LVwG Niederösterreich LVwG-AV-569/001-2021

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-569/001-20215.7.2021

BauO NÖ 2014 §35 Abs2
AVG 1991 §68 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.569.001.2021

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Dr. Kühnel als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 03.02.2021, GZ. ***, mit dem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 30.09.2020, GZ. ***, betreffend Zurückweisung eines Antrages um Aufschub einer Frist zur Erfüllung eines nach § 35 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) erteilten Abbruchauftrages, keine Folge gegeben wurde, zu Recht:

 

1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 03.02.2021 mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen Spruch insgesamt wie folgt zu lauten hat:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Baubehörde I. Instanz mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge ‚betreffend den Abbruchbescheid vom 01.07.2019, ***‘ durch die Wortfolge ‚betreffend den Abbruchbescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 21.01.2019, GZ. ***, bestätigt mit dem Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 01.07.2019, GZ. ***, und mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27.07.2020, GZ. LVwG-AV-1276/001-2019,‘ ersetzt wird.“

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

 

Mit dem Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 30.09.2020, GZ. ***, wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Aufschub der Abbruchfrist betreffend den Abbruchbescheid vom 01.07.2019, GZ. ***, Grundstück Nr. ***, KG ***, (vormals Pacht- oder Teilfläche Nr. ***) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Begründend führte dazu die Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** als Baubehörde I. Instanz zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.09.2020 um Verlängerung der Abbruchfrist betreffend den Bescheid vom 01.07.2019 für den Abbruch eines Gebäudes (Holzkonstruktion), eines Gebäudes aus Holz und einer Stiegenanlage aus Metall auf dem nunmehrigen Grundstück Nr. ***, KG ***, angesucht habe. Dies werde von der Baubehörde vermutet, zumal ein konkreter Bescheid im Antrag nicht angeführt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe gegen den erstinstanzlichen Abbruchbescheid vom 21.01.2019 eine Berufung und gegen den bestätigenden Berufungsbescheid vom 01.07.2019 eine Beschwerde eingebracht. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27.07.2020 sei der Berufungsbescheid bestätigt worden. In der NÖ Bauordnung 2014 sei eine Aussetzung oder Verlängerung der Abbruchfrist bei rechtskräftigen Abbruchbescheiden nicht vorgesehen und sei auch die angeführte Frist von acht Wochen für den Umfang der durchzuführenden Maßnahmen als ausreichend bemessen worden. Im Übrigen sei auch aus dem Antrag auf Aufschub oder Fristverlängerung keine konkrete Frist erkennbar.

 

In der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung vom 15.10.2020 wurde die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend beantragt, dass ihrem Antrag um Aufschub der Abbruchfrist bis zur endgültigen Klärung, ob eine baubehördliche Bewilligung im Grünland erteilt werden könne, in eventu bis zum 31.03.2021 stattgegeben werde.

 

Begründend führte dazu die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass ihrer Meinung nach der Abbruchbescheid noch nicht rechtskräftig sei. Sie habe am 07.09.2020 ein Ansuchen um Baubewilligung gestellt, worüber noch kein ablehnender Bescheid ergangen sei. Zudem sei auch eine Petition mit 330 Unterschriften an die Gemeinde, das Land Niederösterreich und die Bezirkshauptmannschaft Tulln gesendet worden, worüber sich die Behörden noch befassen würden. Wenn in der NÖ BO 2014 keine Fristverlängerung vorgesehen sei, bedeute dies, dass dies aber auch nicht dezidiert ausgeschlossen werde. Die Bezirkshauptmannschaften würden in solchen Fällen Nachfristen einräumen. Auch die Marktgemeinde *** solle deshalb der Beschwerdeführerin eine Nachfrist einräumen, um für sie einen noch größeren wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Diese Nachfrist sei erforderlich, um die Baulichkeiten nach dem Winter verkaufen zu können.

 

Mit dem Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 03.02.2021, GZ. ***, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Baubehörde I. Instanz bestätigt.

