogen werden (vgl. AB, 1380BlgNR XVII. GP ) und die durch den Umfang ihrer Tätigkeit in solchen Verfahren am anderweitigen Erwerb gehindert sind, zu vermeiden ist (vgl. zB auch VwGH am 13.09.2016, Ra 2015/03/0088). Mit Novelle BGBl. I Nr. 111/2007 wurde in § 16 Abs 4 RAO bereits u.a. vorgesehen, dass der Antrag auf Vergütung vom Rechtsanwalt bei sonstigem Ausschluss bis spätestens zum 31.03. des auf das abgelaufene Kalenderjahr, indem der Rechtsanwalt seine Leistungen erbracht hat, folgenden Jahres bei der Rechtsanwaltskammer einzubringen ist. Den Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz (BRÄG) 2008 (RV 303 der Beilage XXIII. GP) ist auch bereits zu entnehmen, dass „nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO der Anspruch des zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalts auf Sondervergütung insbesondere voraussetze, dass der Rechtsanwalt im betreffenden Verfahren innerhalb eines Jahres mehr als 10 Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird und wird - ungeachtet des Umstandes, dass diese Novelle § 16 Abs 4 RAO auch zusätzlich erweiterte und auf Rechtsmittel in solchen „Monsterverfahren“ Bezug genommen wurde, als Begründung für die etablierte Fallfrist angeführt, dass diese Regelung der Ermöglichung einer geordneten Antragstellung diene und eine entsprechend rechtzeitige Beantragung dem antragstellenden Rechtsanwalt auch zumutbar sei.

 

Soweit die Beschwerdeführerin sich im gegenständlichen Zusammenhang auf die „klarstellende“ Regelung des Berufs-Änderungsgesetzes 2020-BRÄG 2020, in welcher der erste Satz des § 16 Abs 4 RAO durch die Wortfolge „ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag“ ergänzt wurde, bezieht, ist festzuhalten, dass die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 19. der Beilage XXVII. GP davon ausgehen, dass „in ständiger Verwaltungspraxis aller Rechtsanwaltskammern als maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der Jahresfrist nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO insofern stets der Zeitpunkt des Beginns der Hauptverhandlung herangezogen worden sei“, auch (soweit ersichtlich) Entscheidungen des VwGH, in denen sich dieser mit der Bestimmung des § 16 Abs 4 erster Satz RAO zu beschäftigen hatte, sei dieses Verständnis zugrunde gelegen. Eine Notwendigkeit für eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung dieses Punktes sei daher bislang nicht gesehen worden. Eine solche mache nunmehr die vom VwGH in seinem Beschluss vom 11.07.2019, Ra 2019/03/0013-4, getroffene Aussage, wonach ein Anspruch auf Sondervergütung nach § 16 Abs 4 RAO nur dann bestehe, wenn durch die Leistung des Rechtsanwalts innerhalb eines Kalenderjahres die maßgebliche Grenze überschritten werde, aber doch notwendig. Entsprechend der bisherigen Sichtweise werde mit dem Vorschlag daher klargestellt, dass es bei der Ermittlung der „Erheblichkeitsschwelle“ nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO auf die vom Verfahrenshelfer innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag erbrachten Verhandlungszeiten ankomme.“

 

Bei verfassungskonformer Interpretation ist fallbezogen nach verwaltungsgerichtlichem Dafürhalten durch diese Novelle auch keine „echt rückwirkende“ Gesetzesbestimmung geschaffen worden, bei welcher durch eine Gesetzesänderung in Vergangenheit bereits abgeschlossene Sachverhalte nachträglich mit anderen Rechtsfolgen verbunden werden und aufgrund derartiger Umstände die Rechtsposition der Beschwerdeführerin für die Vergangenheit ungünstiger gestaltet wurde.

 

