AlVG §25
AlVG §38
AlVG §50
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W121.2239703.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Maria BUHR (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) und Ing. Robert FODROCZI (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Ingo RIß, gegen die Beschwerdevorentscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) vom XXXX wurde der Bezug von Notstandshilfe des Beschwerdeführers für den Zeitraum XXXX bis XXXX widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € XXXX verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Leistungen zu Unrecht bezogen hätte, da er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Pflichtversicherung unterlegen sei und keine Arbeitslosigkeit vorgelegen hätte.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und gab im Wesentlichen an, dass er im XXXX zwar bei der XXXX geringfügig beschäftigt gewesen sei und € XXXX verdient hätte. Darüber hinaus hätte er einen Probetag bei der XXXX absolviert. Er hätte jedoch am XXXX lediglich vier Stunden bei der XXXX gearbeitet und das Dienstverhältnis sodann aufgelöst bzw. beendet, da es ihm nicht gefallen hätte. Er hätte bei dieser kurzen Tätigkeit insgesamt € XXXX verdient. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb das AMS § 21a AlVG nicht angewendet habe. Es hätte nur zu einer Anrechnung aus vorübergehender Erwerbstätigkeit kommen dürfen, da er nur einen Tag gearbeitet und es sich um eine vorübergehende Beschäftigung gehandelt hätte. Immerhin sei diese für weniger als 4 Wochen vereinbart gewesen. Folglich hätte es zu einer bloßen Minderung der Notstandshilfe kommen dürfen.
Mit verfahrensgegenständlicher Beschwerdevorentscheidung des AMS vom XXXX wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend führte das AMS nach Wiedergabe des Sachverhaltes aus, dass der belangten Behörde im Wege einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes vom XXXX bekannt geworden sei, dass beim Beschwerdeführer für den gesamten XXXX eine Versicherung mit dem Qualifikationscode „B8“ vorliege. Dieser besage „Vollversicherung aufgrund mehrfacher geringfügiger Beschäftigung – Arbeiter(in)“. Der Beschwerdeführer sei neben der laufenden geringfügigen Beschäftigung bei der XXXX auch noch bei der XXXX geringfügig beschäftigt gewesen. Bei der XXXX habe er im XXXX ein Einkommen von € XXXX , bei der XXXX hingegen für seine Arbeit am XXXX € XXXX erhalten, sohin ein Einkommen in Höhe von insgesamt XXXX lukriert und damit die Geringfügigkeitsgrenze des XXXX XXXX überstiegen; im XXXX habe sohin keine Arbeitslosigkeit vorgelegen. Da der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig gemeldet habe, dass er neben seiner laufenden geringfügigen Beschäftigung ein weiteres Dienstverhältnis eingegangen sei und insgesamt XXXX verdient hätte, habe er den Bezug des Arbeitslosengeldes für XXXX zu Unrecht herbeigeführt. Es liege daher ein Rückforderungstatbestand vor. Der vom Beschwerdeführer genannte § 21a AlVG sei aufgrund der fehlenden Arbeitslosigkeit bei geringfügigen Beschäftigungen nicht anzuwenden.
Der Beschwerdeführer stellte fristgerecht einen Vorlageantrag.
Mit Schreiben vom XXXX übermittelte der Beschwerdeführer einen ergänzenden Schriftsatz zum Vorlageantrag und monierte erneut, dass § 21a AlVG anwendbar sei.
Mit Schreiben vom XXXX bestritt das AMS erneut die Anwendbarkeit der angeführten Bestimmung beim Zusammentreffen zweier geringfügiger Beschäftigungen.
Am XXXX wurde eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG durchgeführt. Der Beschwerdeführer wurde in Anwesenheit seines Rechtsvertreters von der Vorsitzenden Richterin sowie den Laienrichtern befragt. Ein Behördenvertreter nahm ebenfalls an der Verhandlung teil. Im Wesentlichen wurden erneut die unterschiedlichen Rechtsansichten hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 21a AlVG dargelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer wurde bei jeder seiner Antragstellungen auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe darüber informiert, dass er gemäß § 50 AlVG verpflichtet ist, dem AMS spätestens innerhalb einer Woche nach Eintritt des Ereignisses, insbesondere jede Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse oder jede andere für den Fortbestand und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung zu melden.
