BVwG L511 2276709-1

BVwGL511 2276709-131.3.2025

B-VG Art133 Abs4
GSVG §25

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:L511.2276709.1.00

 

Spruch:

 

L511 2276709–1/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Wirtschaftstreuhänder, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Mag. Walter THOMANETZ, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen Landesstelle Oberösterreich vom 14.07.2023, Zahl XXXX , zu Recht:

 

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßnahme als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt 3.) b. des Bescheides wie folgt zu lauten hat:

„Ihre endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung beträgt im Zeitraum von 01.02.2021 bis 31.12.2021 EUR 3.754,45.“

 

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 19.08.2020 bei der SVS einen Antrag auf Alterspension zum Stichtag 01.02.2021 (PDF-Seite der in eingescannter Form vorgelegten Aktenteile [AS] 8-12).

1.2. Im April 2021 passte die SVS über Antrag des Beschwerdeführers die vorläufige Beitragsgrundlage zur GSVG-Pflichtversicherung für das Jahr 2021 auf die beantragte Einkommensprognose von EUR 10.000,00 an (AS 13-16).

Mit Schreiben vom 22.04.2023 wurde dem Beschwerdeführer die Erklärung der endgültigen Beitragsgrundlage 2021 übermittelt und ihm mitgeteilt, dass es zu einer Nachbelastung von insgesamt EUR 7.905,92 komme (AS 17-19, 35-40).

Mit E-Mail vom 08.06.2023 beantragte der rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers die bescheidmäßige Feststellung der Beiträge für das Jahr 2021 und führte aus, dass verfassungsrechtliche Einwände gegen die Einbeziehung von Gewinnausschüttungen für die Jahre vor 2021 in die Bemessungsgrundlage bestehen würden. Zudem sei die Bemessungsgrundlage für Jänner nicht richtig festgestellt worden (AS 41).

1.3. Im Zuge des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens teilte die SVS dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.06.2023 mit, dass im Zeitraum 01.01.2021 bis 31.01.2021 die endgültige monatliche GSVG Beitragsgrundlage in der Kranken-und Pensionsversicherung iHv EUR 6.475,00 festgestellt worden sei, da die vorläufige Beitragsgrundlage der gesetzlichen Versteinerung unterliege. Durch den GSVG Pensionsbezug in Höhe von EUR 48.519,50 ergebe sich unter Betrachtung der Mehrfachversicherungsberechnung eine endgültiges GSVG Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung von 01.02.2021 bis 31.12.2021 iHv EUR 2.064,13. Die endgültige GSVG Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung sei im Zeitraum vom 01.02.2021 bis 31.12.2021 auf EUR 4.265,92 berichtigt worden.

Zur Thematik der Einbeziehung der Gewinnausschüttung in die Beitragsgrundlagenbemessung wurde auf VwGH 04.09.2013, 2011/08/0077 verwiesen (AZ 42-44).

In seiner Stellungnahme führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, die Beweisaufnahme die Versicherungspflicht betreffend sei korrekt durchgeführt worden. Es sei jedoch zu einer nicht sachgerechten Anwendung der Bestimmung über die Einbeziehung einer Gewinnausschüttung in die sozialversicherungsrechtliche Bemessungsgrundlage gekommen (AS 47-49).

1.4. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 14.07.2023, GZ: XXXX , stellte die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen [SVS] in Spruchpunkt 1 fest, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.01.2021 bis 31.12.2021 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 und Z 3 GSVG sowie der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG unterlegen sei. In Spruchpunkt 2 setzte die SVS die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensions- und Krankenversicherung im Zeitraum von 01.01.2021 bis 31.01.2021 mit EUR 6.475,00 fest. In Spruchpunkt 3a setzte die SVS die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung im Zeitraum vom 01.02.2021 bis 31.12.2021 mit EUR 2.064,13 und mit Spruchpunkt 3b in der Pensionsversicherung mit EUR 4.265,92 fest (AS 50-60).

