BVergGKonz 2018 §87 Abs2
BVergGKonz 2018 §94 Abs1
BVergGKonz 2018 §95
BVergGKonz 2018 §95 Abs1
BVergGKonz 2018 §95 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W134.2270201.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Konzessionsvergabeverfahren „Konzession Tabakfachgeschäft Landwehrstraße 6/25b (huma eleven), 1110 Wien, Verfahrensnummer 2023.11.11100061“, der Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages des XXXX , vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9, 1010 Wien, vom 14.04.2023 „die einstweilige Verfügung zu treffen, der Antragsgegnerin bis zur Entscheidung über den oben unter I. ausgeführten Nachprüfungsantrag bei sonstiger Nichtigkeit die Angebotsöffnung (und Zuschlagserteilung), und den Widerruf des Vergabeverfahrens zu untersagen“ folgenden Beschluss:
A)
Dem Antrag wird insofern stattgegeben, als der Auftraggeberin im gegenständlichen Konzessionsvergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Angebotsöffnung untersagt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Vorbringen der Parteien:
Mit Schreiben vom 14.04.2023, beim BVwG eingelangt am selben Tag, begehrte der Antragsteller die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens, die Nichtigerklärung der Ausschreibung, in eventu die Nichtgerklärung einzelner Festlegungen, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin und die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung.
Begründend wurde vom Antragsteller Folgendes ausgeführt:
Die Auftraggeberin habe ein Konzessionsvergabeverfahren zur Besetzung eines Tabakfachgeschäftes am Standort 1110 Wien, Landwehrstraße 6/25b (huma eleven), ausgeschrieben. Angefochten sei die rechtswidrige Ausschreibung.
Zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gab der Antragsteller zusammengefasst Folgendes an (die diesbezüglichen Überschriften des Nachprüfungsantrages werden zur besseren Übersicht übernommen) :
1. „Zur rechtswidrigen Verpflichtung zum Abschluss eines Kaufvertrags mit dem Vorgänger und zur rechtswidrigen Bedingung des Betriebs an einem bestimmten Standort“:
An mehreren Stellen würden die Ausschreibungsunterlagen die Bedingung und Festlegung enthalten, dass der Zuschlagsempfänger das Tabakfachgeschäft ausschließlich am Standort 1110 Wien, Landwehrstraße 6/25b, zu betreiben habe. Für den Antragsteller sei die durch diese Festlegungen begründete Verpflichtung, zur Übernahme des Geschäftslokals/des Unternehmens einer bestehenden Trafik zum Betrieb der Trafik am selben Standort und zum Abschluss von Verträgen mit Dritten (“Vorgänger“, Vermieter etc) eine unzulässige Einschränkung der Privatautonomie der Bieter. Diese Verpflichtungen würden in keinem unmittelbaren Zusammenhang zum Auftragsgegenstand – einem Konzessionsvertrag für die Versorgung eines bestimmten Versorgungsgebiets – stehen und seien sachlich nicht begründet und auch nicht nachvollziehbar. Das BVergGKonz 2018 und das TabMG würden keine rechtliche Grundlage für die Einschränkung der Bieter auf die Ausübung der Konzession in einem bestimmten Geschäftslokal oder durch ein bestimmtes, vom Bieter zu übernehmendes Unternehmen, bieten. Die Einschränkung, dass die verfahrensgegenständliche Dienstleistungskonzession ausschließlich an einem bestimmten Standort und nach Übernahme einer bestimmten Trafik ausgeübt werden könne, stehe in einem Widerspruch zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des freien und lauteren Wettbewerbs und werde daher als vergaberechtswidrig aufzuheben sein.
2. „Zum rechtswidrigen Eignungskriterium „persönliche Fähigkeiten"“:
Die Antragsgegnerin sehe als Nachweis von entsprechenden „persönlichen Fähigkeiten“ einen Eignungstest vor. Mit dem Eignungstest würden Deutsch- und Rechenkenntnisse, Konzentration und Beobachtung sowie Kundenorientierung geprüft werden. Der Abschluss einer Handelsschule des Antragstellers ersetze die Lehrabschlussprüfung zahlreicher Lehrberufe im Handel und sei somit viel mehr als der Nachweis der Eignung für eine erst zu absolvierende Ausbildung. Das Zeugnis über die Absolvierung der Handelsschule sei der Nachweis über eine bereits erfolgreich absolvierte Ausbildung und damit auch der Nachweis dafür, dass die Voraussetzungen, die durch die Eignungsprüfung abgefragt werden sollen, (weiterhin) vorliegen würden. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, dem Eignungstest gleichwertige Nachweise zuzulassen.