Der Beschwerdeführer bezog von XXXX – mit kurzen Unterbrechungen – Notstandshilfe. Im XXXX betrug die Tagsatzhöhe € XXXX . Von XXXX bis XXXX lag eine Bezugsunterbrechung wegen Anspruchs auf Krankengeld vor. Mit Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe vom XXXX gab der Beschwerdeführer dem AMS bekannt, dass er bei der XXXX eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aufgenommen hat. Der Beschwerdeführer war (bereits) ab XXXX bei der XXXX geringfügig beschäftigt. Im XXXX lukrierte er € XXXX aus diesem Dienstverhältnis.
Aufgrund einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes vom XXXX wurde der belangten Behörde bekannt, dass der Beschwerdeführer (zumindest) am XXXX neben der geringfügigen Beschäftigung bei der XXXX auch noch bei der XXXX beschäftigt gewesen ist.
Vor Arbeitsantritt wurde zwischen der XXXX und dem Beschwerdeführer ein geringfügiges Dienstverhältnis (nicht weniger als vier Wochen) vereinbart. Ein schriftlicher Dienstvertrag liegt nicht vor.
Der Beschwerdeführer war bei der XXXX jedoch nur am XXXX vier Stunden lang tätig. Er erhielt hierfür ein Entgelt in Höhe von € XXXX ; die Aufnahme dieser Beschäftigung meldete er nicht der belangten Behörde. Am nächsten Tag beendete er das Dienstverhältnis mit der XXXX , da es ihm nicht zusagte. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer auch am XXXX bei der XXXX gearbeitet hat.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zum Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergeben sich aus dem Bezugsverlauf und Versicherungsverlauf und sind unstrittig. Insbesondere liegen die Anträge auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung im Akt ein.
Die Feststellungen zum Dienstverhältnis und dem jeweiligen Ausmaß (geringfügig) ergeben sich aus dem Ermittlungsverfahren und Bezugsverlauf. Dass der Beschwerdeführer am XXXX geringfügig bei der XXXX gearbeitet hat und ein Einkommen in Höhe von € XXXX lukriert hat, ergibt sich aus dem diesbezüglich vorgelegten Lohnzettel sowie den Angaben des Beschwerdeführers und im Akt aufliegenden Angaben des Dienstgebers, wonach es sich um ein geringfügiges Dienstverhältnis handelte sowie der Überlagerungsmeldung des HV. Dass dieses für weniger als vier Wochen vereinbart gewesen wäre, haben weder der Beschwerdeführer noch der Dienstgeber behauptet. Vielmehr gab der Beschwerdeführer im Verfahren selbst an, dass er das Dienstverhältnis nach einem Tag aufgelöst hat, da ihm die Arbeit nicht gefallen habe. Der Beschwerdeführer bestritt jedoch, auch am XXXX bei der XXXX gearbeitet zu haben, wiewohl ein diesbezüglicher Lohnzettel im Akt aufliegt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er am XXXX ebenfalls dort gearbeitet hätte zumal der Beschwerdeführer dies im gesamten Verfahren bestritt. Verfahrensgegenständlich ist es jedoch ohnehin nicht relevant, ob der Beschwerdeführer auch am XXXX einer Beschäftigung bei der XXXX nachging, zumal er mit dem bereits zu diesem Zeitpunkt erzielten Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze überschritt, wie in der rechtlichen Beurteilung noch ersichtlich sein wird.
Dass der Beschwerdeführer von XXXX bei der XXXX geringfügig beschäftigt war, ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf. Im XXXX lukrierte er laut im Akt aufliegender Lohn-Gehaltsabrechnung € XXXX aus diesem Dienstverhältnis. Dies wurde auch nicht bestritten. Vielmehr gab der Beschwerdeführer die erzielten Beträge auch selbst im Rahmen seiner Beschwerdeschrift an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.
In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.
3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3. Beschwerdegegenstand:
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG erlassen und die beschwerdeführende Partei hat einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG gestellt. Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. § 56 Abs. 2 AlVG erweitert die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle auf insgesamt zehn Wochen.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP , 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.
3.4. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest (vgl. zuvor Punkt II.1.). Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
3.5. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßbegebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:„Arbeitslosigkeit
§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer
1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,
2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und
3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.
(2) […]
(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:
a) wer in einem Dienstverhältnis steht; […]
(6) Als arbeitslos gilt jedoch,
a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben; […]
Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit
§ 21a. (1) Das aus vorübergehender Erwerbstätigkeit erzielte Nettoeinkommen in einem Kalendermonat ist auf das an den verbleibenden Anspruchstagen gebührende Arbeitslosengeld in diesem Kalendermonat anzurechnen. Als vorübergehende Erwerbstätigkeit gelten Beschäftigungen, die für weniger als vier Wochen vereinbart wurden, und selbständige Erwerbstätigkeiten, die weniger als vier Wochen lang ausgeübt werden.
