AlVG §38
AlVG §46 Abs1
AlVG §58
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W237.2287724.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin WERNER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Peter GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 07.12.2023 betreffend Zuerkennung der Notstandshilfe ab 06.12.2023 nach Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 46 Abs. 1 und § 58 AlVG als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 07.12.2023 stellte das Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße (im Folgenden: AMS) fest, dass dem Beschwerdeführer ab 06.12.2023 Notstandshilfe gebühre. Begründend führte das AMS aus, dass er den Antrag auf Notstandshilfe erst an diesem Tag über sein eAMS-Konto geltend gemacht habe.
2. Der Beschwerdeführer erhob mit Eingabe vom 11.12.2023 über sein eAMS-Konto gegen diesen Bescheid Beschwerde. In dieser führte er im Wesentlichen aus, ihm sei erst auf telefonische Nachfrage beim AMS am 06.12.2023 mitgeteilt worden, dass er bei der Antragstellung „einen Button vergessen habe“. Erst nach dieser telefonischen Hilfe sei der Antrag auf Notstandshilfe richtig gesendet und akzeptiert worden. Er ersuche um Rückwirkung und Auszahlung der Notstandshilfe für den fehlenden Zeitraum, weil er über keine finanziellen Rücklagen verfüge, um seine laufenden Ausgaben zu decken.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2024 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend hielt es unter Verweis auf die maßgeblichen Rechtsgrundlagen fest, dass dem Beschwerdeführer zuletzt mit Mitteilung vom 11.10.2023 Arbeitslosengeld bis höchstens 30.10.2023 zuerkannt worden sei. Mit separater Mitteilung vom 18.10.2023 sei er über das Höchstausmaß seines bisherigen Leistungsanspruchs sowie über die Notwendigkeit einer neuerlichen Antragstellung bis spätestens 31.10.2023 informiert worden. Am 19.10.2023 habe er zusätzlich noch eine Nachricht seiner Beraterin erhalten, wonach er bis spätestens 30.10.2023 einen Antrag auf Notstandshilfe stellen solle und sein Leistungsanspruch voraussichtlich mit diesem Datum ende. Am 30.10.2023 habe der Beschwerdeführer zwei Rückmeldungen zu Bewerbungen und am 13.11.2023 seinen Lebenslauf sowie ein Inserat übermittelt; leistungsrelevante Fragen seien nicht gestellt worden. Ausschließlich eine mangelnde oder unrichtige Auskunft durch das AMS, die einen Amtshaftungsanspruch nach sich ziehen würde, könne zu einer früheren Zuerkennung führen. Die erst am 06.12.2023 erfolgte Geltendmachung sei jedoch nicht auf ein Verschulden des AMS zurückzuführen, weil ihm sämtliche Informationen schriftlich übermittelt worden seien. Nach dem ausnahmslos geltenden Antragsprinzip sei der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, rechtzeitig einen Antrag zu stellen; eine Rücksichtnahme auf Faktoren in seinem Verantwortungsbereich lasse das Gesetz nicht zu. Er sei bereits wiederholt Kunde des AMS gewesen und ihm daher auch bekannt, dass Leistungsansprüche ausschließlich befristet zuerkannt würden. Es sei ihm möglich und zumutbar gewesen, rechtzeitig einen neuen Antrag zu stellen. Der vorgebrachte Bedienungsfehler sei der Verantwortungssphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen.
