BVwG W607 2242660-2

BVwGW607 2242660-27.2.2025

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W607.2242660.2.00

 

Spruch:

 

 

W607 2242660-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Günther BACHKÖNIG über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, Rechtsanwalt, Prinz Eugen-Straße 70/2/1.1, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2024, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der XXXX -jährige Beschwerdeführer führt die im Erkenntniskopf ersichtlichen Personalien, gehört der kurdischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem von den kurdischen Milizen kontrollierten Dorf XXXX in der Provinz XXXX , ist gesund, strafgerichtlich unbescholten und verfügt in Österreich über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten.

1.2. Zum Verfahrensverlauf und dem Vorbringen des Beschwerdeführers

1.2.1 Der Beschwerdeführer stellte am 02.11.2020 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den er im Wesentlichen mit einer befürchteten Einziehung zum Wehrdienst durch die syrische Armee begründete.

1.2.2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 19.04.2021, Zl. XXXX , hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Beschwerdeführer jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.

1.2.3 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 16.08.2022 zu Zl. W101 2242660-1/16E, wies das BVwG die gegen die Versagung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 und am 26.07.2022 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er im Jahr 2014 über seinen Dorfvorsteher einen Einberufungsbefehl zur Ableistung des Militärdienstes in der syrischen Armee erhalten habe, dem er allerdings nicht nachgekommen sein. Er selbst habe keine Schreiben des Militärs erhalten, allerdings habe er seit dem Einberufungsbefehl über den Dorfvorsteher sein Heimatdorf aus Angst vor Einziehung zum Wehrdienst nicht mehr verlassen. Zwar hätten die kurdischen Milizen die Kontrolle über das Dorf ausgeübt, es habe aber Checkpoint des syrischen Regimes gegeben, die er vermieden habe. Da er als Viehhirte gearbeitet habe, wäre er im Falle von Razzien nicht gefunden worden. Er sei jedoch ausgereist, da die kurdischen Gebiete von der Türkei angegriffen worden seien und er an den Kampfhandlungen auf der Seite der kurdischen Streitkräfte teilnehmen hätte müssen. Die Kurden hätten seinen Vater dazu aufgefordert, den Beschwerdeführer und seinen Bruder in den Kampf zu schicken. Dieser habe den Beschwerdeführer jedoch dazu angehalten, das Land zu verlassen.

Im obgenannten Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einbürgerung bereits 32 Jahre alt war und es seitens der syrischen Militärbehörden ihm gegenüber keinerlei Maßnahmen betreffend einer zwangsweisen Einziehung zum Militärdienst gegeben habe. Er sei für die syrischen Militärbehörden nicht von Interesse gewesen.

Nach einem türkischen Angriff auf den Heimatort des Beschwerdeführers seien die kurdischen Männer aufgefordert worden, für die kurdischen Streitkräfte zu kämpfen. Der Beschwerdeführer habe dieser Aufforderung nicht Folge geleistet. Auch diesbezüglich habe es ihm gegenüber von Seiten der kurdischen Streitkräfte keinerlei Maßnahmen gegeben.

Im Juli 2020 sei der Beschwerdeführer wegen der allgemeinen Bürgerkriegssituation aus Syrien geflohen. Der Beschwerdeführer lebe in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter. Die allgemeine Bürgerkriegssituation in Syrien sei somit bereits vom BFA durch die Gewährung des subsidiären Schutzes berücksichtigt worden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung darstelle, sondern nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen könnte. Da die Ableistung des Wehrdienstes für männliche syrische Staatsangehörige im Alter von 18 bis 42 Jahren verpflichtend sei, drohe dem Beschwerdeführer, der sich (im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht) bereits im 43. Lebensjahr befinde und das syrische Regime niemals Interesse an einer zwangsweisen Einziehung des Beschwerdeführers gezeigt habe, bei einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Einberufung zum Militärdienst.

Auch eine ihm drohende Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Streitkräfte sei nicht festzustellen. Der Beschwerdeführer habe erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht, dass er für die kurdischen Streitkräfte kämpfen müsste. Auf diesbezüglichen Fragen habe der Beschwerdeführer nichts selbst Erlebtes schildern können, sondern ausschließlich Aussagen über „Gehörtes“ getroffen (Die kurdischen Streitkräfte seien zu seinem Vater gekommen und hätten zu ihm gesagt, dass sich seine Kinder den Kampfhandlungen anschließen müssten). Möglicherweise habe es im Zuge des Bürgerkrieges nach einem Angriff auf den Heimatort im Jahr 2019 von den kurdischen Streitkräften einen Aufruf an alle dort lebenden kurdischen Männer gegeben hat, dem der Beschwerdeführer aber folgenlos nicht nachgekommen sei. Auch die Tätigkeit als Viehhirte sei nicht glaubhaft, weil der Beschwerdeführer so gebildet sei, dass er zwölf Schulstufen absolviert habe. Daher wäre es insgesamt auch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer für die kurdischen Streitkräfte kämpfen hätte müssen.

