AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2162874.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch RA Mag. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.06.2017, Zl. XXXX zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch RA Mag. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.06.2017, Zl. XXXX zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch die Kindesmutter XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch RA Mag. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.06.2017, Zl. XXXX zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch die Kindesmutter XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch RA Mag. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.06.2017, Zl. XXXX zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch die Kindesmutter XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch RA Mag. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.06.2017, Zl. XXXX zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerinnen und die Beschwerdeführer, als BF und gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als BF1 bis BF5 bezeichnet, sind Staatsangehörige Ägyptens und Christen.
BF3 und BF4 sind die minderjährigen Töchter, BF5 ist der minderjährige Sohn des Ehepaares BF1, Vater, und BF2, Mutter.
2. Die BF beantragten im Jänner bzw. April 2017 Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005.
3. Mit den bekämpften Bescheiden wies das BFA die Anträge ab und erließ gegen die BF jeweils eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I), erklärte deren Abschiebung nach Ägypten für zulässig (Spruchpunkt II) und stellte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen fest (Spruchpunkt III).
4. Die Beschwerde bringt vor, die Familie sei kulturell, sprachlich und sozial hervorragend integriert, weshalb ihre besonders intensiven privaten Interessen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwögen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zu den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern
Die Identität der BF steht fest. BF1 verfügte von 10.08.2011 bis 14.08.2016 über Aufenthaltsbewilligungen für den Zweck "Studierender". Einen weiteren Verlängerungsantrag hat der LH von Wien mangels Studienerfolgs abgewiesen, was das VwG Wien am 14.12.2016 bestätigt hat. Er war auf Basis von Beschäftigungsbewilligungen seit 2011 bei verschiedenen Arbeitgebern, zuletzt in einem Gastronomiebetrieb als Küchenhilfe beschäftigt, und zwar bis 08.01.2017 für 20 Wochenstunden mit einem Monatslohn von brutto € 710,--, und könnte dort auch wieder arbeiten, wobei ihm eine Stelle als Koch mit 40 Wochenstunden und einem Bruttolohn von € 2.050,-- zugesagt wurde.
BF2 bis BF5 verfügten jeweils über einen Aufenthaltstitel "Familiengemeinschaft" bis 14.08.2016, ihre Verlängerungsanträge wies der LH von Wien am 17.03.2017 ab, was am 20.04.2017 rechtskräftig wurde.
BF2 folgte im Herbst 2013 BF1 mit BF5 nach Österreich und wohnt seither mit diesen im gemeinsamen Haushalt, mit den beiden anderen BF seit deren Geburt. Die BF haben über Advent, Weihnachten und Neujahr 2015/2016 den Herkunftsstaat und dabei ihre Angehörigen dort besucht. Mit Angehörigen im Herkunftsstaat stehen sie mehrmals wöchentlich in telefonischem oder in Kontakt über Internet, BF1 mit seiner Mutter etwa dreimal wöchentlich, BF2 mit ihrer Schwester jeden zweiten Tag.
Im Herkunftsstaat leben außerdem der Vater von BF2 und neben den Eltern von BF1 sein Bruder, zwei Tanten und ein Onkel. In Österreich leben außer den BF noch eine Tante, ein Onkel, Cousins und Cousinen von BF1, wobei dieser Onkel den BF1 finanziell unterstützt. BF2 wird von ihrer Familie aus dem Herkunftsland finanziell unterstützt.
Im Haushalt von BF1 und BF2 leben außer den BF keine anderen Personen. Sie verfügen in Österreich über Freunde und Bekannte aus der Wohnumgebung, BF1 auch aus dem Kreis von ehemaligen Arbeitskollegen. Sie sind nicht Mitglied in Vereinen und leiden an keinen ernsten Krankheiten. Es gibt keinen Hinweis auf Krankheiten der drei minderjährigen BF. Die BF gehen keiner angemeldeten Beschäftigung nach, zuletzt bezogen sie im Juli 2016 pauschaliertes Kindergeld. Sie bewohnen auf Basis eines bis 30.09.2018 befristeten Mietvertrags eine Wohnung der Kategorie A mit etwa 105 m² Nutzfläche in Wien 5 für etwas über € 500,-- monatlich inklusive USt. und Betriebskosten.
BF5 ist wie die Eltern im Herkunftsstaat geboren und besucht in Österreich die Volksschule, BF3 und BF4 sind in Österreich geborene Zwillinge und gehen in den Kindergarten. BF1, BF2 und BF5 sprechen Arabisch und Deutsch. BF2 verbrachte die Zeit vom Vortag ihrer Niederkunft mittels Kaiserschnitt bis zum zwölften Tag nach dieser in stationärer Pflege einer Krankenanstalt in Wien. Nach weiteren zwölf Tagen wurde sie nochmals für vier Tage stationär aufgenommen, um Plazentareste entfernen zu lassen.
BF1 hat im Juli 2014 Deutschkenntnisse auf Niveau B2 nachgewiesen, BF2 im März 2017 solche auf Niveau A2. Sie sind strafrechtlich unbescholten.
