ASVG §410
ASVG §58
ASVG §59
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:L511.2212042.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. LEHNER, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse) vom 06.08.2018, GZ XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt
1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [GKK]
1.1. Im Betrieb der beschwerdeführenden Partei [im Folgenden auch: GmbH, bP] wurde ab 2015 hinsichtlich des Prüfzeitraumes 01.01.2012 bis 31.12.2014 eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben [GPLA] durchgeführt (AZ 5, 11).
1.2. In der Folge stellte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse [OÖGKK] mit Versicherungspflichtbescheid vom 03.08.2018, Zahl: XXXX , fest, dass XXXX [im Folgenden auch IM ] aufgrund der für die Firma XXXX in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit von 01.01.2012 bis 31.12.2012, 02.03.2013 bis 30.03.2013, 01.09.2013 bis 31.12.2013 und 01.03.2014 bis 31.03.2014 als Dienstnehmer der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG (Spruchpunkt I) sowie von 01.01.2014 bis 28.02.2014 und 01.04.2014 bis 28.04.2014 der Pflichtversicherung in der Teilversicherung (Unfallversicherung) (Spruchpunkt II) unterlegen sei.
Die OÖGKK führte begründend im Wesentlichen aus, aufgrund der Einvernahme von IM ergebe sich, dass zwischen dem schriftlichen Vertrag und den tatsächlichen Verhältnissen eine Diskrepanz bestanden habe. Es handle sich um ein echtes Dienstverhältnis, da insbesondere Bindungen an die Ordnungsvorschriften des Dienstgebers gegeben waren und auch vom generellen Vertretungsrecht tatsächlich kein Gebrauch gemacht worden sei.
1.3. Mit verfahrensgegenständlichem Beitragsnachverrechnungsbescheid vom 06.08.2018, Zahl: XXXX , verpflichtete die OÖGKK die Firma XXXX die mit Beitragsabrechnung vom 17.05.2016 für den Prüfzeitraum 01.01.2012 bis 31.12.2014 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von [idHv] EUR 686.127,47 und Beiträge zur betrieblichen Vorsorge in Höhe von EUR 24.178,14 (Spruchpunkt 1) sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG idHv EUR 180.145,14 (Spruchpunkt 2) an die OÖGKK zu entrichten.
Begründend wurde ausgeführt, es seien die im Prüfbericht angeführten Personen nachverrechnet worden. Deren Sozialversicherungspflicht basiere auf den gleichen Erwägungen, wie jene im Versicherungspflichtbescheid vom 03.08.2018, Zahl: XXXX , welcher stellvertretend für alle Zusteller*innen verfasst worden sei.
1.4. Mit Schreiben vom 30.08.2018, eingebracht mit 04.09.2018, erhob die beschwerdeführende GmbH gegen beide Bescheide fristgerecht Beschwerden [Bsw].
In den Beschwerden wird im Wesentlichen ausgeführt, es handle sich bei allen Zusteller*innen um Selbständige. Die schriftlich festgehaltenen Vereinbarungen, insbesondere bezüglich Vertretungsrecht und Nichteinbindung in die betriebliche Organisation seien auch tatsächlich so gehandhabt worden.
Im Zusammenhang mit der Beitragsnachverrechnung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die angenommene Schätzungsbefugnis ausdrücklich bestritten werde und die vorgenommene Schätzung zudem nicht schlüssig und nachvollziehbar sei. Die GKK hätte einzelfallbezogen für jede*n einzelne*n Zusteller*in ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchführen müssen und wäre dann im Ergebnis dazu gekommen, dass in keinem Fall ein Dienstverhältnis vorgelegen sei.
2. Die OÖGKK legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 26.11.2018 die Beschwerden samt durchnummerierten Auszügen aus dem Verwaltungsakt vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).
2.1. Das BVwG holte Auszüge aus dem Firmenbuch [FB], dem Gewerberegister [GISA] und dem elektronischen Datensystem der Sozialversicherung [SV] ein (2212042-1: OZ 3, 5).
2.2. Am 29.09.2021 fand die öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der die ÖGK und der Mitbeteiligte teilnahmen (OZ 5). Am Tag vor der Verhandlung langte eine Vertagungsbitte des rechtsfreundlichen Vertreters der GmbH ein, wonach der Rechtsvertreter an einem grippalen Infekt mit hohem Fieber leide (OZ 4). Die beschwerdeführende GmbH ist nicht zur Verhandlung erschienen.
