BVwG W156 2259425-1

BVwGW156 2259425-130.1.2023

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W156.2259425.1.00

 

Spruch:

 

W156 2259425-1/13E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 05.08.2022, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.11.2022 und 21.12.2022 zu Recht:

 

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am nächsten Tag wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen.

2. Am 08.04.2022 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte mehrere Dokumente vor.

3. Mit Bescheid vom 05.08.2022, Zl. XXXX , zugestellt am 11.08.2022, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 17.11.2021 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten (gemeint wohl in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien) zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben, in welcher der Bescheid hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG wegen Rechtswidrigkeit infolge mangelhaftem Ermittlungsverfahren sowie mangelhafter Beweiswürdigung angefochten wurde.

5. In der Folge legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 07.09.2022 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachte Beschwerde am 21.12.2022 eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers der Sprache Arabisch durchgeführt.

Beigeschafft wurden folgende Berichte zur Situation in Syrien:

- COI-CMS Country of Origin Information – Content Managament System, Version 7 vom 10.08.2022

- EASO Leitfaden Syrien vom November 2021

- UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung vom März 2021

- ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien – Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion vom 08.09.2022,

- Anfragebeantwortung zu Syrien– syrische Wehrdienstgesetze vom 16.09.2022,

- Anfragebeantwortung zu Syrien – Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion vom 16.09.2022,

- Anfragebeantwortung zu Syrien – Rückkehrer nach Syrien vom 14.10.2022,

- Anfragebeantwortung zu Syrien – Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung vom 14.10.2022)

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und wurde am XXXX in XXXX bei XXXX , Gouvernement XXXX geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Kurden und sunnitischer Moslem. Er spricht Kurdisch und Arabisch.

Der Beschwerdeführer hat sieben Jahre die Schule besucht und hat in der Landwirtschaft sowie als PKW-Fahrer, Bauarbeiter und Tagelöhner gearbeitet. Der Beschwerdeführer leistete von 01.04.2004 bis 01.06.2006 seinen Militärdienst bei der syrischen Armee ab.

Er ist seit 03.01.2007 mit XXXX verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder, XXXX und XXXX . Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Ausreise mit seiner Familie in XXXX , Gouvernement XXXX . Seine Ehefrau und Kinder leben weiterhin dort, ebenso seine Eltern, zwei Schwestern und drei Brüder. Zwei Brüder des Beschwerdeführers, XXXX und XXXX , leben in Deutschland. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt mit seiner Familie.

In den Jahren vor seiner Ausreise arbeitete der Beschwerdeführer zwischen XXXX und XXXX . Im Sommer 2021 verließ er Syrien über die Türkei.

Das Gouvernement XXXX und der Heimatsort des Beschwerdeführers, XXXX bei XXXX , befinden sich unter der Kontrolle der kurdisch geführten SDF (Syrische Demokratische Kräfte), die syrische Regierung verfügt dort aber über als „Sicherheitsquadrate“ bezeichnete Gebiete, wo sich verschiedene staatliche Behörden, darunter auch solche mit Zuständigkeit für die Rekrutierung befinden.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Mit Bescheid des BFA vom 05.08.2022 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung gilt die Wehrpflicht für Männer zwischen dem Alter 18 und 24 und somit nicht mehr für den Beschwerdeführer. Ihm droht daher keine zwangsweise Einziehung zum Militärdienst der YPG oder Bestrafung im Falle der Weigerung.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr in seine Heimatstadt XXXX bei XXXX keiner physischen und/oder psychischen Gewalt durch die YPG bzw. die kurdische Selbstverwaltung ausgesetzt. Es droht ihm keine Verfolgung in Zusammenhang mit dem Zwang, Transporte für das kurdische Militär durchzuführen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer ist XXXX Jahre alt und hat von 01.04.2004 bis 01.06.2006 seinen Militärdienst für die syrische Armee bereits abgeleistet und ist daher Reservist. Er wurde am Maschinengewehr und einfachen Waffen ausgebildet. Der Beschwerdeführer war nie an Kriegshandlungen beteiligt. Er verließ die Armee als einfacher Rekrut.

In den Jahren 2012 und 2016 erfolgte ein allgemeiner Einberufungsaufruf der syrischen Armee über die Medien. Diesem leistete der Beschwerdeführer keine Folge. Da er sich nicht in Gebieten unter der Kontrolle der syrischen Armee aufhielt, blieb dies ohne Konsequenzen.

Der Beschwerdeführer kann als Reservist solcher zwar grundsätzlich bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden, da er jedoch bereits deutlich über 27 Jahre alt ist, keine besondere Qualifikation erwarb oder einen höheren militärischen Rang innehatte, droht dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Heimatort XXXX bei XXXX keine Einberufung als Reservist bzw. eine Haftstrafe aufgrund der Weigerung.

1.3. Länderfeststellungen:

Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:

- Länderinformation der Staatendokumentation Syrien vom 10.08.2022, Version 7 (LIB)

1.3.1. Nordost-Syrien

Letzte Änderung: 09.08.2022

Mit Stand Ende Dezember 2021 befanden sich die Gouvernorate al-Hassakah und ar-Raqqa sowie Teile von Deir Ez-Zour nördlich des Flusses Euphrat und Teile des Gouvernements Aleppo um Manbij und Kobanê sowie das Gebiet um Tal Rifa’at unter der Kontrolle der kurdisch geführten SDF [Anm.: Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte der selbsternannten Selbstverwaltungsregion, auch Autonomous Administration of North and East Syria - AANES].

Der Rückzug der USA aus den Gebieten östlich des Euphrat im Oktober 2019 ermöglichte es der Türkei, sich in das Gebiet auszudehnen und ihre Grenze tiefer in Syrien zu verlegen, um eine Pufferzone gegen die Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zu schaffen [Anm.: s. Abschnitt zu den türkischen Militäroperationen] (CMEC 2.10.2020). Aufgrund der türkischen Vorstöße sahen sich die SDF dazu gezwungen, mehrere tausend syrische Regierungstruppen aufzufordern, in dem Gebiet Stellung zu beziehen, um die Türkei abzuschrecken, und den

Kampf auf eine zwischenstaatliche Ebene zu verlagern (ICG 18.11.2021). Regimekräfte sind seither in allen größeren Städten in Nordostsyrien präsent (AA 4.12.2020). Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent. Russland weitete seine Präsenz aus (ÖB 1.10.2021). Die kurdischen, sogenannten „Selbstverteidigungseinheiten“ (Yekîneyên Parastina Gel - YPG) stellen einen wesentlichen Teil der Kämpfer und v. a. der Führungsebene der SDF, welche in Kooperation mit der internationalen Anti-IS-Koalition militärisch gegen die Terrororganisation sog. Islamischer Staat (IS) in Syrien vorgehen. Die Türkei unterstellt sowohl den Streitkräften der YPG als auch der Democratic Union Party (PYD) Nähe zur von der EU als Terrororganisation gelisteten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und bezeichnet diese daher ebenfalls als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 4.12.2020

Das militärische Eingreifen der Türkei entlang der syrisch-türkischen Grenze im Herbst 2019 hat sich destabilisierend auf die in den vorangegangenen Jahren vergleichsweise stabilere Lage in Nordostsyrien ausgewirkt (AA 4.12.2020). Die Türkei stützte sich bei der Militärinvasion auch auf Rebellengruppen, die in der Syrian National Army (SNA) zusammengefasst sind; seitens dieser Gruppen kam es zu gewaltsamen Übergriffen, insb. auf die kurdische Zivilbevölkerung sowie Christen und Jesiden (Ermordungen, Plünderungen und Vertreibungen). Aufgrund des Einmarsches wuchs die Zahl der intern vertriebenen Menschen im Nordosten auf über eine halbe Million an (ÖB 1.10.2021). Nach wie vor kommt es trotz der am 22.10.2019 in Sotschi zwischen Russland und der Türkei vereinbarten Waffenruhe immer wieder zu lokalen Auseinandersetzungen und Kampfhandlungen am Rande der türkisch kontrollierten Zone zwischen pro-türkischen Milizen und Einheiten der SDF, insbesondere an den Rändern der türkisch kontrollierten Zone im Raum um Tal Tamar rund 30 km südlich von Ra’s al-’Ayn sowie südlich von Tal Abyad (AA 4.12.2020; vgl. USDOD 4.11.2021). Von Tal Abyad und Ra’s Al-’Ayn aus hält der Beschuss kurdischer Stellungen laut Fabrice Balanche an, ebenso die Angriffe im äußersten Nordosten der von den SDF gehaltenen Gebiete, nahe der Grenze zum Irak. Die Türkei will das Vertrauen in die Autonomieverwaltung in Nordost-Syrien zerstören. Die Offensive fordert bislang zwar nur wenige Todesopfer. Aber es geht der Türkei darum, Angst zu schüren, Menschen zur Flucht zu drängen und Investitionen zu blockieren. Vor vier Jahren war Kobane demnach noch eine dynamische Stadt, in welcher der Wiederaufbau lief. Die Menschen kamen aus Irakisch-Kurdistan zurück, weil es Arbeitsplätze gab. Jetzt ist Kobane laut Balanche eine sterbende Stadt.

