VwGH 2000/02/0272

VwGH2000/02/027211.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der O in B, vertreten durch Kolarz & Donnerbauer, Rechtsanwaltspartnerschaft in 2070 Retz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 12. Juli 2000, Zl. Senat-MD-99-607, betreffend Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §1 Abs3;
FSG 1997 §23 Abs1;
FSG 1997 §37 Abs1;
HauptwohnsitzG 1994 Art8 Z1;
MeldeG 1991 §1 Abs6 idF 1994/505;
MeldeG 1991 §1 Abs7 idF 1994/505;
FSG 1997 §1 Abs3;
FSG 1997 §23 Abs1;
FSG 1997 §37 Abs1;
HauptwohnsitzG 1994 Art8 Z1;
MeldeG 1991 §1 Abs6 idF 1994/505;
MeldeG 1991 §1 Abs7 idF 1994/505;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 2000 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Fahrzeuges am 12. Dezember 1998 um 14.50 Uhr dieses Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr mit einem von einem "nicht EWR-Staat" ausgestellten Führerschein gelenkt, obwohl sie im Bundesgebiet ihren "ordentlichen Wohnsitz" habe und seit dessen Begründung mehr als 6 Monate verstrichen seien ("ordentlich gemeldeter Hauptwohnsitz": B, T. Gasse, seit 4. August 1992"). Sie habe dadurch § 1 Abs. 3 i.V.m. § 23 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 FSG übertreten. Es wurde eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeter Senat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als 6 Monate verstrichen sind. Die Behörde hat auf Antrag diese Frist um weitere 6 Monate zu verlängern, wenn sich der Antragsteller nachweislich aus beruflichen Gründen oder zum Zweck der Ausbildung nicht länger als ein Jahr in Österreich aufhalten wird.

Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, dass die belangte Behörde vom Bestehen eines Hauptwohnsitzes in Österreich ausgegangen ist. Sie stützt ihre Ansicht auf die Unterscheidung des Meldegesetzes in Wohnsitz (§ 1 Abs. 6 leg. cit.) und Hauptwohnsitz (§ 1 Abs. 7).

Mit dem Hauptwohnsitzgesetz (BGBl. Nr. 505/1994; in der Folge HWG) wurde der Begriff Hauptwohnsitz eingeführt.

Nach dessen § 1 Abs. 7 ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umsätnden hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

Nach Art. VIII Z. 1 HWG ersetzt das Wort Hauptwohnsitz in allen Bundesgesetzen den früher verwendeten Ausdruck "ordentlicher Wohnsitz". Gemäß Art. VIII Z. 2 HWG gilt, sofern in Bundesgesetzen auf Zeiten vor Inkrafttreten des Hauptwohnsitzgesetzes abgestellt wird, als Hauptwohnsitz der ordentliche Wohnsitz.

Unbestritten (und durch Vorlage der Meldezettel bestätigt) ist, dass die Beschwerdeführerin im Meldezettel vom 4. August 1992 und in dem die Namensänderung auf L betreffenden Meldezettel vom 23. Oktober 1992, der sowohl von der Beschwerdeführerin als auch ihrem Ehegatten unterfertigt wurde, die verfahrensgegenständliche inländische Adresse als ordentlichen Wohnsitz angegeben hat, ihre ungarische Adresse jedoch einerseits unter der Rubrik "bei gleichzeitiger Aufgabe eines bisherigen ordentlichen Wohnsitzes" eingetragen und diesen nur als "allfälligen weiteren Wohnsitz" genannt hat. Die Beschwerdeführerin tritt auch der Ausführung der belangten Behörde, sie habe seit dieser Meldung keine Änderung ihrer Wohnsitzverhältnisse bekannt gegeben (auch nicht nach der gegenständlichen Beanstandung vom 12. Dezember 1998), nicht entgegen.

Zwar ist auf Grund einer polizeilichen Meldung alleine nicht der Schluss zulässig, dass die Meldeadresse tatsächlich den Hauptwohnsitz der sie betreffenden Person bildet, doch kommt dem in der Urkunde erklärten Willen der gemeldeten Person im gegebenen Zusammenhang hohe Indizwirkung zu. Die von der Beschwerdeführerin in den Meldezetteln abgegebene Erklärung ist nur dahingehend zu verstehen, dass sie sich ab 4. August 1992 in B in der Absicht niedergelassen hat, dort dauernd Aufenthalt zu nehmen, bei gleichzeitiger Aufgabe anderer gleichwertiger Wohnsitze (insbesondere in Ungarn). Der erklärte Wille der Beschwerdeführerin in diesen vor dem Inkrafttreten des Hauptwohnsitzgesetzes der Meldebehörde übergebenen Meldezetteln, in welchen noch die Begriffe "ordentlicher Wohnsitz" und "weiterer Wohnsitz" vorkommen, entspricht demnach einer Hauptwohnsitzbegründung nach der jetzt geltenden Rechtslage.

Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde den in den Meldezetteln erklärten Willen der Beschwerdeführerin in Verbindung mit ihrem tatsächlichen Verhalten (Unterlassung einer Änderung ihrer Meldung selbst nach Beanstandung) ihren entgegenstehenden - aber schon in sich selbst widersprüchlichen - Behauptungen in der Berufung den Vorzug gab. Denn die Beschwerdeführerin behauptete in dieser ohne Anbot von Beweismittel und ohne Nennung des tatsächlichen konkreten Aufenthaltsortes in Ungarn, es sei richtig, dass sie "in B einen Wohnsitz habe", an dem sie sich "3 bis 4 Monate jährlich aufhalte, da dies der Wohnsitz meines Mannes ist und ich nach wie vor meinen Hauptwohnsitz in Ungarn habe. Weiters die letzten 24 Monate mich max. 30 Tage an diesem Ort aufgehalten habe." Die Beschwerdeführerin befinde sich "jährlich mindestens 7 Monate im Jahr in Ungarn".

Da die Beschwerdeführerin selbst in der Beschwerde diese Angaben nicht näher konkretisierte, kann es dahingestellt bleiben, ob die von ihr gerügten Verfahrensmängel - insbesondere die Unterlassung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - tatsächlich vorlägen, denn sie zeigt jedenfalls nicht die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel auf, obwohl ihr dies nach der ständigen hg. Rechtsprechung oblegen wäre.

Die belangte Behörde hat sich richtigerweise nicht nur auf die polizeiliche Meldung alleine gestützt, sondern auch darauf, dass die Beschwerdeführerin seit 6. Oktober 1992 mit einem Österreicher verheiratet ist (wie aus den vorgelegten Meldezetteln zu ersehen ist, hat der Ehegatte diese als Unterkunftgeber unterfertigt; des Weiteren gibt die Beschwerdeführerin in ihrer "Berufung vom 16. Juli 1999" an, dass die Meldeadresse der "Wohnsitz meines Mannes" sei). Dass die Ehe nicht mehr aufrecht sei, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Dass die belangte Behörde aus den festgestellten Sachverhalten den Schluss zog, die Beschwerdeführerin habe den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen bei aufrechter Ehe am gemeinsamen Wohnsitz mit ihrem Ehegatten in B (trotz allenfalls längerer beruflicher Abwesenheit), ist demnach nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juni 2001

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