BF1 war ab dem Wintersemester 2011/12 als außerordentlicher und ab 2014/15 als ordentlicher Student zugelassen. Er hat seither keine Prüfung absolviert. Er hat von 06. bis 16.06.2016 eine Übung besucht, aber keine Prüfung darüber abgelegt. Seinen Angaben nach hatte er nicht vor, nach dem Studium Österreich zu verlassen, sondern zu bleiben und Arbeit zu suchen.
1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:
Die BF haben angegeben, dass sie im Herkunftsstaat nicht strafrechtlich oder politisch verfolgt würden. BF2 hat einvernommen angemerkt, dass sie täglich von Kindesentführungen höre und auch ihre Schwester ihr von solchen Fällen berichtet habe. Sie habe Angst um das Leben ihrer Kinder, vor deren Entführung. Den Medien und Facebook habe sie auch entnommen, dass Christen verfolgt würden. Daher fühle sie sich ihres Religionsbekenntnisses wegen verfolgt. Die Fragen nach konkreten Vorfällen zu den beiden Befürchtungen verneinte sie.
Die vom BFA aufgezeigte Möglichkeit eines Asylantrags nahm sie nicht wahr.
BF1 hat einvernommen angegeben, im Herkunftsstaat würden Christen verfolgt. Er habe gelesen, dass dort für alle Christen eine Bedrohung bestehe. Weiters habe er über vermehrten Organhandel im Herkunftsstaat gelesen. Sein Sohn könne nur in deutscher Sprache schreiben, nicht aber arabisch. Die Frage nach konkreten Bedrohungen verneinte er. Auch er stellte keinen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu den Länderfeststellungen gaben die BF keine Stellungnahmen ab.
Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Religionsfreiheit
Die Religionsfreiheit ist eingeschränkt. Die Verfassung von 2014 erhebt den Islam zur Staatsreligion und bestimmt die Scharia zur Hauptquelle der Verfassung. Die Grenze zwischen Staat und sunnitischer Mehrheitsreligion ist nicht klar geregelt. Die Verfassung garantiert lediglich Glaubensfreiheit uneingeschränkt. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) vorbehalten. Durch die Beschränkung der Glaubensfreiheit auf einzelne Religionen wird eine Unterscheidung zwischen "anerkannten" und "nicht-anerkannten" Religionen getroffen, die zu zahlreichen Formen der Diskriminierung im Alltag führt. Darunter leiden Angehörige kleinerer Glaubensgemeinschaften. So werden die 150.000 - 200.000 in Ägypten lebenden Schiiten nicht als gleichwertige Religionsgemeinschaft anerkannt. Gleiches gilt für die etwa 2.000 Bahai, die ebenfalls keine staatliche Anerkennung genießen. 2015 wurden einzelne christliche Kirchen angegriffen und Eigentum von Kopten zerstört. Besonders in Oberägypten kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, deren Ursache häufig in Streitigkeiten auf lokaler Ebene liegen. Traditionelle Vorstellungen von (Blut‑)Rache und (kollektiver) Vergeltung sind in den ländlichen Gebieten Oberägyptens nach wie vor vorherrschend. Traditionelle Streitschlichtungsmechanismen spielen auch aufgrund der Abwesenheit funktionierender staatlicher Institutionen eine große Rolle. Dabei kommt es regelmäßig zu strukturellen Benachteiligungen der Christen. Im Mai 2016 flammte die Gewalt gegen Christen wieder neu auf, was zu einer öffentlichen Debatte über das Thema und zur Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes über den Kirchenbau führte. Am 11. Dezember 2016 kam es in Kairo zu einem schweren Anschlag auf die koptische Kirche Peter und Paul. Dabei wurden 26 Menschen getötet und 49 zum Teil schwer verletzt. Staatspräsident Al-Sisi gab einen Tag nach dem Anschlag öffentlich bekannt, dass die Hintergründe aufgeklärt seien, und der Täter der Muslimbruderschaft zugeordnet werden könne. Dem gegenüber steht ein Selbstbekenntnis des "IS Misr". Die Konversion vom Christentum zum Islam ist einfach und wird vom Staat anerkannt, während die umgekehrte Konversion vom Islam zum Christentum zu massiven Problemen für die Betroffen führt. Zwar ist die Aufgabe des islamischen Glaubens nicht im geschriebenen Recht, wohl aber nach islamischem Recht verboten. Aufgrund innerislamischer Vorschriften gegen Apostasie haben Konvertiten in Ägypten mit gesellschaftlicher Ächtung zu rechnen. Die Behörden weigern sich in solchen Fällen häufig, neue Personaldokumente auszustellen. Der Eintrag der Religionszugehörigkeit in Personaldokumenten bleibt auch für andere religiöse Minderheiten ein Einfallstor für Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Seit März 2009 ist es beispielsweise den Bahais erlaubt, nationale Ausweise und Pässe zu haben, in denen das Feld "Religion" offen bleibt, was jedoch zu vielfältigen Problemen im Alltag führt. Auch die Organisation innerhalb der sunnitischen Glaubensgemeinschaft mit dem Ministerium für religiöse Stiftungen an der Spitze und weitgehenden Durchgriffsrechten steht einer umfassenden Glaubensfreiheit im Weg. Um in den offiziellen Moscheen predigen zu können, müssen die Imame an der al-Azhar Universität ausgebildet worden sein. Das Ministerium gibt zudem die Themen und Schwerpunkte der Freitagspredigten vor. Das ägyptische Strafrecht sieht den Straftatbestand der Blasphemie und dafür bis zu fünf Jahre Haft vor. Es werden zum Teil lange Gefängnisstrafen wegen des Blasphemievorwurfs verhängt. Zudem wird in interreligiösen Auseinandersetzungen häufig der Vorwurf der Blasphemie gegen Angehörige religiöser Minderheiten vorgebracht, um diese unter Druck zu setzen und Gewalt gegen sie zu legitimieren. Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten sind, vor allem in ländlichen Gebieten, immer wieder Gewaltakten und Einschüchterungen aus den Reihen der muslimischen Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt, wobei ein genügender Schutz durch die Sicherheitsbehörden nicht gewährleistet ist (AA 15.12.2016).
