FSG 1997 §5Abs2
FSG 1997 §23 Abs3
FSG-DV 1997 §9
32006L0126 Führerschein-RL Art12
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.564.001.2019
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch HR Mag. Janak-Schlager als Einzelrichter über die Beschwerde der A in ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 11.04.2019, ***, betreffend Abweisung eines Antrages nach dem Führerscheingesetz (FSG), zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Am 07.12.2017 beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin die Erteilung der österreichischen Lenkberechtigung in Form des Austausches ihres ausländischen Nicht-EWR-Führerscheines gemäß § 23 Abs 3 FSG.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 11.04.2019 wurde dieser Antrag betreffend die Umschreibung des serbischen Nicht-EWR-Führerscheines, Führerscheinnummer ***, Seriennummer ***, für die Klassen AM, B, BE und F gemäß §§ 5 Abs 1 und 2, 23 Abs 3 FSG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass aufgrund der Wohnsitzbestimmungen der serbische Führerschein der Beschwerdeführerin gemäß § 23 Abs 3 in Verbindung mit § 5 Abs 2 FSG nicht umgeschrieben werden könne, da deren persönliche Bindungen in Österreich lägen.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung ihren Wohnsitz in Österreich gehabt habe.
Die vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen von Herrn C, Frau D sowie Frau E seien keinesfalls als Nachweise über den Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Serbien zu werten. Ebenso wenig die Bescheinigung des Ministeriums für Inneres der Republik Serbien, da darauf nur ersichtlich sei, dass die Beschwerdeführerin in der Gemeinde *** am 15.08.1996 ihren Wohnsitz gemeldet habe.
Aufgrund der Annahme bzw. Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in Österreich beschäftigt sei, hier eine Familie gegründet sowie seit 1977 ihren Hauptwohnsitz gemeldet habe, sei die Bindung zu Serbien für die Umschreibung des ausländischen Nicht-EWR-Führerscheines nicht relevant. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig nach Serbien einreise, sei für die Erteilung der österreichischen Lenkberechtigung nicht maßgebend.
Den vorgebrachten Ausführungen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin zufolge sei bezüglich des möglichen Auseinanderfallens von Wohnsitz im Führerscheingesetz (wie auch in vielen anderen Materien) und dem Hauptwohnsitz im Sinne des Meldegesetzes (MeldeG) zuzustimmen, diese kämen aber aus Sicht der belangten Behörde im vorliegenden Fall gerade nicht zum Tragen.
Als Wohnsitz im Sinne des Führerscheingesetzes werde beweiswürdigend Österreich angenommen. Neben den beruflichen würden auch private Bindungen schlicht aufgrund der Aufenthaltsdauer und des Familienstandes angenommen. Dem sei bisher nicht schlüssig entgegengetreten worden. Die Beschwerdeführerin sei im Jahr 1986 bei ihrer erstmaligen Antragstellung auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung selbst von ausreichend persönlichen Bindungen zu ihrem Hauptwohnsitz in Österreich ausgegangen.
Die regelmäßigen Besuche im Heimatland vermögen an der Wohnsitzqualität nichts zu ändern, wobei die vorgebrachte Argumentation bezüglich der Unschädlichkeit einer beruflichen Tätigkeit im Ausland auf den vorliegenden Fall gerade nicht zutreffe. Hierzu müsste das Land der beruflichen und der privaten Bindung auseinanderfallen, was eben nicht vorliege.
Aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin eine Lenkberechtigung in der Republik Serbien zu einem Zeitpunkt erworben habe, an dem sie ihren Wohnsitz in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheins gehabt (und somit nicht nach Österreich verlegt) habe, sei der Antrag abzuweisen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Gegen diesen Bescheid erhob die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin am 06.05.2019 fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag Folge gegeben werde; in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der erstinstanzlichen Behörde zurückzuverweisen.
Begründend führte sie dazu im Wesentlichen aus, der angefochtene Bescheid werde zur Gänze angefochten und unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.
Die belangte Behörde habe in ihrer Begründung ausgeführt, dass sie im Jahr 1986 zur Fahrprüfung angemeldet gewesen sei und diese mehrmals nicht bestanden habe. Darüber hinaus habe sie schon in den Jahren 2009 und 2010 entsprechende Anträge beim Verkehrsamt Wien bzw. der Bezirkshauptmannschaft Mödling eingebracht und habe sie den Jahren 2010 und 2014 jeweils gegen § 1 Abs 3 FSG verstoßen.
Ferner spreche die belangte Behörde sowohl den vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen von C, D und E als auch der Bescheinigung des Ministeriums für Inneres der Republik Serbien jeglichen Beweiswert ab.
Rechtlich habe die belangte Behörde ihre abweisende Entscheidung auf § 23 Abs 3 FSG iVm § 5 Abs 2 FSG gegründet. Es werde davon ausgegangen, dass die Bestimmungen des FSG und des MeldeG den Hauptwohnsitz betreffend eben nicht auseinanderfallen würden und daraus gefolgert, dass sie die Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erworben habe, zu dem sie ihren Wohnsitz in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheins gehabt habe.