In der Verhandlung wurden die vorgelegten und eingeholten Beweismittel sowie die Gegebenheiten der Tätigkeit der betroffenen Personen für die beschwerdeführende Partei eingehend erörtert.
3. Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Erkenntnis vom heutigen Tag hg. GZ L511 2212042-1/9E, über die Versicherungspflicht von IM.
II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1. Mit verfahrensgegenständlicher Beitragsnachverrechnung wurden die im Prüfbericht angeführten Personen mit der Begründung nachverrechnet. Die Sozialversicherungspflicht dieser Personen basiert auf den gleichen Erwägungen, wie jene im Versicherungspflichtbescheid vom 03.08.2018, Zahl: XXXX , betreffend XXXX [im Folgenden IM] (hg. GZ 2212042-1).
1.2. Die beschwerdeführende XXXX , FN XXXX , wurde mit 26.10.2011 im Firmenbuch eingetragen. Alleingesellschafter und (Allein)Geschäftsführer ist XXXX , geboren 09.06.1965 (OZ 3).
1.2.1. Die GmbH hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit der XXXX GmbH [im Folgenden P GmbH], Betreiberin von „ XXXX “, eine Vereinbarung über die Abwicklung der Auslieferung der von der P GmbH verkauften Speisen und Getränke in den Filialen XXXX geschlossen (AZ 6). Die GmbH schloss ihrerseits Zusteller-Basisvereinbarungen mit Zusteller*innen ab (AZ 6), welche die Zustellung der Speisen und Getränke der P GmbH übernahmen.
1.2.2. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hatte die GmbH (nur) eine*n geringfügig beschäftige*n Mitarbeiter*in, welche zur Sozialversicherung angemeldet war; die vom gegenständlichen Verfahren betroffenen Zusteller*innen waren alle nicht zur Sozialversicherung angemeldet (VHS/A).
1.3. Alle im Prüfbericht gelisteten Personen waren als Speisenzusteller*innen für die beschwerdeführende Partei tätig und haben die gleiche Tätigkeit unter den gleichen Bedingungen wie IM für die beschwerdeführende Partei ausgeführt.
Das BVwG hat mit Entscheidung vom heutigen Tag, hg. GZ L511 2212042-1/9E, die Beschwerde gegen den bezeichneten Versicherungspflichtbescheid der OÖGKK vom 03.08.2018 abgewiesen, und bestätigte damit, dass IM auf Grund der für die beschwerdeführende Partei ausgeübten Tätigkeit im bezeichneten Zeitraum Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei gewesen ist. Zur näheren Begründung wird auf die im RIS abrufbare Entscheidung GZ L511 2212042-1/9E verwiesen.
1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der beschwerdeführenden GmbH Sozialversicherungsbeiträge idHv EUR 686.127,47 und Beiträge zur betrieblichen Vorsorge in Höhe von EUR 24.178,14 nachverrechnet, die sich aufgrund der Versicherungspflicht der im in den Bescheid als integralen Bestandteil aufgenommenen Prüfbericht genannten Dienstnehmer*innen für die darin jeweils angeführten Zeiträume ergaben. Zudem wurden Verzugszinsen idHv EUR 180.145,14 vorgeschrieben.
1.5. Bis zum Entscheidungszeitpunkt wurden keine Sozialversicherungsbeiträge für diese Dienstverhältnisse entrichtet.
2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:
OZ 1 Verwaltungsverfahrensakt der ÖGK (OZ 1=AZ 1-18):
1. Auftragslisten
2. Ausstattungen, Rechnungen
3. Honorare, Vereinbarungen
4. GPLA Unterlagen
5. GPLA Niederschrift über die Schlussbesprechung
6. Verträge
7. Entscheidung und Verhandlungsschrift LVwG
8. Strafanträge und Einvernahmeprotokolle der Finanzbehörde
9. Unterlagen betreffend eine nicht verfahrensgegenständliche Person
10. GPLA Prüfbericht
11. Aktenvermerke, interne Korrespondenz
12. Niederschriften
13. Korrespondenz und Bescheidantrag
14. Versicherungsdatenauszug Ivan Minchev
15. Parteiengehör zum Ermittlungsergebnis
16. Fristerstreckungsanträge, Stellungnahme zum Parteiengehör
17. Versicherungsbescheid und Beitragsbescheid
18. Beschwerde
Auszüge aus dem Firmenbuch [FB], dem Gewerberegister [GISA] und dem elektronischen Datensystem der Sozialversicherung [SV] (OZ 3, 5)
Mündliche Verhandlung (OZ 7)
2.2. Beweiswürdigung
2.2.1. Die Feststellungen zur betrieblichen Tätigkeit der beschwerdeführenden GmbH und der vertraglichen Ausgestaltung der Tätigkeit ergeben sich unmittelbar aus den Verträgen, Firmenbuch- und Gewerberegisterauszügen. Es bestand kein Grund an diesen zu zweifeln.