Religiöse Minderheiten wie koptische Christen, Schiiten und Baha'i wurden weiterhin durch Gesetze diskriminiert und bei der Ausübung ihrer Religion eingeschränkt. Außerdem waren sie nicht ausreichend gegen Gewalt geschützt (AI 22.02.2017).
Im August verabschiedete das Parlament ein lang erwartetes Gesetz betreffend Beschränkungen über den Bau und die Sanierung von Kirchen (HRW 12.01.2017).
Kein Angehöriger einer religiöser Minderheit gehörte zu den ernannten Gouverneuren der 27 Regierungsbezirke (USDOS 03.03.2017).
Die Religionsfreiheit bleibt eingeschränkt. Die Verfassung garantiert lediglich die Glaubensfreiheit uneingeschränkt. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) vorbehalten. Im August 2016 wurde ein lange erwartetes Gesetz über den Kirchenbau verabschiedet, das dem Bau von Kirchen allerdings nach wie vor administrative Hürden in den Weg legt (AA 02.2017a).
90% aller Ägypter sind Muslime, fast alle von ihnen Sunniten. Sie folgen der hanafitischen Rechtstradition, die als die liberalste der vier heute verbreiteten islamischen Rechtsschulen gilt. Ca. 9% gehören der orthodoxen ägyptischen koptischen Kirche und ca. 1% gehören anderen christlichen Konfessionen an. Das Religionsverständnis hat sich in den letzten Jahren jedoch je nach sozialer Gruppe in unterschiedlicher Form gewandelt. Mit dem Aufstieg des politischen Islam wurde in manchen Schichten eine engere und stärker auf äußere Formen orientierte Auslegung und Praktizierung der islamischen Religion populär (GIZ 03.2017b).
Religiöse Gruppen/Kopten
Kopten, die etwa 10% der ägyptischen Gesellschaft ausmachen und in ihrer Eigenwahrnehmung keine Minderheit darstellen, sind Opfer vielfacher Diskriminierungen, die oft auch in Gewalt münden. Insbesondere während der Welle der Gewalt im August 2013, die seit Mai 2016 wieder aufflammte, wurden koptische Kirchen attackiert und Christen ermordet. Die Sicherheitskräfte griffen kaum zu ihrem Schutz ein. Im August 2016 verabschiedete das ägyptische Parlament ein einerseits lange erwartetes, andererseits hoch umstrittenes Gesetz über den Bau von Kirchen in Ägypten. Obwohl die Führungspersönlichkeiten der drei großen christlichen Kirchen dem Gesetz zugestimmt haben, lassen vage Formulierungen darin Raum für Diskriminierung in der Praxis; dem Kirchenbau sind weiterhin gesetzliche Hürden in den Weg gelegt (AA 15.12.2016).
1.2.2 Frauen/Kinder
Die Verfassung verpflichtet den Staat auf das Ziel, die Gleichheit von Männern und Frauen zu gewährleisten. Frauen werden aber durch Einzelvorschriften des ägyptischen Rechts diskriminiert. Insbesondere im Familienrecht kommt es zu einer systematischen Ungleichbehandlung. Auch im für Muslime maßgeblichen islamischen Erbrecht sind diskriminierende Regelungen vorhanden. Gesellschaftlich ist ein konservatives Rollenbild vorherrschend. Im öffentlichen Leben sind Frauen präsent, aber deutlich unterrepräsentiert. Bei der Beurteilung der Stellung der Frauen in der Gesellschaft ist nach der sozialen Stellung zu differenzieren. So sind die selbstbewusst und in angesehenen beruflichen Positionen oder öffentlichen Ämtern auftretenden Frauen in aller Regel Angehörige der Oberschicht. Sexuelle Belästigungen und Übergriffe finden häufig statt und werden in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt. Laut einer Studie von UN Women von 2013 waren 99,3 % der befragten ägyptischen Frauen sexuellen Belästigungen und/oder Übergriffen ausgesetzt, insbesondere im familiären Umfeld. Strafvorschriften zur sexuellen Gewalt sind unzureichend, diskriminierend gegenüber Frauen und erschweren die juristische Aufarbeitung. Es besteht kein effektiver staatlicher Schutz vor sexueller Gewalt; selbst wenn es zu Verurteilungen kommt, bleiben Opfer oft lebenslänglich sozial stigmatisiert. Dem Problem der verbreiteten sexuellen Gewalt wird vorherrschend durch Wegsehen und Verschweigen begegnet. NRO, die sich für die Rechte von Frauen und Gewaltopfern einsetzen, bemängeln das Fehlen einer Strategie der Regierung, sich dem Problem von Gewalt und Diskriminierung anzunehmen. Seit einigen Monaten sehen sich gerade diese NRO zunehmender staatlicher Repression ausgesetzt. Die seit 2008 verbotene Praxis der Genitalverstümmelung wird insbesondere in den ländlichen Gebieten weiterhin praktiziert. Laut einer Studie des ägyptischen Gesundheitsministeriums wurden 92 % der verheirateten Frauen in Ägypten in ihrer Kindheit beschnitten.
