AlVG §38
AlVG §44
AlVG §46
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W121.2274191.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Elke DE BUCK-LAINER und Ing. Robert FODROCZI als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , betreffend die Zuerkennung von Notstandshilfe ab XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: „belangte Behörde“; „AMS“) vom XXXX wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld gemäß § 17 iVm §§ 44 und 46 AlVG ab dem 17.02.2023 gebühre. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Arbeitslosengeld vom XXXX nicht nachweislich innerhalb der festgesetzten Frist eingebracht habe. Er habe sich erst wieder am XXXX persönlich beim AMS gemeldet.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass er am XXXX beim AMS vorgesprochen und um eine Bezugsbestätigung ersucht habe. In Hinblick auf den Antrag habe der Beschwerdeführer einer AMS-Mitarbeiterin gesagt, dass er den Antrag draußen in den Postkasten eingeworfen habe. Am XXXX habe man dem Beschwerdeführer gesagt, dass das AMS den Antrag nicht erhalten habe. Ihm sei daher ein neues Antragsformular ausgefolgt worden. Der Beschwerdeführer führte weiter aus, dass er eine Kopie des Antrages habe, welchen er am XXXX beim AMS in die Postbox eingeworfen hätte. Er habe auch einen Zeugen, der ihn am XXXX zum AMS begleitet habe.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom XXXX im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. Begründend wurde nach Feststellung des Sachverhaltes und Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld erst dann geltend gemacht werden kann, wenn das vollständig ausgefüllte Antragsformular mit allen Unterlagen übermittelt wurde. Am XXXX habe der Beschwerdeführer vom AMS ein Antragsformular zur Beantragung der Notstandshilfe erhalten. Als Frist zur Einbringung des Antragsformulars sei der XXXX festgesetzt worden. Am XXXX sei das AMS mittels Krankenstandsbescheinigung der Österreichischen Gesundheitskasse („ÖGK“) darüber informiert worden, dass in der Zeit vom XXXX eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen sei und der Beschwerdeführer in der Zeit vom XXXX Krankengeld bezogen habe. Am XXXX habe der Beschwerdeführer in der Infozone des AMS XXXX vorgesprochen und um eine Ausfolgung einer Bezugsbestätigung ersucht. Dies sei ihm von einer AMS Mitarbeiterin ausgefolgt worden und darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Notstandshilfe noch einzubringen sei. Dem entgegnete der Beschwerdeführer, dass er sein Antragsformular bereits ausgefüllt zu Hause habe und es morgen (Anm.: XXXX ) abgeben würde. Ein Antrag des Beschwerdeführers sei auch am XXXX nicht eingelangt. Am XXXX habe der Beschwerdeführer persönlich vorgesprochen und gab an, seinen Antrag auf Notstandshilfe bereits am XXXX in die Postbox eingeworfen zu haben. Dem Beschwerdeführer sei am XXXX ein neuer Antrag ausgefolgt worden. Diesen habe der Beschwerdeführer fristgerecht eingebracht, wodurch ihm ab dem XXXX Notstandshilfe gebühre.
Der Beschwerdeführer stellte fristgerecht einen Vorlageantrag. Im Zuge des Vorlageantrages beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens übermittelt.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine Beschwerdeverhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde von der Vorsitzenden Richterin und den Laienrichtern befragt. Ein Behördenvertreter nahm ebenfalls an der Verhandlung teil. Er verwies insbesondere auf die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .
Am XXXX langte vom Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter eine Stellungnahme ein.
Mit Schreiben vom XXXX (eingelangt am XXXX ) übermittelte das AMS eine Stellungnahme betreffend die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am XXXX .
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Akteninhaltes werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Beschwerdeführer bezieht seit XXXX mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Am XXXX wurde das Höchstmaß des Notstandshilfebezuges erreicht. Über das voraussichtliche Ende des Anspruches wurde der Beschwerdeführer vom AMS wiederholt informiert.