Wegen des türkischen Beschusses haben die Menschen Angst und fliehen. Die Türkei profitiert auch von der Destabilisierung durch IS-Angriffe (Zenith 11.2.2022).

Die von Präsident Erdogan ankündigte Militäroffensive der Türkei in Nordsyrien gegen das Selbstverwaltungsgebiet (auch Rojava) ist laut Einschätzung des IFK (Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement) „weiterhin möglich“: „Im Gegensatz zu früheren Operationen (z.B. Afrin 2018) dürfte dieses Mal aber die Existenz „Rojavas“ auf dem Spiel stehen“ (IFK 8.2022).

ACLED verzeichnete von 1.4.2022 bis 30.Juni 355 Konfliktereignisse zwischen verschiedenen bewaffneten kurdischen Gruppen und türkischen Streitkräften bzw. von der Türkei unterstützten Organisationen - eine Steigerung von 52 % im Vergleich zum 1. Quartal 2022. Sicherheitsrelevante Vorfälle umfassten Granatbeschuss, Luftbombardements und Gefechte - 104 im April, 170 im Mai und 81 im Juni. 297 - 84 % - dieser Ereignisse machten Granatbeschuss oder Luftbombardements durch türkische Streitkräfte oder durch mit ihnen verbündete Gruppen aus.

SDF, YPG und YPJ [Anm.: Frauenverteidigungseinheiten] sind nicht nur mit türkischen Streitkräften und verschiedenen islamistischen Extremistengruppen in der Region zusammengestoßen, sondern gelegentlich auch mit kurdischen bewaffneten Gruppen, den Streitkräften des Assad- Regimes, Rebellen der Freien Syrischen Armee und anderen Gruppierungen (AN 17.10.2021).

Spannungen zwischen Arabern und Kurden, mit der Türkei sowie Angriffe des IS stellen im Nordosten weiterhin ein großes Sicherheitsrisiko dar (AA 4.12.2020; siehe dazu auch weiter unten). Die kurdisch kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens umfassen auch den größten Teil des Gebiets, das zuvor unter der Kontrolle des Islamischen Staats (IS) in Syrien stand (ICG 11.10.2019; vgl. EASO 7.2021). Raqqa war de facto die Hauptstadt des IS gewesen (ICG 18.11.2021), und die Region gilt als „Hauptschauplatz für den Aufstand des IS“ (ICG 11.10.2019; vgl. EASO 7.2021). Die Entwicklungen im Nordosten haben bis dato noch nicht zu dem befürchteten, großflächigen Wiedererstarken des IS geführt (ÖB 1.10.2021), jedoch setzten der IS und seine Schläferzellen 2021 ihre Angriffe in den von den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) kontrollierten Gebieten fort und verübten mehrere Anschläge und Attentatsversuche (SOHR 26.12.2021).

Die SDF leiteten mit Unterstützung der internationalen Koalition gegen den IS regelmäßige Sicherheitskampagnen ein, die sich gegen IS-Zellen und Personen richteten, die beschuldigt wurden, „mit diesen Zellen zu verkehren“ (SOHR 26.12.2021; vgl. USDOD 4.11.2021). Im Nordosten aber auch in anderen Teilen des Landes verlegt sich der IS verstärkt auf Methoden der asymmetrischen Kriegsführung. Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021; vgl. ICG 18.11.2021, COAR 28.5.2021) und Einrichtungen der Selbstverwaltung (COAR 28.5.2021). Es wurde auch von Angriffen auf Mitarbeiter der Ölfelder in Deir ez-Zour berichtet (AM 29.12.2021). SOHR dokumentierte im Jahr 2021 [Anm.: bis zum 26.12.2021] neben 135 getöteten Angehörigen der SDF, Asayish [Anm.: die internen Sicherheitskräfte der Selbstverwaltung], der YPG, YPJ und anderer von den SDF unterstützten militärischen Formationen auch 93 zivile Todesopfer bei IS-Anschlägen (SOHR 26.12.2021).

Dem IS gelang es unterdessen, das arabische Viertel von al-Hassakah zu infiltrieren, und die dortige Bevölkerung meldete dies nicht der Polizei (Zenith 11.2.2022).

Am 20.1.2022 griffen Kämpfer des IS das Sina’a-Gefängnis in al-Hassakah an (ANI 26.1.2022). Im Sina’a-Gefängnis befanden sich geschätzte 3.500 inhaftierte IS-Kämpfer wie auch rund 700 Minderjährige, darunter 150 ausländische Staatsbürger, die von ihren Eltern in das selbsternannte Kalifat gebracht worden waren. Vertreter der SDF gaben an, dass IS-Kämpfer, die sich in einem Teil des Gefängnisses verschanzt hatten, Minderjährige als menschliche Schutzschilde verwendet hätten (NYT 25.1.2022). Bei den meisten Gefangenen handelte es sich um prominente IS-Anführer, die in den vergangenen Jahren administrative und militärische Positionen in den vom IS kontrollierten Gebieten in Syrien innegehabt hatten (AM 26.1.2022). Unter den insgesamt rund 5.000 Insassen des überfüllten Gefängnisses befanden sich nach Angaben von Angehörigen jedoch auch Personen, die aufgrund von fadenscheinigen Gründen festgenommen worden waren, nachdem sie sich der Zwangsrekrutierung durch die SDF widersetzt hatten, was die SDF jedoch bestritten (AJ 26.1.2022).

Der Angriff löste tödliche Zusammenstöße zwischen den SDF und den IS-Kämpfern aus. Vielen Häftlingen gelang die Flucht, während sich andere im Gefängnis verbarrikadierten und Geiseln nahmen (ANI 26.1.2022). Die Kämpfe zwischen der von den USA unterstützten kurdisch geführten Miliz und IS-Kämpfern weiteten sich auf Stadtteile rund um das Gefängnis im Nordosten Syriens aus. US-Truppen begannen am 24.1.2022, aus der Luft und auch am Boden einzugreifen.

US-Angaben zufolge war der Kampf die größte Konfrontation zwischen den US-amerikanischen Streitkräften und dem IS, seit die Gruppe 2019 das (vorübergehend) letzte Stück des von ihr kontrollierten Gebiets in Syrien verloren hatte (NYT 25.1.2022). Nach Angaben der Vereinten Nationen mussten schätzungsweise 45.000 Einwohner von al-Hassakah aufgrund der Kämpfe aus ihren Häusern fliehen, und die SDF riegelte große Teile der Stadt ab (MEE 25.1.2022; vgl. NYT 25.1.2022). Während der Kampfhandlungen erfolgten auch andernorts in Nordost-Syrien Angriffe des IS. In den zehn Tagen andauernden Gefechten starben laut SDF über 500 Menschen, Dreiviertel davon IS-Kämpfer (TWP 24.2.2022). Die geflohenen BewohnerInnen durften danach zurückkehren, wobei es jedoch auch im Zuge der Kampfhandlungen und der Suche nach verschanzten IS-Kämpfern zu Zerstörungen von Privathäusern und Geschäften gekommen war (MPF 8.2.2022). Mit Stand 4.2.2022 war noch nicht bekannt, wieviele Insassen des Sina’a-Gefängnis - einschließlich der Minderjährigen - sich noch in Händen der SDF befanden (HRW 4.2.2022). Rund 550 mutmaßliche IS-Kämpfer waren von den SDF mit Stand 25.1.2022 wieder gefangen genommen worden (MEE 25.1.2022).

Während vorhergehende IS-Angriffe von kurdischen Quellen als unkoordiniert eingestuft wurden, erfolgte die Aktion in al-Hassakah durch drei bestens koordinierte IS-Zellen. Die Tendenz geht demnach Richtung seltenerer, aber größerer und komplexerer Angriffe, während dezentralisierte Zellen häufige, kleinere Attacken durchführen. Der IS nützt dabei besonders die große Not der in Lagern lebenden Binnenvertriebenen im Nordosten Syriens aus, z.B. durch die Bezahlung kleiner Beträge für Unterstützungsdienste. Der IS ermordete auch einige Personen, welche mit der Lokalverwaltung (bezüglich IS) zusammenarbeiteten (TWP 24.2.2022). Der IS verübte zuletzt mehrere koordinierte und ausgeklügelte Anschläge in Syrien und im Irak, was von einem

Vertreter einer US-basierten Forschungsorganisation als Indiz dafür gesehen wird, dass die vermeintlich verstreuten Schläferzellen des IS wieder zu einer ernsthaften Bedrohung werden (NYT 25.1.2022).