Menschenrechtsaktivisten werfen der Regierung vor, zu wenig zur Durchsetzung des Verbots zu unternehmen. Einzelne Initiativen zielen darauf, unter Ärzten das Problembewusstsein zu erhöhen, andere versuchen gemeinsam mit liberalen Imamen den religiösen Diskurs zu beeinflussen. Im Februar 2015 hat die für Rechtsgutachten (Fatwa) zuständige Behörde, Dar-al-Iftar eine Fatwa herausgegeben, der zufolge Genitalverstümmelung im Gegensatz zur islamischen Sharia steht und damit Sünde ist (haram). Im August 2016 wurde das Gesetz über das Verbot von Genitalverstümmelung verschärft, indem härtere Strafen für Ärzte sowie für Personen, die die Betroffenen zu dieser Praxis zwingen, eingeführt wurden (AA 15.12.2016).
Frauen und Mädchen waren weiterhin nicht ausreichend gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt geschützt und wurden durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert. Dies galt insbesondere für gesetzliche Regelungen zur Scheidung. Am 25. September 2016 unterzeichnete Präsident al-Sisi ein Gesetz, das die Strafe für weibliche Genitalverstümmelung anhebt. Die Mindeststrafe beträgt statt drei Monaten künftig fünf Jahre. Die Maximalstrafe wurde von drei auf 15 Jahre erhöht. Außerdem sollen auch Personen bestraft werden, die Mädchen zur Genitalverstümmelung zwingen (AI 22.02.2017).
Keine Gesetze beschränkten die Teilnahme von Frauen und Angehörigen von Minderheiten am politischen Prozess. Sowohl Frauen als auch Minderheiten nahmen an diesem teil. Frauen führten vier Kabinettsministerien. Jedoch gehörten keine Frauen zu den ernannten Gouverneuren der 27 Regierungsbezirke. Das Gesetz verbietet Vergewaltigung. Diese wird mit einer Freiheitsstrafe von 15 bis 25 Jahren bestraft. Das Gesetz wird jedoch nicht effektiv umgesetzt. Vergewaltigung in der Ehe ist nicht strafbar. Häusliche Gewalt bleibt weiterhin ein Problem. Das Gesetz verbietet nicht häusliche Gewalt oder Missbrauch durch den Ehegatten. Mehrere NGOs boten Beratung, Rechtshilfe und andere Dienstleistungen für Frauen an, die Opfer von Vergewaltigung und häuslicher Gewalt waren. Das Ministerium für soziale Solidarität unterstützte neun Frauenhäuser. Das Innenministerium umfasst eine Einheit, die für die Bekämpfung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt zuständig ist. Die weibliche Genitalverstümmelung ist illegal blieb jedoch ein ernstes Problem. Das Gesetz bezieht sich nicht speziell auf "Ehren"-Verbrechen, die wie jedes andere Verbrechen behandelt werden. Es gab keine verlässlichen Statistiken über Tötungen und Angriffe, die durch "Ehre" motiviert wurden, aber Beobachter erklärten, dass solche Tötungen vor allem in ländlichen Gebieten auftraten. Sexuelle Belästigung blieb ein ernstes Problem. Die Regierung hat die Bemühungen zur Bekämpfung der sexuellen Belästigung priorisiert. Die Verfassung sieht die Gleichberechtigung für Männer und Frauen vor, jedoch haben Frauen nicht die gleichen gesetzlichen Rechte und Chancen wie Männer genossen, und die Diskriminierung war weiterhin weit verbreitet. Gesetze und der traditionelle Praktiken beeinträchtigten Frauen im Familien-, Sozial- und Wirtschaftsleben weiterhin. Frauen sehen sich weiterhin einer weit verbreiteten gesellschaftlichen Diskriminierung, Bedrohungen ihrer körperlichen Sicherheit und Vorurteilen am Arbeitsplatz ausgesetzt, die ihren sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt behinderten (USDOS 03.03.2017).