Dazu sei festzuhalten, dass gemäß § 9 Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung (FSG‑DV) die Lenkberechtigung unter anderem von Serbien gemäß § 23 Abs 3 Z 5 FSG als unter den gleichen Voraussetzungen erteilt gelte wie in Österreich und somit eine Gleichwertigkeit dieses Nicht-EWR-Führerscheines für alle Klassen vorliege. Die fachliche Befähigung habe sie daher nicht durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs 4 FSG nachzuweisen, sondern es sei zwingend anzunehmen, dass die Erteilung ihrer Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt sei, unter denen sie in Österreich erteilt werde.
Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit habe die belangte Behörde nicht angeführt, ebenso liege die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG vor.
Als letztes Tatbestandsmerkmal für die Anerkennung der ausländischen Lenkberechtigung verbleibe daher, ob sie sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in Serbien während mindestens sechs Monaten aufgehalten habe oder dort ihren Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) gehabt habe […].
Sie habe bereits mit Stellungnahme vom 16.01.2018 ausgeführt, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach ihre regelmäßige Einreise nach Serbien für die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung nicht maßgebend sei, unrichtig sei. Gemäß § 5 Abs 1 FSG dürfe ein Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung unbeschadet des Abs 1a nur gestellt werden, wenn der Antragsteller seinen Wohnsitz im Sinne des Art 12 der Richtlinie über den Führerschein ABl Nr 403/2006 in Österreich habe (Abs 2), das für die Absolvierung der Fahrausbildung erforderliche Mindestalter (§ 6 Abs 2) erreicht habe und noch keine Lenkberechtigung für die angestrebte Klasse besitze.
Gemäß § 5 Abs 2 FSG liege ein Wohnsitz in Österreich gemäß Abs 1 Z 1 vor, wenn sich die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen und – sofern vorhanden – beruflichen Bindungen innerhalb der letzten zwölf Monate nachweislich während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten habe oder glaubhaft mache, dass sie beabsichtige, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Norm führte die Beschwerdeführerin aus, dass diese Bestimmung des § 5 Abs 2 2. Satz FSG so auszulegen sei, dass der Ort der persönlichen Bindungen maßgebend sei (gleichwohl die beruflichen Bindungen in Österreich oder sonst einem Staat liegen mögen) sofern der Führerscheinwerber dorthin regelmäßig zurückkehre.
Gemäß § 1 Abs 6 MeldeG sei ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen habe, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben. Der Hauptwohnsitz eines Menschen sei an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen habe, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Würde diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zutreffen, so habe er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis habe. Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen seien insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.
Nachdem es zulässig sei, mehrere Wohnsitze zu haben, sei es möglich, dass die Wohnsitzkriterien auf mehr als einen Wohnsitz zutreffen und wäre daher aus den verschiedenen Wohnsitzen ein Hauptwohnsitz zu wählen, zu dem das überwiegende Naheverhältnis besteht. Sofern eine Person jedoch nur einen Wohnsitz im Bundesgebiet habe, gelte dieser zugleich als Hauptwohnsitz.
Nach dem Meldegesetz gelte somit auch dann ein Wohnsitz als Hauptwohnsitz, wenn dieser nur gelegentlich benutzt werde und sich der Bewohner ansonsten überwiegend im Ausland aufhalte, sofern es eben nur einen einzigen Wohnsitz im Inland gebe. Einen internationalen Hauptwohnsitz gebe es jedoch weder nach österreichischem noch nach europäischem Recht. Allein schon aus diesem Grund müssten die Wohnsitzkriterien nach dem MeldeG und dem FSG zwangsläufig auseinanderklaffen.
Würde man der Rechtsansicht der Behörde folgen, dass ein österreichischer Hauptwohnsitz nach dem Meldegesetz einen Austausch des ausländischen Führerscheines verhindere, so wäre die von ihr begehrte Umschreibung auch dann unzulässig, wenn sie etwa jährlich lediglich eine Woche in Österreich aufhältig wäre, da eben in Österreich die Begründung ausschließlich eines (oder mehrerer) Nebenwohnsitze ohne gleichzeitig einen Hauptwohnsitz anzumelden, unzulässig sei.
Tatsächlich sei in § 23 FSG für ausländische Lenkberechtigungen jedoch geregelt, dass dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen sei, wenn der Antragsteller nachweise, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufgehalten oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) gehabt habe […], keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestünden sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen werde und entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs 4 nachgewiesen werde oder angenommen werden könne, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt sei, unter denen sie in Österreich erteilt werde.
Der Hauptwohnsitz im Sinne des Melderegisters sei also nicht relevant, sondern § 23 Abs 3 Z 1 FSG verweise auf § 5 Abs 1 Z 1 FSG, welcher wiederum auf § 5 Abs 2 FSG verweise. Die polizeiliche Meldung als Hauptwohnsitz allein lasse nicht den Schluss zu, die Meldeadresse sei tatsächlich der Hauptwohnsitz, sondern dem in der Urkunde erklärten Willen komme lediglich hohe Indizwirkung zu, sei e contrario also widerleglich und spiele diese hauptwohnsitzliche Meldung, die die Behörde begründend für die Abweisung des Antrages herangezogen habe, bei der gegenständlichen Beurteilung des Wohnsitzes im Sinne des Führerscheingesetzes keine Rolle.
