VwGVG 2014 §28 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.820.001.2020
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Gibisch als Einzelrichter über die Beschwerde der B GmbH, vertreten durch die A Rechtsanwälte GmbH, gegen den Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 5. März 2020, Aktenzeichen ***, betreffend baupolizeilicher Auftrag zu Recht:
1. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Spruchpunkte 2 und 4 des Bescheides des Stadtamtes *** vom 22. Mai 2019, Aktenzeichen ***, in Stattgebung der gegen diese Spruchpunkte eingebrachten Berufung ersatzlos aufgehoben werden.
2. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid in teilweiser Stattgebung der Beschwerde aufgehoben und wird das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 2 Z. 1, Abs. 3 und 4 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Ablauf des Verwaltungsverfahrens:
Die allesamt auf § 34 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 gestützten Spruchpunkte des baupolizeilichen Auftrags erster Instanz betreffen das Grundstück Parz. ***, EZ. ***, KG. ***, und lauteten:
„1) Für die in sämtlichen Wohnungen vorhandenen Notkamine ist ein vom zuständigen Rauchfangkehrer erstellter Baubefund vorzulegen.
2) Der als Kinderspielplatz vorgesehene Gartenbereich hinter dem Wohnhaus ist als Fläche, die durch ihre Gestaltung und Ausstattung Kindern ein sicheres Spielen im Freien ermöglichen soll, herzustellen.
3) Die bestehende Elektroleitung vom Technikraum zum danebenliegenden Aufzugsschacht im Kellergeschoß ist durch einen konzessionierten Elektriker zu befunden.
4) Im Falle der Wiederherstellung des Wasseranschlusses im Keller/Garagengeschoß ist eine Veränderungsanzeige bei der Stadtgemeinde *** einzubringen.
Die Behebung dieser Mängel wird hiermit bis zum 30.09.2019 angeordnet und die Erledigung ist der Baubehörde bis dahin schriftlich zu melden.
Werden die Mängel innerhalb dieser Frist nicht behoben, dann hat die Baubehörde die Beseitigung der mangelhaften Teile oder des ganzen Bauwerks und die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen.“
Begründend führte die Baubehörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass eine anlässlich der Fertigstellungsmeldung am 20. Dezember 2018 durchgeführte Überprüfung die Vorschreibungen notwendig gemacht habe.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass
zu 1. bezüglich der beanstandeten Notkamine ein rechtskräftiger Bescheid gemäß § 57 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 über die Abstandnahme von der Verpflichtung zu deren Errichtung vom 23. November 2018 vorliege,
zu 2. kein Widerspruch zum Konsens vorliege, da der Spielplatz ohne Geländeveränderung bewilligt worden sei,
zu 3. kein Baugebrechen behauptet werde und die Anordnung einer Befundvorlage, um erst festzustellen, ob ein Baugebrechen vorliegt, unzulässig sei und
zu 4. eine vorbeugende Anordnung ohne Baugebrechen unzulässig sei.
Das Parteigehör sei verletzt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid erging auszugsweise folgender Spruch:
„I
Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBI. Nr. 51/1991 i.d.g.F., wird die Berufung vom 12.06.2019 (eingelangt am 14.06.2019) zu den Spruchpunkten 1) und 2) des Bescheides vom 22.05.2019, ***, als unzulässig zurückgewiesen.
II
Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen VerwaItungsverfahrensgesetzes 1991, BGBI. Nr. 51/1991 i.d.g.F., wird der oben angeführten Berufung zum Bescheid vom 22.05.2019, ***, teilweise Folge gegeben und die Spruchpunkte 3) und 4) des Bescheides wie folgt abgeändert:
Spruchpunkt 3)
Die bestehende Elektroleitung vom Technikraum zum danebenliegenden Aufzugsschacht im Kellergeschoß ist entsprechend den geltenden Vorschriften herzustellen oder entsprechend rückzubauen.
Spruchpunkt 4)
Die durch die teilweise Demontage des Handwaschbeckens im Keller-/Garagengeschoß entstandenen punktuellen Durchlässe sind entweder entsprechend der Brandschutzvorgaben zu ertüchtigen oder es ist der Ietztbewilligte Konsens (Montage des Handwaschbeckens und der dazugehörigen Anschlüsse und Armaturen) wiederherzustellen.