Die kurdischen Sicherheitskräfte kontrollieren weiterhin knapp 30 Lager mit 11.000 internierten IS-Kämpfern (davon 500 aus Europa) sowie die Lager mit Familienangehörigen; der Großteil davon in al-Hol mit knapp 60.000 Insassen (85 % syrische und irakische Staatsangehörige sowie 9.000 aus anderen Ländern inkl. Österreich) (ÖB 1.10.2021). Das Ziel des IS ist es, diese zu befreien, aber auch seinen Anhängern zu zeigen, dass man dazu in der Lage ist, diese Personen herauszuholen. Die Kurden möchten gemäß Fabrice Balanche nicht länger ohne Unterstützung und unter Lebensgefahr für den Westen deren Terroristen in Schach halten (Zenith 11.2.2022). Human Rights Watchdokumentierte nach eigenen Angaben die Bedingungen in den Unterkünften für ausländische Insassen in al-Hol und Roj, die einer grausamen, erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung gleichkamen, und kritisierte die unbefristete und willkürliche Inhaftierung (HRW 23.3.2021). Hinzukommen steigende Spannungen innerhalb der Lager. Allein in al-Hol gab es im Jahr 2021 mehr als 90 Morde und 40 Mordversuche (OHCHR 9.3.2022).

Türkische Angriffe und eine Finanzkrise destabilisieren den Nordosten Syriens. Die Grenze zu Irakisch-Kurdistan und damit eine wichtige Handelsroute für Nordost-Syrien wurde geschlossen (Zenith 11.2.2022). Nach den Präsidentschaftswahlen im Mai 2021 kam es in verschiedenen Teilen des Gebiets zu Protesten, unter anderem wurde gegen den niedrigen Lebensstandard und die Wehrpflicht der SDF (al-Sharq 27.8.2021) sowie steigende Treibstoffpreise protestiert (AM 30.5.2021). In arabisch besiedelten Gebieten im Gouvernement Hassakah und Manbij (Gouvernement Aleppo) starben Menschen, nachdem Asayish in die Proteste eingriffen (al-Sharq 27.8.2021; vgl. AM 30.5.2021). Angesichts der IS-Befreiungsaktion in al-Hassakah übten die USA Druck auf die Autonomieregion Kurdistan im Irak aus, die Grenze wieder zu öffnen (Zenith 11.2.2022).

1.3.1.2. Türkische Militäroperation in Nordsyrien

„Operation Schutzschild Euphrat“ (türk. „Fırat Kalkanı Harekâtı“)

Seit August 2016 ist die Türkei im Rahmen der Operation „Euphrates Shield“ in Syrien aktiv. Die Operation zielte auf zum damaligen Zeitpunkt vom sogenannten Islamischen Staat (IS) gehaltene Gebiete, sollte jedoch auch dazu dienen, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) davon abzuhalten, ein autonomes Gebiet entlang der syrisch-türkischen Grenze zu errichten.

Die Türkei sieht die kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) und die YPG als Bedrohung der türkischen Sicherheit (CRS 2.1.2019).

„Operation Olivenzweig“ (türk. „Zeytin Dalı Harekâtı“)

Im März 2018 nahmen Einheiten der türkischen Armee und der mit ihnen verbündeten Freien Syrischen Armee (FSA) im Rahmen der Operation „Olive Branch“ die zuvor kurdisch kontrollierte Stadt Afrin ein (Bellingcat 1.3.2019). Bis März 2018 hatte die türkische Offensive Berichten zufolge den Tod Dutzender Zivilisten und laut den Vereinten Nationen (UN) die Vertreibung Zehntausender zur Folge. Von der Türkei unterstützte bewaffnete Gruppierungen, die mit der FSA in Zusammenhang stehen, beschlagnahmten, zerstörten und plünderten das Eigentum kurdischer Zivilisten in Afrin (HRW 17.1.2019). Seit der Offensive regiert in Afrin ein Mosaik von türkisch-unterstützten zivilen Institutionen und unterschiedlichsten Rebelleneinheiten, die anfällig für innere Machtkämpfe sind (Bellingcat 1.3.2019). Laut UN ist die Menschenrechtssituation in Orten wie Afrin, Ra’s al-ʿAin und Tall Abyad schlecht - Gewalt und Kriminalität seien weit verbreitet (UN News 18.9.2020).

„Operation Friedensquelle“ (türk. „Barış Pınarı Harekâtı“)

Nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober 2019 ankündigte, die US-amerikanischen Truppen aus der syrisch-türkischen Grenzregion abzuziehen, startete die Türkei am 9.10.2019 eine Luft- und Bodenoffensive im Nordosten Syriens. Im Zuge dessen riefen die kurdischen Behörden eine Generalmobilisierung aus. Einerseits wollte die Türkei mit Hilfe der Offensive die YPG und die von der YPG geführten Syrian Democratic Forces (SDF) aus der Grenzregion zur Türkei vertreiben, andererseits war das Ziel der Offensive einen Gebietsstreifen entlang der Grenze auf syrischer Seite zu kontrollieren, in dem rund zwei der ungefähr 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge, die in der Türkei leben, angesiedelt werden sollen (CNN 11.10.2019). Der UN zufolge wurden ebenfalls innerhalb einer Woche bis zu 160.000 Menschen durch die Offensive vertrieben und es kam zu vielen zivilen Todesopfern (UN News 14.10.2019).

Es gab Befürchtungen, dass es aufgrund der Offensive zu einem Wiedererstarken des sogenannten Islamischen Staates (IS) komme (TWP 15.10.2019). Medienberichten zufolge seien in dem Gefangenenlager ʿAyn Issa 785 ausländische IS-Sympathisanten auf das Wachpersonal losgegangen und geflohen (DS 13.10.2019). Nach dem Beginn der Operation kam es außerdem zu einem Angriff durch IS-Schläferzellen auf die Stadt Raqqa. Die geplante Eroberung des Hauptquartiers der syrisch-kurdischen Sicherheitskräfte gelang den Islamisten jedoch nicht (DZ 10.10.2019). Auch im Zuge der türkischen Militäroperation „Friedensquelle“ im Nordosten von Syrien Anfang Oktober 2019 kam es zu Plünderungen und gewaltsamen Enteignungen von Häusern und Betrieben von Kurden, Jesiden und Christen durch Türkei-nahe Milizen (ÖB 1.10.2021).

Die syrische Armee von Präsident Bashar al-Assad ist nach einer Einigung mit den SDF am 14.10.2019 in mehrere Grenzstädte eingerückt, um sich der „türkischen Aggression“ entgegenzustellen, wie Staatsmedien berichten (DS 15.10.2019). Laut der Vereinbarung übernehmen die Einheiten der syrischen Regierung in einigen Grenzstädten die Sicherheitsfunktionen, die Administration soll aber weiterhin in kurdischer Hand sein (TWP 15.10.2019). Das Regime ist jedenfalls in allen größeren Städten im Nordosten präsent (AA 4.12.2020).

Nach Vereinbarungen zwischen der Türkei, den USA und Russland richtete die Türkei eine „Sicherheitszone“ in dem Gebiet zwischen Tall Abyad und Ra’s al-ʿAyn ein (SWP 1.1.2020; vgl. AA 19.5.2020), die 120 Kilometer lang und bis zu 14 Kilometer breit ist (AA 19.5.2020).„Operation Frühlingsschild“ (türk. „Bahar Kalkanı Harekâtı“)

Ab Ende Februar 2020 rückten die Regierungstruppen auch im Osten Idlibs vor, und die Frontlinien verschoben sich rasch. Die Vereinten Nationen bezeichneten die Luftangriffe der Regierung und der regierungsnahen Kräfte im Nordwesten im Februar 2020 als „eines der höchsten Ausmaße seit Beginn des Konflikts […] Zu den täglichen Zusammenstößen mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen gehörten gegenseitiger Artilleriebeschuss und Zusammenstöße am Boden mit einer hohen Zahl von Opfern“ (UNSC 23.4.2020). Die Offensive führte zu direkten Kämpfen zwischen Kräften der syrischen Regierung und türkischen Streitkräften, und bei einem Luftangriff der Regierungskräfte und Russlands auf einen türkischen Konvoi im Februar 2020 wurden in Idlib 33 türkische Soldaten getötet. Dies veranlasste die Türkei, die Operation „Spring Shield“ einzuleiten, um die Offensive der syrischen Regierung im Gouvernement Idlib zu stoppen (CC 17.2.2021).