4. Am 27.02.2024 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und brachte ergänzend im Wesentlichen vor, dass es sich gegenständlich nicht um einen Bedienungsfehler gehandelt habe, sondern um ein technisches Problem. Er habe bereits am 21.10.2023 das entsprechende Antragsformular in der eAMS-App auf seinem Handy ausgefüllt, es abgeschickt und danach die App verlassen. Als er am 06.12.2023 festgestellt habe, dass er noch keine Leistung vom AMS erhalten habe, sei ihm von seiner AMS-Betreuerin telefonisch geraten worden, nach dem Versenden des Antrags länger in der App zu bleiben. Die Eingabe vom 21.10.2023 war in seiner App noch gespeichert und erst mehrere Minuten nach dem Klick auf „senden“ sei eine Meldung erschienen, dass sein Antrag abgeschickt worden sei. Es entspreche nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass es mehrere Minuten dauere, bis ein Formular online abgeschickt werde. Einen Hinweis auf die Notwendigkeit einer längeren Verweildauer in der App habe er zu keinem Zeitpunkt erhalten. Da er bereits am 21.10.2023 alle Schritte korrekt ausgeführt habe, sei ein technisches Problem nach dem ordnungsgemäßen Absenden seines Antrags nicht seiner Sphäre zuzuordnen. Er habe am 13.11.2023 einen aktualisierten Lebenslauf und ein Inserat an das AMS übermittelt. Da hierauf kein Hinweis erfolgt sei, dass sein Antrag nicht eingelangt sei, habe er den Eindruck gehabt, sein Leistungsanspruch sei ordnungsgemäß geltend gemacht worden. Zudem weise er darauf hin, dass er sich stets ordnungsgemäß auf zugewiesene Stellen beworben und mit großem Eifer nach neuen Stellen gesucht habe, weshalb er mit 04.03.2024 eine neue Beschäftigung gefunden habe.
Das AMS legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts am 05.03.2024 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer bezog bereits in der Vergangenheit wiederholt Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung; zuletzt bezog er seit 15.10.2023 Arbeitslosendgeld. Er ist Nutzer eines eAMS-Kontos, über das er mehrmals Verständigungen erhielt und Eingaben tätigte.
1.2. Das AMS sendete dem Beschwerdeführer am 11.10.2023 auf sein eAMS-Konto eine Mitteilung über den Leistungsanspruch zu, wonach er bis (voraussichtlich) 30.10.2023 Anspruch auf Arbeitslosengeld in bestimmter Höhe habe. Auf der letzten Seite dieser Mitteilung findet sich folgender Hinweis über das Leistungsende: „Bitte beachten Sie das umseitig angeführte voraussichtliche Ende Ihres Leistungsbezuges. Die Weitergewährung einer Leistung kann erst – sofern Sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen – aufgrund einer neuerlichen Antragstellung erfolgen. Für eine lückenlose Zahlung setzen Sie sich zeitgerecht mit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in Verbindung.“ Zudem erhielt er am selben Tag eine Nachricht auf sein eAMS-Konto, dass er nur noch 16 Resttage Anspruch auf Arbeitslosengeld habe und er zusätzlich einen Antrag auf Notstandshilfe stellen solle. Diese Nachricht las der Beschwerdeführer am 11.10.2023; die Mitteilung über den Leistungsanspruch las er am 16.10.2023.
Am 18.10.2023 erhielt der Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto ein weiteres Schreiben des AMS, wonach sein Anspruch auf Arbeitslosengeld mit 30.10.2023 ende und er bis spätestens 31.10.2023 einen neuen Antrag stellen müsse, um weiter Geld und Versicherung vom AMS zu erhalten; das AMS teilte dem Beschwerdeführer darin auch mit, dass ein allfälliger Anspruch in der Regel frühestens ab dem Tag der Antragstellung gebühre. Der Beschwerdeführer las dieses Schreiben am 19.10.2023.
Er erhielt weiters am 19.10.2023 von einer Mitarbeiterin des AMS über sein eAMS-Konto eine Nachricht, in der er erneut ersucht wurde, bis spätestens 30.10.2023 einen Antrag auf Notstandshilfe zu stellen, zumal sein Leistungsanspruch voraussichtlich mit diesem Datum ende. Bei Fragen helfe ihm auch gerne die Serviceline des AMS unter einer näher angeführten Telefonnummer weiter. Diese Nachricht las der Beschwerdeführer am 21.10.2023.
1.3. Der Beschwerdeführer beabsichtigte am 21.10.2023, einen Antrag auf Notstandshilfe über sein eAMS-Konto zu stellen und füllte dementsprechend das elektronische Antragsformular in der eAMS-App auf seinem Handy aus; der ausgefüllte Entwurf wurde allerdings nicht versendet. Es erschien keine Meldung in der App, dass der Antrag abgeschickt worden sei und der Beschwerdeführer erhielt keine Empfangsbestätigung über das Einlangen seines Antrages.