Die Behebung dieser Mängel wird hiermit bis zum 30.06.2020 angeordnet und die Erledigung ist der Baubehörde bis dahin schriftlich zu melden. Werden die Mängel innerhalb dieser Frist nicht behoben, dann hat die Baubehörde die Beseitigung der mangelhaften Teile oder des ganzen Bauwerks und die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen.“
Begründend führt die belangte Behörde, gestützt auf den von der Baubehörde erster Instanz ermittelten Sachverhalt, im Wesentlichen aus, dass
zu 1. vom Bescheid vom 23. November 2018 kein Gebrauch gemacht worden sei, da doch Notkamine errichtet worden seien, die jedoch nicht den Vorschriften entsprächen,
zu 2. der Spielplatz in keiner Weise einer geeigneten, möglichst ebenen Spielplatzfläche entspräche und aufgrund seiner Geländebeschaffenheit und der Absturzmöglichkeit keinesfalls die in der Bauordnung geforderte Nutzungssicherheit für Kleinkinder gewährleiste, wobei der Auftrag ohnehin nur eine ex lege geltende Ausführung verlange und zudem eine konsenslose Stiege vorliege,
zu 3. für die Elektroleitung vom Technikraum zum Aufzugsschacht dringend eine Befundung durch einen konzessionierten Sachverständigen vorzunehmen sei und
zu 4. im Zugangsbereich zur Garage ein Handwaschbecken unsachgemäß abmontiert worden sei.
Dagegen bringt die Beschwerdeführerin zusammengefasst im Wesentlichen wie in ihrer Berufung und darüber hinaus im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde den aktuellen Sachverhalt nicht ermittelt habe, wobei zu Punkt 3 ein Elektroattest vom 13. September 2019 vorliege.
Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm Einsicht in den vorgelegten Akt.
Feststellungen:
Das gegenständliche Bauvorhaben wurde nach den Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996 mit Bescheid vom 13. Juli 2015 bewilligt. Dagegen erhobene Nachbarbeschwerden wurden vor dem 23. November 2018 rechtskräftig entschieden.
Mit dem Bauvorhaben wurden Kaminanschlüsse für alle 11 Wohnungen bewilligt.
Hinsichtlich des Spielplatzes ist den bewilligten Projektunterlagen lediglich die Lage und Größe in einem ausgewiesen steilen Grundstücksteil zu entnehmen. Der einzige Auflagenpunkt der Baubewilligung zum Spielplatz sieht vor, dass die Kinderspielplatzflächen durch geeignete gärtnerische Maßnahmen eben und für die Aufstellung von Spielgeräten geeignet herzustellen sind.
Am 16. April 2018 wurde die Fertigstellung des Bauvorhabens gemeldet und darauf hingewiesen, dass die Herstellung von Notkaminen nicht notwendig sei.
Am 23. November 2018 erließ die Baubehörde erster Instanz unter Berufung auf das ausdrückliche Verlangen der Bauwerberin vom 16. April 2018 gemäß § 57 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 die bescheidmäßige Abstandnahme von der Verpflichtung der Anschlussmöglichkeit einer Abgasanlage, die in Rechtskraft erwuchs.
Die belangte Behörde hat keinerlei Ermittlungsschritte zur Feststellung des Sachverhalts bezüglich des in Berufung gezogenen Spruchpunktes 3 über das Elektrokabel zum Aufzugsschacht gesetzt.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf dem Akteninhalt.
Rechtslage:
Gemäß § 70 NÖ Bauordnung 2014, in Kraft getreten am 1. Februar 2015, sind die am Tage des lnkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren, ausgenommen jene nach §§ 33 und 35 NÖ Bauordnung 1996, nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.
§ 34 der NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015, lautet:
„§ 34
Vermeidung und Behebung von Baugebrechen
(1) Der Eigentümer eines Bauwerks hat dafür zu sorgen, dass dieses in einem der Bewilligung (§ 23) oder der Anzeige (§ 15) entsprechenden Zustand ausgeführt und erhalten und nur zu den bewilligten oder angezeigten Zwecken (z. B. landwirtschaftlicher Betrieb bei landwirtschaftlichem Wohngebäude) genutzt wird. Er hat Baugebrechen zu beheben.
(2) Kommt der Eigentümer eines Bauwerks seiner Verpflichtung nach Abs. 1 nicht nach, hat die Baubehörde nach Überprüfung des Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15, unter Gewährung einer angemessenen Frist, die Behebung des Baugebrechens zu verfügen.
Die Baubehörde darf in diesem Fall
- die Überprüfung selbst durchführen oder durch Sachverständige durchführen lassen,
- die Vornahme von Untersuchungen und
- die Vorlage von Gutachten anordnen.