Es kommt in den türkisch-besetzten Gebieten zu internen Kämpfen zwischen von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen. Obwohl die Türkei versucht hat, die Ordnung innerhalb der von ihr unterstützten oppositionellen Syrian National Army (SNA) aufrechtzuerhalten, kommt es immer wieder zu Gewaltausbrüchen. Zusammenstöße zwischen den Fraktionen der SNA finden oft aufgrund von Konkurrenz um Ressourcen und Einfluss statt (TCC 18.2.2021). In den von der Türkei beherrschten Gebieten, vor allem im nördlichen Teil der Provinz Aleppo, kommt es vermehrt zu Anschlägen seitens der kurdischen Selbstverteidigungskräfte (YPG). Die sehr komplexe Gemengelage an (bewaffneten) Akteuren, u.a. YPG und Türkei-nahe Rebellengruppen, die sich auch untereinander bekämpfen, führt zu einer sehr konfliktgeladenen Situation in der Provinz Aleppo und vor allem in deren nördlichem Teil (ÖB 1.10.2021).

Die von Präsident Erdogan ankündigte Militäroffensive der Türkei 2022

Eine Offensive der Türkei in Nordsyrien gegen das Selbstverwaltungsgebiet (auch Rojava) ist laut Einschätzung des IFK (Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement) „weiterhin möglich“: „Im Gegensatz zu früheren Operationen (z.B. Afrin 2018) dürfte dieses Mal aber die Existenz „Rojavas“ auf dem Spiel stehen“ (IFK 8.2022). 1.3.2. Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen

1.3.2.1. Die syrischen Streitkräfte

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend (ÖB 29.9.2020). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 29.11.2021).

Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Beobachtet wurde, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen weniger stark in Anspruch nimmt. Die im März 2020 und Mai 2021 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetzbuch, darunter Fahnenflucht; die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB 1.10.2021).

Auch Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen. Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 29.11.2021).

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines freiwilligen Militärdienstes. Frauen können ebenfalls freiwillig Militärdienst leisten (CIA 17.8.2021; vgl. FIS 14.12.2018).

Die syrische Regierung arbeitet daran, Milizen zu demobilisieren oder sie in ihre regulären Streitkräfte zu integrieren, während sie gleichzeitig militärische Operationen durchführt (CIA 17.8.2021).

Die Umsetzung

Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben.

Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt.

Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).

Rekrutierungskampagnen werden aus allen Gebieten unter Regimekontrolle gemeldet, besonders auch aus wiedereroberten Gebieten (EUAA 11.2021). Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 5.2020).

Ein „Herausfiltern“ von Militärdienstpflichtigen im Rahmen von Straßenkontrollen oder an einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet (FIS 14.12.2018). In Homs führt die Militärpolizei beispielsweise stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 3.6.2020).

Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 5.2020). Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z.B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vgl. EB 3.6.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht. Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).

Reservedienst

Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden (TIMEP 22.8.2019; vgl. STDOK 8.2017). Es liegen einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Die Behörden ziehen vornehmlich Männer bis zu einem Alter von 27 Jahren ein, während Ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können.

Dennoch wurden die Altersgrenzen fallweise angehoben und auch Männer bis zu einem Alter von 55 oder sogar 62 Jahren, abhängig vom Rang, eingezogen, bzw. konnten Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen (ÖB 29.9.2020; vgl. FIS 14.12.2018, vgl. NMFA 5.2020). Die Altersgrenze hängt laut Experten eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung ab als von allgemeinen Einberufungsregelungen.

Generell hat sich das Maß der Willkür in Syrien im Zuge des Konfliktes erhöht (FIS 14.12.2018). Manche Quellen berichten, dass ihnen keine Fälle von Rekrutierungen über-42-Jähriger nach 2016 bzw. 2018 bekannt seien. Gemäß anderen Quellen soll es jedoch zu Einberufungen von über-42-jährigen Rückkehrern aus dem Libanon und Jordanien als Reservisten gekommen sein, wobei es sich nicht um Zwangsrekrutierungen handelte (DIS 5.2020).

Rekrutierungsbedarf und partielle Demobilisierung

Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 29.11.2021). Die syrische Regierung hat das syrische Militärdienstgesetz während des Konflikts mehrfach geändert, um die Zahl der Rekruten zu erhöhen (DIS 10.2019). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 4.12.2020).

Vor 2011 lag die Dauer der Wehrpflicht zwischen eineinhalb und zweieinhalb Jahren. Seit 2011 leisten die meisten Reservisten und Militärangehörigen ihren Dienst auf unbestimmte Zeit (NMFA 6.2021), nachdem die syrische Regierung die Abrüstung von Rekruten einstellte (DIS 5.2020; vgl. ÖB 7.2019). Nachdem die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren (DIS 5.2020, vgl. NMFA 6.2021). Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, ass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte, und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International CrisisGroup schwer zu ermitteln (ICG 13.2.2020). Im November 2020 erließ die Armeeführung der syrischen Regierung zwei Verwaltungserlässe, mit denen der Militärdienst für bestimmte Kategorien von Offizieren und Ärzten, die bis Januar 2021 zwei, bzw. siebeneinhalb Jahre als Reservisten gedient haben, faktisch beendet wird (COAR24.11.2020). Ende März 2020 beendeten zwei Erlässe mit 7. April 2020 den Militärdienst für bestimmte Kategorien von ehemals Wehrpflichtigen, welche nach dem Wehrdienst nicht abgerüstet worden waren, sowie von einberufenen Reservisten. Zwei weitere Erlässe - Berichten zufolge im November 2020 – beendeten den Einsatz und die Einberufung bestimmter Profile von Reservisten (EUAA11.2021).

Zahlreiche Männer leisten ihren Wehrdienst jedoch weiterhin über den verpflichtenden Zeitraum hinaus ab (DIS 5.2020, vgl. NMFA 6.2021). Gleichzeitig werden Berichten aus dem Jahr 202 1 zufolge weiterhin neue Rekruten und Reservisten eingezogen, und Rekrutierungskampagnen werden aus allen Gebieten unter Regimekontrolle gemeldet, besonders auch aus wiedereroberten Gebieten. Alle Eingezogenen können laut European Union Agency for Asylum (EUAA) potenziell an die Front abkommandiert werden. Ihr Einsatz hängt vom Bedarf der Armee für Truppen sowie von den individuellen Qualifikationen der Eingezogenen sowie ihrem Hintergrund oder ihrer Kampferfahrung ab. Eingezogene Männer aus „versöhnten“ Gebieten werden disproportional oft kurz nach ihrer Einberufung mit minimaler Kampfausbildung als Bestrafung für ihre Disloyalität gegenüber dem Regime an die Front geschickt. Reservisten werden in (vergleichsweise) kleinerer Zahl an die Front geschickt (EUAA 11.2021). [Anm.: In welcher Relation die Zahl der Reservisten zu den Wehrpflichtigen steht, geht aus dem Bericht nicht hervor.]

Befreiung, Aufschub, Befreiungsgebühren, Strafen bei Erreichung des 43. Lebensjahrs ohne Ableistung des Wehrdiensts

Das syrische Wehrdienstgesetz sieht vor, dass bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel der einzige Sohn einer Familie, aus medizinischen Gründen Untaugliche (DIS 5.2020; vgl. FIS 14.12.2018), manche Regierungsangestellte (FIS 14.12.2018) und Personen, welche eine Befreiungsgebühr bezahlen, vom Wehrdienst ausgenommen sind. Manche Studenten und Personen mit bestimmten Abschlüssen, wie auch Personen mit vorübergehenden Erkrankungen können den Wehrdienst aufschieben, wobei die Rückstellungen jedes Jahr erneuert werden müssen (DIS 5.2020). Diese Ausnahmen sind theoretisch immer noch als solche definiert, in der Praxis gibt es jedoch mittlerweile mehr Beschränkungen und es ist unklar, wie die entsprechenden Gesetze derzeit umgesetzt werden (FIS 14.12.2018). Es scheint, dass es schwieriger wird, einen Aufschub zu erlangen, je länger der Konflikt andauert (STDOK 8.2017; vgl. FIS 14.12.2018).

Das Risiko der Willkür ist immer gegeben (STDOK 8.2017; vgl. DRC/DIS 8.2017). Die Asylagentur der Europäischen Union (European Union Agency for Asylum, EUAA) kommt in ihrem Bericht vom April 2021 zu dem Schluss, dass aufgrund der unklaren Maßstäbe, die von den medizinischen Ausschüssen für die Bewertungen verwendet werden, die tatsächliche Handhabung der Tauglichkeitskriterien schwer eruierbar ist (EUAA 4.2021).

