VwGVG §28 Abs2 Z1
WG 2001 §26 Abs1 Z2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W122.2231728.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ERNSTBRUNNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , wohnhaft in XXXX vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Kazim YILMAZ, Volksgartenstraße 3, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 24.02.2020, GZ P1420753/4-MilKdo W/Kdo/ErgAbt/2019 (7), in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2020, GZ P1420753/4-MilKdo W/Kdo/ErgAbt/2019 (9) zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX der Stellung unterzogen und für tauglich befunden.
Am 13.11.2018 wurde dem BF ein Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst zum Einrückungstermin XXXX zugestellt. Dieser Einberufungsbefehl wurde über Wunsch des BF mit Bescheid, zugestellt am 04.03.2019, auf den Einberufungstermin XXXX abgeändert und am 07.03.2019 zugestellt.
2. Am 29.01.2020 ersuchte der BF um befristete Befreiung vom Grundwehrdienst aus wirtschaftlichen und sportlichen Gründen, sofern er nicht von der Einberufung zum Grundwehrdienst ausgeschlossen wäre.
Begründend wurde ausgeführt, dass der BF derzeit Profifußballer beim XXXX sei und deswegen darum ersuche, den Präsenzdienst bis nach der Rückkehr aus dem Ausland aufzuschieben. Aus unerklärlichen Gründen hätte der BF das Schreiben vom 28.07.2019 mit dem Einberufungsbefehl bei seinen Eltern hinterlegt. Aufgrund des Schreibens vom Jägerbataillon 12 in Amstetten vom 19.12.2019, welches die Mutter des Beschwerdeführers entgegennahm, sei dieser auf den Einberufungsbefehl aufmerksam geworden. Der BF sei Profifußballer und laut Vertrag seit XXXX beim XXXX tätig. Dieser Vertrag sei bis zum XXXX gültig.
3. Der BF leistete dem Einberufungsbefehl für den XXXX keine Folge.
4. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, im Zuge dessen der BF die oben genannte Transfervereinbarung sowie seinen Vertrag mit dem XXXX vorlegte, erließ die belangte Behörde den bekämpften Bescheid, mit dem der Antrag auf Aufschub des Grundwehrdienstes gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 abgewiesen wurde.
Nach Darlegung des Verfahrensganges sowie näherer Details zur Laufbahn des BF als Profifußballer wurde in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass beim BF ein wirtschaftliches Interesse an der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes vorläge, dieses sei aber nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle, da der BF die ihm obliegende Harmonisierungspflicht im Sinne der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verletzt habe, die grundsätzlich zum Zeitpunkt der Feststellung der Tauglichkeit beginne.
Zumindest seit der Feststellung der Tauglichkeit am XXXX und seit Erhalt des Einberufungsbefehls am 13.11.2018 hätte der Beschwerdeführer die Planung und Gestaltung seiner wirtschaftlichen und beruflichen Angelegenheiten im Sinne einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes so vorzunehmen gehabt, dass für den Fall der zu erwartenden Einberufung vorhersehbare oder zu befürchtende Schwierigkeiten vermieden werden oder möglichst verringert werden.
Nach der näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre es Sache des Wehrpflichtigen, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einzurichten, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden. Ungeachtet dessen hätte der Beschwerdeführer am XXXX einen Vertrag mit dem oben genannten Fußballverein beginnend mit dem selben Tag unterzeichnet. Der Grundsatz der Dispositionspflicht im Hinblick auf eine bevorstehende Präsenzdienstleistung wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf den Fall zu übertragen, dass sich der Wehrpflichtige auf die angebliche Bedrohung seiner Existenz und die damit verbundene finanzielle Benachteiligung beruft. Da der Beschwerdeführer vor Antritt des Grundwehrdienstes erst eine Situation geschaffen hätte, die mit seiner Leistung des Grundwehrdienstes schwer zu vereinbaren wäre und daraus in der Folge einen Befreiungsgrund ableite, wäre die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner wirtschaftlichen Interessen zu verneinen. Die Militärbehörde hätte alles zu vermeiden, was als eine Bevorzugung des Wehrpflichtigen hinsichtlich der befristeten Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes ausgelegt werden könnte. Nach dem Grundsatz der gerechten Behandlung von Wehrpflichtigen, die den Antrag auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes eingebracht hätten, wären bei Auswirkungen beruflicher Art nur dann besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen anzunehmen, wenn die nachteiligen Auswirkungen über das allen Wehrpflichtigen gleichermaßen zumutbare Ausmaß hinausgehen würden.
