BVwG W214 2235037-1

BVwGW214 2235037-117.1.2023

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art140
DSG §1
DSG §18
DSG §24 Abs1
DSG §24 Abs5
DSG §9
DSGVO Art57 Abs1 litf
DSGVO Art77 Abs1
DSGVO Art85

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W214.2235037.1.00

 

Spruch:

 

W214 2235037-1/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Stolitzka & Partner Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 23.07.2020, Zl. D124.1846 2020-0.161.145, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben und der Datenschutzbehörde die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erhebung der Datenschutzbeschwerde als Account Manager Digital bei der XXXX tätig, die mitbeteiligte Partei ist ein österreichisches Medienhaus, welches die inhaltliche Gestaltung, Herstellung und Verbreitung verschiedener Medien besorgt.

In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gerichteten Beschwerde vom 29.11.2019 machte der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 DSG geltend. Dazu wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die XXXX (Beschwerdegegnerin vor der belangten Behörde, mitbeteiligte Partei vor dem Bundesverwaltungsgericht) auf ihrer Website einen Beitrag sowie Bildaufnahmen bezüglich einer Hausdurchsuchung bei einem ehemaligen Politiker in Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten veröffentlicht habe. Auf einem der veröffentlichten Bilder sei die Visitenkarte des Beschwerdeführers ungeschwärzt abgebildet, sein Name sowie sein Arbeitgeber seien klar erkennbar. Weiters habe die mitbeteiligte Partei ein Video zu der genannten Hausdurchsuchung veröffentlicht, in welchem diverse Lichtbilder des Polizeiberichts, auch das genannte Bild, im Bilddurchlauf gezeigt worden seien. Das Medienprivileg des § 9 DSG sei auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar.

1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.07.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde zurück.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei der mitbeteiligten Partei unstrittig um ein Medienunternehmen handle, welches als Medieninhaberin für den Inhalt der Online-Nachrichtenplattformen XXXX verantwortlich sei. Die Daten des Beschwerdeführers seien im Rahmen journalistischer Artikel bzw. journalistischer Berichterstattung verarbeitet und in weiterer Folge veröffentlicht worden. Die Datenverarbeitung sei daher zu journalistischen Zwecken erfolgt. Aufgrund der Anwendung des Medienprivilegs nach § 9 Abs. 1 DSG sei die belangte Behörde zur Behandlung der Beschwerde im vorliegenden Fall unzuständig.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 08.09.2020 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte darin aus, dass § 9 DSG verfassungs- und unionsrechtswidrig sei.

1.4. Mit Schreiben vom 10.09.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

1.5. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.03.2022 wurde die gegenständliche Rechtssache in die nunmehr zuständige Gerichtsabteilung W214 zugewiesen, wo sie am 01.04.2022 einlangte.

1.6. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 03.11.2022, Zl. W214 2235037-1/21Z, gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, er wolle Art. 2 § 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 24/2018 (Datenschutz-Deregulierungsgesetz 2018) als verfassungswidrig aufheben.

1.7. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14.12.2022, Zl. G 287/2022-16, wurde § 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, idF BGBl. I Nr. 24/2018 als verfassungswidrig aufgehoben (Spruchpunkt I.), ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 2024 in Kraft tritt (Spruchpunkt II.) und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten (Spruchpunkt III.) sowie, dass der Bundeskanzler zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet ist (Spruchpunkt IV.).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Zu Spruchteil A):

3.3.1. Rechtslage:

§ 1 DSG samt Überschrift lautet:

„Artikel 1

(Verfassungsbestimmung)

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.“

§ 9 DSG samt Überschrift lautet:

„Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

§ 9. (1) Auf die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes im Sinne des Mediengesetzes – MedienG, BGBl. Nr. 314/1981, zu journalistischen Zwecken des Medienunternehmens oder Mediendienstes finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie von der DSGVO die Kapitel II (Grundsätze), III (Rechte der betroffenen Person), IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) keine Anwendung. Die Datenschutzbehörde hat bei Ausübung ihrer Befugnisse gegenüber den im ersten Satz genannten Personen den Schutz des Redaktionsgeheimnisses (§ 31 MedienG) zu beachten.