Begründend führte die SVS zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer unterliege aufgrund der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit „Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation“ als Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft seit 18.09.2019 der Pflichtversicherung in der Pensions-und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG. Aufgrund der Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer in der „ XXXX “ sei er vom 20.07.2006 bis 17.05.2021 auch der Pflichtversicherung in der Pensions-und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterlegen.

Im Zuge des Pensionsantrages vom 18.09.2020 sei der endgültige Pensionsstichtag mit 01.02.2021 festgelegt worden. Die vorläufige Beitragsgrundlage für den Zeitraum 01.01.2021 bis 31.01.2021 sei zu diesem Stichtag noch nicht nachbemessen worden, weswegen für diesen Zeitraum die vorläufige Beitragsgrundlage in der Pensions-und Krankenversicherung iHv EUR 6.475,00 als endgültige Beitragsgrundlage anzusehen sei. Für die Beitragsgrundlagenermittlung nach dem Stichtag (01.02.2021 bis 31.12.2021) sei demgegenüber § 25 Abs. 6 GSVG anzuwenden. Im Einkommenssteuerbescheid 2021 seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 15.737,23, Einkünfte aus selbständiger Arbeit iHv EUR 4.884,31 und eine Gewinnausschüttung im Jahr 2021 iHv EUR 23.925,00 ausgewiesen. Ausgehend vom rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2021 sei daher die monatliche GSVG Beitragsgrundlage in der Pensions-und Krankenversicherung für den Zeitraum vom 01.02.2021 bis 31.12.2021 mit EUR 4.265,92 festzustellen. Gemäß §§ 35a, 35b GSVG sei im Falle der Mehrfachversicherung eine Differenzbeitragsgrundlage zu bilden, wenn die in einem Kalenderjahr vorliegenden Beitragsgrundlagen in Summe die Höchstbeitragsgrundlage überschreiten. Da die Summe der monatlichen Beitragsgrundlagen in der Krankenversicherung die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen überschreite, sei die für den Zeitraum vom 01.02.2021 bis 31.12.2021 festgestellte Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung in Höhe von monatlich EUR 4.265,92 um einen Betrag in Höhe von EUR 2.201,78 zu vermindern. Die monatliche Beitragsgrundlage im Mehrfachversicherungszeitraum in der Krankenversicherung nach dem GSVG für den Zeitraum 01.02.2021 bis 31.12.2021 sei daher mit EUR 2.064, 13 festzustellen.

1.5. Mit Schreiben vom 07.08.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen den am 24.07.2023 zugestellten Bescheid fristgerecht Beschwerde (AS 61, 62; 63-78).

Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, der von der SVS festgestellte Sachverhalt werde bis auf die nachstehenden Berichtigungen außer Streit gestellt. Der Beschwerdeführer sei mit 01.02.2021 in Pension gegangen und habe gleichzeitig seine Funktion als Geschäftsführer per 31.01.2021 zurückgelegt. Der Antrag auf Löschung seiner Geschäftsführerposition sei aber erst am 17.05.2021 beim Firmenbuch angemeldet worden, weswegen festgestellt worden sei, dass er in seiner Funktion als Gesellschaftergeschäftsführer der kammerzugehörigen XXXX vom 01.01.2021 bis zum 17.05.2021 der Pflichtversicherung in der Pensions-und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z3 unterlegen sei. Die Eintragung der Löschung der Geschäftsführerbestellung einer GmbH wirke jedoch nicht konstitutiv, sondern sei deklarativer Natur. Daher ende die Pflichtversicherung in der Funktion als Gesellschaftergeschäftsführer mit 31.01.2021. Daneben sei die Pflichtversicherung in der Pensions-und Krankenversicherung aus der ausgeübten Tätigkeit im Rahmen des Einzelunternehmens für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2021 festgestellt worden. Der Beitragszeitraum Jänner 2021 gelte mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 6.475,00 als versteinert. Die von der SVS festgestellten Bemessungsgrundlagen auf Seite 8 des Bescheides seien aber in der Zwischenzeit nicht mehr gültig, da seitens des Finanzamtes einem Antrag auf Bescheidberichtigung nachgekommen und die Einkünfte für 2021 geändert festgestellt worden seien. Aufgrund der Bescheidberichtigung verkürze sich die Bemessungsgrundlage um EUR 6.137,63.