Es ist den Materialien auch zu entnehmen, dass „entsprechend der bisherigen Sichtweise“ daher klargestellt werde, dass es bei der Ermittlung der „Erheblichkeitsschwelle nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO auf die vom Verfahrenshelfer innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag erbrachten Verhandlungszeiten ankomme“. Fallbezogen liegt eine „deklarativ“ wirkende präzisierende Regelung durch den Gesetzgeber vor, da es sich den Materialien folgend lediglich um eine „Klarstellung“ der bisherigen Rechtslage aus Anlass eines VwGH-Erkenntnisses handle, wodurch die Gesetzesänderung die Rechtslage zu Lasten der Beschwerdeführerin nicht konstitutiv änderte, da die in Rede stehende Novelle im Ergebnis lediglich das bestätige, was zuvor gegolten hat. Diese Rechtsansicht erfährt in den Materialien (RV 2378 BLgNr. XXIV. GP 3) sowie insbesondere in den erwähnten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Berufsrechts-Änderungsgesetz (BRÄG) 2008 eine Stütze und ist den Gesetzesmaterialien auch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass es auch vor der beschwerdeführerseitig angezogenen Gesetzesnovelle durch das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020, BGBl. I Nr. 19/2020, dem Gesetzgeber darum ging, dass Leistungen, die in einem konkreten Verfahren innerhalb eines Jahres erbracht werden, zu beurteilen sind, sodass die Wortfolge „innerhalb eines Jahres“ in § 16 Abs 4 RAO auch vor der in Rede stehenden bloß „klarstellenden“ Novelle mit der Wortfolge „innerhalb eines Jahres“ in § 16 Abs 4 RAO nicht das Kalenderjahr meinte. Auch die Materialien zum Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999, mit welchem die grundsätzliche Regelung der „Sonderpauschalvergütung“ für Verfahrenshilfeleistung in überdurchschnittlich lang dauernden Verfahren in § 16 Abs 4 RAO eingeführt wurde, spricht davon, dass „der Rechtsanwalt für diese überdurchschnittlichen Leistungen ab einem gewissen Zeitpunkt eine Sondervergütung erhalte und für den Fall, dass sich ein derartiges Verfahren über mehrere Jahre erstrecke – für Bestellungen nach dem 31.05.1999 – vorgesehen werde, dass eine Sonderpauschalvergütung nur dann anfalle, wenn es sich um ein Verfahren handle, in dem innerhalb eines Jahres mehr als 10 Verhandlungstage (50 Verhandlungsstunden) anfallen würden und in solchen Verfahren in jedem Jahr 10 Verhandlungstage oder 50 Verhandlungsstunden ohne Sondervergütung geleistet werden müssten, was auch insofern zumutbar sei, als diese Leistungen von der Kammer jährlich als Verfahrenshilfebestellung anzurechnen sein würden und sie daher nicht unentgeltlich zu erbringen seien, sondern eben im Rahmen der allgemeinen Pauschalvergütung abgegolten würden..“ (vgl. 1638 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP). Auch diese Gesetzesmaterialien stützen somit das erzielte Auslegungsergebnis, wonach durch die RAO-Novelle durch das Berufs-Änderungs-Gesetz 2020, mit welcher § 16 Abs 4 RAO, mit Wirkung ab 01.04.2020, geändert wurde, keine offene Auslegungsfrage für die Vergangenheit geklärt werden sollte.

 