(2) Soweit dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen, finden von der DSGVO die Kapitel II (Grundsätze), mit Ausnahme des Art. 5, Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), mit Ausnahme der Art. 28, 29 und 32, Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), Kapitel VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) auf die Verarbeitung, die zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, keine Anwendung. Von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ist in solchen Fällen § 6 (Datengeheimnis) anzuwenden.“

§ 18 DSG lautet:

„§ 18. (1) Die Datenschutzbehörde wird als nationale Aufsichtsbehörde gemäß Art. 51 DSGVO eingerichtet.

(2) Der Datenschutzbehörde steht ein Leiter vor. In seiner Abwesenheit leitet sein Stellvertreter die Datenschutzbehörde. Auf ihn finden die Regelungen hinsichtlich des Leiters der Datenschutzbehörde Anwendung.“

§ 24 Abs. 1 und 5 DSG lauten:

§ 24. (1) Jede betroffene Person hat das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 oder Artikel 2 1. Hauptstück verstößt.

(5) Soweit sich eine Beschwerde als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben. Ist eine Verletzung einem Verantwortlichen des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem aufzutragen, den Anträgen des Beschwerdeführers auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung oder Datenübertragung in jenem Umfang zu entsprechen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.

Art. 57 Abs. 1 lit. f DSGVO samt Überschrift lautet:

„Art. 57 DSGVO

Aufgaben

Unbeschadet anderer in dieser Verordnung dargelegter Aufgaben muss jede Aufsichtsbehörde in ihrem Hoheitsgebiet

f) sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 80 befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist;“

Art. 77 Abs. 1 DSGVO samt Überschrift lautet:

„Art. 77 DSGVO

Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde

(1) Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.“

Art. 85 DSGVO samt Überschrift lautet:

„Art. 85 DSGVO

Verarbeitung und Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

(1) Die Mitgliedstaaten bringen durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang.

(2) Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), Kapitel VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.

(3) Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission die Rechtsvorschriften, die er aufgrund von Absatz 2 erlassen hat, sowie unverzüglich alle späteren Änderungsgesetze oder Änderungen dieser Vorschriften mit.“

Artikel 140 B-VG lautet:

„Artikel 140.

(1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Verfassungswidrigkeit

1. von Gesetzen

a) auf Antrag eines Gerichtes;

b) von Amts wegen, wenn er das Gesetz in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte;

c) auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist;

d) auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels;

2. von Bundesgesetzen auch auf Antrag einer Landesregierung, eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates;

3. von Landesgesetzen auch auf Antrag der Bundesregierung oder, wenn dies landesverfassungsgesetzlich vorgesehen ist, auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Landtages.

Auf Anträge gemäß Z 1 lit. c und d ist Art. 89 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.

(1a) Wenn dies zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht erforderlich ist, kann die Stellung eines Antrages gemäß Abs. 1 Z 1 lit. d durch Bundesgesetz für unzulässig erklärt werden. Durch Bundesgesetz ist zu bestimmen, welche Wirkung ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 1 lit. d hat.

(1b) Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c oder d bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

(2) Wird in einer beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Rechtssache, in der der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz anzuwenden hat, die Partei klaglos gestellt, so ist ein bereits eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes dennoch fortzusetzen.

(3) Der Verfassungsgerichtshof darf ein Gesetz nur insoweit als verfassungswidrig aufheben, als seine Aufhebung ausdrücklich beantragt wurde oder als der Verfassungsgerichtshof das Gesetz in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Gelangt der Verfassungsgerichtshof jedoch zu der Auffassung, dass das ganze Gesetz von einem nach der Kompetenzverteilung nicht berufenen Gesetzgebungsorgan erlassen oder in verfassungswidriger Weise kundgemacht wurde, so hat er das ganze Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben. Dies gilt nicht, wenn die Aufhebung des ganzen Gesetzes offensichtlich den rechtlichen Interessen der Partei zuwiderläuft, die einen Antrag gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c oder d gestellt hat oder deren Rechtssache Anlass für die amtswegige Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens gegeben hat.