Frauen sind in der ägyptischen Gesellschaft in einigen Bereichen schlechter gestellt als ihre männlichen Mitbürger. Sexuelle Belästigung und häusliche Gewalt gehören weithin zur gesellschaftlichen Realität und werden oft nicht strafrechtlich verfolgt. Auch die seit 2008 gesetzlich verbotene Praxis der Genitalverstümmelung wird, trotz neuerdings verschärfter Strafen, weiterhin von weiten Teilen der Bevölkerung und unabhängig von der Religionszugehörigkeit praktiziert (AA 02.2017a).
Kinder
Die ägyptische Verfassung bekennt sich abstrakt zum Schutz der Rechte von Kindern. Sie verbietet Kinderarbeit bis zum Abschluss der verpflichtenden Grundschulausbildung. Dennoch ist Kinderarbeit ein weitverbreitetes Phänomen. Es gibt keine größeren sichtbaren Anstrengungen, den Schutz von Kindern zu erhöhen. Nach offiziellen Angaben arbeiten zwei Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 15 Jahren regelmäßig mehrere Stunden am Tag, darunter auch körperlich schwere und gesundheitsgefährdende Arbeit in der Landwirtschaft, auf dem Bau, in Steinbrüchen, Metall- und Elektrobetrieben und in der Abfallentsorgung. Auch die Zahl der Straßenkinder ist hoch und nach offiziellen Angaben in den vergangenen Jahren stark angestiegen (Schätzungen gehen von bis zu einer Million Kindern aus). Straßenkinder leben in einem Zustand der völligen Schutzlosigkeit. Sie sind häufig Opfer von Ausbeutung, körperlicher Gewalt und sexuellen Übergriffen. Der Besuch der Grundschule ist verpflichtend und für ägyptische Kinder kostenlos. Die bestehende Schulpflicht wird jedoch vielfach nicht durchgesetzt. Auch ist die Qualität der Schulbildung nicht ausreichend, um eine ausreichende Grundbildung zu gewährleisten. Es gibt keine Jugendstrafanstalten, die den besonderen Bedürfnissen Minderjähriger entsprechen. Immer wieder werden Minderjährige im Zuge von politischen Prozessen inhaftiert (AA 15.12.2016).
Bildung ist verpflichtend und frei bis zur neunten Klasse. Die Verfassung definiert ein Kind als jedermann unter 18 Jahren. Das bedingt, Kinder vor allen Formen von Gewalt, Missbrauch, Misshandlung und kommerzieller und sexueller Ausbeutung zu schützen. Es gab weit verbreitete Berichte über Kindesmissbrauch. Das gesetzliche Alter zur Eheschließung ist 18 Jahre.
Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass Kinder in der Inhaftierung misshandelt wurden, einschließlich Folter, Teilen von Zellen mit Erwachsenen, Verweigerung ihres Rechts auf Beratung und Unterlassung der Behörden ihre Familien zu benachrichtigen. Das Gesetz sieht Freiheitsstrafen bis fünf Jahre und Geldstrafen für kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornographie vor. Die Regierung konnte das Gesetz nicht ausreichend durchsetzen (USDOS 03.03.2017).
1.2.3 Rückkehr
Aktuell sind Rückkehr- und Reintegrationsprojekte nicht bekannt. Es gibt keine gesonderten Aufnahmeeinrichtungen. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt (AA 15.12.2016).
1.3 Zum Vorbringen:
Es liegt kein Hinweis vor, dass den BF im Falle einer Rückkehr Verfolgung aus religiösen Gründen droht oder sie der Gefahr von Entführung oder Organhandel ausgesetzt wären.
BF3 und BF4 können im Herkunftsland (der Eltern) den Kindergarten, BF5 kann dort die Schule besuchen.
Zusammenfassend wird in Bezug auf das Vorbringen der BF und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass die BF im Fall der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsakts eischließlich des Erkenntnisses des VwG Wien. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Register der Sozialversicherungen wurden ergänzend eingeholt.
2.2 Zu den Personen:
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den Geburtsdaten und Identitäten, der Herkunft der BF und ihrer Integration ergaben sich aus den Aussagen von BF1 und BF2, dem unbestrittenen Inhalt der vorliegenden Reisepässe und anderen Urkunden, dem Erkenntnis des VwG Wien sowie den Registerabfragen.
Die Feststellungen zur Gesundheit von BF1 und BF2 ergeben sich aus den Angaben zur beabsichtigten Arbeitsaufnahme von BF1, dem Erkenntnis des VwG Wien (AS 87) und den Arztbriefen von BF2, zu allen BF darüber hinaus aus dem Fehlen gegenteiligen Vorbringens.
Die Sozialkontakte betreffend hat BF1 nach dem Ort des Kennenlernens befragt, angegeben, bei zwei Personen handle es sich um ehemalige Arbeitskollegen, bei einer um einen Nachbarn. BF2 konnte den Vornamen einer Nachbarin nennen. BF1 gab zu keinem der fünf Genannten an, dass es sich um einen Studierenden oder anderen Universitätsangehörigen handle. Insofern war trotz der zum Auskunftszeitpunkt bereits 11 Semester, die BF1 die Universität hätte besucht haben können, keine weitere Feststellung zu treffen.