Erst am 06.12.2023, nach telefonischer Rücksprache mit dem AMS, übermittelte er diesem seinen Antrag auf Notstandshilfe über das eAMS-Konto; der Beschwerdeführer erhielt daraufhin eine Bestätigung über das Einlangen seines Antrags.
Seit diesem Datum bezieht er Notstandshilfe.
2. Beweiswürdigung:
Die unstrittigen Feststellungen zum Leistungsbezug des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer im Verwaltungsakt aufliegenden Darstellung seines Bezugsverlaufs. Im Akt sind ebenso die Mitteilung über den Leistungsanspruch vom 11.10.2023, die Schreiben des AMS an den Beschwerdeführer der festgestellten Daten sowie das Sendeprotokoll vorhanden. Der Beschwerdeführer bestritt zu keinem Zeitpunkt seines Beschwerdeverfahrens, dass er die Schreiben tatsächlich über sein eAMS-Konto erhalten und zu den festgestellten, bereits von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung genannten, Daten gelesen hatte. Dass das ausgefüllte Antragsformular auf Notstandshilfe dem AMS vor dem 06.12.2023 erfolgreich zugegangen sei, behauptete der Beschwerdeführer nicht; er räumte in seiner Beschwerde selbst ein, dass der Antrag erst an diesem Datum „richtig gesendet“ worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht folgt dabei der vom Beschwerdeführer selbst angegebenen Darstellung, dass er das Antragsformular in der eAMS-App auf seinem Handy zwar am 21.11.2023 ausfüllte, der Antrag jedoch nicht versendet wurde. In seinem Vorlageantrag führte er selbst aus, dass er erst am 06.12.2023 eine Bestätigung über das Einlangen seines Antrags auf Notstandshilfe erhalten habe. Die Geltendmachung seines Anspruchs auf Notstandshilfe am 06.12.2023 nach einem Telefonat mit dem AMS ist damit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Der angefochtene Bescheid datiert auf den 07.12.2023. Die der belangten Behörde am 11.12.2023 über das eAMS-Konto übermittelte Beschwerde ist somit gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG rechtzeitig.
Das AMS erließ daraufhin innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von zehn Wochen (§ 56 Abs. 2 AlVG) die auf den 15.02.2024 datierende und – ausweislich des im Akt aufliegenden Rückscheins in Kopie – am 19.02.2024 zugestellte Beschwerdevorentscheidung im Sinne des § 14 Abs. 1 VwGVG, in der es die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abwies. Der Vorlageantrag des Beschwerdeführers vom 27.02.2024 erfolgte rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 15 Abs. 1 VwGVG.
Durch den Vorlageantrag trat die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft. Das Rechtsmittel, über welches nunmehr zu entscheiden ist, bleibt aber die Beschwerde (der Vorlageantrag richtet sich nämlich nur darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird, mag er auch eine [zusätzliche] Begründung enthalten). Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet – und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss –, bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber – außer im (hier nicht vorliegenden) Fall einer Zurückweisung der Beschwerde – nur die an die Stelle des Ausgangsbescheids getretene Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Zu A)
3.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungs-gesetzes 1977 (AlVG) lauten:
„Beginn des Bezuges
§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit
1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder
2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.
(2) Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5.
(3) Die Arbeitslosmeldung hat zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das Arbeitsmarktservice möglich ist (e-mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer) zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.
(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.
[…]
Notstandshilfe
Voraussetzungen des Anspruches
§ 33. (1) Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erschöpft haben, kann auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden.
(2) Notstandshilfe ist nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.
(3) Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.
(4) Notstandshilfe kann nur gewährt werden, wenn sich der Arbeitslose innerhalb von fünf Jahren nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld um die Notstandshilfe bewirbt. Die vorstehende Frist verlängert sich darüber hinaus um Zeiträume gemäß § 15 und gemäß § 81 Abs. 10.
