BVwG W162 2304342-1

BVwGW162 2304342-121.2.2025

AlVG §17
AlVG §38
AlVG §46
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W162.2304342.1.00

 

Spruch:

 

W162 2304342-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. Robert FODROCZI und Erwin GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX VSNR XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg vom 20.08.2024, nach Beschwerdevorentscheidung vom 21.11.2024, GZ XXXX betreffend Feststellung des Anspruches auf Notstandshilfe ab 16.08.2024 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin bezog bereits erstmals im Jahr 1993 Arbeitslosengeld und stellte zuletzt am 14.06.2022 einen Antrag auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

2. Im Anschluss daran beantragte sie am 29.06.2023 (gültig für 09.07.2023) beim Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse (in der Folge als Arbeitsmarktservice, AMS oder „belangte Behörde“ bezeichnet) die Gewährung von Notstandshilfe.

3. In der Mitteilung des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 29.06.2023 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto neben dem Beginn und der Höhe auch über das voraussichtliche Ende ihres Leistungsbezuges mit 06.07.2024 in Kenntnis gesetzt. Im beiliegenden Hinweisblatt wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Weitergewährung der Leistung nach dem Ende nur aufgrund einer neuen Antragstellung möglich ist. Die Beschwerdeführerin hat die Nachricht am 04.07.2023 um 07:59 Uhr gelesen.

4. In der Mitteilung des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 25.08.2023 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto neben dem Beginn und der Höhe wieder über das voraussichtliche Ende ihres Leistungsbezuges mit 06.07.2024 in Kenntnis gesetzt. Im beiliegenden Hinweisblatt wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Weitergewährung der Leistung nach dem Ende nur aufgrund einer neuen Antragstellung möglich ist. Die Beschwerdeführerin hat die Nachricht am 29.08.2023 um 13:07 Uhr gelesen.

5. In der Mitteilung des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 21.05.2024 wurde die Beschwerdeführerin per Briefsendung neben dem Beginn und der Höhe auch über das voraussichtliche Ende ihres Leistungsbezuges mit 06.07.2024 in Kenntnis gesetzt. Im beiliegenden Hinweisblatt wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Weitergewährung der Leistung nach dem Ende nur aufgrund einer neuen Antragstellung möglich ist.

6. Mit Schreiben des Arbeitsmarktservice vom 24.06.2024 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto über das Ende ihres Anspruchs auf Notstandshilfe mit 06.07.2024 sowie die erforderliche Antragstellung bis 08.07.2024 für eine lückenlose Auszahlung durch das AMS informiert. Die Beschwerdeführerin hat die Nachricht am 26.06.2024 um 08:11 Uhr gelesen.

 

7. Am 26.06.2024 wurde der Beschwerdeführerin eine Einladung für den nächsten Beratungs- und Betreuungstermin am 19.09.2024 übermittelt. Am selben Tag telefonierte die Beschwerdeführerin mit ihrer AMS-Beraterin.

8. Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistungsbezug endete am 06.07.2024.

9. Am 16.08.2024 stellte die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Bezug von Notstandshilfe.

10. Mit Bescheid des AMS vom 20.08.2024 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 17, § 58 iVm §§ 44 und 46 AlVG ab dem 16.08.2024 gebühre. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Notstandshilfe am 16.08.2024 erfolgreich geltend gemacht habe. Eine rückwirkende Zuerkennung könnte nicht eingereicht werden, da die Beschwerdeführerin die Mitteilung über das Höchstausmaß am 26.06.2024 gelesen habe, die Beschwerdeführerin sei somit von der Notwendigkeit der Antragstellung informiert gewesen.

11. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass sie am 26.06.2024 mit ihrer AMS-Beraterin telefoniert habe. Auf ihre Frage, ob sie für den weiteren Bezug von Notstandshilfe etwas tun müsse, habe ihr diese mitgeteilt, dass „alles passe“, sie brauche sich nicht weiter darum kümmern. Am 28.06.2024 sei sie nicht persönlich in der Geschäftsstelle gewesen.

12. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.11.2024 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 20.08.2024 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. Begründend wurde nach Feststellung des Sachverhalts und Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin über die Dauer ihres Leistungsanspruchs und das bevorstehende Höchstausmaß am 06.07.2024 mit drei Mitteilungen über den Leistungsanspruch (29.06.2023, 25.08.2023 und 21.05.2024) und per Schreiben des AMS über das Erreichen des Höchstanspruches (vom 24.06.2024) ausreichend informiert worden sei. Die Beschwerdeführerin habe ihren Anspruch auf Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz erst am 16.08.2024 erfolgreich geltend gemacht.

13. Die Beschwerdeführerin stellte fristgerecht einen Vorlageantrag, in dem sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholte. Sie habe auf die Information der AMS-Beraterin vertraut, dass sie keine Schritte zum Weiterbezug der Notstandshilfe setzen müsse. Darüber hinaus sei sie AMS-Trainerin und sich „der Schritte wohl bewusst, die ich setzen muss um eine Verlängerung einzuleiten – das war auch der Grund für meine wiederholte Nachfrage“.

14. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 13.12.2024 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin bezog bereits erstmals im Jahr 1993 Arbeitslosengeld und stellte in der Folge eine Reihe an Anträgen auf Zuerkennung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Sie ist mit dem System hinsichtlich Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung vertraut. Sie stellte zuletzt am 14.06.2022 einen Antrag auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Im Anschluss daran beantragte sie am 29.06.2023 (gilt für 09.07.2023) beim Arbeitsmarktservice die Gewährung von Notstandshilfe.

In der Mitteilung des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 29.06.2023 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto neben dem Beginn und der Höhe auch über das voraussichtliche Ende ihres Leistungsbezuges mit 06.07.2024 in Kenntnis gesetzt. Im beiliegenden Hinweisblatt wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Weitergewährung der Leistung nach dem Ende nur aufgrund einer neuen Antragstellung möglich ist. Die Beschwerdeführerin hat die Nachricht am 04.07.2023 um 07:59 Uhr gelesen.

In der Mitteilung des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 25.08.2023 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto neben dem Beginn und der Höhe wieder über das voraussichtliche Ende ihres Leistungsbezuges mit 06.07.2024 in Kenntnis gesetzt. Im beiliegenden Hinweisblatt wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Weitergewährung der Leistung nach dem Ende nur aufgrund einer neuen Antragstellung möglich ist. Die Beschwerdeführerin hat die Nachricht am 29.08.2023 um 13:07 Uhr gelesen.

In der Mitteilung des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 21.05.2024 wurde die Beschwerdeführerin per Briefsendung neben dem Beginn und der Höhe auch über das voraussichtliche Ende ihres Leistungsbezuges mit 06.07.2024 in Kenntnis gesetzt. Im beiliegenden Hinweisblatt wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Weitergewährung der Leistung nach dem Ende nur aufgrund einer neuen Antragstellung möglich ist.

Mit Schreiben des Arbeitsmarktservice vom 24.06.2024 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto über das Ende ihres Anspruchs auf Notstandshilfe mit 06.07.2024 sowie die erforderliche Antragstellung bis 08.07.2024 für eine lückenlose Auszahlung durch das AMS informiert. Die Beschwerdeführerin hat die Nachricht am 26.06.2024 gelesen.

Am 26.06.2024 wurde der Beschwerdeführerin eine Einladung für den nächsten Beratungs- und Betreuungstermin am 19.09.2024 übermittelt. Am 26.06.2024 telefonierte die Beschwerdeführerin mit ihrer AMS-Beraterin.

Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistungsbezug endete am 06.07.2024.

Am 16.08.2024 stellte die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Antrag auf den Bezug von Notstandshilfe.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den übermittelten Verwaltungsakt, insbesondere in den Hauptversicherungsverband-Auszug, die Beschwerde sowie die Beschwerdevorentscheidung.

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin mit Mitteilungen des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 29.06.2023, 25.08.2023 und 21.05.2024 sowie mit Schreiben des Arbeitsmarktservice vom 24.06.2024 auf das Leistungsende und die Erforderlichkeit der Antragstellung hingewiesen wurde.