(4) Ist das Gesetz im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten und wurde das Verfahren von Amts wegen eingeleitet oder der Antrag von einem Gericht oder von einer Person gestellt, die durch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so hat der Verfassungsgerichtshof auszusprechen, ob das Gesetz verfassungswidrig war. Abs. 3 gilt sinngemäß.

(5) Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, verpflichtet den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruches gemäß Abs. 4. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt. Diese Frist darf 18 Monate nicht überschreiten.

(6) Wird durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben, so treten mit dem Tag des Inkrafttretens der Aufhebung, falls das Erkenntnis nicht anderes ausspricht, die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren. In der Kundmachung über die Aufhebung des Gesetzes ist auch zu verlautbaren, ob und welche gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft treten.

(7) Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

(8) Für Rechtssachen, die zur Stellung eines Antrages gemäß Abs. 1 Z 1 lit. d Anlass gegeben haben, ist durch Bundesgesetz zu bestimmen, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem das Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, eine neuerliche Entscheidung dieser Rechtssache ermöglicht. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruches gemäß Abs. 4.“

3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus Folgendes:

Im vorliegenden Fall wies die Datenschutzbehörde mit dem angefochtenen Bescheid die Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers zurück und führte zusammengefasst aus, dass ihr aufgrund der Ausnahme des § 9 Abs. 1 DSG hinsichtlich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes im Sinne des Mediengesetzes – MedienG, BGBl. Nr. 314/1981 zu journalistischen Zwecken keine Zuständigkeit zukomme und die Beschwerde daher zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 08.09.2020 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Aus Anlass der Erledigung der gegenständlichen Beschwerde entstanden beim Bundesverwaltungsgericht Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der das Medienprivileg regelnden Bestimmung des § 9 Abs. 1 DSG, weshalb mit Beschluss vom 03.11.2022, Zl. W214 2235037-1/21Z, gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt wurde, er wolle Art. 2 § 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 24/2018 (Datenschutz-Deregulierungsgesetz 2018) als verfassungswidrig aufheben.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14.12.2022, Zl. G 287/2022-16, wurde § 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, idF BGBl. I Nr. 24/2018 als verfassungswidrig aufgehoben (Spruchpunkt I.), ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 2024 in Kraft tritt (Spruchpunkt II.) und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten (Spruchpunkt III.) sowie, dass der Bundeskanzler zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet ist (Spruchpunkt IV.).

Grundsätzlich ist eine vom VfGH aufgehobene Bestimmung auf die vor ihrer Aufhebung verwirklichten Sachverhalte weiterhin anzuwenden (Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG). Die Aufhebung einer Rechtsvorschrift durch den VfGH wirkt somit nur für die Zukunft (pro futuro-Wirkung; VfSlg 1415/1931). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet jedoch die Anlasswirkung. Der Anlassfall ist so zu beurteilen, als hätte die als verfassungswidrig beurteilte Vorschrift bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des im Anlassfall zu entscheidenden Sachverhalts nicht mehr dem Rechtsbestand angehört (VfSlg 3674/1960, 7651/1975). Anlassfall ist jene Rechtssache, die Anlass für die Einleitung des Normenprüfungsverfahrens gegeben hat (VfSlg 8234/1978).

Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall § 9 Abs. 1 DSG von der belangten Behörde (und vom erkennenden Gericht) nicht anzuwenden ist, weshalb die Zurückweisung der verfahrensgegenständlichen Datenschutzbeschwerde durch die belangte Behörde gemäß § 9 Abs. 1 DSG zu Unrecht erfolgte.

In Fällen der Zurückweisung eines Antrages ist es dem Verwaltungsgericht verwehrt, in der Sache selbst zu entscheiden (siehe VwGH 17.12.2019, Ra 2017/04/0141). Soweit die Behörde zu Unrecht eine Ablehnung bzw. eine Zurückweisung des Antrages mit Bescheid vornahm, ist dieser ersatzlos zu beheben. Nach einer solchen Aufhebung ist die Behörde im fortzusetzenden Verfahren zu einer meritorischen Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag verpflichtet (vgl. VwGH 6.6.2018, Ra 2017/12/0052).

Der Beschwerde ist daher Folge zu geben, der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und der Datenschutzbehörde die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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