2.3 Zur Lage im Herkunftsland
Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nicht staatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen.
Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vor-schriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine ein-seitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogene und aktuelle.
Die BF sind ihnen auch nicht substantiiert entgegengetreten.
2.4 Zum Vorbringen
Die BF haben die geäußerten Befürchtungen weder in einen Zusammenhang mit konkreten Anlässen oder erlebten Vorfällen gebracht, noch einen solchen behauptet. Sie haben auch keinen konkreten Zusammenhang zwischen ihren Personen und den Inhalten der Länderinformation hergestellt, und letztlich auch keinen internationalen Schutz angesprochen. Unter dem Aspekt, dass BF1, BF2 und BF5 bis zu ihrer Ausreise unbehelligt geblieben sind, und auch die regelmäßig kontaktierten Angehörigen im Herkunftsland dort verblieben, sieht das Gericht keinen Anlass zu weitergehenden Erhebungen.
Die Feststellung, dass den minderjährigen BF der Besuch von Kindergarten und Schule im Herkunftsstaat möglich ist, beruht auf der Aussage von BF2 (AS 83 in deren Akt).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I):
Nach § 55 AsylG 2005 ist Drittstaatsangehörigen eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn das gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, unter weiteren Voraussetzungen stattdessen eine "Aufenthaltsberechtigung plus".
§ 9 Abs. 2 BFA-VG sieht vor, dass bestimmte Aspekte bei der Beurteilung des genannten Privat- und Familienlebens besonders zu berücksichtigen sind, auf die daher im Folgenden einzugehen ist:
3.1.1 Bisheriger Aufenthalt
BF1 hält sich seit knapp sieben Jahren im Inland auf, und zwar ursprünglich rechtmäßig, da er angab, ein Studium betreiben zu wollen, seit gut 1,5 Jahren ist sein Aufenthalt rechtswidrig. Seinen Aufenthaltstitel hat er nicht zum vorgesehenen Zweck genutzt, sogar für die Vorbereitung auf die Deutschprüfung, welche die Universität verlangte, benötigte er sechs Semester. An der Universität selbst hat er keine Prüfung abgelegt.
Wenn BF1 sich dazu erklärend auf die schwierige Niederkunft von BF2 mit BF3 und BF4 bezieht, vermag das nicht zu überzeugen, wie schon das VwG Wien dargelegt hat, weil damit weder die erfolglose Studienzeit vor diesen Ereignissen gerechtfertigt ist, noch jene danach. Sein Vorbringen, wonach BF2 nach dieser Niederkunft zweimal hätte operiert werden müssen (AS 57), sodass BF1 sich habe um die anderen BF kümmern müssen, ist aktenwidrig, weil die erste Operation die Niederkunft per Kaiserschnitt selbst war, die zweite dann wie festgestellt die Entfernung von Plazentaresten.
Angesichts dessen, dass BF1 zu keinem Zeitpunkt erfolgreich sein Studium betrieb, konnte er auch nicht mit einem dauerhaften Verbleib in Österreich rechnen. Sein Aufenthalt war demnach unsicher, wenngleich überwiegend nicht rechtswidrig.
Der Aufenthalt von BF2 und BF5 währt seit etwas weniger als fünf Jahren, BF3 und BF4 sind vor gut drei Jahren geboren. Die Aufenthaltsrechte endeten mit 20.04.2017, jenes von BF1 am 14.12.2016, sodass ihr Aufenthalt seither ebenfalls rechtswidrig ist. BF2 durfte im Lichte des fehlenden Studienerfolgs von BF1 nicht mit einem dauerhaften Verbleib in Österreich rechnen.
3.1.2 Familienleben
Den Feststellungen nach leben im Inland außer den BF noch eine Tante, ein Onkel, Cousins und Cousinen von BF1. Da diese nicht mit den BF zusammenwohnen, ist ein Familienleben nur mit dem Onkel denkbar, und zwar insofern, als dieser BF1 finanziell unterstützt. Selbst wenn damit ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis und dadurch ein Familienleben entstanden wäre, würde dieses nicht zwingend aufrechterhalten werden müssen, weil BF1 arbeitsfähig und erklärtermaßen auch arbeitswillig ist, sodass die Abhängigkeit spätestens im Rückkehrfall obsolet wird. Daher wäre das - allfällige - Familienleben mit dem Onkel nicht derart gravierend, dass es eine Rückkehrentscheidung hinderte. Der Kontakt zu diesem und zu dessen Angehörigen ist den BF sowohl durch gegenseitige Besuche als auch auf elektronischem Wege möglich.
Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass Eltern und Kinder sich der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können. Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen, weil eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden darf, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. (VfGH 12.10.2016, E1349/2016 mwH)
Im vorliegenden Fall betreffen die Entscheidungen des BFA insofern Eltern und Kinder gleichermaßen, als alle BF das Familienleben im Herkunftsstaat fortsetzen können, womit eine Verletzung des Art. 8 EMRK aus diesem Grunde ausscheidet.