Seit einer Änderung des Wehrpflichtgesetzes im Juli 2019 ist die Aufschiebung des Militärdienstes jedenfalls nur bis zum Alter von 37 Jahren möglich und kann durch Befehl des Oberbefehlshabers beendet werden (ÖB 29.9.2020). Es gibt Beispiele, wo Männer sich durch die Bezahlung von Bestechungsgeldern vom Wehrdienst freigekauft haben, was jedoch keineswegs als einheitliche Praxis betrachtet werden kann. So war es vor dem Konflikt gängige Praxis, sich vom Wehrdienst freizukaufen, was einen aber nicht davor schützt – manchmal sogar Jahre danach – trotzdem eingezogen zu werden (STDOK 8.2017). Auch berichtet eine Quelle, dass Grenzbeamte von Rückkehrern trotz entrichteter Befreiungsgebühr Bestechungsgelder verlangen könnten (DIS 5.2020).

1.3.2.3. Amnestien im Allgemeinen und im Zusammenhang mit folgendem Militärdienst

- Rechtssicherheit

In Syrien vorherrschend und von langer Tradition, besteht in der Praxis eine Diskrepanz zwischen dem geschriebenen Recht und der Implementierung der Gesetze. Die in den letzten Jahren noch zugenommene und weitverbreitete Korruption hat diese Diskrepanz noch zusätzlich verstärkt. Die Rechtsstaatlichkeit ist schwach ausgeprägt, wenn nicht mittlerweile gänzlich durch eine Situation der Straffreiheit untergraben, in der Angehörige von Sicherheitsdiensten ohne strafrechtliche Konsequenzen und ohne jegliche zivile Kontrolle operieren können (ÖB 1.10.2021).

Seit 2011 hat der syrische Präsident für Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen, Wehrdienstverweigerer und Deserteure eine Reihe von Amnestien erlassen, die Straffreiheit vorsahen, wenn sie sich innerhalb einer bestimmten Frist zum Militärdienst melden (STDOK 8.2017; vgl. TIMEP 6.12.2018, SHRC 24.1.2019, AA 4.12.2020, DIS 5.2020). Über die Umsetzung und den Umfang der Amnestien für Wehrdienstverweigerer und Deserteure ist nur sehr wenig bekannt (DIS 5.2020). Menschenrechtsorganisationen und Beobachter haben die Amnestien wiederholt als intransparent und unzureichend kritisiert (STDOK 8.2017; vgl. EB 3.4.2020), sowie als bisher wirkungslos (AA 4.12.2020; vgl. DIS 5.2020) und als ein Propagandainstrument der Regierung (DIS 5.2020; vgl. EB 3.4.2020). Das Regime verlautbarte seit 2011 [Anm.: bis 2021] 18 Amnestien, aber die Dekrete resultierten im Allgemeinen nur in der Entlassung einer begrenzten Anzahl von gewöhnlichen Kriminellen. Diese Amnestien schlossen Gefangene, die nicht eines Verbrechens angeklagt wurden, aus. Im Juli 2021 berichtete SNHR von der Freilassung von 81 Gefangenen in den letzten zwei Monaten als Folge der Mai-Amnestie, während im selben Zeitraum die willkürliche Festnahme von 176 anderen Personen erfolgte. Eine begrenzte Anzahl von Gefangenen kam im Zuge lokaler Beilegungsabkommen mit dem Regime frei. Während des Jahres 2021 verletzten Regimekräfte vorherige Amnestieabkommen durch Razzien und Verhaftungskampagnen gegen Zivilisten und frühere Mitglieder der bewaffneten Oppositionsgruppen in Gebieten mit unterzeichneten Beilegungsabkommen mit dem Regime (USDOS 12.4.2022).

Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Namen von Personen, die sich im Rahmen einer Amnestie gemeldet haben, fast sofort auf Listen gesetzt werden, um zum Militärdienst einberufen zu werden (DIS 5.2020; vgl. NMFA 6.2021). Einer Quelle zufolge respektiere die syrische Regierung Amnestien nun eher als früher (DIS 5.2020). Das Narrativ der Amnestie oder der milden Behandlung ist höchst zweifelhaft: Es spielt nicht nur eine Rolle, ob zum Beispiel Familienmitglieder für die FSA (Freie Syrische Armee) oder unter den Rebellen gekämpft haben, sondern das Regime hegt auch ein tiefes Misstrauen bezüglich des Herkunftsgebiets. Es spielt eine große Rolle, woher man kommt, ob man aus Gebieten mit vielen Demonstrationen oder Rebellenaktivitäten geflohen ist, zum Beispiel Ost-Ghouta, Damaskus oder Homs (Üngör 15.12.2021). Auch wenn Assad allen gesagt hat, dass es eine Amnestie geben wird, kann er nicht kontrollieren, was vor Ort passiert und Vergeltung ist ein weitverbreitetes Phänomen (Balanche 13.12.2021).

Am 2.5.2021 erließ Präsident Assad mit Gesetzesdekret Nr. 13/2021 erneut eine Generalamnestie, die für Verbrechen, die vor diesem Datum begangen wurden, gilt (SANA 2.5.2021a). Dabei handelt es sich bereits um die 18. Amnestie seit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Frühjahr 2011 (SD 10.5.2021). Sie wurde kurz vor den syrischen Präsidentschaftswahlen Ende Mai 2021 erlassen (SD 10.5.2021; vgl. Reuters 11.5.2021). Das Dekret betrifft unterschiedliche Straftaten, darunter Straftaten in Zusammenhang mit der Anti-Terrorismus-Gesetzgebung von 2012, aber nicht jene „terroristischen“ Straftaten, die Tote zur Folge hatten (MEE 2.5.2021; vgl. SANA 2.5.2021b). „Terrorismus“ ist ein Begriff, mit dem die Regierung die Aktivitäten von Rebellen und oppositionellen Aktivisten beschreibt (MEE 2.5.2021). Straftäter im Bereich Drogenhandel und Schmuggel sowie Steuerhinterziehung können ebenfalls von der Amnestie profitieren. Auch Deserteure können die Amnestie nutzen, wenn sie sich innerhalb von drei Monaten bei Aufenthalt in Syrien und innerhalb von sechs Monaten bei Aufenthalt im Ausland stellen (MEE 2.5.2021; vgl. SANA 2.5.2021b). Durch das Dekret werden Strafen gänzlich oder teilweise erlassen, oder auch Haftstrafen durch eine Strafzahlung ersetzt (SD 10.5.2021). [Anm: Wehrdienstverweigerung und Überlaufen zum Feind werden von dem Dekret nicht erfasst. Die Verpflichtung zum Wehrdienst wird durch das Dekret nicht aufgehoben.]

Nach Einschätzung von Human Rights Watch nutzt das Regime Schlupflöcher in den Amnestiedekreten aus, um Rückkehrer unmittelbar nach Einreise wieder auf Einberufungslisten zu setzen (AA 29.11.2021).Am 10.10.2020 erließ die sog. „Selbstverwaltung“ in Nordost-Syrien eine „Generalamnestie“ für Strafgefangene. Bereits am 15.10.2020 sollen 631 Häftlinge auf Grundlage des Dekrets entlassen worden sein, darunter auch mutmaßliche IS-Sympathisanten. Strafen für bestimmte Vergehen sollen zudem halbiert werden (AA 4.12.2020). 1.3.2.4. Nordost-Syrien

Wehrpflichtsgesetz der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“

Mit Stand Juni 2022 ist das Dekret Nr. 3 vom 4.9.2021 weiterhin in Kraft, welches Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) zum „Wehrdienst“ in der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ verpflichtet. Das Alter ist nun in allen betreffenden Gebieten dasselbe, während es zuvor je nach Gebiet variierte. Vor dem Dekret Nr. 3 war auch das Alterslimit höher - bis 40 Jahre. So kam es in der Vergangenheit zu Verwirrung, wer wehrpflichtig war (DIS 6.2022).

Die Aufrufe für die „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen durch die Medien, wo verkündet wird, welche Altersgruppe von Männern eingezogen wird. Es gibt keine individuellen Verständigungen an die Wehrpflichtigen an ihrem Wohnsitz. Die Wehrpflichtigen erhalten dann beim Büro für Selbstverteidigungspflicht ein Buch, in welchem ihr Status bezüglich Ableistung des „Wehrdiensts“ dokumentiert wird - z.B.die erfolgte Ableistung oder Ausnahme von der Ableistung. Es ist das einzige Dokument, das im Zusammenhang mit der Selbstverteidigungspflicht ausgestellt wird (DIS 6.2022).