Demnach würde auch die Tatsache allein, dass der Beschwerdeführer den Beruf als Fußballspieler ausüben würde keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen oder familiären Interessen darstellen. Dies würde bedeuten, dass ein Fußballspieler nicht zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes herangezogen werden könnte. Eine solche Bevorzugung einer Berufsgruppe könne jedoch dem Willen des Gesetzgebers nicht unterstellt werden.
Die vom Arbeitgeber des Beschwerdeführers geltend gemachten Gründe seien hinsichtlich etwaiger Interessen gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz vom Bundesministerium für Landesverteidigung geprüft worden. Interessen im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz hätten nicht erkannt werden können.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Ausschlusses von der Einberufung gemäß § 25 Abs. 1 Z. 4 Wehrgesetz 2001 könne nicht Gegenstand des Verfahrens sein. Es hätte den vorliegenden Sachverhalt nicht entnommen werden können, dass der Beschwerdeführer in einer Ausbildung stehen würde.
Die Angabe, dass der Beschwerdeführer den Einberufungsbefehl für den Einberufungstermin zu spät geöffnet hätte, werde als gegeben angenommen.
Familiäre Interessen, die vor allem dann in Betracht zu ziehen wären, wenn die Befreiung eines Wehrpflichtigen zur Erhaltung der Gesundheit eines Familienmitgliedes erforderlich wäre, hätte der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und es hätten solche Interessen im Zuge des Verwaltungsverfahrens auch nicht erkannt werden können.
In Anbetracht dessen, dass der Beschwerdeführer vom maßgeblichen Sachverhalt Kenntnis gehabt hätte, hätte im Verfahren die Durchführung des Parteiengehörs unterbleiben können.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 20.03.2020 rechtzeitig Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen auf das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen.
Der Beschwerdeführer beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den Bescheid dahingehend abändern, dass der Beschwerdeführer von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes befreit werde in eventu der Beschwerdeführer für die Dauer seiner Tätigkeit als hauptberuflicher Fußballspieler von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes befreit werde in eventu der Beschwerdeführer bis zum Ablauf des XXXX von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes befreit werde in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.
Der Beschwerdeführer hätte bereits im Alter von sechs Jahren seine fußballerische Ausbildung begonnen. Dabei hätte der Beschwerdeführer in die Ausbildung zum Profifußballer seit seiner frühen Kindheit sowohl materiell als auch immateriell äußerst viel investiert und viele Opfer erbracht. Der Beschwerdeführer hätte 15 Jahre in diese Berufsausbildung investiert. Der Alltag des Beschwerdeführers sowohl in seiner Kindheit als auch in seiner Jugend wäre geprägt vom gezielten täglichen Training, Freizeitverzicht, strengste geregelte Ernährung und harter disziplinierter Arbeit gewesen. Der Beschwerdeführer hätte seinen Lebensweg auf dieses Berufsziel gerichtet. Daher hätte er ein wirtschaftliches Interesse daran, die dafür getätigten Aufwendungen durch seine Profikarriere bzw. den Profivertrag fruchtbringend zu machen. Widrigenfalls wären sämtliche Aufwendungen umsonst gewesen. Sechs Monate Grundwehrdienst in Österreich würden den langersehnten Traum des Beschwerdeführers platzen lassen und seine Karriere wesentlich beeinträchtigen. Der Beschwerdeführer könnte den Vertrag nicht erfüllen und würde somit seine Tätigkeit als hauptberuflicher Fußballer in der genannten Klasse verlieren. Durch die Leistung des Grundwehrdienstes würde sein weiteres berufliches Fortkommen unwiderruflich, nachhaltig und massiv geschädigt werden. Der Beschwerdeführer hätte somit umsonst in eine Ausbildung für einen Beruf investiert, den er danach auf diesem Spitzenniveau nie wieder ausüben werde können.