Am XXXX (sohin vor Erreichung des Höchstausmaßes am XXXX ) sprach der Beschwerdeführer beim AMS vor. Im Zuge des Gespräches wurde dem Beschwerdeführer das bundeseinheitliche Antragsformular zur Beantragung der Notstandshilfe mit Rückgabefrist XXXX ausgehändigt sowie ein Folgetermin für den XXXX vorgeschrieben.
Vom XXXX war der Beschwerdeführer arbeitsunfähig und bezog vom XXXX Krankengeld.
Am XXXX meldete sich der Beschwerdeführer telefonisch in der Service Line des AMS und gab bekannt, dass der Krankenstand beendet ist.
Am XXXX sprach der Beschwerdeführer persönlich in der Info Zone des AMS XXXX vor und ersuchte um eine Ausfolgung einer Bezugsbestätigung. Diese wurde ihm ausgefolgt und der Beschwerdeführer wurde auf die versäumte Rückgabefrist hingewiesen.
In weiterer Folge wurde vom Beschwerdeführer der Antrag vom XXXX nicht eingebracht.
Mit Schreiben vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Kontrollmeldetermin für den XXXX vorgeschrieben.
Am XXXX sprach der Beschwerdeführer erneut vor und ihm wurde neuerlich ein Antragsformular mit der Rückgabefrist XXXX ausgefolgt.
Das Antragsformular vom XXXX brachte der Beschwerdeführer fristgerecht durch Einwurf in die Postbox ein.
Dem Beschwerdeführer gebührt Notstandshilfe ab dem XXXX .
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt des AMS und jenem des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes gründen sich auf den Leistungsakt, die Auskunft des Dachverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger mit Stichtag XXXX , den chronologisch über EDV geführten Aufzeichnungen der belangten Behörde, sowie den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.
Dass der Beschwerdeführer am XXXX ein Antragsformular samt Aufklärung darüber, dass die Geltendmachung des Anspruches auf Notstandshilfe durch Rücksendung des Antragsformulars bis spätestens XXXX postalisch zu erfolgen hat, erhalten hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde substantiiert bestritten. Dem Beschwerdeführer war auch bewusst, dass es zur Geltendmachung des Anspruches der Rücksendung des ausgefüllten Antrages bedarf, zumal er schon mehrmals beim AMS einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hat. Er ist daher mit der Vorgangsweise der Antragstellung und Antragsrückgabe durchaus vertraut.
Dass der Beschwerdeführer vom XXXX im Krankenstand war, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Arbeitsunfähigkeitsmeldung der ÖGK vom XXXX .
Dass der Beschwerdeführer sein Antragsformular am XXXX in die Postbox des AMS eingeworfen habe, ist nicht glaubhaft, zumal die Postbox täglich vom AMS entleert und ein solcher Antrag sonst umgehend in die Servicezone zur Bearbeitung gebracht wird. Überdies wäre bei tatsächlichem Einwurf in die Postbox das Antragsformular auch faktisch – wie der spätere Antrag vom XXXX – eingelangt. Ein Antrag des Beschwerdeführers war jedoch nicht vorhanden.
Eine Partei, die entgegen der allgemein zu erwartenden prozessualen Vorsicht eine fristgebundene Eingabe nicht „eingeschrieben“ zur Post gibt, sondern lediglich in den Postkasten wirft, nimmt das Risiko auf sich, den geforderten Gegenbeweis in Hinsicht auf die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht erbringen zu können (VwGH 27.01.1995, Ra 94/02/0400).
Selbst wenn der Beschwerdeführer den Antrag am XXXX eingebracht hätte, ist ergänzend auszuführen, dass dieser nicht fristgerecht eingebracht worden wäre: Als Frist zur Einbringung des Antrages vom XXXX war der XXXX festgesetzt und mag der Krankenstand einen triftigen Grund zur Versäumung der Antragseinbringung dargestellt haben, jedoch hätte der Beschwerdeführer spätestens nach Wegfall dieses Hinderungsgrundes – im gegenständlichen Fall am XXXX – den Antrag einbringen müssen, sodass dieser auf den XXXX rückwirken kann.
Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, das am XXXX kein Antrag des Beschwerdeführers beim AMS eingelangt ist.
Entgegen dem Vorbringen des Rechtvertreters des Beschwerdeführers, wonach ein Antrag eingebracht worden sei und dem Beschwerdeführer im Zuge dessen am XXXX ein Kontrollmeldetermin vorgeschrieben wurde, ist Folgendes auszuführen: Dem Beschwerdeführer wurde unter anderem am XXXX seitens eines Mitarbeiter der Beratungszone ein Kontrollmeldetermin für den XXXX vorgeschrieben, nicht, weil ein Antrag des Beschwerdeführers entgegengenommen bzw. bearbeitet wurde. Vielmehr wurde der Beschwerdeführer durch die Wiedermeldung neuerlich in die Vormerkung aufgenommen und – wie vom AMS in der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX bereits vorgebracht – vorgemerkte Kunden aus der Systematik stets einen nächsten Termin benötigen. Der Kontrollmeldetermin wurde daher völlig unabhängig von einer Antragsabgabe gebucht und dem Beschwerdeführer übermittelt. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass der Antrag des Beschwerdeführers bereits am XXXX in der Servicezone in Bearbeitung genommen worden wäre, wäre dies dem Mitarbeiter der Beratungszone am selben Tag noch nicht bekannt gewesen.
Des Weiteren ist auszuführen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe den Antrag vom XXXX in die Postbox eingeworfen, in sich widersprüchlich: In der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, er habe den Antrag vor dem Gespräch mit der AMS Mitarbeiterin bereits eingeworfen. Im Zuge seiner Vorsprache am XXXX führte der Beschwerdeführer aus, er habe den Antrag erst am XXXX eingeworfen. Die Angabe des Beschwerdeführers, er habe den Antrag vom XXXX in die Postbox eingeworfen ist nicht glaubhaft, insbesondere, weil sie – wie dargelegt – in klarem Widerspruch steht.
Unzweifelhaft ist, dass der Beschwerdeführer am XXXX persönlich bei der belangten Behörde erschienen ist.
Unstrittig ist weiters, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf Notstandshilfe vom XXXX durch das Einwerfen in die Postbox fristgerecht einbrachte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten:
„Beginn des Bezuges
§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit
1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder
2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.
(2) Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5.
(3) Die Arbeitslosmeldung hat zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das Arbeitsmarktservice möglich ist (e-mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer) zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.
(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.
Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld
§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten. (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791).
§ 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Dieser wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt. Es gilt das Antragsprinzip, das bedeutet, dass der Leistungsanspruch nicht schon mit Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen besteht, sondern erst mit der persönlichen Geltendmachung bei der regionalen Geschäftsstelle und dem entsprechenden Antragsverfahren (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz. 408). Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich geltenden Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zu verstehen. Hierbei handelt es sich um eine formelle Voraussetzung für die Gewährung des Bezuges von Arbeitslosengeld. Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH 28.06.2006, 2005/08/0201).
Mit der Einhaltung der Bestimmungen des § 46 Abs. 1 AlVG wird den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldbezug bzw. den Beginn dieses Bezuges entsprochen (vgl. VwGH 23.06.1998, 95/08/0132). Die Bestimmungen des § 46 AlVG legen klar dar, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist und für die Geltendmachung des Anspruches das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden ist. Weiters wird ausdrücklich in vorzitierter Gesetzesstelle festgehalten, dass der Anspruch erst dann als geltend gemacht gilt, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat.