3. „Zum rechtswidrigen Eignungskriterium “Trafikakademie"“:
Im Konzessionsvertrag sei geregelt, dass ein Bieter noch vor dem Betriebsbeginn das Basismodul der Trafikakademie abschließen müsse. Nicht nur das Verlangen einer Ausbildung in der Trafikakademie, sondern auch die Auferlegung der Kosten für den Besuch der Trafikakademie und praktischen Ausbildung sei vergaberechtswidrig. Durch die Einführung dieses nachträglichen Eignungskriteriums bzw. einer erforderlichen “Zusatzausbildung" nach Zuschlagserteilung habe es die Antragsgegnerin in der Hand, die bereits zugeschlagene Dienstleistungskonzession nachträglich aus unsachlichen bzw. intransparenten Gründen zu entziehen bzw. das “automatische Ende" des Konzessionsvertrags herbeizuführen. Die nachträgliche “Ausbildung", die von der Antragsgegnerin als Voraussetzung (aufschiebende Bedingung) für das “Inkrafttreten" des Konzessionsvertrags definiert sei, biete eine unzulässige Möglichkeit, Zuschlagsempfänger aus intransparenten und nicht nachvollziehbaren Gründen an der Erfüllung des Leistungsvertrags zu hindern und eine “automatische Beendigung" des Leistungsvertrags herbeizuführen.
4. „Zur rechtswidrigen Festlegung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der “Kosten"“:
Laut den Ausschreibungsbedingungen sei ein Bieter verpflichtet, die Erklärung einer Bank bzw. eines Kreditinstituts vorzulegen, in der bestätigt werde, dass der Bieter über einen Betrag entsprechend dem Kaufpreis samt Nebenkosten verfüge („Bankbestätigung"). Laut Angebotsblatt, habe der Zuschlagsempfänger näher spezifizierte, hohe Kosten zu tragen. Ein Bieter müsse laut Angebotsblatt eine Bankbestätigung über EUR 1.360.000,00 vorlegen. Die Anforderungen an die finanzielle/wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seien unverhältnismäßig bzw. würden den Zielsetzungen des TabMG widerstreben, Behinderten eine Lebensstellung zu verschaffen. Der Antragsgegnerin obliege die Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung mit Monopolwaren (Tabak). Dieser Versorgungsauftrag setze nicht voraus, dass eine Trafik für ein Versorgungsgebiet/einen Rayon an einem bestimmten Standort betrieben werde. Vielmehr sei Voraussetzung für die Erfüllung des Versorgungsauftrags lediglich, dass ein Konzessionär dazu verpflichtet werde, ein Versorgungsgebiet/einen Rayon zu versorgen und in diesem Versorgungsgebiet eine Trafik einzurichten. Die Vorgabe des Standorts sei überschießend und unverhältnismäßig. Die Festlegung eines „Kaufpreises“ für den bestimmten Standort sei damit bereits dem Grunde nach rechtswidrig und verfehlt. Der von der Antragsgegnerin festgesetzte und nicht sachgemäß ermittelte “Kaufpreis" umfasse zu Unrecht sowohl den Wert des Monopolbereichs (Tabakwaren) als auch des Nicht-Monopolbereichs, obwohl die Antragsgegnerin ausschließlich zur Verwaltung des Tabakmonopols gesetzlich berufen sei. Der von der Antragsgegnerin festgesetzte Kaufpreis, sei auch bezüglich des Monopolbereichs der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Die der Berechnung des Kaufpreises zugrunde liegenden Gutachten, die der Antragsteller auf Nachfrage nach den Standortunterlagen erhalten habe, seien nicht schlüssig bzw. veraltet. Das Grundsatzgutachten, auf welches das Bewertungsgutachten der gegenständlichen Trafik von XXXX aufbaue, sei nicht nur aufgrund der inzwischen von der Rechtsprechung postulierten Anwendbarkeit des BVergGKonz 2018, sondern auch aufgrund der Abweichungen in der gegenständlichen Ausschreibung von der dem Grundsatzgutachten zugrunde liegenden Prämisse einer Übertragung vom Rechtsvorgänger auf den Zuschlagsempfänger nicht anwendbar. Das Grundsatzgutachten sei in sich widersprüchlich. Die Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen würden in gewissen Punkten von den Prämissen des Grundsatzgutachtens abweichen und so zu dessen Unanwendbarkeit führen. Der Kaufpreise sei zu hoch berechnet worden. Bedenklich und ebenfalls vergaberechtswidrige sei, dass die Antragsgegnerin den Bie-tern die Kosten für den Besuch der Trafikakademie und die Erstellung des Bewertungsgutachtens auferlege. Dabei handle es sich um Kosten, die die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Erstellung der Ausschreibung zu gewärtigen habe. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass diese Kosten nachträglich auf die Bieter bzw. den Zuschlagsempfänger überwälzt werden würden.