Zu den persönlichen Bindungen sei dem Gesetz nichts Näheres zu entnehmen, ebenso wenig den Materialien. Es finde sich in den Materialien (ErläutRV 1203 BlgNR 24. GP 7) zu § 5 Abs 2 FSG, dessen Bestimmung über die persönlichen Bindungen mit BGBl I Nr 61/2011 eingefügt worden sei, lediglich ein Absatz, wonach in Einklang mit Art 12 der Richtlinie eine leichte aber bedeutsame Modifikation des Wohnsitzbegriffes vorgenommen worden sei. Die Beurteilung des Bestehens eines Wohnsitzes habe nach wie vor grundsätzlich anhand der „185 Tage-Regelung“ zu erfolgen, wenn jedoch die beruflichen und die persönlichen Bindungen in zwei verschiedenen Staaten liege, so sei für das Vorliegen eines Wohnsitzes gemäß § 5 Abs 1 Z 1 FSG nunmehr ausschlaggebend, in welchem Staat die persönlichen Bindungen liege und zwar unabhängig vom Zeitraum von 185 Tagen.
Weder die berufliche Tätigkeit in Österreich noch der gemeldete Hauptwohnsitz würden die Behörde sohin zur Abweisung des Antrages berechtigen, sondern es sei ausschließlich auf ihre persönlichen Bindungen abzustellen.
Zum Beweis ihrer persönlichen Bindungen habe sie eidesstättige Erklärungen von C, D und E vorgelegt, welche bestätigen würden, dass sie sich den Jahren 2003 bis 2005 regelmäßig in Serbien aufgehalten habe.
Die belangte Behörde führe nunmehr in ihrer Beweiswürdigung aus, dass die vorgelegten „eidesstaatlichen“ (wohl gemeint: eidesstättigen) Erklärungen „keinesfalls als Nachweis über den Aufenthalt in Serbien zu werten“ seien. Eine genaue Erläuterung dahingehend, warum die drei dem seinerzeitigen Antrag beigelegten eidesstattlichen Erklärungen „keinesfalls“ als Nachweis über ihren Aufenthalt in Serbien zu werten seien, lasse die belangte Behörde jedoch vermissen. Eine Prüfung der eidesstattlichen Erklärung durch die belangte Behörde sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
Durch die de facto Nichtauseinandersetzung mit diesem Beweismittel (die vorgenommene Begründung stelle lediglich eine Scheinbegründung dar) erweise sich der Bescheid bereits jedenfalls als mangelhaft und habe die Behörde mit ihrer Vorgehensweise klar das von ihr immanent zu beachtende Determinierungsgebot des § 59 Abs 1 AVG verletzt.
Ferner habe sie auch eine Bescheinigung des Ministeriums für Inneres der Republik Serbien vorgelegt, mit welcher bestätigt worden sei, dass sie seit 15.08.1996 und aufrecht in der Gemeinde *** gemeldet sei. Auch per 20.01.2019 sei seitens des Ministeriums für Inneres der Republik Serbien die aufrechte Meldung bescheinigt worden.
Auch die Beweiskraft dieser Urkunde sei von der belangten Behörde ohne näherer Begründung negiert worden, da sich aus dieser Urkunde lediglich die amtliche Meldung ergeben würde. Neuerlich erleide der angefochtene Bescheid einen Begründungsmangel.
Schließlich habe sie Kopien ihres Reisepasses vorgelegt, aus welchen sich ergebe, dass sie nicht nur sporadisch nach Serbien eingereist, sondern vielmehr regelmäßig nach Serbien zurückgekehrt sei.
Im Einzelnen habe sie nachfolgende Aufenthalte bzw. Ein- und Ausreisen (soweit leserlich) in Serbien nachgewiesen:
Im Jahr 2001: 11.02., 25.03., 16.04., 07.10., 28.10., und 04.11.;
Im Jahr 2002: 05.01., 02.04., 16.06., 06.08., 25.08., 02.09. und 03.11.;
Im Jahr 2003: 06.01., 01.03., 02.03., 06.03., 25.04., 27.04., 29.04., 30.04., 04.05., 12.06., 13.06., 06.08.2003, 12.08., 17.08., 24.08. und 27.12.;
Im Jahr 2004: 06.01., 28.04., 02.05., 05.08., 06.08., 13.08., 13.11., 15.11. und 24.12.;
Im Jahr 2005: 02.01., 05.08., 06.08., 08.08., 19.08., 20.08., 23.08., 25.08., 31.10. und 06.11.;
Im Jahr 2006: 17.02., 01.04., 14.05., 01.07., 03.07., 11.08., 15.08., 29.08., 03.09., 17.11., 19.11., 25.11., 26.11. und 19.12.;
Im Jahr 2007: 25.05., 28.05., 14.08., 19.08., 28.08., 29.08., 01.09. und 29.09.;
Im Jahr 2008: 01.01., 03.01., 07.01., 12.04., 13.04., 02.05., 22.05., 25.05. und 01.09.;
Im Jahr 2009: 24.02., 30.05., 01.06., 01.07., 17.08., 18.08., 26.08., 30.08., 25.09., 27.09., 20.10., 05.11., 18.11., 24.11., 28.11. und 01.12.;
Im Jahr 2010: 03.01., 13.02., 14.02., 06.04., 11.04., 13.05., 16.05., 02.06., 02.08., 16.08. und 04.09.;
Im Jahr 2011: 11.02., 02.03., 03.03., 22.03., 25.03., 13.04., 16.04., 13.06., 26.08., 29.08., 09.09. und 20.11.;
Im Jahr 2012: 05.01., 02.03., 10.03., 28.03., 02.04., 28.05., 16.06., 02.07. und 19.08.