3.1.3 Privatleben
Die BF führen ohne Zweifel ein Privatleben, an dessen Aufrechterhaltung sie Interesse haben, seien es die Tante von BF1 und dessen Vettern und Basen, seien es die anderen festgestellten Sozialkontakte, seien es die Bildungseinrichtungen der BF3, BF4 und BF5.
Diesem Teil des Privatlebens kommt jedoch kein besonders gravierendes Gewicht zu, zumal es keinerlei Mitgliedschaften, ehrenamtliche oder Erwerbstätigkeiten umfasst. Es beruht also mehr auf Zufall als auf Initiative der BF. Auch sonst weist das Privatleben keine besonderen Integrationsfaktoren auf: Der Mietvertrag der Wohnung läuft in knapp drei Monaten aus. Die BF sind auch auf keine Krankenbehandlung angewiesen und haben keine Schul- oder Studienabschlüsse im Inland erworben. Die Schulausbildung von BF5 kann im Herkunftsstaat fortgesetzt werden, zumal soeben die Hauptferien begonnen haben, und er damit das Schuljahr bereits abgeschlossen hat.
Die Sozialkontakte von BF1 und BF2 können diese auf elektronischem Wege sowie durch wechselseitige Besuche pflegen.
3.1.4 Integrationsgrad
Die BF weisen Deutschkenntnisse auf, welche bei BF1 und BF2 auch zertifiziert sind. Wenn BF1, der im Herkunftsland immerhin Hochschulreife erlangt haben muss, für das studienhalber verpflichtende Zertifikat B2 allerdings drei volle Studienjahre benötigte, kann darin keine besondere Integrationsleistung gesehen werden.
Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer und das Erfordernis, die Sprachkompetenz von BF3 bis BF5 zu unterstützen, war auch zu erwarten, dass BF2 nach Deutschkenntnissen strebt, sodass der Erwerb des Zertifikats A2 nach 3,5 Jahren Aufenthalt kein außergewöhnlich erscheinender Integrationsfaktor ist.
3.1.5 Bindungen zum Herkunftsstaat
Wie festgestellt, weisen BF1 und BF2 intensive Bindungen zu ihren jeweiligen Angehörigen im Herkunftsstaat auf, mit denen sie auch dreimal wöchentlich bzw. alle zwei Tage kommunizieren. Teilt man diese Kontakte gedanklich gleichmäßig auf, ergibt sich ein beinahe täglicher Austausch mit den Verwandten daheim, was als durchaus intensiv anzusehen ist, speziell nach der jeweils mehrere Jahre zurückliegenden Ausreise.
Die BF besuchen ihre Familien im Herkunftsland auch, wie das z. B. oben für die Weihnachtszeit festgestellt wurde. Dort leben wie festgestellt zusammen mindestens acht Angehörige beider Seiten.
BF1 und BF2 sind im Herkunftsstaat aufgewachsen und haben dort den Großteil ihres Lebens verbracht, nämlich jeweils 27 Jahre von 34 und
32. Sie sind daher mit dessen Sprache und Kultur vertraut.
3.1.6 Straf- und verwaltungsrechtliche Verstöße
Die BF sind strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, wohl aber halten sie sich seit mehr als einem Jahr rechtswidrig im Inland auf, worin ein Verstoß gegen das Einwanderungsrecht liegt, der bis heute andauert.
3.1.7 Grund der Aufenthaltsdauer
Die Aufenthaltsdauer von BF1 erklärt sich nicht durch Verzögerungen, die den Behörden zurechenbar wären, sondern dadurch, dass er ohne erfolgreich zu studieren stets die dafür nötige Aufenthaltsgenehmigung einholte, bis ihm das nicht mehr gelang. In dieser Zeit hat er gearbeitet und bekundeter Maßen auch beabsichtigt, das weiterhin zu tun.
Es liegt auf der Hand, dass BF1 sich damit nicht so verhalten hat, wie es vom Inhaber eines Aufenthaltstitels für Studierende erwartet werden kann.
Die Aufenthaltsdauer der anderen BF erklärt sich mit dem Verhalten von BF1, als dessen Angehörige sie jeweils um Ihre Aufenthaltstitel ansuchten, aber nicht durch Verzögerungen, die den Behörden zurechenbar wären.
Alle BF haben zudem ihre Aufenthaltsdauer widerrechtlich bis dato verlängert, indem sie ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet verblieben sind.
3.1.8 Interessensabwägung
Das BFA hatte nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen zu entscheiden, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Es hat dies aus mehreren Gründen bejaht, bezogen auf BF1 unter anderem damit, dass er bereits 2011 eingereist sei, um Österreich nicht wieder zu verlassen und Arbeit zu finden, weshalb die Integrationsschritte geringer zu gewichten seien. Zum Herkunftsstaat bestünden Bindungen, BF1 könne dort arbeiten und auf Unterstützung durch seine und die Familie von BF2 vertrauen.
Dem BFA ist im Ergebnis nicht entgegenzutreten, dass der Eingriff in die Interessen von BF1 verhältnismäßig im genannten Sinne ist.