5. „Zum rechtswidrigen Zuschlagskriterium “Bieterhearing"“:
In den Ausschreibungsbedingungen Tabakfachgeschäft würden der Ablauf und die Vorgehensweise bei der Bewertung des Hearings zwar kursorisch beschrieben werden, jedoch bleibe die Zusammensetzung und die Bestellung der Jury unklar. Die Zusammensetzung der „Fachjury“ sei völlig intransparent. Das Zuschlagskriterium „die Präsentation der “Wirtschaftliche Grundlage" durch den Bieter“ sei unzulässig, da die Umsätze (und die Art ihrer Erzielung) bereits im den Standortunterlagen beiliegenden Sachverständigengutachten prognostiziert werden würde. Weiters werde als Kriterium für die Bewertung die Präsentation “Modernes Einkaufserlebnis" angeführt. Auch dieses Kriterium sei nicht nachvollziehbar. Die Bekanntgabe des Bewertungsergebnisses würde nicht mitgeteilt werden. Dies wäre jedoch für die Nachvollziehbarkeit der Bewertung unabdingbar. Der Auftraggeber müsse konkret darlegen, welchen Inhalt die Zuschlagskriterien haben und wie diese bei der Bestbieterermittlung bewertet werden würden. Dies werde durch das Zuschlagskriterium “Bieterhearing" eindeutig nicht erfüllt.
6. „Zum rechtswidrigen Zuschlagskriterium “einschlägige Berufserfahrung"“:
Die in den Ausschreibungsbedingungen definierten Zuschlagskriterien würden die soziale Bedürftigkeit, die einschlägige Berufserfahrung und die Laufzeit als Kriterien ansehen, wobei die einschlägige Berufserfahrung mit 50 % gewichtet sei und somit das entscheidende Kriterium für den Zuschlag bilde. Ein Bieter, der zum Ende der Angebotsfrist seit mindestens 5 Jahren Inhaber eines Tabakfachgeschäftes gemäß TabMG sei, erhalte von vornherein 50 Punkte. Die Bevorzugung von Personen, die bereits seit fünf Jahren einen Konzessionsvertrag innehaben, sei keinesfalls ein auftrags-, sondern offenkundig ein unternehmensbezogenes Kriterium. Durch die herausragende und unverhältnismäßige Gewichtung der einschlägigen Berufserfahrung würden Bieter, die zum Zeitpunkt der Angebotslegung keine fünfjährige Berufserfahrung aufweisen würden, gegenüber Inhabern eines Konzessionsvertrags unzulässig benachteiligt werden. Dies widerspreche auch den Grundsätzen der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbs. Dieses Zuschlagskriterium sei damit eindeutig diskriminierend und vergaberechtswidrig.
7. „Zum rechtswidrigen Zuschlagskriterium Laufzeit“:
Die Antragsgegnerin überlasse es den Bietern, in ihren Angeboten die Laufzeit festzusetzen und definiere die Laufzeit als Zuschlagskriterium. Damit sei der Gegenstand der Dienstleistungskonzession nicht ausreichend bestimmt. In irreführender Weise sei in der unionsweiten Kundmachung im Amtsblatt eine Laufzeit von 564 Monaten (47 Jahren) angegeben. Dadurch vermittle die Antragsgegnerin in der unionsweiten Kundmachung, dass die Laufzeit in der Ausschreibung ausreichend konkretisiert worden wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Auch aufgrund der den Bietern eingeräumten Flexibilität beim Angebot einer konkreten Laufzeit (mindestens fünf Jahre, maximal bis zum Penionsantrittsalter) sei der Wert der Konzession nicht ausreichend bestimmt und sei die Angabe/Bewertung eines eindeutigen Kaufpreises für die Übernahme der Trafik nicht stichhaltig, weil der Wert von der Dauer der jeweiligen individuellen Dauer der Laufzeit des Konzessionsvertrags abhänge. Die Festlegung der Laufzeit als Zuschlagskriterium sei somit rechtswidrig und führe zu einer unzulässigen Diskriminierung junger Bieter.
