FPG §88 Abs1
FPG §88 Abs2a
FPG §94 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W239.2244578.3.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2022, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.01.2023, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 08.01.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.06.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten [in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien] zuerkannt (Spruchpunkt II.) und es wurde ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.07.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
2. Am 23.11.2021 stellte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte im Sinne des § 94 Abs. 1 FPG, der als Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG gewertet wurde. Er legte eine Kopie seiner Karte für subsidiär Schutzberechtigte (Nr. XXXX ) bei. Der Antrag blieb ohne Begründung.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme des BFA vom 23.06.2022 wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen; es wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, dazu binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Mit Schriftsatz vom 06.07.2022 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab und führte dabei aus, ihm sei die Kontaktaufnahme mit der syrischen Botschaft keinesfalls zumutbar, zumal noch keine rechtskräftige negative Entscheidung im Asylverfahren vorliege.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11.07.2022 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG ab. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Besitz eines syrischen Personalausweises sowie eines syrischen Führerscheins. Unter Vorlage des Personalausweises sei die Ausstellung eines syrischen Reisepasses durch die syrische Botschaft in Wien möglich. Der Beschwerdeführer sei daher in der Lage, einen Reisepass seines Heimatstaates zu erlangen. Aufgrund der Entscheidung im Asylverfahren sei ihm eine Vorsprache bei der syrischen Botschaft auch zumutbar, das anhängige Beschwerdeverfahren ändere daran nichts, auch die Kosten im syrischen Passverfahren seien nicht verfahrensrelevant.
4. Mit ergänzender Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 14.07.2022 wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer befürchte in seiner Heimat Sanktionen aufgrund seiner unerlaubten Ausreise, der damit verbundenen Entziehung aus dem Wehrdienst sowie aufgrund eines offenbar über ihn beim syrischen Regime aufliegenden Berichtes. Der Beschwerdeführer könne die syrische Botschaft nicht aufsuchen, da er hierdurch die syrischen Behörden auf seinen unerlaubten Auslandsaufenthalt aufmerksam machen würde und dadurch entstehende Probleme für seine in Syrien verbliebenen Verwandten nicht auszuschließen seien. Das Beschwerdeverfahren im Asylverfahren sei aktuell noch anhängig und es sei mit einer Asylgewährung zu rechnen. Als Asylwerber sei dem Beschwerdeführer eine Vorsprache bei der syrischen Botschaft nicht zumutbar. In richtlinienkonformer Interpretation sei § 88 Abs. 2a FPG derart auszulegen, dass mit „Personen, die keinen Pass erhalten können“ auch Asylwerber gemeint seien, über deren Asylgesuch noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliege und die triftige Gründe für eine Unzumutbarkeit einer Kontaktierung der zuständigen Botschaft darlegen würden.
5. Gegen den Bescheid vom 11.07.2022 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 08.08.2022 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Begründend wurde ausgeführt, das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft, zumal die ergänzende Stellungnahme vom 14.07.2022 nicht mehr berücksichtigt worden sei. Verwiesen wurde wiederum auf die Unzumutbarkeit der Antragstellung aufgrund asylrelevanter Umstände sowie die in Syrien verbliebenen Verwandten. Das BFA habe es unterlassen, die möglichen Folgen der Flucht aus Syrien und die Auswirkungen auf die Familie des Beschwerdeführers sowie die Frage, ob die Daten der Botschaft nach Syrien gelangen würden, zu ermitteln. Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid würden im Widerspruch zu dem erstatteten Vorbringen stehen und seien daher aktenwidrig. Auch die Beweiswürdigung erweise sich als mangelhaft. Zudem liege inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, da für einen Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen müsse, sich ein Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, dem Beschwerdeführer dies jedoch nicht zumutbar sei.
6. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 12.08.2022.
7. Am 24.01.2023 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seiner Identität und Herkunft, seinen Fluchtgründen und seiner Antragstellung auf Ausstellung eines Fremdenpasses befragt. Das BFA blieb der Verhandlung entschuldigt fern.