Die Beschwerde richte sich gegen die Anwendung und Auslegung der Bestimmung des § 25 GSVG über die Bemessung der Beitragsgrundlage für den Zeitraum 01.02. bis 31.12.2021: Aufgrund der verwendeten Definition „als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes“ werde geschlossen, dass auch Gewinnausschüttungen an den Gesellschaftergeschäftsführer zur Bemessungsgrundlage gemäß § 25 GSVG gehören. Über die zeitliche Dimension der Berücksichtigung dieser Einkünfte gebe § 25 GSVG jedoch keine Auskunft. Aufgrund der Definition der Beitragsgrundlage als „auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit entfallend“ müsse § 25 GSVG immer so zur Anwendung kommen, dass zwischen der tatsächlichen Tätigkeit und den darauf bezogenen Einkünften ein hinreichender innerer Zusammenhang bestehe. Der Beschwerdeführer habe im von der SVS festgestellten versicherungspflichtigen Zeitraum vom 01.01. bis 17.05.2021 nur für den Monat Jänner einen Bezug erhalten – da er nur bis dahin als Geschäftsführer tätig gewesen sei – und insgesamt für diesen Zeitraum EUR 3.591,72 an Einkünften erzielt. Die darauf entfallenden SV-Beiträge in Höhe von EUR 1.394,07 ergeben eine Bemessungsgrundlage iHv EUR 4.985,79. Diese Einkünfte seien auf den Zeitraum Jänner 2021 zu verteilen, was aber ohne Auswirkungen bliebe, weil der Jänner 2021 aufgrund des Pensionsantritts als versteinert gelte. Im August 2021 sei eine Gewinnausschüttung der GmbH erfolgt und seien EUR 23.925,- auf den Beschwerdeführer entfallen. Die zugeflossene Dividende könne keine Entlohnung für eine Erwerbstätigkeit des Jahres 2021 sein, da diese bereits in einem Zeitraum vor 2021 erwirtschaftet worden sei. Für den Ansatz der Einkünfte aus Kapitalvermögen könne es nicht auf den Auszahlungszeitpunkt ankommen, sondern auf den Zeitraum der Entstehung dieses Gewinnanspruchs. Zum Zeitpunkt der Gewinnausschüttung sei der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Gesellschaftergeschäftsführer nicht mehr versicherungspflichtig gewesen. Die ausgeschüttete Dividende gehöre daher nicht zur Beitragsgrundlage des Jahres 2021. Eine sinnvolle Auslegung des § 25 GSVG könne nur zur Folge haben, dass die Bestimmung so ausgelegt werde, dass die Einkünfte mit der jeweiligen Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen müsse. Eine Gewinnausschüttung einer GmbH betreffe, wenn der Bilanzstichtag der 31.12 eines Jahres ist, immer die Gewinne für Perioden vor dem Jahr der Ausschüttung und könne daher keine Einkünfte für die Tätigkeit des laufenden Jahres darstellen. Beantragt werde, die Gewinnausschüttung der GmbH des Jahres 2021 nicht in die Beitragsgrundlage des Jahres 2021 einzubeziehen. Auch sei das Versicherungsverhältnis aus der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Ausschüttung nicht mehr aufrecht gewesen.

Ergänzend zur Beschwerde legte der Beschwerdeführer einen Umlaufbeschluss vom 16.07.2021, eine KESt-Anmeldung vom 10.08.2021, den abgeänderten Einkommensteuerbescheid 2021 vom 01.08.2023, die EAR und das Lohnkonto 2021 und die Berechnung der monatlichen Beitragsgrundlagen 2021 vor.

2. Die SVS legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 17.08.2023 die Beschwerde samt durchnummerierten Auszügen aus dem Verwaltungsakt in eingescannter Form vor (Ordnungszahl der hg. Gerichtsakten [OZ] 1 [=AS 1-83).