1.2.4 Mit Beschluss vom 28.02.2023, E 3136/2022-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis eingebrachten Beschwerde ab. Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht erhoben.

1.2.5 Am 22.11.2023 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er am gleichen Tag polizeilich erstbefragt und am 23.07.2024 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen wurde. Der Beschwerdeführer gab zu den Gründen seiner erneuten Antragstellung im Folgeverfahren im Wesentlichen an, dass er vom Dorfvorsteher erfahren habe, dass er zum Militärdienst der syrischen Armee einberufen worden sei. Er hätte Angst bei einem Checkpoint angehalten und eingezogen zu werden. Der Beschwerdeführer sorge sich auch, dass seine Kinder festgenommen werden. Der Vater seiner Frau habe ihr anlässlich eines Gefängnisbesuches erzählt, dass der Beschwerdeführer „auf der Liste der Kurden“ stehe. Sein Kind leide unter Epilepsie und seine Frau werde dauernd gefragt, warum der Beschwerdeführer Syrien verlassen habe.

1.2.6 Mit Bescheid vom 26.09.2024, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen Vorliegens entschiedener Sache zurück.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Folgeverfahren keine neuen Umstände, die asylrelevante Verfolgung anzeigen würden, hervorgekommen seien. Das Vorbringen, dass der Sohn des Beschwerdeführers an Epilepsie leide und die Frau des Beschwerdeführers ständig befragt werde, warum der Beschwerdeführer Syrien verlassen habe, begründen keine persönlichen Asylgründe des Beschwerdeführers.

1.2.7 Mit Schriftsatz vom 06.11.2024 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.09.2024. Begründend wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer hätte neue Gründe vorgebracht, die auf eine persönliche Verfolgung im Herkunftsstaat hindeuten würden. Die belangte Behörde habe sich weder mit dem Vorbringen, dass der Sohn des Beschwerdeführers nunmehr an Epilepsie erkrankt sei, noch damit, dass die Ehefrau im Rahmen von Hausdurchsuchungen durch Regierungstruppen über den Verbleib des Beschwerdeführers befragt werde, hinreichend auseinandergesetzt. Aus der Novelle der Artikel 74 und 97 des Militärgesetzes ergebe sich, dass Personen, die das Höchstalter für die Ableistung des Militärdienste überschritten hätten und keine Befreiung vom Wehrdienst erhalten hätten, eine Kompensationszahlung von USD 8.000,- zu leisten hätte, widrigenfalls eine einjährige Haftstrafe und eine Strafzahlung in Höhe von USD 200,- für jedes Jahr des Zahlungsrückstandes drohe. Dies ergebe sich auch aus den aktuellen Länderberichten.

2. Beweiswürdigung:

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde Beweis erhoben durch:

- Einsichtnahme in den vorgelegten Akt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Erstbefragung und seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sowie in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.08.2022, W101 2242660-1/16E, und den diesbezüglichen Gerichtsakt;

- Einholung von Auskünften aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) ergänzend zum vorgelegten Verwaltungsakt (OZ2);

- Einsichtnahme in das – dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende – Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024 (Version 11), die Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien vom 10.12.2024: „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“, sowie insbesondere in die aktuelle EUAA Country Guidance Syria sowie die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen;

- Einsichtnahme in die aktuelle Karte betreffend die Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, abrufbar unter: https://syria.liveuamap.com/ sowie die aktuelle Karte betreffend die historische Kontrolle von Akteuren in Syrien, abrufbar unter: https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html .

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

In jenem Fall, in dem das BFA den verfahrenseinleitenden Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, ist insoweit „Sache des Beschwerdeverfahrens“ vor dem BVwG die Frage, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgt ist. Das BVwG hat diesfalls zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen früheren Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (VwGH 21.06.2022, Ra 2020/19/0234; VwGH 23.9.2020, Ra 2020/14/0175, mwN). Es ist dem Verwaltungsgericht nämlich deshalb verwehrt, über den Rahmen der bloßen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisungsentscheidung der Vorinstanz hinaus mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 05.08.2020, Ra 2020/20/0192; VwGH 28.8.2019, Ra 2019/14/0299, mwN). Das Verwaltungsgericht hat daher entweder – falls entschiedene Sache vorliegt – das Rechtsmittel abzuweisen oder – falls dies nicht zutrifft – den bekämpften Bescheid zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung des Verwaltungsgerichts, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Sache des gegenständlichen Verfahrens ist daher die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 21.06.2022, Ra 2020/19/0234, VwGH 19.1.2022, Ra 2020/20/0100, mwN).

