BVwG W221 2011368-2

BVwGW221 2011368-228.4.2020

B-VG Art133 Abs4
GehG §13a
RGV §22 Abs1
RGV §22 Abs8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2011368.2.00

 

Spruch:

W221 2011368-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für XXXX vom 27.07.2018, Zl. PAD/14/00008437/14/BXLPD/007/AA, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird mangels Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 22.05.2014 beantragte der Beschwerdeführer die Anweisung einbehaltener Zuteilungsgebühren für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 und im Falle der Ablehnung die bescheidmäßige Erledigung. Dazu führte der Beschwerdeführer aus, dass er im März 2014 mündlich darüber informiert worden sei, dass der Anspruch auf Zuteilungszuschuss aufgrund der Überschreitung von 180 Tagen entfalle und die bereits angewiesene Gebühr für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 mit dem Gehalt 2014 als Übergenuss einbehalten worden sei.

Die Dienstbehörde veranlasste in der Folge ein Ermittlungsverfahren und gewährte dem Beschwerdeführer zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör. In der Stellungnahme vom 23.06.2014 vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, dass die Überschreitung der Zuteilungsgrenze von 180 Tagen in der "Natur des Dienstes" gelegen sei und der Beschwerdeführer daher Anspruch auf die volle Zuteilungsgebühr bis Ablauf Jänner 2014 habe. Selbst für den Fall, dass der Rechtsanspruch gemäß § 22 Abs. 8 Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) nicht bestünde, wäre seiner Meinung nach eine Rückforderung wegen Empfangs im guten Glauben unzulässig. Der Beschwerdeführer beantragte, die einbehaltene Gebühr wiederum zur Auszahlung zu bringen. Sollte die Dienstbehörde seiner Rechtsansicht nicht beitreten, werde der Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Gebührlichkeit bzw. die Rückersatzpflicht unter Berufung auf rechtmäßigen Bezug sowie auf den guten Glauben aufrechterhalten.

Mit Bescheid des Landespolizeidirektors für XXXX vom 14.07.2014 wurde der Antrag

des Beschwerdeführers auf Anweisung des Zuteilungszuschusses für seine Zuteilung zum

KKD (Koordinierter Kriminaldienst - KKD) XXXX für die Monate Dezember 2013 und

Jänner 2014 gemäß § 13a GehG 1956 iVm § 22 Abs. 8 RGV als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Behörde aus, dass § 22 Abs 8 RGV nicht auf die Zuteilung des Beschwerdeführers zum KKD XXXX angewandt werden könne, weil die Tätigkeit beim

KKD im Zuständigkeitsbereich der LPD XXXX üblicherweise nicht über einen Zeitraum

von 180 Tagen erfolge und es auch nicht in der "Natur des Dienstes" liege, eine Zuteilung

über diesen Zeitraum hinaus aufrecht bestehen zu lassen. Im Zuständigkeitsbereich der LPD XXXX zeichne sich das System des KKD durch einen, üblicherweise nicht über 6 Monate hinausgehenden, rotierenden Mitarbeiterwechsel aus, bei dem BeamtInnen der Polizeiinspektionen beim örtlich zuständigen KKD Dienst im Rahmen der Spurensicherung

und des Erkennungsdienstes ableisten würden. Durch diese Rotation werde ein Wissenstransfer von der Spurensicherung auf die Dienststellen, als auch ein Wissenstransfer über Straftaten und taktische Gegebenheiten zu den KKDs ermöglicht. Auch sei die Bildung von kurzfristigen Ermittlungsgruppen oder schlagkräftigen Einheiten zur Bekämpfung von Seriendelikten möglich. Die Eingrenzung auf Zuteilungen von üblicherweise maximal 6 Monaten ermögliche den betroffenen Dienststellen eine hohe Rotationsquote, wodurch eine hohe Anzahl von BeamtInnen die Möglichkeit erhalte, diesen Dienst bei der Spurensicherung abzuleisten. Auch werde dadurch die Flexibilität sowohl auf den Inspektionen, als auch beim KKD, gewährleistet, auf kurzfristige kriminalitätsrelevante Phänomene zu reagieren, Zuteilungen kurzfristig abzuändern oder aufzunehmen, und so bestehende Ressourcen bestmöglich und effizient einzusetzen. Der KKD zeichne sich somit durch eine hohe

Flexibilität der Personalfluktuation aus, die nur durch Zuteilungen, und keinesfalls durch Versetzungen von BeamtInnen ermöglicht werden könne. Somit sei durch die starke Einbeziehung von Personal der Inspektionen beim KKD eben kein Zwang gegeben,

Zuteilungen zum KKD als in der "Natur des Dienstes" zu betrachten, dass diese über 180