2.2.2. Die Feststellungen, dass alle betroffenen Speisenzusteller*innen unter den gleichen Bedingungen wie IM für die beschwerdeführende Partei tätig waren ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Zunächst liegt allen Vertragsverhältnissen die gleiche Zusteller-Basisvereinbarung zu Grunde, und alle im Akt einliegende Rechnungen folgten demselben Muster.
Auch ist der ÖGK nicht entgegenzutreten, dass die bereits vor dem LVwG unter Wahrheitspflicht als Zeug*innen einvernommenen 20 Speisenzusteller*innen im Wesentlichen das gleiche über ihre Tätigkeit für die beschwerdeführende Partei ausgesagt haben (vgl. dazu AZ 7). Soweit in der Beschwerde diesbezüglich ausgeführt wird, dass zumindest fünf Personen in ausgefüllten Fragebögen (AZ 15/181-199) divergierende Angaben gemacht hätten, ist festzuhalten, dass vier dieser Personen auch vor dem LVwG einvernommen wurden und sich ihre dort gemachten Aussagen – im Gegensatz zu den ausgefüllten Fragebögen – nicht von den Aussagen der übrigen 15 Speisenzusteller*innen unterscheiden.
Entscheidungsrelevante Unterschiede zwischen den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen lassen sich somit unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht ausmachen und seitens der beschwerdeführenden Partei unterblieb es im Beschwerdeverfahren allenfalls unberücksichtigt gebliebene Aspekte aufzuzeigen. Im Gegenteil die Beschreibung der Tätigkeit der betroffenen Speisenzusteller*innen in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde entspricht der Beschreibung der Tätigkeit von IM in der Beschwerde im Versicherungspflichtverfahren, der jedoch keine Glaubhaftigkeit zukam (vgl. dazu die Beweiswürdigung der im RIS abrufbare Entscheidung L511 2212042-1).
In Summe erweist sich das Beschwerdevorbringen, es hätten „relevante Sachverhaltsunterschiede“ zwischen den Speisenzusteller*innen bestanden, somit als unsubstantiiert und es ist der ÖGK zu folgen, wonach die verfahrensgegenständlich betroffenen Personen unter den gleichen Bedingungen für die beschwerdeführende Partei tätig waren wie IM.
2.2.3. Soweit die beschwerdeführende Partei im Hinblick auf die Höhe und die Richtigkeit der Beitragsnachforderung sehr allgemein gehalten einwendet, dass es sich um eine nicht nachvollziehbare Schätzung handelt, unterlässt sie es, dieses Vorbringen näher zu substantiieren. So wurde in der Beschwerde nicht konkret dargelegt, in Bezug auf welche Personen, aufgrund welcher näher genannten Umstände die Beitragsnachverrechnung in welchem Umfang unzutreffend sei. Insbesondere wurde auch nicht aufgezeigt, dass bei der Schätzung ein Fehler in der Schätzungsmethode oder der Berechnung der Schätzungsergebnisse unterlaufen wäre, und ist ein solcher auch nicht ersichtlich (vgl. VwGH 28.06.2012, 2009/15/0201; 20.01.2009, 95/15/0015; 24.02.2005, 2003/15/0019). Im Gegenteil, bereits im Bescheid wurden die Schätzgrundlagen klar und nachvollziehbar dargelegt: „Seitens der [S] GmbH wurden lediglich die „OGs“ bekannt gegeben welche die Zustellungen durchführten. Da zusätzlich festgestellt werden konnte, welche Personen für diese „OGs“ tätig waren, wurden die Honorare auf diese Personen aufgeteilt. Die Aufteilung der Honorare erfolgte prozentmäßig aufgrund der mitgeteilten Einkunftsverhältnisse der betroffenen Personen, welche an der jeweiligen „OG“ beteiligt waren. Diese Honorare wurden in weiterer Folge als Beitragsgrundlage für den Bereich Sozialversicherung sowie betriebliche Vorsorge herangezogen und daraus die entsprechenden Beiträge berechnet.“
Zusammenfassend ergibt sich aus Sicht des BVwG kein Grund, die Schätzung der ÖGK in Zweifel zu ziehen.