Zur Ausstellung eines Fremdenpasses gab der Beschwerdeführer an, er benötige diesen, um seine Geschwister in Deutschland und Schweden zu besuchen. Seine Dokumente (syrischer Personalausweis und syrischer Führerschein) befänden sich aktuell bei den Behörden. Eine Kopie seines abgelaufenen syrischen Reisepasses könne aus Syrien geschickt werden, das Original könne nicht geschickt werden, da der Pass bereits abgelaufen sei und seine Frau krank sei. Befragt, was er befürchte, wenn er zur syrischen Botschaft in Wien gehen müsse, um einen Ausweis ausstellen zu lassen, gab der Beschwerdeführer an, dies sei ihm zu teuer und er werde gesucht. Er werde keinen syrischen Pass bekommen, weil er gesucht werde. Zudem brauche er keinen syrischen Pass, sondern einen Pass „von hier“.
8. Die gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom 18.06.2021 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W239 2244578-2/22E vom 22.08.2023).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer beantragte - erkennbar - die Ausstellung eines Fremdenpasses im Sinne des § 88 Abs. 2a FPG.
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien. Mit Bescheid des BFA vom 18.06.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
Die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Asylstatus (Spruchpunkt I.) wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W239 2244578-2/22E vom 22.08.2023). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine aktuelle, konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität, die ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines abgelaufenen syrischen Personalausweises, Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX 2005, sowie eines abgelaufenen syrischen Reisepasses XXXX , ausgestellt im Jahr 1988. Der Beschwerdeführer verfügt zudem über einen bis 23.01.2027 gültigen syrischen Führerschein, ausgestellt am XXXX 2019 vom Verkehrsamt Damaskus.
Durch Vorlage seines Personalausweises oder seines Reisepasses, sowie seiner Aufenthaltskarte für subsidiär Schutzberechtigte, zusammen mit zwei Passfotos und der persönlichen Antragstellung auf der syrischen Botschaft, kann der Beschwerdeführer ein syrisches Reisedokument erlangen. Auch eine Antragstellung über ein Online-Portal des syrischen Innenministeriums ist dem Beschwerdeführer möglich. Syrische Staatsangehörige haben das Recht, international zu reisen. Die Regierung verweigerte in der Vergangenheit Reisepässe und andere wichtige Dokumente, basierend auf den politischen Ansichten des Antragstellers, Verbindungen zu oppositionellen Gruppen oder Verbindungen zu geografischen Gebieten, in denen die Opposition dominiert. Es ist jedoch insbesondere auch für Syrer, die Syrien illegal verlassen haben, möglich, einen Reisepass in einer Auslandsvertretungsbehörde zu beantragen. Für Personen, die - von der illegalen Ausreise abgesehen - keine aus syrischer Sicht oppositionellen Handlungen gesetzt haben, beziehungsweise keine oppositionelle Betätigung in Syrien oder im Ausland getätigt haben, gestaltet es sich als unproblematisch, einen Reisepass ausstellen zu lassen.
Der Beschwerdeführer hat die Ausstellung eines gültigen syrischen Reisedokumentes bei der syrischen Botschaft in Österreich nicht beantragt. Ein substantiierter Grund dafür, dass dem Beschwerdeführer die Kontaktaufnahme mit der syrischen Botschaft unzumutbar ist, liegt nicht vor. Insbesondere haben weder der Beschwerdeführer noch seine Söhne den Wehr- oder Reservedienst in Syrien verweigert. Es kann nicht festgestellt werden, dass aufgrund einer Vorsprache des Beschwerdeführers bei der syrischen Botschaft in Wien Angehörige des Beschwerdeführers oder auch der Beschwerdeführer selbst in Syrien verfolgt würden.
Die Antragstellung bei der syrischen Botschaft ist dem Beschwerdeführer zumutbar.
Es ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Antragstellung bei der syrischen Botschaft ein Reisepass ausgestellt wird.
2. Beweiswürdigung:
Das vom Beschwerdeführer unterzeichnete und mit 22.11.2021 datierte Antragsformular zur Ausstellung eines Fremdenpasses liegt im Akt ein. Der Eingangsstempel des BFA stammt vom 23.11.2021.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten sowie der Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Asylstatus, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz, insbesondere der Einsicht in das in diesem Verfahren ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag (W239 2244578-2/22E vom 22.08.2023).