[…]
Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld
§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
(2) – (7) […]
[…]
Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe
§ 58. Auf das Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe ist dieser Artikel mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle des Arbeitslosengeldes die Notstandshilfe tritt.“
3.2. Soweit das AMS dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.12.2023 die Notstandshilfe ab dem 06.12.2023 zuerkannte, ohne den davor liegenden Teil des Anspruchs formell abzuweisen, ist festzuhalten, dass in der Begründung des Bescheids ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe erst am 06.12.2023 den Antrag auf Notstandshilfe beim AMS eingebracht, weshalb ihm die Notstandshilfe erst ab diesem Tag gebühre. Der Spruch des angefochtenen Bescheids ist daher im Sinne einer Abweisung des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 31.10.2023 (also dem ersten Tag nach Ende des Anspruchs und Bezugs von Arbeitslosengeld) bis 05.12.2023 zu verstehen (vgl. VwGH 23.10.2002, 2002/08/0041; 22.02.2012, 2010/08/0103).
3.3. Dies erfolgte auch zu Recht:
3.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld kein Recht auf einen ununterbrochenen Leistungsbezug von Notstandshilfe hatte, sondern diesen nach den in § 46 iVm § 58 AlVG (sinngemäße Anwendung von § 46 AlVG in Angelegenheiten der Notstandshilfe) festgelegten Regeln geltend machen musste (vgl. VwGH 20.10.2010, 2010/08/0191).
Im vorliegenden Fall endete der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld am 30.10.2023. Er hätte bis spätestens 31.10.2023 einen Antrag auf Notstandshilfe stellen müssen, was ihm vom AMS auch mehrmals mitgeteilt wurde. Er machte seinen Anspruch auf Notstandshilfe jedoch erst am 06.12.2023 geltend.
3.3.2. Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gilt das Antragsprinzip. Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG gebührt Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe – abgesehen von der Rückwirkung auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag bei Geltendmachung am darauffolgenden Werktag, sowie der Rückwirkung auf den Eintritt einer vorab gemeldeten Arbeitslosigkeit bei Geltendmachung und persönlicher Vorsprache binnen zehn Tagen – erst ab dem Tag der Geltendmachung. Zur Geltendmachung des Anspruchs trifft § 46 AlVG nähere Vorschriften.
§ 46 AlVG stellt dabei eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar. Diese abschließende Normierung lässt es nicht zu, die Folgen einer (auch irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung (bzw. Wiedermeldung) nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der auf Grund eines Fehlers der Behörde einen Schaden erleidet, prinzipiell nur auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. in diesem Zusammenhang aber die der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeräumte Ermächtigungsbefugnis nach § 17 Abs. 4 AlVG, auf deren Ausübung jedoch kein Rechtsanspruch besteht). Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG, der eine abschließende Regelung enthält, schließt also selbst eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. VwGH 23.05.2007, 2006/08/0330; 22.12.2009, 2007/08/0245; 22.02.2012, 2010/08/0103).
Sohin ist schon aus diesem Grund für den Beschwerdeführer aus seinem Einwand, dass er das Antragsformular bereits am 21.11.2023 ordnungsgemäß abgesendet habe, dabei aber ein „technisches Problem“ vorgelegen sei, nichts zu gewinnen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit bereits mehrfach Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen hat, weshalb ihm bekannt sein musste, dass das AMS das Einlangen eines Antrags bestätigt. Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen, in weiterer Folge den Erhalt einer Empfangsbestätigung zu überprüfen, und hätte ihn das Fehlen einer solchen darauf aufmerksam machen müssen, dass sein Antrag nicht übermittelt worden ist.
3.4. Angesichts der klaren Rechtlage erging der die Notstandshilfe erst ab dem 06.12.2023 – also dem Tag der tatsächlichen Geltendmachung des Anspruchs – zuerkennende (bzw. den Anspruch zwischen 31.10. und 05.12.2023 abweisende) Bescheid der belangten Behörde zu Recht. Vom Beschwerdeführer begehrte Nachsichts- oder Kulanzmöglichkeiten sieht das Gesetz nicht vor.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
3.5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte, trotz des Antrags des Beschwerdeführers, gemäß § 24 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt (s. Pkt. II.1) ergibt sich vollständig aus dem Inhalt des Verfahrensakts und wurde vom Beschwerdeführer nicht substantiiert bestritten. Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung auch nicht näher.
Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um "civil rights" iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Im vorliegenden Fall liegen jedoch angesichts der obigen Ausführungen keine entscheidungserheblichen widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Im Ergebnis stehen dem Entfall der Verhandlung daher weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG (unter der Begründung zu Spruchteil A auszugsweise zitiert) ist im Lichte des Falles klar und kohärent.
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