Es ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass am 26.06.2024 ein Telefongespräch der Beschwerdeführerin mit ihrer AMS-Beraterin stattgefunden hat. Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, dass die Feststellung in der Beschwerdevorentscheidung, wonach am 28.06.2024 ein Beratungsgespräch mit ihrer AMS-Betreuerin stattgefunden hätte, nicht korrekt sei, sie hätte nur am 26.06.2024 ein Telefongespräch mit ihr geführt, so ergibt es sich tatsächlich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, dass das Telefongespräch am 26.06.2024 stattgefunden hat und dies am 28.06.2024 elektronisch erfasst wurde. Dennoch vermag dies nichts daran zu ändern, dass die Antragstellung der Beschwerdeführerin erst am 16.08.2024 erfolgt ist. Zur rechtlichen Beurteilung siehe 3.

Das Antragsformular liegt im Akt ein und ergibt sich daraus die Ausgabe und Retournierung desselben am 16.08.2024.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. Die im Beschwerdefall maßbegebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

„Beginn des Bezuges

§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit

1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder

2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.

(2) – (3) …

(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.“

„Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld

§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.

(2) – (7) …“

Gemäß § 38 AlVG sind – soweit nichts anderes bestimmt ist – auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 zum Arbeitslosengeld (§§ 7 bis 25 AlVG) sinngemäß anzuwenden.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791).

§ 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Dieser wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt. Es gilt das Antragsprinzip, das bedeutet, dass der Leistungsanspruch nicht schon mit Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen besteht, sondern erst mit der persönlichen Geltendmachung bei der regionalen Geschäftsstelle und dem entsprechenden Antragsverfahren (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz. 408). Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich geltenden Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zu verstehen. Hierbei handelt es sich um eine formelle Voraussetzung für die Gewährung des Bezuges von Arbeitslosengeld. Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH 28.06.2006, 2005/08/0201).

Mit der Einhaltung der Bestimmungen des § 46 Abs. 1 AlVG wird den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldbezug bzw. den Beginn dieses Bezuges entsprochen (vgl. VwGH 23.06.1998, 95/08/0132). Die Bestimmungen des § 46 AlVG legen klar dar, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist und für die Geltendmachung des Anspruches das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden ist. Weiters wird ausdrücklich in vorzitierter Gesetzesstelle festgehalten, dass der Anspruch erst dann als geltend gemacht gilt, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat.

Im Erkenntnis vom 10.04.2013, 2011/08/0017 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen enthält. Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG schließt eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. VwGH 23.05.2007, 2006/08/0330). Dieselben Überlegungen wie für die Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 46 Abs. 1 AlVG gelten auch für die neuerliche Geltendmachung bzw. die Wiedermeldung im Falle einer Unterbrechung oder des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 46 Abs. 5 AlVG (VwGH 30.06.2010, 2010/08/0134).

3.4. Die Beschwerdeführerin hat – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – ihren Antrag auf Notstandshilfe am 16.08.2024 gestellt und geltend gemacht. Die Leistung wurde ihr somit ab 16.08.2024 zuerkannt.

3.5. Wenn die Beschwerdeführerin ihre erst am 16.08.2024 erfolgte Antragstellung im Wesentlichen mit der nach eigenen Angaben fälschlichen Information durch ihre AMS-Beraterin begründet, ist Folgendes auszuführen:

Aufgrund der erfolgten Mitteilungen des Arbeitsmarktservice über den Leistungsanspruch vom 29.06.2023, 25.08.2023 und 21.05.2024 sowie des Schreibens des Arbeitsmarktservice vom 24.06.2024 hinsichtlich des Leistungsendes am 06.07.2024 und die Erforderlichkeit der Antragstellung ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin bewusst war, dass sie einen erneuten Antrag stellen muss, um einen Weiterbezug aus der Arbeitslosenversicherung zu gewährleisten.