Sein Klub würde sich einen Ersatz holen, sodass ein Wiedereinstieg des Beschwerdeführers nach sechs Monaten nicht möglich sein werde, selbst wenn der Beschwerdeführer auf den aktuellen Spitzenniveau wäre, was aufgrund des mangelnden Trainings nicht möglich wäre.
Auch wenn der Beschwerdeführer nach einer sechsmonatigen Unterbrechung vom Spitzensport wieder anfangen sollte Fußball zu spielen, werde es sehr schwer bis unmöglich, das vor der Ableistung des Grundwehrdienstes innegehabte Niveau zu erreichen. Eine dauerhafte Fortsetzung der Karriere des Beschwerdeführers in der genannten Spielklasse wäre nicht möglich, sollte der Beschwerdeführer den Grundwehrdienst leisten müssen.
Während des sechsmonatigen Grundwehrdienstes wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich, an den gezielten, mehrmals täglich stattfindenden Trainingseinheiten seines Clubs teilzunehmen, sodass er einen nie wieder aufzuholenden Rückstand erleiden würde. Es wäre ungewiss, ob der Beschwerdeführer jemals wieder als Profi-Fußballspieler arbeiten können würde.
Auch wenn der Beschwerdeführer im Gegensatz zum in einer genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes angeführten Balletttänzer körperlich in der Lage wäre, den Grundwehrdienst medizinisch unbeschadet auszuüben, so hätte er während des Grundwehrdienstes dennoch nicht die Möglichkeit, sich als Spitzenfußballspieler weiterzuentwickeln oder auch nur sein Niveau zu halten.
Auch aufgrund der vorgegebenen Mahlzeiten im Rahmen des Grundwehrdienstes könnte der Beschwerdeführer nicht die streng geregelten Ernährungsvorgaben einhalten. Gerade die Ernährung wäre heutzutage für den Spitzenfußball von enormer Bedeutung und wesentlich für die sportlichen Spitzenleistungen.
Es sei davon auszugehen, dass die weitere Karriere des Beschwerdeführers im Spitzenprofifußball zerstört werde, wenn er den Grundwehrdienst leisten müsse. Der Beschwerdeführer würde einen Verdienstentgang von mehreren Millionen Euro erleiden. Der Club hätte angekündigt, rechtliche Schritte gegen den Beschwerdeführer zu setzen, wenn der Beschwerdeführer den Verein aufgrund des Grundwehrdienstes verlassen würde. Regresszahlungen in Millionenhöhe wären im Raum. Dies würde eine Existenzvernichtung für ihn bedeuten.
Die Tätigkeit des Profifußballers würde durchschnittlich nur max. 10 bis 15 Jahre ausgeübt werden können. Umso massiver wären die wirtschaftlichen und beruflichen Nachteile für den Beschwerdeführer.
Daher würden besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz vorliegen und die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes erforderlich.
Die Argumente der belangten Behörde hinsichtlich der Harmonisierungspflicht würden nicht zutreffen, da der Beschwerdeführer seine Ausbildung bereits mit seinem sechsten Lebensjahr begonnen hätte. In diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auf die Entscheidung zu einem hauptberuflichen Balletttänzer, der sich elf Jahre seit seinem siebenten Lebensjahr für seinen Beruf als Solo-Balletttänzer ausgebildet hätte.
Unter anderem nahm der Beschwerdeführer Bezug auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.01.2018, W122 2175779-1.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz würden im gegenständlichen Fall erfüllt sein, da die genannten besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen eine Befreiung erfordern würden.
6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 20.03.2020 gegen den Bescheid vom 24.02.2020 ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und des Sachverhaltes sowie der vorgebrachten Beschwerdegründe im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer wie jeder Profisportler vor dem Problem stehe, dass ihm nur eine gewisse Zeit der Berufsausübung zur Verfügung stehe. Mit dem Argument des Beschwerdeführers könnte kein Sportler mehr zeitgerecht zur Ableistung des Grundwehrdienstes herangezogen werden, weil sich alle Sportler in dauerndem Training befinden würden und eine weitere Verbesserung der entsprechenden Fähigkeiten in jeder Sportart angestrebt werde und auch faktisch möglich wäre.
Zum Vorbringen der vorgegebenen Mahlzeiten führte die belangte Behörde an, dass generell großer Wert auf ausgewogene Ernährung gelegt werde und ein umfangreiches Kostangebot im Rahmen des Grundwehrdienstes geboten werde.