Im Erkenntnis vom 10.04.2013, 2011/08/0017 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen enthält. Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG schließt eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. VwGH 23.05.2007, 2006/08/0330). Dieselben Überlegungen wie für die Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 46 Abs. 1 AlVG gelten auch für die neuerliche Geltendmachung bzw. die Wiedermeldung im Falle einer Unterbrechung oder des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 46 Abs. 5 AlVG (VwGH vom 30.06.2010, 2010/08/0134).
Der Beschwerdeführer hat – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – seinen Antrag auf Weitergewährung von Notstandshilfe am XXXX gestellt und geltend gemacht. Die Leistung wurde ihm ab XXXX zuerkannt.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe den Antrag vom XXXX rechtzeitig abgegeben, ist Folgendes entgegenzuhalten:
Eine Nachsichtserteilung (wie etwa § 10 Abs. 3 AlVG) sieht das AlVG für eine unterbliebene Antragstellung nicht vor. Vielmehr stellt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar: Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge lässt es diese abschließende Normierung – selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen – nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der aufgrund einer von einem Organ des AMS schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. VwGH 23.05.2012, 2010/08/0156; 09.09.2015, Ra 2015/08/0052 mwN).
Daran ändert auch § 17 Abs. 4 AlVG nichts:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 09.07.2015, Ra 2015/08/0037, ausgeführt, dass es § 17 Abs. 4 AlVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2010, zuvor § 17 Abs. 3 AlVG) der zuständigen Landesgeschäftsstelle unter den dort näher genannten Voraussetzungen zwar ermöglicht, die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruches amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsbefugnis besteht jedoch kein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH 14.01.2013, 2012/08/0284, mwN). Schon die Textierung der genannten Bestimmung lässt erkennen, dass sie eine Ermächtigungsnorm im Verhältnis der Landesgeschäftsstelle zur regionalen Geschäftsstelle darstellt und sich nicht unmittelbar an die arbeitslose Person richtet. Insofern ist § 17 Abs. 4 AlVG an systematisch falscher Stelle eingefügt worden, da mit § 17 Abs. 4 AlVG kein Anspruch der arbeitslosen Person gegenüber dem AMS geschaffen werden sollte. Eine Rechtsschutzlücke entsteht dadurch nicht, da es der arbeitslosen Person – wie schon vor der Einfügung des § 17 Abs. 4 AlVG – weiterhin möglich ist, durch das AMS schuldhaft verursachte Schäden im Amtshaftungsweg geltend zu machen (vgl. VwGH 12.09.2012, 2009/08/0290, mwN).
Unterbleibt eine Antragstellung bzw. eine Wiedermeldung eines Arbeitsuchenden durch einen Fehler der Behörde, soll verhindert werden, dass der Arbeitsuchende alleine daraus die Konsequenzen tragen muss (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz 412). Es ist unter Hinweis auf die dargestellte Rechtslage (§ 46 AlVG) jedoch auszuführen, dass keine gesetzliche Verpflichtung des AMS zur Erinnerung an die fristgerechte Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe besteht. Eine behauptete Verletzung der Anleitungspflicht durch die Behörde würde nichts daran ändern, dass der Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe an die Geltendmachung geknüpft ist (vgl. VwGH 26.11.2008, 2006/08/0179; 22.12.2009, 2009/08/0088).
Aufgrund der Kontaktaufnahme mit dem AMS vor dem XXXX , sohin vor Erreichen des Höchstmaßes des Bezuges, ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer bewusst war, dass er einen erneuten Antrag stellen muss, um den Weiterbezug zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall ist auch kein einen Amtshaftungsanspruch begründendes Fehlverhalten der belangten Behörde ersichtlich. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das AMS zu Recht von einem Anspruch ab XXXX ausgeht.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
Zu den gestellten Beweisanträgen:
Zur Beantragung der Einvernahme des Freundes des Beschwerdeführers als Zeugen ist Folgendes festzuhalten: Nähere Angaben des Zeugen waren im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht entscheidungserheblich. Diesem Antrag war daher keine Folge zu geben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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