Soweit die Beschwerdeführerin anführt, dass beim Gespräch mit ihrer AMS-Beraterin die Notwendigkeit der neuen Antragstellung zu einem genannten Termin kein Thema gewesen sei, ist unter Hinweis auf die dargestellte Rechtslage (§ 46 AlVG) auszuführen, dass keine gesetzliche Verpflichtung des AMS zur Erinnerung an die fristgerechte Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe besteht.

Eine behauptete Verletzung der Anleitungspflicht durch die Behörde ändert zudem nichts daran, dass der Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe an die Geltendmachung geknüpft ist (vgl. VwGH 26.11.2008, 2006/08/0179; 22.12.2009, 2009/08/0088).

Eine Nachsichtserteilung (wie etwa § 10 Abs. 3 AlVG) sieht das AlVG für eine unterbliebene Antragstellung nicht vor. Vielmehr stellt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar: Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge lässt es diese abschließende Normierung – selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen – nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der aufgrund einer von einem Organ des AMS schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. VwGH 23.05.2012, 2010/08/0156; 09.09.2015, Ra 2015/08/0052, mwN).

Daran ändert auch § 17 Abs. 4 AlVG nichts:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 09.07.2015, Ra 2015/08/0037, ausgeführt, dass es § 17 Abs. 4 AlVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2010, zuvor § 17 Abs. 3 AlVG) der zuständigen Landesgeschäftsstelle unter den dort näher genannten Voraussetzungen zwar ermöglicht, die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruches amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsbefugnis besteht jedoch kein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH 14.01.2013, 2012/08/0284, mwN). Schon die Textierung der genannten Bestimmung lässt erkennen, dass sie eine Ermächtigungsnorm im Verhältnis der Landesgeschäftsstelle zur regionalen Geschäftsstelle darstellt und sich nicht unmittelbar an die arbeitslose Person richtet. Insofern ist § 17 Abs. 4 AlVG an systematisch falscher Stelle eingefügt worden, da mit § 17 Abs. 4 AlVG kein Anspruch der arbeitslosen Person gegenüber dem AMS geschaffen werden sollte. Eine Rechtsschutzlücke entsteht dadurch nicht, da es der arbeitslosen Person – wie schon vor der Einfügung des § 17 Abs. 4 AlVG – weiterhin möglich ist, durch das AMS schuldhaft verursachte Schäden im Amtshaftungsweg geltend zu machen (vgl. VwGH 12.09.2012, 2009/08/0290, mwN).

Die abschließende Normierung des § 46 AlVG, der eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener Antragstellungen darstellt, lässt es – selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen – nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung (hier: rechtswidrige Kontrollterminvergabe für einen Zeitpunkt nach Auslaufen des Leistungsanspruchs mit damit verbundenem Leistungsverlust des Arbeitslosen für die Zeit vor diesem Kontrolltermin) nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der aufgrund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist. § 17 Abs 4 AlVG idF BGBl I 2010/5 ermöglicht es der zuständigen Landesgeschäftsstelle zwar – unter den dort näher genannten Voraussetzungen – die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruchs amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsnorm besteht jedoch kein Rechtsanspruch (VwGH 23. 5. 2012, 2010/08/0156) – vgl auch die Ausführungen dazu in Rz 823.

Soweit die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag eine mangelnde bzw. unrichtige Auskunft des AMS behauptet, wäre die Beschwerdeführerin auf den Zivilrechtsweg (Amtshaftung) zu verweisen. Selbst wenn man eine Verletzung der Anleitungspflicht durch das AMS annehmen wollte, würde dies nichts daran ändern, dass der Bezug von Arbeitslosengeld an die (persönliche) Geltendmachung geknüpft ist (vgl. VwGH 26.11.2008, 2006/08/0179).

Im vorliegenden Fall ist für den erkennenden Senat kein einen Amtshaftungsanspruch begründendes Fehlverhalten der belangten Behörde ersichtlich. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das AMS zu Recht von einem Anspruch ab 16.08.2024 ausgeht.

Die Beschwerde ist sohin als unbegründet abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.

3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtsfragen aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt ist. Die belangte Behörde hat diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen und es liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor, weshalb die Verhandlung unterbleiben konnte. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt II.3.3. zitierte Rechtsprechung); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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