2.1. In einer Stellungnahme zur Beschwerdevorlage, führte die SVS im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen aus, dass Spruchpunkt 3b des angefochtenen Bescheides vom 14.07.2023 aufgrund des vorgelegten, korrigierten Einkommensteuerbescheids dahingehend zu ändern sei, dass die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung im Zeitraum vom 01.02.2021 bis 31.12.2021 EUR 3.754,45 betrage (AS 79-83)

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer ist seit 18.09.2019 Inhaber einer aufrechten Gewerbeberechtigung „Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation“ und unterliegt mit dieser Tätigkeit (auch) im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 01.01.2021 bis 31.12.2021 der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG.

1.2. Von 20.07.2006 bis (zumindest) 31.01.2021 war der Beschwerdeführer zudem geschäftsführender 75%-Gesellschafter der kammerzugehörigen „ XXXX “ und unterlag mit dieser Tätigkeit jedenfalls bis 31.01.2021 der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG. Die Löschung als Geschäftsführer aus dem Firmenbuch wurde mit 17.05.2021 beantragt und am 02.06.2021 durchgeführt (AS 1-4, 5, 64).

Seit 01.02.2021 bezieht der Beschwerdeführer eine Alterspension (AS 6, 8-12).

1.3. Mit Gesellschafterbeschluss vom 16.07.2021 wurde ein Teil des Bilanzgewinns iHv EUR 31.000,00 an die beiden Gesellschafter ausgeschüttet, darunter der Beschwerdeführer mit einer Beteiligung von 75 % (AS 70; 1-4). Der Gewinnanteil für den Beschwerdeführer betrug laut KESt-Erklärung 23.925,00 (AS 71-72).

1.4. Im Jahr 2021 stellen sich die für die Beitragsgrundlage relevanten Daten wie folgt dar (AS 65, 73-75, 80-82):

 

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

EUR 10.892,19

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

EUR 3.591,72

Gewinnausschüttung im Jahr 2021

EUR 23.925,00

Vorgeschriebene Beiträge

EUR 6.644,44

Gesamt

EUR 45.053,35

  

 

 

2. Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt (OZ 1 [=AS 1-83]) aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen herangezogen: GISA-und Firmenbuchauszüge (AS 1-7); Antrag auf Alterspension vom 18.09.2021 (AS 8-12); Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 07.07.2023 (AS 47-49); Bescheid (AS 50-60); Beschwerde samt Beilagen (AS 63-78).

2.2. Die entscheidungswesentlichen Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus den vorliegenden Aktenteilen und sind im Verfahren unbestritten geblieben. Strittig blieb im Verfahren ausschließlich die Zulässigkeit der Einbeziehung der Gewinnausschüttung in die Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG (siehe dazu unter Rechtliche Beurteilung).

 

2.3. Entfall der mündlichen Verhandlung

Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war, da der zu Grunde liegende Sachverhalt im Verwaltungsverfahren unstrittig blieb und weder ergänzungsbedürftig war, noch in entscheidenden Punkten als nicht richtig erschien.

 

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 194 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz [GSVG] und § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz [VwGVG] geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SVS im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig (§ 7, § 9 VwGVG).

 

3.2. Im gegenständlichen Verfahren ist die grundsätzliche Versicherungspflicht nach dem GSVG (Spruchpunkt 1 des Bescheides der SVS) ebenso unstrittig, wie die (versteinerte) monatliche Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung für den Zeitraum 01.01.2021 bis 31.01.2021 (Spruchpunkt 2 des Bescheides der SVS). Bestritten wurde ausschließlich die endgültigen monatlichen Beitragsgrundlagen in der Kranken- und Pensionsversicherung für den Zeitraum 01.02.2021 bis 31.12.2021 (Spruchpunkt 3 des Bescheides der SVS).

Das Bestehen oder Nichtbestehen der Sozialversicherungspflicht sowie die Höhe der Beitragsgrundlagen ist nicht nur hinsichtlich der maßgeblichen Sachlage, sondern auch hinsichtlich der Rechtslage zeitraumbezogen zu beurteilen (VwGH 20.12.2001, 98/08/0062 mwN). Verfahrensgegenständlich kommt daher das GSVG in der Fassung für das Jahr 2021 zur Anwendung.