Anzumerken sei hierbei jedoch, dass nicht sämtliche Stempel im Reisepass lesbar seien, weshalb noch einige Ein- bzw. Ausreisen fehlen würden.
Dennoch würden allein schon diese Ein- und Ausreisen zeigen, dass sie in diesen Jahren mehr oder weniger zwischen Österreich und Serbien „gependelt“ sei, jedenfalls, dass sie „regelmäßig“ nach Serbien zurückgekehrt sei und ihre persönlichen Bindungen in Serbien halte, weshalb in Verbindung mit dem Umstand, dass sie nach wie vor serbische Staatsbürgerin sei und (auch) ihren Wohnsitz in Serbien habe, jedenfalls die Tatbestandsmerkmale des § 23 FSG erfüllt seien.
Dieses Beweismittel sei durch die belangte Behörde überhaupt gänzlich außer Acht gelassen worden. Die Vorlage dreier eidesstättiger Erklärungen, einer Bestätigung des Innenministeriums der Republik Serbien sowie ihre zahlreichen Ein- und Ausreisen hätten jedoch sehr wohl einer detaillierten inhaltlichen Auseinandersetzung bedurft, welche jedoch ganz offensichtlich seitens der belangten Behörde nicht gewünscht gewesen sei.
In Anknüpfung an die oben dargestellte Verkennung der Rechtslage habe es die belangte Behörde unterlassen, den Sachverhalt amtswegig zu erheben, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und festzustellen sowie die notwendigen Beweise aufzunehmen. Es wäre der Behörde insbesondere oblegen, bei Zweifel über die Richtigkeit der vorgelegten eidesstättigen Erklärungen die Aussteller dieser Erklärungen einzuvernehmen.
Ferner habe die Behörde das bisherige Ermittlungsverfahren ausgesprochen einseitig gestaltet und sich mit den für die Antragstellerin günstigen Sachverhaltsmomenten, wenn überhaupt, dann nur teilweise und in nicht nachvollziehbarer Weise beschäftigt.
Die Behörde sei auch im Fall einer Ermessensentscheidung verpflichtet, den Sachverhalt in allen jenen Punkten zu klären, auf die sie bei der Übung des Ermessens Bedacht zu nehmen habe. Im konkreten Fall habe die Behörde den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, um die sachliche Ausübung des Ermessens zu ermöglichen. Der Sachverhalt sei daher für die Ermessensentscheidung ergänzungsbedürftig.
Aufgrund der groben Verletzung von Verfahrensvorschriften liege gegenständlich sogar ein an Willkür grenzendes Verhalten der Behörde vor, zumal Rechtfertigungen oder sonstige Gründe, warum die Behörde von den grundsätzlichen Anforderungen des Verfassungsgerichtshofes an ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren abweichen konnte, nicht vorliegen würden, sodass ein schwerer Verfahrensmangel vorliege.
Dieser Verfahrensfehler sei wesentlich, weil die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, sogar müssen, wenn sie das Vorbringen der Beschwerdeführerin ausreichend berücksichtigt hätte.
Die Normen der §§ 23, 5 FSG sollen einerseits die Verkehrssicherheit und Verkehrszuverlässigkeit der Verkehrsteilnehmer gewährleisten – was gegenständlich jedoch durch § 9 FSG‑DV erfüllt werde – andererseits und vor allem aber solle „mit dieser vom Gesetzgeber in den zitierten Rechtsvorschriften festgelegten Aufenthalts- bzw. Wohnsitzerfordernis in der Dauer von sechs Monaten im Ausstellungsstaat […] wohl dem sogenannten Führerscheintourismus entgegen gewirkt werden“ (LVwG Oberösterreich, LVwG-650516/5/BR).
Auch wenn diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich die Anerkennung einer Lenkberechtigung aus dem EWR-Raum betreffe und die Republik Serbien (noch) nicht diesem EWR-Raum angehöre, so zeige sich doch etwa durch die Anführung ganz bestimmter Nicht-EWR-Mitglieder in § 9 Abs 1 Z 1 FSG‑DV (Andorra, Guernsey, Insel Man, Japan, Jersey, Monaco, San Marino, Schweiz, Serbien“), sohin mit Ausnahme von Japan ausschließlich von Ländern, die von EWR-Staaten umschlossen seien, dass die Rechtsprechung betreffend EWR-Staaten auch auf diese Staaten der § 9 Abs 1 Z 1 FSG‑DV analog anzuwenden sein werde.
In der Folge zitiert die Beschwerdeführerin umfassend die rechtlichen Erwägungen des oben genannten Erkenntnisses des Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, wonach betreffend eine in Tschechien erworbene Lenkberechtigung auch dann ein dem Umfang der in diesem Mitgliedstaat erteilten Berechtigung entsprechender österreichischer Führerschein auszustellen sei, wenn der Wohnsitz in Österreich nicht aufgegeben worden ist. Dies gelte auch dann, wenn vom Ausstellungsstaat (Tschechien) keine Informationen dahingehend vorliegen würden, dass die betreffende Person dort keinen Wohnsitz begründet gehabt habe.