(2) Als Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 gilt das auf der Lohnbestätigung bzw. auf der Honorarnote ausgewiesene Einkommen abzüglich der abgeführten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.
(3) Bei der Anwendung des Abs. 1 ist der tägliche Anrechnungsbetrag in der Weise zu ermitteln, dass das Nettoeinkommen um den der Geringfügigkeitsgrenze für den Kalendermonat gemäß § 5 Abs. 2 ASVG entsprechenden Betrag zu vermindern und 90 vH des verbleibenden Betrages durch die Zahl der Tage im Kalendermonat zu teilen ist.
Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes
§24 (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.
(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.
§ 25 (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. [...]
(2) – (5) […]
(6) Eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß Abs. 2 besteht nur, wenn eine solche innerhalb von drei Jahren nach dem jeweiligen Leistungszeitraum verfügt wird. Eine Verfügung zur Nachzahlung ist nur für Zeiträume zulässig, die nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Wird eine Nachzahlung beantragt, so ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die nicht länger als drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Antragstellung liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise. […]
Anzeigen
§ 50. (1) Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung. Bei Bezug von Weiterbildungsgeld oder Bildungsteilzeitgeld trifft die Anzeigepflicht auch den Arbeitgeber. […]
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG in der im April 2019 geltenden Fassung gilt ein Beschäftigungsverhältnis insbesondere als geringfügig, wenn im Kalendermonat kein höheres Entgelt als € 446,81 gebührte.
Ein Beschäftigungsverhältnis gilt gemäß § 5 Abs. 3 ASVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Fassung nicht als geringfügig, wenn
1. das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Abs. 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder die für mindestens einen Monat oder auf unbestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung im Lauf des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde;
2. es sich um eine Beschäftigung als HausbesorgerIn nach dem Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970, handelt, außer während der Zeit eines Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979, oder einer Karenz nach dem MSchG oder dem Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl. Nr. 651/1989, oder bei Anspruch auf Wochengeld.
Gemäß § 471f ASVG gelten die Sonderbestimmungen des Abschnitts Ib (Anmerkung: u.a. § 471h Abs. 1 ASVG) für Dienstnehmer [...], wenn deren monatliche allgemeine Beitragsgrundlagen (§ 44 Abs. 2) aus zwei oder mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nach diesem Bundesgesetz [...] den im § 5 Abs. 2 angeführten Betrag übersteigen bzw. voraussichtlich übersteigen werden (§ 471g).
Gemäß § 471h Abs. 1 ASVG beginnt die Pflichtversicherung in dem Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, und zwar rückwirkend mit jenem Tag, an dem in diesem Kalendermonat erstmalig eine geringfügige Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz [...] aufgenommen worden ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. endet die Pflichtversicherung mit dem Ablauf des Kalendermonates, in dem die Voraussetzungen hiefür wegfallen.
3.6. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Im Praxiskommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz (vgl. Sdoutz/Zechner Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar I, April 2020, § 21a, Rz 481) findet sich zunächst folgende Passage: „§ 21a Abs 1 zweiter Satz AlVG besagt, dass unter einer vorübergehenden Erwerbstätigkeit – und nur eine solche führt zur Anrechnung des Einkommens auf den Leistungsanspruch an den restlichen Tagen des Kalendermonats – unselbstständige Beschäftigungen zu verstehen sind, die für weniger als vier Wochen -vereinbart, also befristet abgeschlossen werden.“
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid ausschließlich insoweit, als er die Meinung vertritt, § 21a AlVG müsse zur Anwendung kommen. Nach dieser Bestimmung sei das aus vorübergehender Erwerbstätigkeit erzielte Nettoeinkommen in einem Kalendermonat auf das an den verbleibenden Anspruchstagen gebührende Arbeitslosengeld in diesem Kalendermonat anzurechnen. Als vorübergehende Erwerbstätigkeit gelten Beschäftigungen, die für weniger als vier Wochen vereinbart wurden [...].
Der Beschwerdeführer verkennt mit dieser Auffassung jedoch, dass unabhängig davon, ob sein Beschäftigungsverhältnis bei der XXXX als ein vorübergehendes anzusehen ist, es bei der Zusammenrechnung gemäß § 471f ASVG hinsichtlich des Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze nicht darauf ankommt, ob es sich um vorübergehende oder nicht vorübergehende geringfügige Erwerbstätigkeiten handelt. Vielmehr ergibt sich aus § 471f iVm § 471h ASVG, dass die Pflichtversicherung für Dienstnehmer in dem Kalendermonat beginnt, wenn deren monatliche allgemeine Beitragsgrundlagen (§ 44 Abs. 2) aus zwei oder mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen den im § 5 Abs. 2 angeführten Betrag übersteigen bzw. voraussichtlich übersteigen werden.