Tage gehen würden. Dies schließe aber nicht aus, dass in Einzelfällen eine solche Zuteilung über 180 Tage hinaus andauere. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers beim KKD sei unter Berücksichtigung des Personalstandes seiner Stammdienststelle oder seines Qualifikationsprofils nicht als unersetzbar einzustufen. Ein Abbruch seiner Dienstzuteilung nach 180 Tagen wäre mit keinerlei Reduzierung von Qualität oder Quantität der Tätigkeit des KKD XXXX einhergegangen, weil ohne jegliches Problem eine neuerliche Rotation von Personal stattfinden hätte können. Somit sei die Verrechnung des Zuteilungszuschusses mit Ablauf des 180. Tages der Zuteilung nach § 22 Abs 1 RGV nicht mehr der RGV entsprechend und deshalb durch die Dienstbehörde im April 2014 zurückzufordern gewesen. Auch ein gutgläubiger Empfang gemäß § 13a GehG 1956 sei nicht anzunehmen, da mit Erlass des Bundesministeriums für Inneres (BMI) vom 17.06.2011, GZ: BMI-PA1000/1014-I/1/e/2011 betreffend die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 8 RGV, der an alle Polizeidienststellen im Lande XXXX verlautbart worden sei, hervorginge, dass lediglich eine Dienstzuteilung zur EGS beim Landeskriminalamt XXXX eine Weiterverrechnung von Zuteilungsgebühren über den 180. Tag hinaus in der "Natur des Dienstes" gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und führte

hiezu im Wesentlichen aus, dass die Überschreitung der Zuteilungsgrenze von 180 Tagen in der "Natur des Dienstes" gelegen sei und er daher Anspruch auf die volle Zuteilungsgebühr

bis Ablauf Jänner 2014 habe. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das die Behörde jedoch unterlassen habe, wäre hervorgetreten, dass ein Abbruch der Dienstzuteilung nach 180 Tagen unmöglich bzw. untunlich gewesen wäre,

da ein Wechsel in der Person des Dienstzugeteilten nicht möglich gewesen wäre bzw. die Verrichtung der vorzunehmenden Tätigkeiten untunlich erschwert hätte. Für den Fall, dass

die Zuteilungsgebühr tatsächlich zu Unrecht bezogen worden wäre, habe es sich dabei um einen Empfang im guten Glauben gehandelt, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes guter Glaube immer dann angenommen werden müsse, wenn es sich um eine auslegungsbedürftige Rechtsnorm handle, die erst durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt bzw. näher determiniert werden müsse. Bei dem Terminus in der "Natur des Dienstes" handle es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der erst durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erschlossen werden müsse.

Das Bundesverwaltungsgericht gab mit Erkenntnis vom 13.02.2015, W106 2011368-1/2E,

der Beschwerde keine Folge.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.03.2018, 2015/12/0015, hob dieser

das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2015 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Zunächst wurde festgehalten, dass der mehrfach angeführte Erlass des BMI weder Rechte von Beamten zu begründen noch nach der RGV bestehende Rechte einzuschränken vermöge. Der Erlass stelle somit keine verbindliche Rechtsquelle dar. Begründend wurde weiters ausgeführt, dass nach den Gesetzesmaterialien zu prüfen sei, ob die Dauer der konkret vorliegenden, vorübergehenden Dienstzuteilung, aus im betroffenen Dienstbereich in der "Natur des Dienstes" liegenden Gründen 180 Tage überschreite. Weiter sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Sinne des § 13a GehG 1956 beim Empfang des Übergenusses als gutgläubig anzusehen gewesen wäre.

Der Akt wurde in weiterer Folge der Gerichtsabteilung W221 zugewiesen.

Mit Beschluss vom 03.07.2018, W221 2011368-1/9E, hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid vom 14.07.2014 auf und verwies die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.

Im fortgesetzten Verfahren stellte die belangte Behörde mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 27.07.2018 fest, dass dem Beschwerdeführer eine Zuteilungsgebühr für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 gemäß § 22 Abs. 1 und Abs. 8 RGV nicht gebührt,

er aber die erhaltene Zuteilungsgebühr im guten Glauben empfangen und dem Bund nicht

zu ersetzen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit Schreiben vom 18.11.2019 nahm der Beschwerdeführer zu einem Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichts Stellung und führte aus, dass die Anspruchsfrage primär zu beantworten sei und er daher ein Rechtsschutzinteresse habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderer Bestimmungen in den einschlägigen Materiengesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Bei einer Bescheidbeschwerde besteht das Rechtsschutzinteresse im objektiven Interesse

des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für

die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung

besitzen (vgl. dazu etwa VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0162; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022, jeweils mwN).

Daraus folgt, dass ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf

die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides hat; das Verwaltungsgericht ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt

theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen

kann (vgl. wieder VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

Der Gesetzgeber versteht das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung

einer Beschwerde nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach

Einbringung einer zulässigen Beschwerde weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 eine Zuteilungsgebühr erhalten, welche in weiterer Folge von der belangten Behörde

als Übergenuss einbehalten wurde. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wird klargestellt, dass der Beschwerdeführer die empfangene Zuteilungsgebühr für die Monate Dezember

2013 und Jänner 2014 nicht zurückzahlen muss. Die Frage aus welchem Titel dem Beschwerdeführer die Zuteilungsgebühr gebührt stellt sich vor dem Hintergrund des abgeschlossenen Zeitraums als rein theoretische Rechtsfrage dar, der keine praktische Relevanz mehr zukommen kann, weil der Beschwerdeführer das Geld bereits erhalten hat

und auch nicht zurückzahlen muss.

Damit ist das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers an einer Entscheidung bereits

bei Einbringung seiner Beschwerde weggefallen (gewesen), weshalb die Beschwerde unzulässig ist.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen

(vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2, § 24 VwGVG, Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von

der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder

weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

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