Unionsrecht sei zwar nicht unmittelbar auf den gegenständlichen Sachverhalt anzuwenden, zumal Serbien noch nicht Mitglied der europäischen Union sei. Dennoch sei aus dieser Entscheidung ableitbar, dass es gemäß der zwischenzeitig gesicherten Rechtsprechung unzulässig scheine, die Gültigkeit einer Lenkberechtigung an die Aufgabe des österreichischen Wohnsitzes zu binden, wenn andererseits die Voraussetzungen vorgelegen seien, in einem anderen Mitgliedstaat die Lenkberechtigung zu erwerben. Widrigenfalls hätte dort die Lenkberechtigung nicht erteilt werden dürfen. Wie auch im Sachverhalt des Erkenntnisses des LVwG Oberösterreich würden auch im gegenständlichen Sachverhalt keine Informationen aus Serbien vorliegen, welche auf einen Verweigerungsgrund hindeuten würden.
Insoweit die belangte Behörde in ihren Feststellungen darüber hinaus auf ihre vergangenen Antragstellungen Bezug nehme, sei zu entgegnen, dass mit den Antragsrückziehungen kein Verlust des Rechtes auf Anerkennung einer ausländischen Lenkberechtigung einhergehen würden und diese Rückziehungen auch nicht beweiswürdigend miteinzubeziehen gewesen seien. Diese Rückziehungen seien einzig und allein in der auch zuvor seitens der belangten Behörde an sie geäußerten, jedoch unrichtigen, Rechtsansicht begründet.
Im Übrigen seien gemäß § 17 Abs 2 Z 3 FSG unter anderem die Daten gemäß § 16a Abs 1 Z 5 lit b FSG (ua. Bestrafungen, die zum Ausspruch eines Lenkverbotes führen) bis fünf Jahre nach Begehung der dem Verfahren zugrundeliegenden strafbaren Handlung zu löschen. Würde man einem Menschen diese Straftaten nunmehr über diese Fünfjahresgrenze hinaus benachteiligend entgegenhalten, wäre die Bestimmung des § 17 Abs 2 Z 3 FSG, welche analog auch auf § 1 Abs 3 FSG Anwendung finde, zur Gänze obsolet. Von der analogen Anwendung auf Verwaltungsstraftaten nach § 1 Abs 3 FSG könne schon allein deswegen ausgegangen werden, weil § 17 Abs 2 Z 3 FSG die Löschung von Delikten nach fünf Jahren vorsehe, die weit schwerwiegender seien und die Rechtsordnung weit mehr erschüttern würden als das von ihr verwirklichte Delikt (Bsp.: Alkohol am Steuer).
Nach § 17 Abs 2 letzter Satz FSG seien die Registerdaten spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die logische Löschung erfolgt sei, auch physisch zu löschen gewesen. Die logische Löschung der Daten betreffend ihre Übertretungen aus Oktober 2010 und Jänner 2014 hätten somit bereits mit Oktober 2015 und Jänner 2019 jedenfalls logisch, die Straftat aus dem Jahr 2010 jedenfalls auch physisch gelöscht werden müssen.
Die Bezirkshauptmannschaft Mödling verstoße durch diese Nichtlöschung einerseits gegen das FSG und das Datenschutzgesetz, andererseits gegen die Datenschutzgrundverordnung und schließlich gegen ihre Persönlichkeitsrechte. Der Vorhalt einer bereits längstens zu löschenden Verwaltungsstraftat sei jedenfalls unzulässig und sei sie daher so zu stellen, als hätte sie bis dato niemals eine Verwaltungsstraftat nach § 1 Abs 3 FSG begangen. Kenntnisse aus gelöschten Akten seien nicht verwertbar, die diesbezügliche Wertung daher klar rechtswidrig.
3. Zum verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 16.05.2019 legte die Bezirkshauptmannschaft Mödling dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Verwaltungsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor; dies mit der Mitteilung, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein Gebrauch gemacht und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 27.05.2020 im Rahmen seines Ermittlungsverfahrens eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Das erkennende Gericht hat in dieser Verhandlung Beweis aufgenommen durch Verlesung des Bezug habenden Aktes der Bezirkshauptmannschaft Mödling mit der Geschäftszahl *** sowie durch Befragung der Beschwerdeführerin.
4. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin wurde am *** in ***, im damaligen Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien, geboren und ist mit ihrer Mutter und ihrer Schwester im Jahr 1977 nach Österreich übersiedelt. Sie ist anschließend in Österreich zur Schule gegangen und hat seit dem Jahr 1987 durchgehend in Österreich gearbeitet. Die Beschwerdeführerin ist nach wie vor serbische Staatsbürgerin und verfügt in Österreich über einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG.
Im Jahr 1987 hat die Beschwerdeführerin geheiratet; das Paar hat in den Jahren 1988 und 1989 zwei gemeinsame Kinder bekommen, die beide in Österreich aufgewachsen sind und nach wie vor hier leben. Diese sind mittlerweile verheiratet und haben selbst Kinder.
Der Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Familie war durchgehend in Österreich angemeldet.
Die Schwester der Beschwerdeführerin, Frau E, hat ebenfalls in Österreich ihren Hauptwohnsitz gemeldet.
Seit ihrer Übersiedelung nach Österreich hat die Beschwerdeführerin jedes Jahr – somit auch im Jahr 2004 - mehrere Wochen in Serbien verbracht.
Mit ihrem damaligen Ehemann – die 1987 geschlossene Ehe ist mittlerweile wieder geschieden – fallweise auch in Begleitung ihrer Kinder, hat sich die Beschwerdeführerin in den Jahren 1988 bis 2014 regelmäßig an Wochenenden sowie während der Sommerurlaube und Weihnachts- und Osterfeiertage in seinem Heimatort ***, aufgehalten, wo sie unter anderem seine Mutter gepflegt und ein Haus gebaut haben. Seit 15.08.1996 hat die Beschwerdeführerin aufrecht im Ort ***, Gemeinde ***, einen Wohnsitz gemeldet.
Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin in den Jahren 2003 bis 2005 auch regelmäßig mit ihrer Schwester sowie ihren Freunden, Frau D und Herrn C, in Form von „Fahrgemeinschaften“ von Österreich nach Serbien und retour gereist.
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich im Jahr 1986 zur Führerscheinprüfung angetreten, hat diese jedoch zwei Mal nicht bestanden.
Am 29.04.2004 wurde der Beschwerdeführerin eine serbische Lenkberechtigung erteilt, nachdem sie in Serbien während eines Urlaubes einen Schnellkurs in einer Fahrschule absolviert und die Führerscheinprüfung abgelegt hatte.
Im Rahmen ihres Antrages auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs 3 FSG hat sie einen serbischen Führerschein für die Klassen AM, B, B1, BE und F und M mit der Führerscheinnummer ***, Seriennummer ***, ausstellende Behörde „***“, gültig bis 28.03.2026, vorgelegt.
5. Beweiswürdigung:
Die im Wesentlichen unstrittigen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten nachvollziehbaren Verwaltungsakt, insbesondere dem Antrag der Beschwerdeführerin samt Beilagen, dem Sozialversicherungsauszug, dem Auszug aus dem Melderegister und dem angefochtenen Bescheid, sowie aus den Aussagen der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
6. Rechtslage:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) lauten auszugsweise:
§ 5. Verfahren bei der Erteilung einer Lenkberechtigung
(1) Ein Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung darf unbeschadet des Abs 1a nur gestellt werden, wenn der Antragsteller
1. seinen Wohnsitz im Sinne des Art 12 der Richtlinie 2006/126/EG über den Führerschein, ABl. Nr. L 403 vom 30.12.2006, S.18 in Österreich hat (Abs 2),
2. das für die Absolvierung der Fahrausbildung erforderliche Mindestalter (§ 6 Abs 2) erreicht hat und
3. noch keine Lenkberechtigung für die angestrebte Klasse besitzt.
Der Bewerber um eine Lenkberechtigung hat den Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung und Ausdehnung einer Lenkberechtigung auf andere Klassen bei der von ihm besuchten Fahrschule seiner Wahl mit Sitz im Bundesgebiet einzubringen. Die Fahrschule hat den Antrag unverzüglich, spätestens am nächsten Arbeitstag im Führerscheinregister zu erfassen. Mit Erfassen des Antrages im Führerscheinregister durch die Fahrschule gilt der Antrag als eingelangt. Über diesen Antrag hat die Behörde zu entscheiden, in deren Sprengel die vom Antragsteller besuchte Fahrschule ihren Sitz hat. In den Fällen, in denen für die Erteilung einer Lenkberechtigung eine Ausbildung in der Fahrschule nicht zwingend vorgeschrieben ist oder bei Anträgen auf Eintragung eines Zahlencodes wegen des Erwerbs einer Zusatzberechtigung. hat der Antragsteller den Antrag bei einer Führerscheinbehörde seiner Wahl einzubringen.
[…]
(2) Ein Wohnsitz in Österreich gemäß Abs 1 Z 1 liegt vor, wenn sich die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen und – sofern vorhanden – beruflichen Bindungen innerhalb der letzten zwölf Monate nachweislich während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten hat oder glaubhaft macht, dass sie beabsichtigt, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten. Als Wohnsitz eines Führerscheinwerbers oder -besitzers, dessen berufliche Bindungen in einem anderen Staat als seine persönlichen Bindungen liegen, gilt unabhängig von der 185-tägigen Frist der Ort der persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Auch wenn die Person nicht regelmäßig an den Ort der persönlichen Bindungen zurückkehrt, gilt der Ort der persönlichen Bindungen als Wohnsitz, wenn sich die Person in dem anderen Staat nur zur Ausführung eines Auftrages von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des Wohnsitzes zur Folge.
§ 23. (3) Dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat oder sonstigem Gebiet erteilten Lenkberechtigung ist ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:
1. der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Wohnsitzes (§ 5 Abs 1 Z 1) oder sechsmonatigem Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat.
2. der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,
3. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und
4. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs 4 nachgewiesen wird oder
5. angenommen werden kann, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht.
Darüber hinaus lautet § 9 Abs 1 Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung (FSG‑DV) wie folgt:
Die Lenkberechtigung folgender Nicht-EWR-Staaten gilt gemäß § 23 Abs 3 Z 5 FSG als unter den gleichen Voraussetzungen erteilt wie in Österreich:
1. für alle Klassen: Andorra, Guernsey, Insel Man, Japan, Jersey, Monaco, Montenegro, San Marino, Schweiz, Serbien;
2. für die Klasse B: Australien, Bosnien-Herzegowina, Hong Kong, Israel, Kanada, Neuseeland, Nordmazedonien, Republik Südafrika, Republik Südkorea (wenn sie nach dem 01.01.1997 erteilt wurde), Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigte Staaten von Amerika.
Art 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 (RL 2006/126/EG ) über den Führerschein lautet:
Im Sinne dieser Richtlinie gilt als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.
Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese letztgenannte Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes zur Folge.