Nach Protesten gab es auch ein temporäres Aussetzen der Wehrpflicht wie z.B.in Manbijim Juni 2021. Ob jemand aus Afrin, das sich nun nicht mehr unter Kontrolle der „Selbstverwaltung“ befindet, wehrpflichtig wäre, ist aktuell unklar. Die „Wehrpflicht“ gilt nicht für Personen außerhalb des „Selbstverwaltungsgebiets“, außer der Betreffende hat mindestens fünf Jahre im „Selbstverwaltungsgebiet“ gewohnt (DIS 6.2022).

Manche Ausnahmen vom „Wehrdienst“ sind temporär und kostenpflichtig. Frühere Befreiungen für Mitarbeiter des Gesundheitsbereichs und von NGOs sowie von Lehrern gelten nicht mehr (DIS 6.2022). Es wurden auch mehrere Fälle von willkürlichen Verhaftungen zum Zwecke der Rekrutierung dokumentiert, obwohl die Wehrpflicht aufgrund der Ausbildung aufgeschoben wurde oder einige Jugendliche aus medizinischen oder anderen Gründen vom Wehrdienst befreit wurden (EB 12.7.2019). Laut Medienberichten waren insbesondere Lehrer von Zwangsrekrutierungsmaßnahmen betroffen. Berichten zufolge kommt es auch zu Zwangsrekrutierungen von Burschen und Mädchen (AA 29.11.2021). Laut DIS beziehen sich die Berichte von Zwangsrekrutierungen manchmal eher auf den Selbstverteidigungsdienst oder auf andere Gruppen als die SDF (Syrian Democratic Forces) (DIS 6.2022).

Es kommt zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen (ÖB 29.9.2020). Laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird dieses Gesetz auch mit Gewalt durchgesetzt (AA 29.11.2021), während das Danish Immigration Service nur davon berichtet, dass Wehrpflichtige, welche versuchen dem Militärdienst zu entgehen, laut dem Gesetz zur Selbstverteidigungspflicht durch die Verlängerung der „Wehrpflicht“ um einen Monat bestraft würden - zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft „für eine Zeitspanne“. Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für den Betreffende zu finden (DIS 6.2022). Im Fall von Verweigerung aus Gewissensgründen oder im Fall einer Verhaftung wegen Wehrdienstverweigerung erhöht sich der Wehrdienst laut EUAA auf 15 Monate. Spät eintreffende Wehrdienstpflichtige müssen einen Monat länger Wehrdienst leisten (EUAA 11.2021). DIe ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur [Anm.: zur nicht näher spezifizierten] Verlängerung des Wehrdiensts (ÖB 29.9.2020). Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen (ÖB 29.9.2020).

Die Selbstverwaltung informiert einen sich dem „Wehrdienst“ Entziehenden zweimal bezüglich der Einberufungspflicht durch ein Schreiben an seinen Wohnsitz, und wenn er sich nicht zur Ableistung einfindet, sucht ihn die „Militärpolizei“ unter seiner Adresse. Die meisten sich der „Wehrpflicht“ entziehenden Männer werden jedoch an Checkpoints ausfindig gemacht (DIS 6.2022).

Im Ausland (Ausnahme Türkei und Irak) lebende, unter die „Selbstverteidigungspflicht“ fallende Männer können gegen eine Befreiungsgebühr für kurzfristige Besuche zurückkehren, ohne den „Wehrdienst“ antreten zu müssen, wobei zusätzliche Bedingungen eine Rolle spielen, ob dies möglich ist (DIS 6.2022).

Ursprünglich betrug die Länge des „Wehrdiensts“ sechs Monate, wurde aber im Jänner 2016 auf neun Monate verlängert. Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr, und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen (DIS 6.2022). Einer anderen Quelle zufolge dauert der Wehrdienst sechs Monate mit Ausnahme des Zeitraums Mai 2018 bis Mai 2019, als dieser zwölf Monate umfasste (EUAA 11.2021). In Situationen höherer Gewalt kann die Dauer des Wehrdiensts verlängert werden, was je Gebiet entschieden wird, z.B. die Verlängerung um einen Monat im Jahr 2018 wegen der Lage In Baghouz. In Afrin wurde der Wehrdienst zu drei Gelegenheiten in den Jahren 2016 und 2017 um je zwei Monate ausgeweitet. Auch nach Angaben der Vertretung der „Selbstverwaltung“ gab es auch Fälle, in welchen Personen der Wehrdienst um einige Monate verlängert wurde (DIS 6.2022).

Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der „Selbsverteidigungspflicht“ erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen wie auch jenes in al-Hassakah, wo es im Jänner 2022 zu dem IS-Befreiungsversuch mit Kampfhandlungen kam). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z.B. bei den Kämpfen gegen den sogenannten Islamischen Staat von 2016-2017 in Raqqa (DIS 6.2022).

Nach dem abgeleisteten „Wehrdienst“ gehören die Absolventen zur Reserve und können im Fall „höherer Gewalt“ einberufen werden. Diese Entscheidung trifft der Militärrat des jeweiligen Gebiets. Derartige Einberufungen waren den vom DIS befragten Quellen nicht bekannt (DIS 6.2022).

Rekrutierung für den nationalen syrischen Wehrdienst

Die Absolvierung des „Wehrdiensts“ gemäß der Selbstverwaltung befreit nicht von der nationalen Wehrpflicht in Syrien. Die syrische Regierung verfügt über mehrere kleine Gebiete im Selbstverwaltungsgebiet. In Qamishli und al-Hassakah tragen diese die Bezeichnung „Sicherheitsquadrate“ (Al-Morabat Al-Amniya), wo sich verschiedene staatliche Behörden, darunter auch solche mit Zuständigkeit für die Rekrutierung befinden. Am 14.4.2022 besetzten die SDF und die Asayish für einen Tag die Verwaltungseinrichtungen, was Berichten zufolge eine Reaktion auf die Belagerung des kurdischen Stadtteils Sheikh Maqsoud in Aleppo durch das Regime war (DIS 6.2022).

Während die syrischen Behörden im Allgemeinen keine Rekrutierungen im Selbstverwaltungsgebiet durchführen können, gehen die Aussagen über das Rekrutierungsverhalten in den Regimeenklaven auseinander - auch bezüglich etwaiger Unterschiede zwischen dort wohnenden Wehrpflichtigen und Personen von außerhalb der Enklaven (DIS 6.2022).

1.3.3. Rückkehr

Gemäß Berichten von Menschenrechtsorganisationen kommt es zu systematischen, politisch motivierten Sicherheitsüberprüfungen von Rückkehrwilligen, Ablehnung zahlreicher Rückkehrwilliger und gezielten Menschenrechtsverletzungen gegen Rückkehrende sowie Verletzungen von im Rahmen lokaler Rückkehrinitiativen getroffenen Vereinbarungen (Einzug zum Militärdienst, Verhaftung, etc.). Einem Bericht von Amnesty International zufolge betrachten die syrischen Behörden Personen, welche das Land verlassen haben, als illoyal gegenüber ihrem Land und als Unterstützer der Opposition und/oder bewaffneter Gruppen. Jeder, der geflohen ist und einen Flüchtlingsstatus hat, ist in den Augen des Regimes bereits verdächtig. Offiziell gibt der Staat zwar vor, Syrer zur Rückkehr zu ermutigen, aber insgeheim werden jene, die das Land verlassen haben, als „Verräter“ angesehen. Aus Sicht des syrischen Staates ist es besser, wenn diese im Ausland bleiben, damit ihr Land und ihre Häuser umverteilt werden können, um Assads soziale Basis neu aufzubauen. Minderheiten wie Alawiten und Christen, reiche Geschäftsleute und Angehörige der Bourgeoisie sind hingegen für al-Assad willkommene Rückkehrer. Für arme Menschen aus den Vorstädten von Damaskus oder Aleppo hat der syrische Staat jedoch keine Verwendung. Das Regime will Rückkehrer mit Geld - nicht einfache Leute (LIB S. 198).