Die Vorbringen, dass der Österreichische Fußballbund höchstes Interesse am Beschwerdeführer für das österreichische Nationalteam hätte und der XXXX Fußballverband starkes Interesse am Beschwerdeführer für die XXXX Nationalmannschaft hätte, würden lediglich in der Zukunft liegende Ereignisse darstellen. Die Behörde hätte nur von solchen Tatsachen auszugehen, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bereits bestünden.
Die vom Österreichischen Fußballbund geltend gemachten Gründe seien hinsichtlich etwaiger Interessen gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz vom Bundesministerium für Landesverteidigung geprüft worden. Derartige Interessen hätten nicht erkannt werden können.
Familiäre Interessen seien nicht geltend gemacht worden. In Anbetracht der Tatsache, dass dem Beschwerdeführer der maßgebliche Sachverhalt bekannt war, hätte die Durchführung eines Parteiengehörs unterbleiben können.
7. Nach Vorlageantrag vom 27.05.2020 legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 08.06.2020 den Bescheid, die Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung, den Vorlageantrag und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer eine sogenannte gutachterliche Stellungnahme vom 17.06.2020 eines ehemaligen Fußballspielers und Vereinskollegen des Beschwerdeführers vor. Eine Befundaufnahme, Darlegung des Deduktionsprozesses und nachvollziehbare Schlussfolgerung enthält diese Stellungnahme nicht. Im Wesentlichen führte der ehemalige Fußballspieler an, dass der Beschwerdeführer seinen Wechsel zum genannten Verein unter Berücksichtigung des in Österreich abzuleistenden Grundwehrdienstes nicht planen hätte können. Es wäre davon auszugehen, dass die weitere Karriere des Beschwerdeführers im Spitzen-Profifußball zu Ende gehen würde, wenn er den Grundwehrdienst leisten müsse.
Mit Schreiben des österreichischen Botschafters im Land, in dem der Beschwerdeführer Fußball spielt, vom 23.07.2020 brachte dieser vor, dass die sportlichen Leistungen des Beschwerdeführers gegen die besten Fußballspieler der Welt zum Prestige und Ansehen Österreichs in XXXX beitragen würden. Für das Image Österreichs wäre es förderlich, wenn ein österreichischer Staatsbürger in der genannten Spielklasse erfolgreich tätig wäre. Aus Sicht der Österreichischen Botschaft wäre es für die bilateralen Beziehungen vorteilhaft, wenn der Beschwerdeführer vom Grundwehrdienst in Österreich befreit werden würde und weiterhin so erfolgreich in der genannten Liga spielen könnte.
Der Beschwerdeführer brachte in der Folge Zeitungsartikel und eine Kurve zu seinem Marktwertverlauf bei, welche die Erfolge des Beschwerdeführers belegten.
Mit Stellungnahme vom 30.07.2020 führte die belangte Behörde an, dass die Situation des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen werde und verwies auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Harmonisierungspflicht auch für Berufssportler gelten würde. Unter einem wurde die österreichische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers belegt. Er würde auch die XXXX Staatsbürgerschaft besitzen.
Mit Schreiben vom 11.08.2020 der Bundesministerin für Landesverteidigung an den Anwalt des Beschwerdeführers hielt diese fest, dass der Beschwerdeführer für die XXXX U21-Nationalmannschaft gegen Österreich gespielt hätte. Im Internet werde der wehrpflichtige Beschwerdeführer in den einschlägigen Transfermarkt - Portalen als aktueller Nationalspieler der XXXX publiziert. Auf der Homepage seines Clubs werde er ausschließlich unter der XXXX Staatszugehörigkeit dargestellt und es fände sich kein Hinweis auf dessen österreichische Staatszugehörigkeit. Der Beschwerdeführer würde keinem Kader der österreichischen Nationalmannschaft zugehörig sein. Es würden keine öffentlichen Interessen für eine befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes i.V.m. einer vorzeitigen Entlassung durch das Bundesministerium für Landesverteidigung erkannt werden.
Der Beschwerdeführer wäre im Besitz eines aufrechten Einberufungsbefehls für den Grundwehrdienst für den Einberufungstermin XXXX und hätte diesen noch nicht angetreten. In diesem Zusammenhang werde auf das Militärstrafgesetz hingewiesen, wonach Wehrpflichtige, die ihrem Einberufungsbefehl länger als 30 Tage nicht Folge leisten, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen sind.