7. Erwägungen:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:
§ 23 Abs 3 FSG erlaubt bei Vorliegen der in den Z 1 bis 5 umschriebenen Voraussetzungen eine Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung an Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung.
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, entfällt gemäß § 23 Abs 3 Z 5 FSG das Erfordernis (Z 4), die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung nachzuweisen, dann, wenn angenommen werden kann, dass die Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Dies trifft für in Serbien erteilte Lenkberechtigungen für alle Klassen gemäß § 9 Abs 1 Z 1 FSG‑DV 1997 zu.
Unter Außerachtlassung der weiteren Voraussetzungen des § 23 Abs 3 FSG, namentlich der gesundheitlichen Eignung nach § 8 FSG sowie dem Vorliegen der Verkehrszuverlässigkeit, stellt im vorliegenden Fall richtigerweise die wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung jene des § 23 Abs 3 Z 1 FSG dar, wonach die Antragstellerin nachzuweisen hat, dass sie sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufgehalten hat oder dort ihren Wohnsitz hatte. Diese Voraussetzung enthielt bereits die Stammfassung des Führerscheingesetzes 1997. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, sollte dadurch der sogenannte "Führerscheintourismus" vermieden werden (vgl. die RV 714 Blg NR 20. GP, 43), worauf auch die Beschwerdeführerin bereits in ihrem Rechtsmittel hingewiesen hat.
Des Weiteren hat die Beschwerdeführerin in Bezug auf die Auslegung des Tatbestandsmerkmales „Wohnsitz“ richtigerweise angeführt, dass diesbezüglich § 23 Abs 3 FSG auf § 5 Abs 1 Z 1 FSG verweist, der auf das Vorliegen eines ordentlichen Wohnsitzes im Sinne des Art 12 der Richtlinie 2006/126/EG abstellt und wiederum auf § 5 Abs 2 FSG verweist. Die Definition des Wohnsitzes in § 5 Abs 2 FSG gibt fast wörtlich die Richtliniendefinition des ordentlichen Wohnsitzes wieder. Demnach gilt grundsätzlich als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen wohnt. Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen jedoch an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Staaten aufhalten muss, gilt der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt.
Insoweit die Beschwerdeführerin die Rechtsbeurteilung der belangten Behörde für verfehlt hält und vorbringt, sie habe zum Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung ihren Wohnsitz in Serbien gehabt, da dies der Ort ihrer persönlichen Bindungen sei, sie dorthin regelmäßig zurückkehre und nur wegen ihrer beruflichen Bindungen mehr oder weniger nach Österreich gependelt sei, so verkennt sie damit die Rechtslage und Rechtsprechung zur Ermittlung des führerscheinrechtlichen Wohnsitzes.
Dass die Beschwerdeführerin persönliche Bindungen zu Serbien hat, wird an dieser Stelle nicht bestritten. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass sie einen (Neben-) Wohnsitz in Serbien hat bzw. im Jahr der Erteilung der Lenkberechtigung hatte.
Allerdings reicht es beim Erwerb einer Lenkberechtigung nicht aus, im Führerschein ausstellenden Staat irgendeinen Wohnsitz zu haben; es muss sich hierbei schon um den „ordentlichen“ Wohnsitz der Führerscheinwerberin gemäß § 5 Abs 2 FSG iVm Art 12 RL 2006/126/EG handeln (LVwG Tirol, LVwG-2014/33/2012-1).
Den Behauptungen der Beschwerdeführerin, sie habe zwar berufliche Bindungen zu Österreich, ihre persönlichen Bindungen würden aber in Serbien liegen, ist entgegenzuhalten, dass sie ab dem 11. Lebensjahr in Österreich aufgewachsen ist und in Österreich eine Familie gegründet hat, wobei ihre zwei Kinder in Österreich aufgewachsen sind und im Jahr der Erteilung der serbischen Lenkberechtigung noch minderjährig waren. Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin seit 1987 durchgehend in Österreich erwerbstätig gewesen.
Daraus lässt sich schließen, dass nicht nur ihre eigene Familie und ihre Schwester in Österreich leben, sondern sicherlich auch Freunde, Bekannte und eventuell noch weitere Verwandte, weshalb in Österreich eindeutig nicht nur berufliche, sondern sogar starke persönliche Beziehungen vorliegen.
Im Gegensatz dazu erscheinen die persönlichen Beziehungen der Beschwerdeführerin in Serbien – zumindest – während des verfahrensrelevanten Zeitraumes von untergeordneter Bedeutung. Unstrittig hat sich die Beschwerdeführerin regelmäßig im serbischen Ort *** aufgehalten. Allerdings handelt es sich dabei um den Geburtsort ihres damaligen Ehemannes, wo sie während ihrer Aufenthalte seine Mutter gepflegt haben und am Grundstück seiner Eltern ein Haus gebaut haben. Ihr eigener Geburtsort in Serbien liegt davon mehrere hundert Kilometer entfernt. Es kann folglich davon ausgegangen werden, dass im serbischen Aufenthaltsort überwiegend soziale Kontakte ihres damaligen Ehemannes bestanden haben.
Die Bestimmung des § 5 Abs 2 FSG iVm Art 12 RL 2006/126/EG , laut der als ordentlicher Wohnsitz der Ort der persönlichen Bindungen des Führerscheininhabers gilt, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt, kommt jedoch nur zum Tragen, wenn die beruflichen und persönlichen Bindungen strikt getrennt in verschiedenen Mitgliedstaaten liegen (LVwG Tirol LVwG-2014/33/2012-1).