2.2.4. Dass für die Dienstverhältnisse bis zur Nachverrechnung keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden, ergibt sich aus dem Verfahrensakt und wurde von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten.
2.3. Zu den gestellten Beweisanträgen (Bsw), denen das BVwG nicht nachkam wird folgendes ausgeführt:
2.3.1. Zur beantragten Einvernahme aller von der GPLA betroffenen Zusteller*innen ist festzuhalten, dass vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich [LVwG] 20 Zusteller*innen, darunter IM, einvernommen wurden und übereinstimmende Aussagen gemacht haben. Diese Aussagen decken sich mit jenen, die IM auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gemacht hat, welche vom BVwG für glaubhaft erachtet wurden. Aus Sicht des BVwG bedurfte es daher keiner weiteren Einvernahmen, insbesondere, da auch die beschwerdeführende GmbH im gesamten Verfahren nicht vorbrachte, inwieweit sich die auf dem gleichen Vertragsmuster beruhende Tätigkeit der übrigen Zusteller*innen von jener der einvernommenen Personen unterschieden hätte (vgl. dazu auch VwGH 29.01.2020, Ra2019/08/0154 mwN).
2.3.2. Dem Antrag auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen sowie eines berufskundlichen Gutachten ist zu entgegnen, dass die beschwerdeführende GmbH mit diesem Beweisantrag kein konkretes Beweisthema nennt, nämlich welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch die beantragte Einholung der beiden Gutachten hätten erwiesen werden sollen (VwGH 07.07.2011, 2008/15/0010, mwN; VwGH 20.02.2014, 2012/17/0109). Es handelt sich somit um einen Erkundungsbeweis, zu dessen Aufnahme das VwG nicht verpflichtet ist (für viele VwGH 20.02.2021, Ro2020/02/008 mwN).
2.3.3. Die beantragte Einsichtnahme in die Gewerberegisterauszüge aller Zusteller*innen, ist für das gegenständliche Verfahren nicht von Relevanz, weil daraus nicht ableitbar ist, ob im konkreten Fall eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vorlag (vgl. VwGH 21.12.2011, 2010/08/0129 mwN sowie die Rechtliche Begründung).
2.3.4. Zur beantragten Einvernahme des Einzelunternehmers ist festzuhalten, dass dieser ordnungsgemäß geladen wurde, dieser Ladung jedoch unentschuldigt nicht nachkam (VwGH 25.05.2021, Ra2020/08/0188; 30.11.2020, Ra2020/19/0342, mwN). Im Hinblick auf die am Tag vor der Verhandlung eingelangte Vertagungsbitte des Rechtsvertreters des beschwerdeführenden Einzelunternehmers siehe die Ausführungen unter 3. Verhandlung in Abwesenheit.
3. Zur Verhandlung in Abwesenheit
3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Abwesenheit des Geschäftsführers der beschwerdeführenden GmbH verhandelt.
3.1.1. Versäumt die Partei die Verhandlung, so kann die Verhandlung in ihrer Abwesenheit durchgeführt werden (VwGH 18.06.2015, Ra2015/20/0110; 10.11.2015, Ra2014/19/0166; vgl. auch Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 291;), sofern die Partei ordnungsgemäß geladen wurde, und kein im § 19 Abs. 3 AVG genannten, das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden, Gründe vorliegt (VwGH 26.02.2014, 2012/02/0079; 29.04.2004, 2001/09/0068, uva.).
3.1.2. Vorliegend wurde die beschwerdeführende GmbH durch wirksame Zustellung der Ladung sowohl an den ausgewiesenen Rechtsvertreter als auch an die GmbH ordnungsgemäß geladen. In der Ladung wurde darauf hingewiesen, dass die Verhandlung in Abwesenheit der beschwerdeführenden Partei geführt werden kann, wenn diese die Verhandlung unentschuldigt versäumt.
3.1.3. Am Tag vor der Verhandlung langte ein Schreiben des Rechtsvertreters der beschwerdeführenden GmbH ein, wonach der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden GmbH an einem grippalen Infekt mit hohem Fieber erkrankt sei. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass keinerlei diesbezügliche Bescheinigungen vorgelegt wurden (vgl. dazu VwGH 14.02.2013, 2012/08/0254). Darüber hinaus rechtfertigt die Erkrankung des Rechtsvertreters nicht das Nichterscheinen der beschwerdeführenden Partei in der mündlichen Verhandlung, zumal in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren wie dem gegenständlichen kein Anwaltszwang vorliegt und einer beschwerdeführenden Partei die Verfahrensführung auch ohne Rechtsvertretung jedenfalls aber mit einem Substitut der rechtlichen Vertretung möglich und zumutbar ist.