 

3.3. zur Beitragsgrundlage im Zeitraum 01.02.2021 bis 31.12.2021 (Spruchpunkt 3 des Bescheides der SVS)

3.3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zulässigkeit der Einbeziehung der Gewinnausschüttung des Bilanzgewinns 2020 der GmbH im August 2021 in die Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG für die Monate Februar bis Dezember 2021, da die Gewinnausschüttung erst nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit erfolgt sei, und auch mit der Erwerbstätigkeit im Jahr 2021 nicht in Zusammenhang stehe, weshalb diese in den Monaten Februar bis Dezember nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen könne. Auch seien die einzelnen Einkünfte aus einer Tätigkeit nur auf die jeweiligen Erwerbsmonate dieser Tätigkeit und nicht über das Jahr aufzuteilen.

3.3.2. Vorweg ist in diesem Zusammenhang zum Vorbringen in der Beschwerde, die SVS habe fälschlicherweise eine Geschäftsführertätigkeit bis 17.05.2021 angenommen festzuhalten, dass es dahingestellt bleiben kann, ob die Funktion als Gesellschaftergeschäftsführer wie vorgebracht tatsächlich bereits mit 31.01.2021 beendet wurde, oder erst zum Zeitpunkt der Beantragung der Löschung im Firmenbuch mit 17.05.2021, da die Gewinnausschüttung der GmbH unbestrittenermaßen erst mit Gesellschafterbeschluss vom 16.07.2021 und somit jedenfalls nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit erfolgte. Auch ist unbestritten, dass jedenfalls im gesamten Jahr 2021 eine aufrechte Gewerbeberechtigung und somit jedenfalls eine durchgehende Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG vorlag.

3.3.3. Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988.

Gemäß Abs. 3 leg.cit. ist, wenn der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten hat, die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

3.3.4. Dass Gewinnausschüttungen einer GmbH an einen nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG pflichtversicherten Gesellschaftergeschäftsführer grundsätzlich zu den beitragspflichtigen Einkünften iSd § 25 GSVG zählen, entspricht (wie auch von der SVS im Verfahren bereits ausgeführt) der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (zuletzt VwGH 25.08.2024, Ra2022/08/0153 mwN).

Demnach liegt der Regelung des § 25 Abs. 1 letzter Satz GSVG insbesondere auch der Gedanke zugrunde, dass Gesellschaftergeschäftsführerinnen und -geschäftsführer darüber disponieren können, inwieweit ihre Tätigkeit (auch) durch Gewinnausschüttungen abgegolten wird. Der VwGH hat in diesem Sinn ausgeführt, dass auch bei nach dem GSVG pflichtversicherten Einzelunternehmern und Geschäftsführern von Personengesellschaften eine fiktive Zerlegung der Einkünfte in Arbeitseinkommen und Unternehmergewinn (Erwerbseinkommen im engeren Sinn) einerseits und Nichterwerbseinkommen (Kapitalverzinsung) andererseits nicht erfolge; vor diesem Hintergrund erscheine eine Einbeziehung auch der aus der Beteiligung an der Gesellschaft herrührenden Kapitaleinkünfte (auch wenn die Einkommensteuer durch den Abzug der Kapitalertragsteuer abgegolten ist) als sachlich geboten (VwGH 25.08.2024, Ra2022/08/0153 RS1; VwGH 04.09.2013, 2011/08/0077).

3.3.5. Zudem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gewinnausschüttungen auch dann zu den beitragspflichtigen Einkünften zählen, wenn sie nach Beendigung der darauf gestützten Pflichtversicherung aber noch im fraglichen Kalenderjahr bei einer (auf Grund einer anderen Tätigkeit) aufrechten Pflichtversicherung nach dem GSVG zugeflossen sind (etwa VwGH 18.02.2009, 2008/08/0162 und 21.03.1995, 93/08/0277 RS3 jeweils zum Zufluss von Veräußerungsgewinnen nach Beendigung der diesem zu Grunde liegenden Tätigkeit und der darauf gestützten Pflichtversicherung).