 

Begründend führte dazu der Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** als Baubehörde II. Instanz zusammengefasst aus, dass betreffend die konsenslos errichteten baulichen Anlagen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück ein mittlerweile in Rechtskraft erwachsener Abbruchbescheid der Baubehörde II. Instanz vom 24.07.2019, bestätigt durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27.07.2020, vorliege. Die Baubehörde I. Instanz habe bereits ausgeführt, dass eine Verlängerung der Abbruchfrist gemäß der NÖ BO 2014 nicht vorgesehen sei und ab Rechtskraft des angeführten Abbruchbescheides somit ausreichend Zeit bestanden habe, dem rechtskräftigen Abbruchbescheid zu entsprechen. Das Vorbringen im Hinblick auf die vorgelegten Petitionen stehe mit dem erstinstanzlichen Bescheid in keinem Zusammenhang und sei daher nicht zu berücksichtigen. Eine Umwidmung in Bauland-Sondergebiet werde auch aufgrund bisheriger negativer Beurteilungen nicht weiterverfolgt. Nicht zuletzt liege zum angeführten Antrag um Baubewilligung mittlerweile ein abweisender Bescheid der Baubehörde I. Instanz vom 05.01.2021 vor.

 

2. Zum Beschwerdevorbringen:

 

In ihrer durch ihren nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde vom 02.03.2021 beantragte die Beschwerdeführerin, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der erstinstanzliche Bescheid nicht bestätigt und vielmehr dem Antrag auf Fristverlängerung der Abbruchfrist vollinhaltlich stattgegeben werde, in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde oder an die Baubehörde I. Instanz zurückverweisen.

 

Begründend führte dazu die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerin Pächterin und C Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks sei. Mit Bescheid vom 03.01.2005 sei C von der Bezirkshauptmannschaft Tulln die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der Nutzung des Sportfischteiches als solchen mit Badenutzung für maximal 150 Personen erteilt worden und habe die Wasserrechtsbehörde dabei der Beschwerdeführerin bekanntgegeben, dass aus ihrer Sicht die Errichtung von Gebäuden nicht unzulässig sei. Am 13.01.2020 habe eine Parzellierung der Nord- und Westseite des Badesees stattgefunden.

 

Die belangte Behörde habe nunmehr in unzulässiger Weise weitere Ermittlungsschritte unterlassen und Verfahrensergebnisse anderer Verfahren, obgleich diese nicht rechtskräftig beendet seien, als „endgültig“ der Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Die Beschwerdeführerin habe mit Antrag vom 07.09.2020 die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Gerätehütte und einer Sanitärhütte jeweils in Holzbauweise auf dem Grundstück Nr. ***, KH ***, beantragt.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zu prüfen, ob eine Konsenswidrigkeit als Grundlage für einen Bauauftrag sowohl im Zeitpunkt der Ausführung wie im Zeitpunkt der Bauauftragserteilung vorliege.

 

Ein Abbruchauftrag könne auch während eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens erteilt werden. Allerdings dürfe ein derartiger Abbruchauftrag während der Anhängigkeit eines Baubewilligungsverfahrens nicht vollstreckt werden. Durch eine nachträgliche Baubewilligung werde ein wegen Konsenslosigkeit erteilter Abbruchauftrag obsolet.

 

Im Ergebnis habe daher die belangte Behörde im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls mit dem Abbruchauftrag zuzuwarten und liege die Voraussetzung einer Fristverlängerung demnach zwingend vor.

 

3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

 

Mit Schreiben vom 22.03.2021, beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangt am 25.03.2021, legte die Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** unter anderem diese Beschwerde mit dem Verwaltungsakt bestehend aus dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27.07.2020, dem Ansuchen auf Aufschub der Abbruchfrist, dem Bescheid der Baubehörde I. Instanz vom 30.09.2020, der Berufung vom 15.10.2020, dem Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Gemeindevorstandes vom 03.02.2021 samt Einladungskurrende, dem Entwurf der Berufungsentscheidung mit Genehmigung des Gemeindevorstandes, der Berufungsentscheidung vom 03.02.2021 und der Beschwerde vom 02.03.2021 zur Entscheidung vor.