(3) Den Organen der Baubehörde und den beauftragten Sachverständigen ist der Zutritt zu allen Teilen der Bauwerke an Werktagen zur Tageszeit, bei Gefahr im Verzug auch an Sonn- und Feiertagen sowie während der Nachtzeit zu gestatten. Wenn nötig, ist dem Eigentümer mit Bescheid diese Verpflichtung aufzutragen.“
Erwägungen:
Zu Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides:
Durch die als Abweisung zu interpretierende Erledigung dieses Berufungspunktes hat die belangte Behörde die angefochtene Verpflichtung zur Vorlage eines vom zuständigen Rauchfangkehrer erstellten Baubefundes inhaltlich übernommen. Abgesehen davon, dass dieser Bauauftrag insofern unklar – und somit auch nicht vollstreckbar – ist, als der Begriff des Baubefundes weder in der NÖ Bauordnung 2014 noch im NÖ Feuerwehrgesetz vorkommt, ist nicht erkennbar, welcher Baumangel durch eine Urkundenvorlage behoben werden (können) soll. Soweit sowohl die belangte Behörde als auch die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang von – freilich unterschiedlichen – Rechtswirkungen der mit zitiertem Bescheid vom 23. November 2018 gewährten Abstandnahme von der Verpflichtung der Anschlussmöglichkeit einer Abgasanlage ausgehen, übersehen beide, dass dieser Bescheid infolge Unzuständigkeit der Behörde bis zumindest Ende November 2021 von einer Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG bedroht ist: Der Rechtsprechung des VwGH zufolge kommt nämlich die Anwendung des diesen Bescheid tragenden § 57 Abs. 2 NÖ Bauordnung nach Erteilung der Baubewilligung nicht mehr in Frage (VwGH 2005/05/0105). Die Baubehörde nahm daher mit dem zitierten Bescheid – abgesehen vom Fehlen eines ausdrücklichen Verlangens in der bloßen Fertigstellungsmeldung vom 16. April 2018 – eine Zuständigkeit wahr, die ihr längst nicht mehr zukam. Die Nichtigerklärung dieser Abstandnahme gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG liegt im Ermessen der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde. Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde Raum für die im Zuge deren Ermessensentscheidung gebotene Abwägung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in erworbene Rechte unter deren möglichster Schonung (siehe dazu näher VwGH 2009/22/0343) zu schaffen haben. Wenngleich dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Zuständigkeitsordnung kein absoluter Vorrang zukommt (VwGH 2012/21/0014), wird bei dieser Abwägung die Tatsache ins Gewicht fallen, dass die Beschwerdeführerin im Bewilligungsverfahren als damalige Bauwerberin kein ausdrückliches Verlangen gemäß § 57 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 geäußert hat, weshalb nicht nachvollziehbar erscheint, welches schützenswerte Recht der Beschwerdeführerin durch den unzuständigen Eingriff in die rechtskräftige Baubewilligung durch den Bescheid vom 23. November 2018 zuerkannt worden sein soll. Aufgrund dieser offenen Ermessensentscheidung war dieser Spruchpunkt gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG aufzuheben und zurückzuverweisen. Erst auf Grundlage der so zu bereinigenden Bescheidlage werden im nächsten Schritt die mit der Fertigstellungsmeldung vorgelegten Bestandspläne sowie der tatsächliche Baubestand der Kamine anhand des rechtskräftig bewilligten Projekts auf das Vorliegen allfälliger Baumängel neuerlich zu prüfen sein, wobei ein allfälliger Bauauftrag – im Unterschied zum angefochtenen Auftrag zur bloßen Vorlage eines nicht exakt beschriebenen Befundes – möglichst konkret als durch Ersatzvornahme vollstreckbarer Leistungsbescheid zu formulieren wäre (VwGH 2008/05/0193). Weiters wird dabei bezüglich der Rechtsgrundlage die Unterscheidung zwischen baupolizeilichen Maßnahmen nach der NÖ Bauordnung 2014 und feuerpolizeilichen Maßnahmen nach dem NÖ Feuerwehrgesetz 2015 zu beachten sein.
Zu Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Bescheides:
Durch die als Abweisung zu interpretierende Erledigung dieses Berufungspunktes hat die belangte Behörde die angefochtene Verpflichtung inhaltlich übernommen.