Mit ergänzender Mitteilung vom 27.11.2020 brachte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht verschiedene Fotos von Erfolgen des Beschwerdeführers und das oben genannte Schreiben der Bundesministerin für Landesverteidigung dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis.
Im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs brachte der Beschwerdeführer am 18.01.2021 einen aktuellen Artikel einer österreichischen Tageszeitung in Vorlage, wonach ihm Österreich sehr wichtig wäre und er Lust auf Schnitzel hätte. Er werde immer ein XXXX sein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.
Für das Bundesverwaltungsgericht steht folgender Sachverhalt fest:
Der am XXXX in Österreich geborene Beschwerdeführer ist Profifußballspieler und österreichischer sowie XXXX Staatsbürger.
Am XXXX wurde der BF der Stellung unterzogen und für tauglich befunden. Er wurde aufgrund eines Einberufungsbefehles verpflichtet, den Präsenzdienst am XXXX anzutreten.
Am XXXX schloss der Beschwerdeführer einen Vertrag als Profifußballer mit dem XXXX ab. Der Beschwerdeführer leistete dem Einberufungsbefehl keine Folge. Am 29.01.2020 brachte der Beschwerdeführer den Befreiungsantrag ein.
Der Beschwerdeführer wäre auch nach der Ableistung des Grundwehrdienstes in der Lage, seinen Beruf als Fußballspieler auszuüben. Weder kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Grundwehrdienstes seinen Vertrag mit einem Fußballklub verlieren würde, noch dass seine wirtschaftliche Existenz durch den Grundwehrdienst gefährdet wäre.
Im Zeitpunkt des Abschlusses seines Vertrages mit einem Fußballklub einer hervorgehobenen Spielklasse war dem Beschwerdeführer aufgrund seiner bereits erfolgten Feststellung der Tauglichkeit bewusst, dass er den Grundwehrdienst abzuleisten hat. Dennoch traf der Beschwerdeführer Dispositionen, die ihm nunmehr – nach seiner Ansicht - die Ausübung des Grundwehrdienstes erschweren.
Die Ausbildung des Beschwerdeführers zum hauptberuflichen Fußballspieler ist abgeschlossen.
2. Beweiswürdigung
Obige Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der diesbezüglich unbestrittenen Aktenlage und sowie dem Parteienvorbringen getroffen werden.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer auch nach Ableistung des Grundwehrdienstes als Fußballspieler arbeiten wird können, entspricht seinen eigenen Behauptungen, die lediglich darauf abzielen, dass er nicht mehr in der Lage sein könnte, in der genannten hervorgehobenen Spielklasse eingesetzt werden zu können. Die Feststellungen hinsichtlich der Kenntnis über seinen abzuleistenden Grundwehrdienst ergibt sich aus dem Datum der Feststellung der Eignung und dem Datum des Vertragsabschlusses. Auf Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen, wonach er als tauglicher männlicher Staatsbürger den Grundwehrdienst abzuleisten hat, kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen. Als der Beschwerdeführer im Alter von sechs Jahren - bzw. für ihn seine damaligen Obsorgeberechtigten - dahingehend disponierte, Profifußballer zu werden, stand der nun vorgehaltene Vertrag mit dem genannten Fußballklub nicht im Ansatz im Raum. Der Beschwerdeführer führte selbst an, dass er im Gegensatz zu einem Balletttänzer körperlich in der Lage wäre, den Grundwehrdienst medizinisch unbeschadet auszuüben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A):
2.1. § 26 des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001 (WG 2001) in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 181/2013, lautet auszugsweise:
"Befreiung und Aufschub
§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien
1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und
2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern. ..."
2.2. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.
Die belangte Behörde hat den Antrag des BF abgewiesen, weil dessen wirtschaftliches Interesse an der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes aufgrund Verletzung seiner Harmonisierungspflicht als nicht besonders rücksichtwürdig im Sinne des Gesetzes anzusehen ist.