8. „Zum Verstoß gegen das Verbot der Vergabe einer unbefristeten Konzession“:
Laut Angebotsblatt gelte eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren. Die Höchstlaufzeit sei mit dem persönlichen gesetzlichen Pensionsantrittsalter eines Bieters festgelegt. Die Laufzeit bilde unzulässigerweise ein Zuschlagskriterium. Eine objektive, für alle Bieter gleich gültige und nachvollziehbare Beschränkung der Laufzeit sei weder den Ausschreibungsbedingungen noch dem Konzessionsvertrag zu entnehmen. Diese Festlegung des Auftraggebers werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Zudem dürfe die Laufzeit des Konzessionsvertrags grundsätzlich fünf Jahre nicht überschreiten. Die Antragsgegnerin habe es unterlassen, die Laufzeit des Konzessionsvertrags gesetzeskonform und für alle Bieter gleich zu bestimmen. Dadurch habe sie die Bestimmungen über die Bestimmtheit/Bestimmung der Laufzeit von Konzessionsverträgen verstoßen. Unzulässig seien weiters die unter dem Punkt “Laufzeit" im Konzessionsvertrag vorgesehenen Endigungsgründe, die es der Auftraggeberin ermöglichen würden, erfolgreiche Bieter nachträglich zu diskriminieren. So ende der Konzessionsvertrag, wenn der Bieter die Trafikakademie nicht erfolgreich absolviere oder die Prüfung beim Zweitantritt nicht bestehe. Der Konzessionsvertrag ende auch, wenn der Bieter die Trafik vom Vorgänger nicht rechtzeitig übernehme. Zentrale und für das Betriebsergebnis wesentliche Parameter könnten laut Konzessionsvertrag einseitig von der Antragsgegnerin abgeändert werden. Diese “Flexibilität" der Antragsgegnerin verstoße grob gegen das BVergGKonz 2018. Sie führe zu einer Unkalkulierbarkeit des Angebots. Darüber hinaus stehe sie in einem Widerspruch zum Gebot der Bestimmtheit des ausgeschriebenen Vertrags, weil sie der Antragsgegnerin eine jederzeitige Beendigung des Konzessionsvertrags gestatte und einem Zuschlagsempfänger keine Rechtssicherheit beim Betrieb der Trafik einräume.
9. „Zu weiteren Rechtswidrigkeiten im Konzessionsvertrag mit Auswirkungen auf den Wettbewerb“:
Im Konzessionsvertrag sei vorgesehen, dass der Betrieb der Trafik im Fall der Zuschlagserteilung nicht als unzulässige Nebenbeschäftigung gelten solle. Die Antragsgegnerin verstoße damit gegen das TabMG, das grundsätzlich die persönliche Führung von Trafiken vorschreibe. Zudem könnten durch die Einräumung des Rechts zur Führung mehrerer Trafiken erhebliche Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Dies insbesondere auch aufgrund der Bevorzugung von Trafikanten mit mehr als fünfjähriger Berufserfahrung im Rahmen der Zuschlagskriterien. Die Folgen einer Vertragsbeendigung seien im Konzessionsvertrag ebenfalls unzulässig geregelt. Die Bewertungsgrundsätze, die im Fall der Übertragung der Trafik zwingend zur Anwendung gelangen sollen, seien unrichtig bzw. würden auf nicht zutreffenden Grundlagen beruhen. Auch die Abwertung der Trafik im Fall einer erfolglosen Aus-schreibung um 20 Prozent sei wirtschaftlich nicht nachvollziehbar und benachteilige den Zuschlagsempfänger grob. Diese wirtschaftlichen Parameter seien auch für die Bewertung des Unternehmens relevant und würden damit auch den durch die Ausschreibung bezweckten Wettbewerb im Vergabeverfahren betreffen.