3.3.6. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur festgehalten, dass die Anknüpfung an Erwerbstätigkeiten gemäß § 25 Abs. 1 und 3 GSVG nicht nur auf Einkünfte aus derselben oder einer gleichartigen Erwerbstätigkeit zu beziehen ist, sondern auch auf den Fall zu übertragen ist, dass innerhalb eines Kalenderjahres Pflichtversicherungen nach § 2 Abs. 1 Z1 und nach § 2 Abs. 1 Z3 oder 4 GSVG zeitlich aufeinanderfolgen. Für die Heranziehung von Einkünften aus pflichtversicherten Tätigkeiten nach dem GSVG kommt es nur darauf an, ob die betreffende natürliche Person während des gesamten Kalenderjahres, um dessen Einkünfte es geht, bei ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit, wenngleich in zeitlicher Aufeinanderfolge, jeweils die im Gesetz genannten formalen Kriterien einer Pflichtversicherung nach dem GSVG erfüllt hat und dass die für die Bildung der Beitragsgrundlage herangezogenen Einkünfte auch steuerlich aufgrund von Tätigkeiten zugerechnet wurden, die nach dem GSVG versicherungspflichtig sind (vgl. VwGH 14.08.2019, Ra2019/08/0111 uHa 19.10.2011, 2011/08/0108).

3.3.7. § 25 GSVG stellt – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – auch nicht auf eine gesonderte monatliche, sondern auf eine kalenderjährliche Betrachtungsweise ab. Unterliegt der Pflichtversicherte während des gesamten Kalenderjahres (wenn auch auf Grund einer anderen die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit als jener, aus der die Einkünfte stammen) der Pflichtversicherung nach dem GSVG, so sind auch dann die durchschnittlichen Einkünfte heranzuziehen, wenn sie nur einer in einigen Monaten dieses Kalenderjahres die Pflichtversicherung an sich auslösenden Erwerbstätigkeit entstammen (vgl. VwGH 02.07.2024, Ro2023/08/0006; VwGH 25.09.1990, 88/08/0296).

3.3.8. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daher, dass sowohl die Einbeziehung der Gewinnausschüttung in die Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG, als auch die Einbeziehung aller Einkünfte, unabhängig davon aus welcher die Pflichtversicherung begründenden Tätigkeit sie stammten, dem Grunde nach zu Recht erfolgten.

 

3.4. zur Höhe der Beitragsgrundlagen im Zeitraum 01.02.2021 bis 31.12.2021

3.4.1. Aufgrund des vom Beschwerdeführer vorgelegten geänderten Einkommensteuerbescheid vom 01.08.2023 war die jährliche Beitragsgrundlage – wie in der Beschwerde und in der Beschwerdevorlage ausgeführt – um EUR 6.137,63 zu verringern und beträgt nunmehr EUR 45.053,35 (anstelle von EUR 51.190,98).

Daraus errechnet sich eine monatliche Beitragsgrundlage iHv EUR 3.754,45, welche die monatliche Höchstbeitragsgrundlage iHv EUR 6.475,00 nicht übersteigt und somit als Beitragsgrundlage für die Pensionsversicherung festzustellen ist.

Die Höchstbeitragsgrundlage für die Krankenversicherung bleibt, zumal die Einkünfte aus selbständiger Arbeit unverändert sind, von der Verringerung der Einkünfte unberührt.

 

3.5. Zusammenfassend erfolgte die Einbeziehung der Gewinnausschüttung in die Beitragsgrundlage zu Recht, die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung im Zeitraum 01.02.2021 bis 31.12.2021 ist jedoch auf EUR 3.754,45 herabzusetzen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

 

 

zu B) Unzulässigkeit der Revision

Die gegenständliche Beurteilung erfolgte im Einklang mit der jeweils zitierten einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 25 GSVG. Zur Einbeziehung der Gewinnausschüttungen in die Beitragsgrundlage VwGH 25.08.2024, Ra2022/08/0153 mwN und VwGH 04.09.2013, 2011/08/0077. Zur Heranziehung von unterschiedlichen Einkünften für die Beitragsgrundlage VwGH 14.08.2019, Ra2019/08/0111.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

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