Kopien der syrischen Dokumente des Beschwerdeführers liegen im Akt ein (vgl. AS 63-65 und AS 69f). Aus der Bestätigung der Sicherstellung des BFA vom 12.04.2021 ergibt sich das Vorhandensein des Personalausweises des Beschwerdeführers im Original (AS 61). Der Reisepass des Beschwerdeführers wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.05.2023 im Original vorgelegt und in Kopie zum Akt genommen (OZ 21 zum Akt W239 2244578-2). Aus den Verwaltungsakten und den Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich zudem das Vorhandensein des syrischen Führerscheins des Beschwerdeführers. Eine Übersetzung des Führerscheines liegt im Akt zu W239 2244578-2 ein.
Die Feststellungen zu den Möglichkeiten der Ausstellung eines syrischen Reisedokuments basieren auf den nachgenannten Informationsquellen:
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Reisedokumente für syrische Staatsangehörige vom 12.12.2022 (Anfragebeantwortung 12.12.2022)
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Verweigerung der Passausstellung für Kurden vom 21.07.2020 (Anfragebeantwortung 21.07.2020)
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Passausstellung im Ausland über einen Stellvertreter, österreichischer Konventionspass als Reisedokument vom 12.04.2019 (Anfragebeantwortung 12.04.2019)
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Ausstellung von Reisepässen im Ausland vom 16.03.2018 (Anfragebeantwortung 16.03.2018
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Ausstellung eines syrischen Reisepasses an der syrischen Botschaft Wien vom 23.11.2017 (Anfragebeantwortung 23.11.2017)
Die Voraussetzungen der Antragstellung sind der Anfragebeantwortung 12.12.2022 entnommen (S. 2), aus welcher sich ebenso ergibt, dass eine Online-Antragstellung möglich ist (S. 10), und, dass die syrische Botschaft Wien Reisedokumente für alle syrischen Staatsbürger - ohne jegliche Einschränkungen - ausstellt (S. 3). Die Probleme der Ausstellung von Pässen in Hinblick auf die genannten (als oppositionell angesehenen) Personengruppen ergibt sich aus der Anfragebeantwortung 12.04.2019 (S. 5) sowie der Anfragebeantwortung 21.07.2020 (S. 3).
Weiters ist den Quellen zu entnehmen, dass es insbesondere auch für Syrer, die Syrien illegal verlassen haben möglich ist, einen Reisepass in einer Auslandsvertretungsbehörde zu beantragen. Für Personen, die - von der illegalen Ausreise abgesehen - keine aus syrischer Sicht oppositionellen Handlungen gesetzt haben bzw. keine oppositionelle Betätigung in Syrien oder im Ausland getätigt haben, gestaltet es sich als unproblematisch, einen Reisepass ausstellen zu lassen. Mit Schwierigkeiten konfrontiert sind etwa Deserteure, Wehrdienstverweigerer oder mit der Opposition verbundene Personen. Diesen verweigert die syrische Regierung Pässe und andere wichtige Dokumente, und zwar basierend auf den politischen Ansichten des Antragstellers, Verbindung zu oppositionellen Gruppen oder Verbindungen zu geografischen Gebieten, in denen die Opposition dominiert (Anfragebeantwortung 12.04.2019, S. 2 und S. 5f).
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die Ausstellung eines syrischen Reisepasses bei der syrischen Botschaft in Österreich nicht beantragt hat, resultiert aus der Begründung in der Beschwerde sowie den Stellungnahmen des Beschwerdeführers und der Tatsache, dass kein entsprechendes Vorbringen erstattet wurde. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ein Herantreten des Beschwerdeführers an die syrische Botschaft wurde hierbei ebenso wenig behauptet wie die Weigerung derselben, einen Reisepass auszustellen.
Die Unzumutbarkeit einer Ausstellung des Fremdenpasses vermochte der Beschwerdeführer insbesondere aufgrund folgender Erwägungen nicht darzulegen:
Der Beschwerdeführer brachte vor, dass es ihm nicht zumutbar sei, sich ein Reisedokument bei der syrischen Vertretungsbehörde zu beschaffen, weil er damit seine Verwandten in Syrien gefährden würde. Zudem brachte der Beschwerdeführer vor, dass er keinen Kontakt mit den syrischen Behörden wolle, weil er selbst eine Verfolgung durch die syrischen Behörden befürchte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragstellung des Beschwerdeführers auf noch in Syrien lebende Verwandte auswirkt, legte der Beschwerdeführer nicht dar und sind solche auch sonst für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich. Gegenständlich liegt kein Sachverhalt vor, der Repressalien gegen den Beschwerdeführer oder seine in Syrien aufhältigen Verwandten befürchten ließe. Insbesondere ergab sich schon im Zuge des Asylverfahrens nicht, dass der Beschwerdeführer sich politisch betätigte, sich dem Reservemilitärdienst entzog oder aber, dass Söhne des Beschwerdeführers den Militärdienst verweigert hätten. Darüberhinausgehendes Vorbringen zu politischer Betätigung oder Verknüpfungen zu einem von den Rebellen gehaltenen Gebiet wurde nicht erstattet.