Da dies im gegenständlichen Fall nicht zutrifft, ist jene Tatbestandsvariante des § 5 Abs 2 FSG zur prüfen, die als ordentlichen Wohnsitz jenen Ort vorsieht, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.
Die Beschwerdeführerin hat, wie schon ausgeführt, nicht nur berufliche, sondern auch persönliche Bindungen zu Österreich und wohnt während mindestens 185 Tagen im Jahr in Österreich. Außerdem hat die Beschwerdeführerin ihren Hauptwohnsitz in Österreich. Zwar ist seit der 8. FSG-Novelle im Zuge der Umsetzung der EU-Führerscheinrichtlinie nicht mehr auf den Hauptwohnsitz im Sinne des Meldegesetzes abzustellen, allerdings kommt dem Bestehen einer polizeilichen Meldung eines Hauptwohnsitzes - wie die Beschwerdeführerin richtigerweise ausführt – weiterhin hohe Indizwirkung für das Vorliegen eines führerscheinrechtlichen Wohnsitzes zu (VwGH, 2000/02/0272; LVwG Steiermark LVwG 30.10-1334/2019).
Darüber hinaus sind weitere Kriterien heranzuziehen, wie etwa ein gemeinsamer Haushalt mit einem Partner, der Wohnort oder Schulort der Kinder etc (vgl. Grubmann, FSG-Führerscheingesetz3 (2019) § 5 Rz 7). Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (VwGH 2008/15/0114). Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch Verbindungen zu Sachgesamtheiten, wie Privatsammlungen, und die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements (VwGH Ra 2014/15/0059). Die stärkste persönliche Beziehung besteht im Regelfall zu dem Ort, an dem jemand regelmäßig mit seiner Familie lebt (VwGH 2011/13/0091, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich zuletzt in seiner Entscheidung vom 06.07.2020, Ra 2018/11/0122, erkannt, dass – im Fall von persönlichen Beziehungen zu mehreren Wohnorten in unterschiedlichen Staaten eines Führerscheinbesitzers – derjenige Ort für die Bestimmung des Wohnsitzes im Sinne des § 5 Abs 2 FSG als maßgeblich anzusehen, zu welchem die betreffende Person die überwiegenden persönlichen Beziehungen hat.
Für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort der konkrete Führerscheinbesitzer die maßgebliche persönliche Bindung hat, ist somit auf das Gesamtbild der persönlichen Lebensumstände abzustellen, wobei das Überwiegen der persönlichen Beziehungen zum einen oder anderen Wohnort den Ausschlag gibt.
Unter persönlichen Beziehungen sind in diesem Kontext all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er auch wohnt. Demzufolge sind in einem solchen Fall die Lebensumstände im Sinne eines beweglichen Systems einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen und die für die Annahme einer persönlichen Bindung sprechenden Kriterien zu berücksichtigen, wobei es sich dabei jeweils um eine im Einzelfall vorzunehmende Beurteilung der die Person betreffenden individuellen Umstände handelt.
Im Hinblick auf die zitierte Judikatur und den festgestellten Sachverhalt geht das erkennende Gericht, wie bereits erläutert, in wertender Gesamtschau davon aus, dass die Beschwerdeführerin zwar persönliche Bindungen in Serbien hat bzw. hatte, ihre überwiegende private Bindung im relevanten Zeitraum jedoch in Österreich gelegen ist.
Im Ergebnis hat die belangte Behörde unter Berücksichtigung der Lebensumstände der Beschwerdeführerin in Österreich zu Recht angenommen, dass die Aufenthalte der Beschwerdeführerin in Serbien keinen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und folglich auch keinen führerscheinrechtlichen Wohnsitz an diesem Ort begründet haben.
Insoweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde hätte den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen gehabt und habe Beweismitteln außer Acht gelassen, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde nicht nur die Bestätigung des serbischen Innenministeriums, sondern auch die von ihr namhaft gemachten drei eidesstattlichen Erklärungen berücksichtigt hat. Allerdings ist sie in ihrer Wertung zu dem Entschluss gekommen, dass diese Urkunden keinen ausreichenden Nachweis für überwiegende persönliche Bindungen in Serbien darstellen.
Der Ansicht der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe schlichtweg den Hauptwohnsitz nach dem Meldegesetz als führerscheinrechtlichen Wohnsitz herangezogen, ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde den langjährigen Hauptwohnsitz in Österreich lediglich als ein Kriterium im Rahmen der Wertung ihrer persönlichen Bindungen zu Österreich herangezogen hat.
Die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin erfolgte nicht etwa aus einem "formalen" Grund, sondern wegen des Fehlens der entscheidenden Erteilungsvoraussetzung, nämlich des Nachweises, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erteilung ihrer serbischen Lenkberechtigung im Ausstellungsstaat ihren führerscheinrechtlichen Wohnsitz hatte und die ausländische Lenkberechtigung somit nicht im Rahmen des sogenannten "Führerscheintourismus" erworben worden ist. Im Hinblick auf den dargestellten Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin in Österreich und auf die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in Österreich bereits im Jahr 1986 die Führerscheinprüfung zwei Mal nicht bestanden hat, kann dies jedoch durchaus angenommen werden.
Es war daher der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling spruchgemäß zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Insbesondere wird auf die zitierte Judikatur verwiesen.
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