In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 29.11.2021, Ra 2020/19/0412, mwN).

Könnten die behaupteten neuen Tatsachen zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubhaftigkeit (VwGH 05.07.2023, Ra 2021/18/0270). Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 17.02.2022, Ra 2020/18/0127).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, darauf hingewiesen, dass zwar aufgrund (innerstaatlich nicht korrekt umgesetzter) unionsrechtlicher Vorgaben der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) in bestimmten Konstellationen von der (in anderen Verfahren weiterhin zulässigen) Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache Abstand zu nehmen ist. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof auch dargelegt, dass eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache weiterhin – in einem Verfahren, in dem auch die Vorgaben des Kapitels II der Verfahrensrichtlinie zu beachten sind – statthaft ist, wenn bei dieser Prüfung hervorkommt, dass – allenfalls entgegen den Behauptungen eines Antragstellers – neue Elemente oder Erkenntnisse im Sinn des Art. 40 Verfahrensrichtlinie nicht vorliegen oder vom Antragsteller gar nicht vorgebracht worden sind. Das gilt auch dann, wenn zwar neue Elemente oder Erkenntnisse vorliegen, die Änderungen aber lediglich Umstände betreffen, die von vornherein zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Frage der Zuerkennung eines Schutzstatus führen können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat nämlich in diesen Konstellationen keine Änderung erfahren. Liegen keine neuen Elemente oder Erkenntnisse vor oder sind die neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht geeignet, erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beizutragen, dass dem Antragsteller ein Schutzstatus zuzuerkennen ist, verlangt auch Art. 40 Abs. 3 Verfahrensrichtlinie keine weitere Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Nach Art. 33 Abs. 2 lit. d iVm Art. 40 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist es in solchen Fällen erlaubt, einen Folgeantrag als unzulässig zu betrachten (VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006).

Auf den gegenständlichen Folgeantrag umgelegt bedeutet dies, dass das die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe betreffend die Furcht vor Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime von Baschar al-Assad und die Furcht vor zwangsweisen Heranziehung zur sog Selbstverteidigungspflicht der kurdischen Milizen bereits vollständig und ausführlich in der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.08.2022 zu Zl. W101 2242660-1/16E, berücksichtigt und für nicht glaubhaft bzw. als nicht asylrelevant beurteilt wurden. Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.

Dies trifft auch auf das Vorbringen, der Beschwerdeführer stehe auf der „Liste der Kurde“, dies hätte seine Frau im Rahmen eines Gefängnisbesuches von ihrem Vater erfahren und die behauptete ständige Nachfrage bei seiner Frau nach seinem Verbleib, zu. Abermals bringt der Beschwerdeführer eine drohende zwangsweise Einziehung zur Selbstverteidigungspflicht vor, die wie im Erkenntnis zum Erstantrag ausgeführt auf „Gehörtem“ beruht, und auch angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die Altersgrenze für die Selbstverteidigungspflicht in der kurdischen Miliz weit überschritten hat, unglaubwürdig ist.

Der als Fluchtgrund geltend gemachten Epilepsie des Sohnes des Beschwerdeführers kommt keine Asylrelevanz im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung zu. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, im Folgenden: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 Statusrichtlinie [RL 2011/95/EU ] verweist). Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ein Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention wird somit nicht geltend gemacht.

Im vorliegenden Fall ist es dem Beschwerdeführer damit nicht gelungen, neue Gründe darzutun, die eine asylrelevante Bedrohung begründen könnten. Es sind somit keine neuen Elemente oder Erkenntnisse iSd Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 Verfahrensrichtlinie zutage getreten oder vom Beschwerdeführer vorgebracht worden, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Beschwerdeführer als Person mit Anspruch auf den Status des Asylberechtigten anzuerkennen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Da der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.

Die Beschwerde zeigt keine neuen potentiell asylrelevanten Elemente auf, die nicht bereits Gegenstand der Beurteilung im rechtskräftig abgeschlossenen vorangegangenen Verfahren waren.

3.3. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben.

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