2.3. Wenn der Beschwerdeführer anführt, dass seine wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre, wenn er sechs Monate den Grundwehrdienst leisten müsse, behauptete er nicht, dass er nach dem Grundwehrdienst seinen Beruf als Fußballspieler gar nicht mehr ausüben könnte. Der Verweis auf die Entscheidung zu einem Balletttänzer ist zwar hinsichtlich der bereits in der Kindheit begonnenen Ausbildung nachvollziehbar, den wesentlichen Unterschied zu dieser Entscheidung nennt aber auch der Beschwerdeführer: Ein Fußballspieler ist aufgrund seiner körperlichen Konstitution im Vergleich zu einem Balletttänzer nach dem Grundwehrdienst in der Lage, seinen Beruf weiterhin auszuüben. Der in der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes angeführte Balletttänzer war dies nicht. Wenn der Beschwerdeführer anführt, bereits mit seinem sechsten Lebensjahr die Entscheidung zum Spitzensport getroffen zu haben und damit nicht gegen die Harmonisierungspflicht verstoßen zu haben, führt er sein eigenes Argument hinsichtlich seines Vertragsverhältnisses zu einem Fußballklub ad absurdum. Das von ihm als Hindernis, den Grundwehrdienst anzutreten, ins Treffen gebrachte Vertragsverhältnis ist er nach der Feststellung seiner Tauglichkeit eingegangen. In diesem Zeitpunkt hätte er und auch sein Arbeitgeber wissen können und wissen müssen, dass er den Grundwehrdienst zu dessen Ableistung er als tauglicher Staatsbürger verpflichtet ist, noch nicht abgeleistet hat und in absehbarer Zeit leisten müssen wird. Die Argumente hinsichtlich einer millionenschweren Vertragsstrafe können daher nicht nachvollzogen werden, da der Beschwerdeführer sich vertraglich lediglich dazu verpflichtet hat, seine „sportliche und Wettkampftätigkeit“ für den genannten Arbeitgeber auszuüben. Ein dauerndes Verlassen des Vereins aufgrund des Grundwehrdienstes wäre nicht erforderlich.
Wenn der Beschwerdeführer unter Bezug auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.01.2018, W122 2175779-1 anführt, eine Verletzung der Harmonisierungspflicht würde nicht vorliegen, so zitiert er diese Entscheidung zwar durchaus faktisch passend, rechtlich gesehen war diese Entscheidung jedoch insoweit als der Verwaltungsgerichtshof dazu am 20.05.2020 (Ro 2018/11/0005) zu einem Eishockeyspieler im Wesentlichen anführte, dass nahezu alle Berufssportler das vom Beschwerdeführer ins Treffen gebrachte Berufsrisiko erleiden würden. Der Vergleich mit dem Balletttänzer, der seinen Beruf nicht wieder ausüben hätte können, war somit nicht zielführend. Auch der hier gegenständliche Beschwerdeführer wäre wie ein Eishockeyspieler im Gegensatz zum erwähnten Balletttänzer in der Lage, den Grundwehrdienst körperlich unbeschadet zu absolvieren.
Auch das Vorbringen, wonach dem Beschwerdeführer eine entsprechende Disposition seiner privaten wirtschaftlichen Interessen im Hinblick darauf, dass ihm als Profifußballer nur eine „gewisse Zeit der Berufsausübung als solche“ zur Verfügung stünde, nicht möglich sei, geht ins Leere. Zum einen gilt dies grundsätzlich für jeden Profisportler, zum anderen kann nicht erkannt werden inwiefern aus diesem Umstand für den Beschwerdeführer eine Existenzbedrohung abzuleiten wäre. Allfällige durch die mit der Ableistung des Grundwehrdienstes verbundenen Gehaltseinbußen hat grundsätzlich jeder Wehrpflichtige selbst zu tragen und wurden auch vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen.
Zusammengefasst kann der belangten Behörde daher vor dem Hintergrund der ins Treffen geführten Judikatur im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf der Grundlage der Angaben des Beschwerdeführers das Vorliegen rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen verneinte. Da es für die Befreiung des Beschwerdeführers vom Grundwehrdienst somit an den gesetzlichen Voraussetzungen fehlte, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die maßgebliche Rechtsfrage des Vorliegens besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen im Verständnis des § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Nach der oben zu Spruchpunkt A dargelegten Rechtsprechung waren im vorliegenden Fall solche zu verneinen.
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