Der Beschwerdeführer hat im XXXX zusätzlich zu seiner dem AMS ab XXXX bekannt gewesenen geringfügigen Beschäftigung (ab XXXX ) eine weitere geringfügige Beschäftigung bei der XXXX (ab XXXX ) aufgenommen. Der Beschwerdeführer beendete dieses Beschäftigungsverhältnis am folgenden Tag. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer dem AMS die Beschäftigung bei der XXXX nicht mitgeteilt hat. Dass der Beschwerdeführer durch seine beiden geringfügigen Beschäftigungen im XXXX insgesamt XXXX (€ XXXX + € XXXX ) lukriert hat, ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Lohnzetteln und wurde auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift bestätigt.
Damit steht außer Zweifel, dass der Beschwerdeführer im XXXX aus mehreren geringfügigen Beschäftigungen ein Entgelt erzielte, welches die zu diesem Zeitpunkt geltende Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von € XXXX überstieg, weshalb der Beschwerdeführer im gesamten XXXX gemäß § 12 Abs. 1 und 6 lit. a AlVG unter Berücksichtigung von § 471h ASVG nicht als arbeitslos galt. Die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes war daher gemäß § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen und erfüllt der Beschwerdeführer dadurch, dass er dem AMS nicht mitgeteilt hat, dass er eine Beschäftigung bei der XXXX aufgenommen hat, den Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG.
Da die Beschäftigung zur XXXX als geringfügig zu qualifizieren ist, kommt § 471 h ASVG zur Anwendung, und hat das AMS daher zu Recht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer zum Ersatz der für XXXX erhaltenen Notstandshilfe verpflichtet ist.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass sich, wie festgestellt und beweiswürdigend dargelegt, aus den Ausführungen des Beschwerdeführers und den im Akt aufliegenden Angaben des Dienstgebers zudem ergeben hat, dass das Dienstverhältnis bei der XXXX als geringfügiges Dienstverhältnis und nicht als vorübergehende Erwerbstätigkeit (für weniger als vier Wochen) vereinbart wurde, somit eine Anwendung der Anrechnungsbestimmungen gemäß § 21a Abs 1 zweiter Satz AlVG jedenfalls nicht in Betracht kommt.
Den Ausführungen des Beschwerdeführervertreters in der mündlichen Verhandlung, wonach der Beschwerdeführer innerhalb von 8 Wochen eine Vollzeitbeschäftigung angenommen habe, ist entgegenzuhalten, dass in gegenständlicher Angelegenheit kein § 10 oder § 11 AlVG zu beurteilen waren, wo eventuelle Nachsichtgründe zu behandeln wären, bei denen u.a. die Aufnahme einer vollversicherten Beschäftigung innerhalb einer gewissen Frist zu berücksichtigen wären. Zum übrigen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ist festzuhalten, dass bevor § 21a AlVG überhaupt zur Anwendung kommen kann, § 12 AlVG zu prüfen ist und sich aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 lit. a iVm § 12 Abs. 6 lit. a AlVG ergibt, dass das Einkommen aus mehreren geringfügigen Beschäftigungen zusammenzurechnen ist.
Dies ergibt sich auch nicht zuletzt aus dem Grundgedanken des Gesetzgebers bei Einführung des § 21a AlVG. So findet sich etwa im Praxiskommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz (vgl. Sdoutz/Zechner Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar I, April 2020, § 21a, Rz 478) folgende Passage: „Bis 31.12.1997 war der Bezug von Arbeitslosengeld bei einem über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze liegenden Einkommen mangels Arbeitslosigkeit generell nicht möglich. Seit 1.1.1998 (BGBl I 1998/6) gilt bei vorübergehender Erwerbstätigkeit eine Anrechnungsbestimmung (§ 21a AlVG), die bei einem Einkommen aus vorübergehender Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze nicht zu einem gänzlichen Wegfall des Leistungsbezuges führt, sondern das Arbeitslosengeld nur vermindert. Dadurch sollten Härtefälle vermieden und dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Arbeitslosen die Möglichkeit der vorübergehenden bzw tageweisen Beschäftigung gegeben sein soll, ohne deshalb gleich den gänzlichen Verlust des Arbeitslosengeldes fürchten zu müssen.“
Arbeitslosigkeit lag somit im XXXX , wie bereits dargelegt, fallgegenständlich nicht vor.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
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