Immer wieder sind Rückkehrende, insbesondere – aber nicht nur – solche, die als oppositionell oder regimekritisch bekannt sind oder auch nur als solche erachtet werden, erneuter Vertreibung, Sanktionen bzw. Repressionen, bis hin zu einer unmittelbaren Gefährdung für Leib und Leben ausgesetzt. Fehlende Rechtsstaatlichkeit und allgegenwärtige staatliche Willkür führen dazu, dass selbst regimenahe Personen Opfer von Repressionen werden können. Menschenrechtsorganisationen und Rückkehrende berichten von zahlreichen Fällen, in denen Rückkehrende verhaftet, gefoltert, oder eingeschüchtert wurden. Zuletzt dokumentierten Amnesty International (AI) und Human Rights Watch (HRW) unabhängig voneinander in ihren jeweiligen Berichten von September bzw. Oktober 2021 Einzelfälle schwerwiegendster Menschenrechtsverletzungen von Regimekräften gegenüber Rückkehrenden, die sich in verschiedenen Orten in den Regimegebieten, einschließlich der Hauptstadt Damaskus, ereignet haben sollen. Diese Berichte umfassten Fälle von sexualisierter Gewalt, willkürlichen und ungesetzlichen Inhaftierungen, Folter und Misshandlungen bis hin zu Verschwindenlassen und mutmaßlichen Tötungen von Inhaftierten. Die Dokumentation von Einzelfällen – insbesondere auch bei Rückkehrenden – zeigt, dass es trotz positiver Sicherheitsüberprüfung eines Dienstes jederzeit zur Verhaftung durch einen anderen Dienst kommen kann. Willkürliche Verhaftungen gehen primär von Polizei, Geheimdiensten und staatlich organisierten Milizen aus. Jeder Geheimdienst führt eigene Fahndungslisten, es findet keine zuverlässige und für Betroffene verlässliche Abstimmung und Zentralisierung statt (LIB S. 198).

Es besteht nach wie vor kein freier und ungehinderter Zugang UNHCRs und anderer Menschenrechtsorganisationen zu Rückkehrenden in Syrien, sodass eine Nachverfolgung und Überwachung des Rückkehrprozesses sowie des Schicksals der Rückkehrenden nicht möglich ist. Aufgrund der fehlenden Überwachung durch internationale Organisationen bei der Rückkehr ist es unklar, wie systematisch und weit verbreitet Übergriffe gegen Rückkehrer sind. Es gibt kein klares Gesamtmuster bei der Behandlung von Rückkehrern, auch wenn einige Tendenzen zu beobachten sind. Die Tatsache, dass der zuständige Beamte am Grenzübergang oder in der örtlichen Sicherheitsdienststelle die Befugnis hat, seine eigene Entscheidung über den einzelnen Rückkehrer zu treffen, trägt zur Abwesenheit eines klaren Musters bei (LIB S. 201).

Es ist schwierig, Informationen über die Situation von Rückkehrern in Syrien zu erhalten. Regierungsfreundliche Medien berichten über die Freude der Rückkehrer, pro-oppositionelle Medien berichten über Inhaftierungen und willkürliche Tötungen von Rückkehrern. Zudem wollen viele Flüchtlinge aus Angst vor Repressionen durch die Regierung nach ihrer Rückkehr nach Syrien nicht mehr mit Journalisten oder auch nur mit Angehörigen sprechen. Die syrische Regierung und ihr Sicherheitsapparat haben immer wieder Personen verfolgt, die sich abweichend oder oppositionell geäußert haben, unter anderem durch willkürliche Inhaftierung, Folter und Schikanen gegen Kritiker und ihre Angehörigen. Trotz Amnestien und gegenteiliger Erklärungen hat die syrische Regierung bisher keine Änderung ihres Verhaltens erkennen lassen. Selbst dort, wo Einzelpersonen von der Regierung Sicherheitsgarantien erhalten haben, kam es zu Übergriffen. Jeder, der aus dem Land geflohen ist oder sich gegen die Regierung geäußert hat, läuft Gefahr, als illoyal angesehen zu werden, was dazu führen kann, dass er verdächtigt, bestraft oder willkürlich inhaftiert wird (LIB S. 201 f.).

Die syrische Regierung führt Listen mit Personen, die ihrer Meinung nach auf die eine oder andere Weise oppositionell sind. Alles in allem kann eine Person, die von der Regierung gesucht wird, aus einer Vielzahl von Gründen oder völlig willkürlich gesucht werden. So kann die Behandlung einer Person an einem Checkpoint von verschiedenen Faktoren abhängen, darunter der Willkür des Kontrollpersonals oder praktischen Problemen wie eine Namensähnlichkeit mit einer gesuchten Person. Personen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, müssen mit verschiedenen Konsequenzen seitens der Regierung rechnen, z.B. mit Verhaftung und im Zuge dessen auch mit Folter. Einigen Quellen zufolge gehört medizinisches Personal zu den Personen, die als oppositionell oder regierungsfeindlich gelten, insbesondere wenn es in einem von der Regierung belagerten Oppositionsgebiet gearbeitet hat. Dies gilt auch für Aktivisten und Journalisten, die die Regierung offen kritisiert oder Informationen oder Fotos von Ereignissen wie Angriffen der Regierung verbreitet haben, sowie generell für Personen, die die Regierung offen kritisieren. Einer Quelle zufolge kann es vorkommen, dass die Regierung eine Person wegen eines als geringfügig eingestuften Vergehens nicht sofort verhaftet, sondern erst nach einer gewissen Zeit. Jeder Nachrichtendienst führt seine eigenen Fahndungslisten und es gibt keine Koordination oder Zentralisierung. Daher kann es trotz einer positiven Sicherheitsüberprüfung durch einen Dienst jederzeit zu einer Verhaftung durch einen anderen kommen. Ein weiterer Faktor, der die Behandlung an einem Kontrollpunkt beeinflussen kann, ist das Herkunftsgebiet oder der Wohnort einer Person. Wenn eine Person an einem Ort lebt oder aus einem Ort kommt, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, kann dies das Misstrauen des Kontrollpersonals wecken. Nach Angaben der Regierungskonferenz ist das Konzept des Regimes, wer ein Oppositioneller ist, nicht immer klar oder kann sich im Laufe der Zeit ändern; es gibt keine Gewissheit darüber, wer vor Verhaftungen sicher ist. In Gesprächen mit der NGO International Crisis Group (ICG) berichteten viele Flüchtlinge, dass der Verzicht auf regimefeindliche Aktivitäten keine sichere Rückkehr garantiert (LIB S. 202).

Es gibt Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Personen, die nach Syrien zurückgekehrt sind. Hunderte syrische Flüchtlinge wurden nach ihrer Rückkehr verhaftet und verhört, darunter Flüchtlinge, die aus dem Ausland nach Syrien zurückgekehrt sind, Binnenvertriebene aus von der Opposition kontrollierten Gebieten und Personen, die in von der Regierung zurückeroberten Gebieten ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung unterzeichnet haben. Sie wurden gezwungen, Aussagen über Familienmitglieder zu machen, und in einigen Fällen wurden sie gefoltert. Neben der allgemein instabilen Sicherheitslage bleibt die mangelnde persönliche Sicherheit in Verbindung mit der Angst vor staatlicher Repression das wichtigste Hindernis für die Rückkehr. Amnesty International hat in seinem Bericht aus dem Jahr 2021 Informationen über 66 Personen vorgelegt, die bei ihrer Rückkehr aus dem Ausland Opfer von Verstößen wurden. Unter ihnen wurden 59 Fälle von unrechtmäßiger oder willkürlicher Inhaftierung von Männern, Frauen und Kindern dokumentiert. Unter den Inhaftierten befanden sich zwei schwangere Frauen und zehn Kinder im Alter zwischen drei Wochen und 16 Jahren, von denen sieben vier Jahre alt oder jünger waren. Außerdem wurden 27 Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen dokumentiert, darunter vier Kinder, die mindestens eine Woche und bis zu vier Jahre lang festgehalten wurden, wobei 17 Fälle noch andauerten. Die Sicherheitsbeamten verhafteten die Rückkehrer zumeist unter dem pauschalen Vorwurf des "Terrorismus", da sie häufig davon ausgingen, dass einer ihrer Verwandten der politischen oder bewaffneten Opposition angehörte, oder weil die Rückkehrer aus einem Gebiet kamen, das zuvor von der Opposition kontrolliert wurde. Darüber hinaus wurden 14 Fälle gemeldet, in denen Sicherheitsbeamte sexuelle Gewalt gegen Kinder, Frauen und männliche Rückkehrer ausübten, darunter Vergewaltigungen an fünf Frauen, einem 13-jährigen Buben und einem fünfjährigen Mädchen. Die sexuelle Gewalt fand an Grenzübergängen oder in Haftanstalten während der Befragung am Tag der Rückkehr oder kurz danach statt. Berichten zufolge setzten Geheimdienstmitarbeiter 33 Rückkehrer, darunter Männer, Frauen und fünf Kinder, während ihrer Inhaftierung und Verhöre in Geheimdiensteinrichtungen Praktiken aus, die Folter oder anderen Misshandlungen gleichkommen.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die von dem Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu den Familienverhältnissen sowie den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Syrien stützen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde und in dem Beschwerdeschriftsatz sowie auf die im Verfahren vorlegten Unterlagen, die mit seinen Angaben im Einklang stehen. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt. Die Angaben im Verwaltungsverfahren wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt sowie ergänzt (vgl. VH-Niederschrift S. 6 f.).