Dieser Spruchpunkt ist – unabhängig von seinem völlig unbestimmten und daher keiner Vollstreckung zugänglichen Inhalt – schon deshalb ersatzlos aufzuheben, weil der Spielplatz im bewilligten Projekt unbestritten lediglich in seiner Lage und Größe auf dem unveränderten (steilen) Gelände definiert ist. Ein baupolizeilicher Auftrag setzt jedoch das Vorliegen eines Baugebrechens im Sinne einer Konsenswidrigkeit voraus (VwGH 2012/05/0088), von der hier keine Rede sein kann. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übersieht dabei nicht den in der – einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung vom 13. Juli 2015 bildenden – Niederschrift vom 26. März 2015 enthaltenen Auflagenpunkt 22, dem zufolge die Kinderspielplatzflächen durch geeignete gärtnerische Maßnahmen eben und für die Aufstellung von Spielgeräten geeignet herzustellen sind. Der angefochtene Spruchpunkt dient jedoch aufgrund seiner davon abweichenden – und bezüglich einer nicht näher beschriebenen „Ausstattung“ auch darüber hinausgehenden – Formulierung nicht der Durchsetzung dieses ebenso weitgehend unbestimmten Auflagenpunktes, sondern läuft auf die Änderung der Baubewilligung hinaus, wofür andere Rechtsgrundlagen bestehen (VwGH 2005/05/0246), wobei darauf hinzuweisen ist, dass die NÖ Bauordnung 2014 keine normative Grundlage für die nachträgliche Erteilung einer Auflage enthält (VwGH Ro 2019/05/0002).
Die Ausführung der belangten Behörde dazu, dass dieser Auftrag „ohnehin nur eine ex lege geltende Ausführung“ verlangt, vermag daran nichts zu ändern.
Zum von der belangten Behörde abgeänderten Spruchpunkt 3 des erstinstanzlichen Bescheides:
Die belangte Behörde hat den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht festgestellt, sondern ist ohne Gewährung des Parteigehörs von dem bereits 15 Monate zuvor aufgenommenen Befund ausgegangen, was die Verfahrensrüge zutreffend als wesentlichen Verfahrensfehler aufzeigt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, sowie VwGH vom 27. August 2014, Zl. Ro 2014/05/0062) besteht nach den Bestimmungen des VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht, sodass dieses grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat.
Der Rechtsprechung zufolge ist bei der Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG unzulässig, wenn es sich dabei um eine typische Ergänzung handelt, welche die Rechtsmittelinstanz selbst vorzunehmen und sodann in der Sache selbst zu entscheiden gehabt hätte (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0037). Hier liegen jedoch zum Sachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt des angefochtenen Bescheides überhaupt keine Ermittlungsergebnisse vor. Diese einzuholen ist nicht Aufgabe des LVwG (VwGH 31.08.2015, Ra 2015/11/0039). „Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde … bloß ansatzweise ermittelt hat“ (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung“ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. auch Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Die belangte Behörde hat die von der zitierten Rechtsprechung eindeutig vorgegebenen weiteren Ermittlungen völlig unterlassen, sodass der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht und daher vom Landesverwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entschieden werden kann. Im gegenständlichen Fall kann die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Landesverwaltungsgericht gegenüber der belangten Behörde weder rascher durchgeführt werden, noch wäre die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Landesverwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Demnach lassen sich die erforderlichen Ermittlungsschritte durch die Verwaltungsbehörde nicht nur schneller, sondern auch kostengünstiger durchführen, als dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Fall wäre.
Zum von der belangten Behörde abgeänderten Spruchpunkt 4 des erstinstanzlichen Bescheides:
Mit der im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Änderung hat die belangte Behörde den in Berufung gezogenen Spruchpunkt gegen einen völlig anderen ausgetauscht. Mit diesem Austausch hat die belangte Behörde den Berufungsgegenstand nicht zulässig konkretisiert, sondern verlassen und hat funktionell als Behörde erster Instanz gehandelt und ihre Entscheidung insoweit mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet (VwGH 2013/07/0076). Stattdessen hätte sich die belangte Behörde auf die ersatzlose Aufhebung des deshalb zutreffend als von § 34 NÖ Bauordnung 2014 nicht gedeckt gerügten Spruchpunktes erster Instanz zu beschränken gehabt, weil dieser zweifellos nicht auf die Beseitigung eines Baumangels gerichtet war.
Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Da eine öffentliche mündliche Verhandlung weder beantragt wurde noch eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt, konnte von einer Verhandlung abgesehen werden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch einheitlich beantwortet wird.
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