10. „Zur rechtswidrigen nachträglichen Abänderungsmöglichkeit des Konzessionsvertrags“:
Die Antragsgegnerin behalte sich in Punkt 10, Änderungen des Vertrages, im Konzessi-onsvertrag weitgehende Rechte zur nachträglichen Abänderung, insbesondere zur Ein-schränkung der Rechte des Zuschlagsempfängers, vor. Ein Widerspruch des Zuschlagsempfängers komme einer Kündigung gleich bzw. würden die Änderungen als akzeptiert gelten, wenn der Zuschlagsempfänger nicht innerhalb eines Monats kündige. Dabei handle es sich um weitgehende, vergaberechtswidrige und sittenwidrige nachträgliche Änderungsmöglichkeiten. Eine nachträgliche Änderung des Konzessionsgegenstandes stehe in einem Widerspruch zu § 108 BVergGKonz 2018, wenn sich dadurch die rechnerischen Grundlagen für das Angebot ändere und damit eine Ungleichbehandlung der Bieter im Vergabeverfahren herbeigeführt werde. Der Konzessionsvertrag sei Teil der Ausschreibungsunterlagen. Die vergaberechtswid-rigen Bestimmungen seien nichtig und würden die Ausschreibung mit Nichtigkeit belasten.
Der Antragsteller habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihm ein Schaden und seine Rechte würden verletzt werden.
Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 19.04.2023 gab diese allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren bekannt. Das besondere Interesse der Antragsgegnerin an der Fortführung des Verfahrens bestehe darin, dass ein dringender Beschaffungsbedarf bestehe, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der Auftraggeberin benötigt werde und weil der Alttrafikant aus familiären bzw. gesundheitlichen Gründen ehestmöglich den Standort übergeben möchte. Aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin werde im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)
Die Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH (MVG) hat die Dienstleistungskonzession „Tabakfachgeschäft Landwehrstraße 6/25b (huma eleven), 1110 Wien, Verfahrensnummer 2023.11.11100061“, im Oberschwellenbereich im Wege eines einstufigen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung ohne Verhandlungen gem. BVergGKonz 2018 mit vorheriger EU weiter Bekanntmachung ausgeschrieben. Die Ausschreibungsunterlagen des Vergabeverfahrens wurden am 22.03.2023 in Österreich und am 24.03.2023 in der EU bekanntgemacht. Die Angebotsfrist endete ursprünglich am 24.04.2023, wobei die Auftraggeberin aufgrund des laufenden Nachprüfungsverfahrens den Lauf der Angebotsfrist bis zum 05.05.2023 verlängerte. (Schreiben der Auftraggeberin vom 19.04.2023)
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der in Klammer genannten Quelle, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.
2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:
Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation des Antragstellers zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 94 Abs. 1 BVergGKonz 2018 zu prüfen, ob dem Antragsteller die Antragsvoraussetzungen nach § 86 Abs. 1 BVergGKonz 2018 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung – nämlich der Ausschreibung – behauptet wurde, dass der Antragsteller ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass dem Antragsteller durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 86 Abs. 1 BVergGKonz 2018 ist somit nicht gegeben.
Gemäß § 87 Abs. 2 BVergGKonz 2018 können Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist oder der Teilnahmeantragsfrist eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt. Wenn die Ausschreibungsunterlagen nicht auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt, übermittelt bzw. bereitgestellt werden, tritt die Verlängerung der Nachprüfungsfrist erst ein, wenn die Angebotsfrist oder die Teilnahmeantragsfrist mehr als 22 Tage beträgt. Die Kundmachung der Ausschreibung erfolgte am 22.03.2023. Die Angebotsfrist endet ursprünglich am 24.04.2023 Die Angebotsfrist betrug somit mehr als 17 Tage. Der Nachprüfungsantrag ist am 14.04.2023 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig, spätestens 7 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt – soweit im Provisorialverfahren ersichtlich – auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
Gemäß § 94 Abs. 1 BVergGKonz 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 86 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 95 Abs. 1 BVergGKonz 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Konzessionsvergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 95 Abs. 3 BVergGKonz 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Konzessionsvergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Der Antragsteller hat ua den Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung gestellt.
Da die Ausschreibung bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass für den Antragsteller Kosten einer frustrierten Angebotserstellung entstehen könnten, droht dem Antragsteller durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise ein Schaden im Sinne des § 94 Abs. 1 BVergGKonz 2018., der nur durch die Aussetzung der Angebotsfrist abgewendet werden kann (vgl. VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065). Die beantragte Untersagung der Zuschlagserteilung und des Widerrufs erscheint weder nötig noch geeignet, um die durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausschreibung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Teilnehmer und des Auftraggebers, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Konzessionsvergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Konzessionsvergabeverfahrens einzukalkulieren.
Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 95 Abs 4 BVergGKonz 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
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