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich und zum Datum der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Strafregisterabfrage, welche hinsichtlich des Beschwerdeführers keine Verurteilungen aufweist.

Dass sich al-Hassakah unter Kontrolle der SDF befindet, ergibt sich einerseits aus den Länderinformationen (vgl. LIB S. 43 ff.) sowie aus einer Nachschau auf https://syria.liveuamap.com . Aus den Länderberichten sowie der Live-Map sind ebenso die „Sicherheitsquadrate“ der syrischen Regierung im Selbstverwaltungsgebiet ersichtlich.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Wie sich aus den eingeführten Länderinformationen ergibt, besteht die Pflicht zum „Wehrdienst“ in der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ für Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren und somit nicht mehr für den 37jährigen Beschwerdeführer. Eine Hinaufsetzung des wehrpflichtigen Alters ist nicht hervorgekommen, auch nicht vor dem Hintergrund der Militäroffensiven der Türkei.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei kurz vor seiner Ausreise von den Kurden aufgefordert worden, für sie Soldaten und Waffen zu transportieren, ist Folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführer bringt dies erstmals in der mündlichen Verhandlung vor, was er damit begründet, dass er sich nicht getraut habe, dies früher anzugeben (vgl. VH-Niederschrift S. 8). Es ist grundsätzlich nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer offenbar Bedenken hatte, dass sein Vorbringen nach Syrien durchdringen könnte. Die Ausführungen zu den Transportfahrten sind jedoch unabhängig davon nicht schlüssig. So bringt der Beschwerdeführer vor, er sei aufgefordert worden, Soldaten zu ihren Kampfpunkten zu bringen. Es sei ihm jedoch nicht gesagt worden, wohin er fahren müsse, und weil es dunkel gewesen sei, habe er auch die Gegend und den Weg nicht erkennen können (vgl. VH-Niederschrift S. 9 f.). Auf Nachfrage gibt der Beschwerdeführer an, er habe das Ziel durch eine zufällige Unterhaltung der Soldaten erfahren (vgl. VH-Niederschrift S. 10). Es ist nicht nachvollziehbar, dass einer Person, die beauftragt wird, Soldaten zur Grenze zur Türkei zu bringen, nicht das genaue Ziel mitgeteilt wird, sei es vor Antritt der Fahrt oder währenddessen durch die mitfahrenden Soldaten selbst. Dass der Beschwerdeführer durch das Mithören der Gespräche der Soldaten während der Fahrt das Ziel nur zufälligerweise erfahren haben soll, erscheint ebenso nicht schlüssig. Auch die Erklärung des Beschwerdeführers, er habe sich nicht getraut zu fragen, wo er hinfahren müsse, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich bringt der Beschwerdeführer auch vor, bei der zweiten Fahrt Waffen transportiert zu haben (vgl. VH-Niederschrift S. 9), wobei er diesbezüglich gar nicht vorbringt, woher er gewusst habe, wohin er diese bringen solle. Insgesamt kann daher aufgrund des Vorbringens nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Transporte für das kurdische Militär durchführen musste bzw. ihm dies bei einer Rückkehr in seinen Heimatort drohen würde.

2.2.2. Dass der Beschwerdeführer bereits den Militärdienst für die syrische Armee abgeleistet hat, ergibt sich aus seinen glaubhaften, gleichbleibenden Angaben sowie den vorgelegten Unterlagen und ist auch in Hinblick auf sein Alter nachvollziehbar.

Angesichts des Alters des Beschwerdeführers – er ist XXXX Jahre alt – droht ihm jedoch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Zwangsrekrutierung als Reservist, da sich aus den eingeführten Länderinformationen ergibt, dass vornehmlich Reservisten bis zum Alter von 27 Jahren einberufen werden. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge während seines Wehrdienstes nicht speziell ausgebildet und hat den Wehrdienst als einfacher Rekrut verlassen (vgl. VH-Niederschrift S. 9), weshalb ein gesteigertes Interesse der syrischen Armee am Beschwerdeführer nicht anzunehmen ist. Schließlich wurde auch nicht konkret der Beschwerdeführer als Reservist einberufen, sondern über einen allgemeinen Aufruf über die Medien (vgl. VH-Niederschrift S. 11). Dem Beschwerdeführer gelang es, sich der Einberufung zu entziehen, da er sich nicht in Gebieten der syrischen Regierung aufgehalten hat (vgl. VH-Niederschrift S. 11). Dass gegen ihn ein Haftbefehl aufrecht sei, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nicht die reale Gefahr droht, als Reservist bei der syrischen Armee eingezogen zu werden.

Es wird zwar nicht verkannt, dass die syrische Regierung über sogenannte „Sicherheitsquadrate“ in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers, nämlich Qamishli und al-Hassakah, verfügt und dort auch die Möglichkeit hat, zu rekrutieren. Da dem Beschwerdeführer aber, wie bereits ausgeführt, keine Gefahr einer Zwangsrekrutierung als Reservist droht, geht von den in al-Hassakah präsenten Behörden und Checkpoints des syrischen Regimes keine asylrelevante Gefahr für den Beschwerdeführer aus.

Zum Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer keine Möglichkeit hat, sicher und legal nach Syrien einzureisen, sie unten (3.1.4.).

2.3. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Es wurde vor allem Einsicht genommen in folgende Erkenntnisquellen des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers:

- Länderinformation der Staatendokumentation Syrien vom 10.08.2022, Version 7

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Ausführungen zu zweifeln. In der mündlichen Verhandlung wurde die Version 7 der Länderinformation der Staatendokumentation vom 10.08.2022 ins Verfahren eingebracht und dem Beschwerdeführer eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Version 8 vom 29.12.2022 entspricht im Wesentlichen jener vom 10.08.2022 insbesondere eine Verbesserung der Situation in Syrien ist daraus nicht erkennbar.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Für die Zuerkennung des Asylstatus ist es zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person vor dem Hintergrund der zu treffenden aktuellen Länderfeststellungen im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212, mwN).

Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

3.1.2. Wie bereits festgehalten, ist der Beschwerdeführer nicht mehr im wehrdienstpflichtigen Alter der kurdischen YPG, weshalb ihm von dieser Seite auch keine asylrelevante Verfolgung droht.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer auch keine Verfolgung durch die kurdischen Sicherheitskräfte in Zusammenhang mit dem Zwang, Transportfahrten für diese durchzuführen, glaubhaft machen.

3.1.3. Der Beschwerdeführer hat in Syrien seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee bereits von 2004 bis 2006 abgeleistet, entspricht aber – unter Berücksichtigung seines Alters, seiner Ausbildung sowie seines Ranges – nicht dem Profil jener Personen, die üblicherweise von der syrischen Armee als Reservisten eingezogen werden.

3.1.4. Zum Vorbringen, für den Beschwerdeführer bestehe keine Möglichkeit der legalen und sicheren Einreise nach Syrien, ist auf das kürzlich ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, mit welchem klargestellt wurde, dass es bei Verneinung einer Verfolgung nach § 3 AsylG 2005 für die Klärung des Sachverhalts im Hinblick auf den Asylstatus auf die Erreichbarkeit der Herkunftsregion nicht ankommt (vgl. VwGH 03.01.2023, Ra 2022/01/0328 mwN.).

Da dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde die sichere und legale Erreichbarkeit im Rahmen dieser Beurteilung berücksichtigt (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2019/20/0242 mwN.). Auch hinsichtlich der allgemein vorgebrachten Sicherheitsbedenken ist der Beschwerdeführer auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zu verweisen.

3.1.5. Zur in der Beschwerde vorgebrachten Verfolgung aufgrund der illegalen Ausreise aus Syrien bzw. als Rückkehrer ist darauf zu verweisen, dass sich aus den getroffenen Länderfeststellungen weder ergibt, dass jedem Rückkehrer, der im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird, noch, dass Personen, deren Familienangehörigen im Ausland Asyl gewährt wurde, allgemein asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten. Zwar laufen Personen, die aus dem Land geflohen sind, Gefahr, von der syrischen Regierung als illoyal angesehen zu werden und kann dies zu willkürlichen Verhaftungen führen. Auch die lokale Bevölkerung hegt oft Argwohn gegen Personen, die Syrien verlassen haben. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Gruppenverfolgung von Rückkehrern ist daher weder in den von Kurden kontrollierten Gebieten noch in den Gebieten der syrischen Regierung festzustellen (vgl. dazu auch VwGH 04.01.2021, Ra 2020/18/0147).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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