Im parallel geführten inhaltlichen Asylverfahren wurde im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag festgestellt, dass dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung in Syrien droht. Vielmehr ergibt sich aus dem inhaltlichen Asylverfahren, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz angab, er habe im Falle einer Rückkehr nach Syrien nichts zu befürchten und habe Syrien aufgrund der schlechten Wirtschaftslage verlassen. Erst in weiterer Folge steigerte er wiederholt sein Fluchtvorbringen, mit welchem er jedoch nicht durchzudringen vermochte.
Auch im Zuge des laufenden Verfahrens haben sich keine Hinweise auf zu erwartende Verfolgungshandlungen, weder gegen den Beschwerdeführer noch gegen seine Verwandten in Syrien, ergeben. Der Beschwerdeführer gab zur Antragstellung auf Ausstellung eines Fremdenpasses an, die Erlangung eines syrischen Reisepasses sei ihm zu teuer und er werde gesucht. Die Angaben im inhaltlichen Asylverfahren zu einer Verfolgung des Beschwerdeführers durch das syrische Regime stützten sich auf vage Angaben und änderten sich im Laufe des Verfahrens mehrmals. Weder ein gegen den Beschwerdeführer geführter „Bericht“, zu welchem er vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, er wisse nicht, ob ein solcher existiere, noch das aufscheinen seines Namens auf einer Liste, zu welcher der Beschwerdeführer keine näheren Angaben machen konnte, haben sich im Asylverfahren als glaubhaft erwiesen. Es ist daher im Ergebnis davon auszugehen, dass weder dem Beschwerdeführer noch seinen Verwandten in Syrien aufgrund des Ansuchens um einen Reisepass bei der syrischen Botschaft in Wien Gefahr droht.
Schließlich geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach es ihm nicht zumutbar sei, während des noch nicht rechtskräftig beendeten Verfahrens auf Gewährung von internationalem Schutz in Kontakt mit Vertretern des Herkunftsstaates zu treten und sich von diesen befragen zu lassen, in Anbetracht der heute ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ins Leere (W239 2244578-2/22E vom 22.08.2023).
Im Ergebnis konnte der Beschwerdeführer keine substanziellen Gründe für die Unzumutbarkeit der Antragstellung bei der syrischen Botschaft darlegen, weshalb die Zumutbarkeit derselben festzustellen war.
Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer die Ausstellung eines syrischen Reisedokuments verweigert werden würde, brachte der Beschwerdeführer nicht vor und sind solche auch sonst nicht ersichtlich.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde
Die gegenständlich maßgebliche Bestimmung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lautet:
„Ausstellung von Fremdenpässen
§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.“
Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des BFA vom 18.06.2021 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die gegen Spruchpunkt I. erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W239 2244578-2/22E vom 22.08.2023).
Der Beschwerdeführer ist subsidiär schutzberechtigt und stellte am 23.11.2021 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses. Im Sinne des § 88 Abs. 2a FPG ist ihm somit ein Fremdenpass auszustellen, wenn er nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde, die Ausstellung verweigert. (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht [2014] § 88 FPG Anm. 2).
Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem Beschwerdeführer ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen. Erst wenn der Fremde keine Reisedokumente erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 88 FPG E7 und 8).
Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (VwGH vom 19.11.2003, Zl. 2003/21/0053).
Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer bei der syrischen Botschaft in Österreich die Ausstellung eines syrischen Reisedokuments nicht begehrt und so nicht einmal den Versuch unternommen, auf diesem Wege einen gültigen syrischen Reisepass zu erhalten. Dies obwohl der Beschwerdeführer über die erforderlichen Dokumente für die Ausstellung eines syrischen Reisepasses verfügt. Wie beweiswürdigend ausgeführt, geht aus dem inhaltlichen Asylverfahren hervor, dass der Beschwerdeführer über einen syrischen Reisepass sowie einen Personalausweis (und einen Führerschein) verfügt, welche geeignet sind, als Grundlage für die Ausstellung eines syrischen Reisepasses zu dienen. Der Beschwerdeführer kann daher in der syrischen Botschaft einen Reisepass beantragen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Vertretungsbehörde die Ausstellung desselben verweigert.
Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokument Syriens zu besorgen, ist die Unzumutbarkeit der Antragstellung bei der syrischen Botschaft gleichzustellen. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11.06.2019, E 67-68/2019-14, ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht Feststellungen darüber zu treffen hat, für welche Personen oder Personengruppen eine Antragstellung in der syrischen Botschaft unzumutbar ist und ob eine solche Unzumutbarkeit auch hinsichtlich des Beschwerdeführers anzunehmen ist.
Wie beweiswürdigend ausgeführt, wurden von dem Beschwerdeführer keine substantiierten Gründe dargelegt, die eine Unzumutbarkeit der Kontaktaufnahme mit der syrischen Botschaft begründen.
Schließlich wurde in der Beschwerde die Verletzung des Grundrechts des Beschwerdeführers auf Bewegungsfreiheit/Freizügigkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 4. ZPEMRK durch die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses vorgebracht.
Mit dieser Thematik befasste sich das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst in seiner aktuellen Stellungnahme vom 22.03.2023 (zur Verfassungskonformität des § 88 Abs. 1 FPG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu E 3489/2022) und führte darin insbesondere aus, die Verweigerung der Ausstellung eines Fremdenpasses an einen Drittstaatsangehörigen mit temporärer Aufenthaltsbewilligung im Konventionsstaat sei erstmals Gegenstand im Verfahren gewesen, das dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 14.06.2022, 38.121/20, L.B., zugrunde liege. Darin habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zwar eine Verletzung der Ausreisefreiheit des Beschwerdeführers erkannt, weil die nationalen Behörden die Ausstellung eines Fremdenpasses verweigert hätten, ohne angemessen zu berücksichtigen, ob dem Beschwerdeführer die Erlangung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates angesichts seiner besonderen Umstände möglich gewesen wäre (vgl. EGMR, L.B., Z 93ff.). Zugleich habe der Gerichtshof allerdings festgehalten, dass Art. 2 Abs. 2 4. ZPEMRK den Vertragsstaaten keine allgemeine Verpflichtung auferlege, Ausländern, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhielten, ein bestimmtes Dokument auszustellen, das ihnen Auslandsreisen ermögliche (vgl. Z 59).
Vor dem Hintergrund des konkreten Einzelfalles könne nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst aus dem genannten Urteil keine generelle Verpflichtung der Konventionsstaaten zur Ausstellung von Fremdenpässen abgeleitet werden. Es sei überdies nicht davon auszugehen, dass jede Unmöglichkeit der Erlangung von Reisedokumenten für Fremde in den Schutzbereich der Ausreisefreiheit gemäß Art. 2 Abs. 2 4. ZPEMRK falle.
Insbesondere könne nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst an das Bestehen einer positiven Verpflichtung zur Ausstellung von Reisedokumenten im Hinblick auf Fremde nicht derselbe Maßstab angelegt werden wie an die Ausstellung von Reisedokumenten für Staatsbürger oder an das Verbot, die Ausreisefreiheit als solche - etwa durch ein Ausreiseverbot - zu beschränken. Vielmehr sei im Hinblick auf die Ausstellung von Reisedokumenten an Fremde von einem weiten Ermessensspielraum der Konventionsstaaten auszugehen. (...)“ (vgl. VfGH vom 16.06.2023, E 3489/2022, Rz 4).
Daran anknüpfend verletzt die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht per se das Grundrecht gemäß Art. 2 4. ZPEMRK. Vielmehr ergibt sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie jener des Verwaltungsgerichtshofes, dass es einer Beurteilung des Einzelfalles bedarf, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist.
Im konkreten Fall sind die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2a FPG, wonach der Antragsteller nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates Syrien zu beschaffen, nicht erfüllt. Das BFA hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses daher zu Recht abgewiesen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde in der rechtlichen Beurteilung wiedergegeben. Ob ein Fluchtvorbringen als glaubhaft einzustufen ist, ist zudem auf Ebene der Beweiswürdigung zu beurteilen.
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