3.1.4. Das Bundesverwaltungsgericht durfte daher in Abwesenheit verhandeln.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
4.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
4.2. Abweisung der Beschwerde
4.2.1. Beitragsschuldner im Sinne des § 58 Abs. 2 ASVG ist der Dienstgeber jener Dienstnehmer, aufgrund von deren Beschäftigungsverhältnissen die Beitragsschulden entstanden sind (VwGH 26.01.2005, 2002/08/0165), wobei im Verfahren betreffend die Beitragspflicht die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228, E 13.11.1978, 822/78) bildet.
4.2.1.1. Verfahrensgegenständlich stellt sich die entscheidungswesentliche Rechtsfrage eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für eine Vielzahl von Personen, die sich womöglich alle oder zumindest gruppenweise bei Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit in der gleichen Situation befunden haben. In einem solchen Fall können die prozessökonomischen Zielsetzungen des § 39 AVG iVm § 17 VwGVG zB durch die Ermittlung der Sachverhaltselemente, die bei allen Dienstnehmern oder zumindest bei bestimmten Gruppen von ihnen gleichermaßen vorliegen, erreicht werden. Das Verwaltungsgericht kann sich auf die Klärung der in einem oder mehreren Beispielsfällen gegebenen, repräsentativen Sachverhaltskonstellationen beschränken und bei entsprechendem Stand der Ermittlungen und der Vorbringen in freier Beweiswürdigung von weiteren Zeugenvernehmungen Abstand nehmen (VwGH 29.01.2020, Ra2019/08/0154 mwN).
4.2.1.2. Gegenständlich ist die Versicherungspflicht für einen Dienstnehmer rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG L511 2212042-1 festgestellt worden. Daran sind innerhalb der Grenzen der Rechtskraft sowohl die Behörden als auch die Parteien gebunden, weswegen im Verfahren über die Beitragspflicht die Frage der Versicherungspflicht und der Dienstnehmereigenschaft (und der damit verbundenen Dienstgebereigenschaft) nicht neuerlich aufgerollt werden darf (vgl. VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228; 08.03.1994, 1994/08/0031 unter Verweis auf den Stammrechtssatz 06.02.1990, 89/08/0357).
Wie in der Beweiswürdigung detailliert ausgeführt, haben die weiteren betroffenen nachverrechneten Personen die gleiche Tätigkeit unter den gleichen Bedingungen durchgeführt wie im zitierten entschiedenen Versicherungspflichtverfahren, so dass hier ebenfalls von Dienstverhältnissen ausgegangen werden kann (vgl. zur Zulässigkeit der Verallgemeinerung von Einzelfällen VwGH 04.08.2014 2012/08/0132).
4.2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt derjenige als Dienstgeber im Sinne des ASVG, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer oder Lehrling in einem Beschäftigungs- bzw. Lehrverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.
Dass die betroffenen Personen für die beschwerdeführende Partei tätig waren, und diese die Tätigkeit der Betroffenen der P GmbH verrechnet hat, wurde im Verfahren nie bestritten, weshalb diese als Dienstgeberin gemäß § 35 ASVG gilt.
4.2.3. Die beschwerdeführende Partei hat als Dienstgeberin für die gegenständlich betroffenen Dienstnehmer bis zur Feststellung der Versicherungspflicht keine Beiträge gemäß § 58 Abs. 1 ASVG entrichtet, weshalb diese zu Recht vorgeschrieben wurden.
4.2.4. Der Höhe der nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge ist die beschwerdeführende Partei nicht substantiiert entgegengetreten, so dass die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen ist.
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision
Sowohl die gegenständliche Beurteilung der Vorfrage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 2 ASVG als auch die Beurteilung der Beitragspflicht gemäß § 58 Abs. 2 ASVG erfolgte anhand der jeweils wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Zur Verbindlichkeit einer rechtskräftigen Versicherungspflicht im Verfahren über die Beitragspflicht insbesondere VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228 mwN. Zur Zulässigkeit der Heranziehung eines Musterfalles VwGH 04.08.2014 2012/08/0132.
Es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
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