 

Vom Landesverwaltungsgericht wurde am 05.07.2021 eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung (mit dem zur Zahl LVwG-AV-596/001-2021 geführten Beschwerdeverfahren betreffend Abweisung der beantragten Baubewilligung) durchgeführt in Anwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt B, Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten sowie durch Einsichtnahme in den verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeakt zur Zahl LVwG-AV-596/001-2021 (Beschwerdeverfahren betreffend das nachträgliche Baubewilligungsverfahren). Vom Vertreter der belangten Behörde wurde ein Auszug aus dem aktuellen Flächenwidmungsplan vorgelegt.

 

4. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführerin A ist aufgrund mit dem Eigentümer C abgeschlossener Pacht- bzw. Mietverträge Pächterin des Grundstücks Nr. ***, KG ***. Auf diesem Grundstück errichtete die Beschwerdeführerin nach Abschluss des ersten Pachtvertrages im Jahr 2013 im nördlichen Grundstücksbereich eine Holzkonstruktion mit den Grundrissabmessungen von ca. 3,9 m x 3,8 m, Traufenhöhe ca. 2,2 m und Firsthöhe ca. 2,8 m, im nordlichen Grundstücksbereich ein Gebäude aus Holz mit den Grundrissabmessungen von ca. 2,10 m x 2,0 m, Traufenhöhe ca. 2,2 m und Firsthöhe ca. 2,4 m sowie im südlichen Bereich eine Stiegenanlage aus Metall mit den Abmessungen von ca. 2,1 m x 0,7 m und einem angrenzenden Plattenbelag aus Beton mit den Abmessungen von ca. 1,3 x 1,2 m.

 

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 21.01.2019, GZ. ***, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 der Auftrag zum Abbruch dieser Bauwerke innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides infolge fehlender Baubewilligungen erteilt. Dieser Bescheid wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** mit Bescheid vom 01.07.2019, GZ. ***, und mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27.07.2020, GZ. LVwG-AV-1276/001-2019, in diesem Umfang bestätigt und ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Ansuchen vom 07.09.2020 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der nachträglichen baubehördlichen Bewilligung für diese Bauwerke. Dieses Bauansuchen wurde – bestätigt durch den Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** – mit Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 05.01.2021, GZ. ***, abgewiesen. Das aufgrund einer von der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde eingeleitete Beschwerdeverfahren ist zurzeit beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur GZ. LVwG-AV-596/001-2021 anhängig.

 

Mit schriftlicher Eingabe datiert mit 07.9.2020 beantragte die Beschwerdeführerin den Aufschub der Abbruchfrist eben dieser Bauwerke „bis zur endgültigen Klärung, ob eine baubehördliche Bewilligung im Grünland (…) erteilt werden kann“.

 

5. Beweiswürdigung:

 

Der Sachverhalt ist insgesamt unstrittig und ergibt sich auch aus den unbedenklichen Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes der Marktgemeinde *** sowie aus dem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeakt zur Zahl LVwG-AV-596/001-2021, dem das nachträgliche Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 07.09.2020 betreffend die verfahrensgegenständlichen Bauewrke zugrunde liegt.

 

6. Rechtslage:

 

Folgende gesetzlichen Bestimmungen sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

 

§ 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

 

„Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

 

§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG:

 

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

 

§ 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014):

 

„(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn

1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag nach § 34 Abs. 2 innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder

2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.

Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß.“

 

§ 59 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

 

„(1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.“

 

§ 68 Abs. 1 AVG:

 

„(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.“

 

7. Erwägungen:

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen wie folgt erwogen:

 

Wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht im Sinne des § 27 VwGVG lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Liegt der von der belangten Behörde angenommene Zurückweisungsgrund (hier: res iudicata) nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht den Zurückweisungsbescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Behörde über den Antrag unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden hat (zB VwGH 27.08.2020, Ro 2020/15/0035). Gegenständlich wurde zwar nicht von der belangten Behörde selbst mit Zurückweisung entschieden, allerdings bildete den Verfahrensgegenstand des abweisenden Bescheides der Berufungsbehörde die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages der Beschwerdeführerin durch die erstinstanzliche Baubehörde.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass ein rechtskräftiger Abbruchbescheid betreffend die verfahrensgegenständlichen Objekte vorliegt. Soweit sich demnach das Beschwerdevorbringen darauf bezieht, dass ein baupolizeilicher Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 NÖ BO 2014 voraussetzt, dass sowohl zum Zeitpunkt der Errichtung der Baulichkeit als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Bauauftrages der betreffende Bau einer baubehördlichen Bewilligungspflicht unterlag, ist dies zwar richtig, jedoch für das gegenständliche Verfahren ohne Relevanz. In Bezugnahme auf die Erteilung eines Abbruchauftrages liegt entgegen des Beschwerdevorbringens sehr wohl eine rechtskräftige Entscheidung vor, die sohin dem Rechtsbestand angehört. Ob und inwieweit dieser Abbruchauftrag zu Recht ergangen ist, ist nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.

 

Von der Beschwerdeführerin wurde zudem auch mit ihrem hier verfahrenseinleitenden Antrag nicht (mehr) die Rechtsmäßigkeit des Abbruchauftrages in Frage gestellt, sondern der Aufschub, sprich Verlängerung der Leistungsfrist von 8 Wochen beantragt.

 

Diese Leistungsfrist wurde – wie von den Baubehörden I. und II. Instanz auch richtig festgehalten – ebenso rechtskräftig mit 8 Wochen festgesetzt und bildete diese Leistungsfrist einen Bestandteil des in Rechtskraft erwachsenen Spruches des Abbruchbescheides. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach betont, dass die Festsetzung einer Erfüllungsfrist im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG nicht losgelöst von der Vorschreibung einer Verbindlichkeit zu einer Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes erfolgen kann, sondern immer untrennbar damit verbunden ist (z.B. VwGH 24.02.2004, 2004/05/0022). Als integrierender Bestandteil des Spruchs wird auch die Erfüllungsfrist von der Rechtskraft des Auftrages erfasst.

 

In der NÖ Bauordnung ist nun auch keine Bestimmung vorgesehen, nach der die bescheidmäßige Frist für die Behebung von Konsenswidrigkeiten verlängert werden kann. Der von der Beschwerdeführerin dazu aufgestellte Umkehrschluss ist unzulässig. Zumal die gemäß § 35 NÖ BO 2014 in einem Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist – als eine Frist eben gemäß § 59 Abs. 2 AVG – einen Bestandteil des Spruches des baupolizeilichen Auftrages darstellt und von dessen Rechtskraft erfasst ist, kann ein Antrag auf Verlängerung der Erfüllungsfrist daher nur als Antrag auf Abänderung des rechtskräftigen baupolizeilichen Auftrages angesehen werden. Einem Ansuchen um Verlängerung der Erfüllungsfrist eines baupolizeilichen Auftrages steht daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG res iudicata entgegen und ist aus diesem Grunde zurückzuweisen (vgl. hiezu VwGH 12.10.2010, 2009/05/0317, mit Verweis auf VwGH 16.09.1997, 97/05/0209).

 

Auch diesbezügliche Änderungen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse betreffen keine Umstände, die bei der Bestimmung der Leistungsfrist relevant sind, sondern sind im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen (vgl. wiederum VwGH 24.02.2004, 2004/05/0022). Demzufolge ist die Beschwerdeführerin zwar auch grundsätzlich mit ihrem Vorbringen im Recht, dass während eines anhängigen nachträglichen Bewilligungsverfahrens – wie auch gegenständlich – die Vollstreckung des Bauauftrages unzulässig ist (vgl. dazu VwGH 15.10.1987, 87/06/0053, u.v.a.). Dazu bedarf es aber auch nicht eines eigenen Antrages der Beschwerdeführerin auf Aufschub bzw. Fristverlängerung.

 

Der Beschwerde konnte daher kein Erfolg beschieden sein, sondern war korrekt der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Eine Spruchkorrektur war lediglich in Bezugnahme auf die korrekte Zitierung der Entscheidungen in Bezugnahme auf den zugrundeliegenden rechtskräftigen Abbruchauftrag vorzunehmen.

 

8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es wird dazu auf die zahlreich zitierte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen. Außerdem kommt der gegenständlichen Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

 

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