Soweit die Beschwerdeführerin gegenständlich davon ausgeht, dass aufgrund des subjektiven Willens des Gesetzgebers davon auszugehen sei, dass mit der ersten Verhandlung im neuen Rechtsgang das „Jahr“ in welchem der „Schwellenwert“ überschritten werden müsse (neu) zu laufen beginne, so gilt es zunächst festzuhalten, dass § 16 Abs 4 leg cit von einem angemessenen Vergütungsanspruch unter den Voraussetzungen des § 16 Abs 3 für alle jährlich darüber hinaus gehenden Leistungen in Verfahren ausgeht, in welchen insbesondere der nach § 45 bestellte Rechtsanwalt innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag mehr als 10 Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird und ergibt sich aus § 45 leg cit der Anspruch der Partei auf die Bestellung eines Rechtsanwaltes durch die Rechtsanwaltskammer, wenn das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwalts beschlossen hat oder die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung einschließt (vgl. § 45 Abs 1 RAO), wobei, wenn das Gerichtsverfahren, für das die Beigebung des Rechtsanwaltes erfolgt ist, rechtskräftig beendet ist und nicht innerhalb eines Jahres ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet wird, der bestellte Rechtsanwalt auf seinen Antrag von der Rechtsanwaltskammer zu entheben ist, wenn der Auftrag zur Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens für die nächste Zeit nicht absehbar ist, woraus auch folgt, dass die Bestellung des Rechtsanwaltes, insbesondere bis zu rechtskräftigen Abschluss eines Gerichtsverfahren, erfolgt und wurde die Beschwerdeführerin fallbezogen mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 04.10.2018 auch in der „Strafsache“ damals „14 Hv 39/18 w des LG für Strafsachen Graz“ zur Verteidigerin der Beschuldigten (Angeklagten) EF im Rahmen der Beigebung bestellt, nachdem in dieser Strafsache mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 08.01.2018, ON 1, strafgerichtlicherseits beschlossen wurde, der Angeklagten einen Verteidiger nach § 61 Abs 2 StPO über Antrag für das gesamte Verfahren I. und II. Instanz beizugeben und wurde der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer gemäß § 62 Abs 1 StPO ersucht, einen Verfahrenshilfeverteidiger zu bestellen, wobei auf die beiliegende Eingabe der Beschwerdeführerin hingewiesen wurde, diese als Verfahrenshilfeverteidigerin zu bestellen. Aufgrund § 61 Abs 4 StPO gilt die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers, wenn das Gericht nicht im Einzelnen etwas anderes anordnet, für das gesamte weitere Verfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss sowie für ein allfälliges Verfahren aufgrund einer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde oder eines Antrages auf Erneuerung des Strafverfahrens, sodass auch aus dem Blickwinkel § 45 RAO in Zusammenschau mit § 61 StPO bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss fallbezogen von einem Verfahren, für welches die Beschwerdeführerin zur Verteidigerin der Beschuldigen (Angeklagten) EF im Rahmen der Beigebung bescheidmäßig bestellt wurde, auszugehen ist und lässt sich auch aus der Regelung des § 47 RAO betreffend die pauschale Vergütung nichts Gegenteiliges ableiten. Auch den Gesetzesmaterialien, insbesondere jenen zum Berufsänderungsgesetz 2020 – BRÄG 2020, ist nicht zu entnehmen, dass im Falle eines zweiten Rechtsgangs ein neues Verfahren im Sinne der Regelung des § 16 Abs 4 RAO beginnt, vielmehr wird darin bereits in den Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz (BRÄG) 2008 (RV 303 der Beilage XIII. GP) als Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO festgehalten, dass der Rechtsanwalt im betreffenden Verfahren innerhalb eines Jahres mehr als 10 Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird und wurde in den Materialien zur „klarstellenden“ Regelung des Berufsänderungsgesetzes 2020 – BRÄG 2020 (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage 19. der Beilagen XVII. GP) davon ausgegangen, dass als Zeitpunkt für die Ermittlung der Jahresfrist nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO stets der Zeitpunkt des Beginns der Hauptverhandlung herangezogen worden sei und „werde entsprechend der bisherigen Sichtweise mit dem Vorschlag daher klargestellt, dass es bei der Ermittlung der „Erheblichkeitsschwelle“ nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO auf die vom Verfahrenshelfer innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag erbrachten Verhandlungszeiten ankomme“.

 

Vor dem Hintergrund des Regelungszusammenhanges und des Umstandes, dass die Bestellung der Beschwerdeführerin im in Rede stehenden Justizstrafverfahren jedenfalls auch bis zu dessen rechtskräftigen Abschlusses erfolgt ist und damit auch für ein strafrechtliches Verfahren erfolgte und auf Grund der dargestellten Gesetzesmaterialen – insbesondere auch jener zum Berufsrechtsänderungs-gesetzes 2020 – BRÄG 2020 - ist somit zu ersehen, dass es bei der Ermittlung der „Erheblichkeitsschwelle“ nach § 16 Abs 4 erster Satz RAO auf jene Verhandlungszeiten ab dem ersten von ihm in einem konkreten Strafverfahren geleisteten Verhandlungstag erbrachten Verhandlungszeiten ankommt. Auch das Höchstgericht hat festgehalten, dass zur Bemessung des Anspruches nach § 16 Abs 4 RAO nur auf das einzelne Verfahren, für welches der Verfahrenshelfer bestellt worden ist, abzustellen ist (vgl. zB. VwGH am 11.07.2019, Ra 2019/03/0013). Dem Rechtsstandpunkt der belangten Behörde, welcher auch in einer Auskunft des Justizministeriums eine Stütze erfuhr, wonach fallbezogen, das Verhandlungsjahr mit der ersten Hauptverhandlung im gegenständlichen Strafverfahren am 15.10.2018 begann und demnach das für die verfahrensgegenständlich beantragten Leistungen für die Zuerkennung einer angemessenen Vergütung gemäß § 16 Abs 4 RAO auch für die nachfolgenden Jahre der Beobachtungszeitraum 15.10. bis einschließlich 14.10. maßgebend sei, da auch im Falle des zweiten Rechtsganges weiterhin vom selben Verfahren im Sinne der Regelung des § 16 Abs 4 RAO auszugehen sei und somit bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anspruches auf Sondervergütung auf den ursprünglichen Verhandlungsbeginn - das heißt Beginn der ersten Hauptverhandlung – als Beginn der Jahresfrist abzustellen sei, vermag von Seiten des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark im Verfahrensgegenstand daher nicht entgegengetreten zu werden, auch wenn die beschwerdeführerseitig im Antrag geltend gemachten Leistungen im zweiten Rechtsgang des LG für Strafsachen Graz erbracht wurden, zumal das Justizstrafverfahren für welche die Beschwerdeführerin als Verteidigerin bestellt wurde auch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, da durch den Umstand, dass das LG für Strafsachen Graz aufgrund der Entscheidung des OGH vom 14.01.2020 aufgrund einer Urteilsaufhebung unter Verhandlungswiederholung in erster Instanz neuerlich entscheiden musste, damit hier kein neues Strafverfahren begonnen hatte, für welches die Beschwerdeführerin als Verfahrenshelferin neu zu bestellen gewesen wäre, was ja auch nicht der Fall war und auch eine formale Voraussetzung für einen Vergütungsausspruch nach § 16 Abs 4 RAO darstellt. Ein Strafverfahren endet auch aus prozessualer Sicht gemäß § 1 Abs 2 StPO lediglich durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung.

 

Bezogen auf den Beschwerdefall ergibt sich daher, dass die belangte Behörde unter Zugrundelegung des verfahrenseinleitenden Antrages nach Erreichen der „Schwelle“ im in Rede stehenden Verhandlungsjahr 15.10.2019 bis 14.10.2020 zutreffend beantragte Leistungen laut Kostenverzeichnis vom 24.09.2020 bis einschließlich 09.10.2020 berücksichtigte und den Antrag in Bezug auf die begehrte Vergütung für die im Kostenverzeichnis geltend gemachten Leistungen, ausgehend vom 19.10.2020 bis einschließlich 18.12.2020 nicht zusprach, zumal diese Leistungen das darauffolgende Verhandlungsjahr betreffen und zur wirksamen Geltendmachung eines Vergütungsanspruches nach § 16 Abs 4 RAO als diesbezügliche Voraussetzung die gesetzlich festgelegte „Schwelle“ zu erreichen war, was gegenständlich nicht der Fall gewesen ist.

 

Allfällige beschwerdeführerseitig in diesem Zusammenhang implizit geäußerte verfassungsrechtliche Bedenken an der Regelung des § 16 Abs 4 RAO werden durch das Verwaltungsgericht – auch unter Zugrundelegung der Beschwerdeausführungen – nicht gehegt und sind gegenständlich auch keinerlei Indizien ersichtlich, wonach der Bundesgesetzgeber fallbezogen den ihm zukommenden Spielraum bei der Gestaltung der Sondervergütung nach § 16 Abs 4 RAO überschritten hätte.

 

Die Verfassungsmäßigkeit einer Norm hängt nicht davon ab, wie sie sich auf einzelne Anlassfälle auswirkt (vgl. zB. VfSlg. 10.291/1984) und die dort angeführte weitergehende Judikatur. Bei der Beurteilung einer Norm unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes ist auch von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen und, dass sich vereinzelt Härtefälle ergeben können, muss nach der höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. zB. VfGH am 16.03.1988, G 184/87, G 185/87, G 186/87, G 187/87, G 188/87, G 189/87, G 190/87, G 191/87, G 192/87, G 193/87, G 194/87, G 198/87, G 200/87) ebenso unberücksichtigt bleiben, wie der Umstand, dass sich die besonderen Gründe der Gleichheitswidrigkeit eine Regelung auch in allen Anlassfällen, in der zur Gleichheitswidrigkeit führenden Intensität auswirken.

 

In die gegenständliche Beschwerde vermochte daher die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht aufzuzeigen und war dieser daher keine Folge zu geben.

 

Im gegenständlichen Fall wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt und wurde eine solche von Seiten des Verwaltungsgerichtes auch nicht für erforderlich erachtet, zumal sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausdrücklich aus rechtlichen Erwägungen gegen den bekämpften Bescheid wendete und es in diesem Zusammenhang, unter Zugrundelegung des beschwerdeführerseitig auch nicht bestrittenen Sachverhaltes, nur die Rechtsfrage zu klären galt, ob nach Urteilsaufhebung für den Beginn des Verhandlungsjahres von der ersten ursprünglichen Hauptverhandlung oder jener im zweiten Rechtsgang auszugehen sei.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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