Zu den Argumenten des BFA kommen jene unter 3.1.1 bis 3.1.7 angeführten, die zeigen, dass BF1 in Relation zu seiner Aufenthaltsdauer und seinem Aufenthaltszweck bemerkenswert wenig integriert ist. Er weist informelle Sozialkontakte auf, aber keinerlei Einbindung ins gesellschaftliche Leben, wie etwa Vereins- oder ehrenamtliche Tätigkeiten, keine Universitätsprüfung, keine eigenen Einkünfte.
Dagegen ist seine Bindung an den Herkunftsstaat ungebrochen und im Hinblick auf die lange Abwesenheitszeit erstaunlich stark.
Dem Interesse von BF1 an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind, auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich BF1 erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seinen behaupteten aber nicht verwirklichten Studienwunsch erlangt hat und dann nach Ablauf seiner Aufenthaltsbewilligung fortsetzte. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden. Damit ist es aber nicht geboten, eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 55 AsylG 2005 zu erteilen, weshalb das BFA den Antrag von BF1 zu Recht abwies, und daher dessen Beschwerde abzuweisen war.
Was BF2 anbelangt, hat das BFA das Überwiegen der öffentlichen Interessen an ihrer Ausreise unter anderem mit deren minimalem inländischen Freundeskreis, dem Fehlen von Vereinsmitgliedschaften und dem Verbleib nach Ende des Aufenthaltsrechts sowie damit begründet, dass die Kernfamilie inhaltlich übereinstimmende Entscheidungen erhalte.
Dem BFA ist im Ergebnis nicht entgegenzutreten, dass der Eingriff in die Interessen von BF2 verhältnismäßig im genannten Sinne ist.
Zu den Argumenten des BFA kommen jene unter 3.1.1 bis 3.1.7 angeführten, die zeigen, dass BF2 in Relation zu ihrer Aufenthaltsdauer jedenfalls nicht stärker integriert ist als es sich bei der Bewältigung ihres Alltags ergab, wobei sie nach 3,5 Jahren ihre Deutschkenntnisse bestätigen ließ. Von einer Aufenthaltsverfestigung kann auch aus diesem Grund nicht gesprochen werden.
Dagegen ist ihre Bindung an den Herkunftsstaat ungebrochen und im Hinblick auf die alle zwei Tage stattfindenden Telefonate auch stark.
Dem Interesse von BF2 an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Dazu gilt das zu BF1 Ausgeführte.
Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich BF2 erfolgreich auf ihr Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl sie ihren Aufenthalt lediglich durch den Nachzug zum seinerseits nur befristet aufenthaltsberechtigten BF1 erlangt hat und dann nach Ablauf seiner Aufenthaltsbewilligung fortsetzte. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden. Damit ist es aber nicht geboten, eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 55 AsylG 2005 zu erteilen, weshalb das BFA den Antrag von BF2 zu Recht abwies, und daher deren Beschwerde abzuweisen war.
Betreffend BF3, BF4 und BF5 hat das BFA begründend unter anderem ausgeführt, dass die Kernfamilie übereinstimmende Bescheide erhalte und die drei Minderjährigen aufgrund ihres äußerst (BF3 und BF4) bzw. sehr (BF5) geringen Alters sich nach der Rückkehr anpassen und integrieren können würden. Sie hätten zudem das fremdenrechtliche Schicksal von BF1 und BF2 zu teilen.
Dem BFA ist im Ergebnis nicht entgegenzutreten, dass der Eingriff in die Interessen von BF3, BF4 und BF5 verhältnismäßig im genannten Sinne ist.
Tatsächlich sind nach Klärung der Ansprüche von BF1 und BF2 im Sinne der Abweisung ihrer Beschwerden keine gewichtigen Gründe des Privat- oder Familienlebens der drei Kinder erkennbar, im Bundesgebiet zu verbleiben. Diese sind, auch das Schulkind BF3, in einem anpassungsfähigen Alter (vgl. VwGH 24.01.2018, Ra 2016/01/0127; VfGH 27.09.2013, U2234/2012).
Ihre besuchten Ausbildungseinrichtungen stehen ihnen wie festgestellt auch im Herkunftsstaat zur Verfügung. Angesichts des Alters und der Aufenthaltsdauer kann auch bei ihnen nicht von einer Aufenthaltsverfestigung gesprochen werden. Da das Schuljahr soeben zu Ende ging, ist auch kein vermeidbarer Bruch im Ausbildungsverlauf zu besorgen.
Ihren Interessen an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Dazu gilt das zu BF1 und BF2 Ausgeführte. Da ihre Gründe des Privat- oder Familienlebens keine gewichtigen sind, überwiegt das angeführte öffentliche Interesse am Vollzug des geltenden Migrationsrechts.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden. Damit ist es aber nicht geboten, den Kindern eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 55 AsylG 2005 zu erteilen, weshalb das BFA die Anträge von BF3, BF4 und BF5 zurecht abwies, und daher deren Beschwerden abzuweisen waren.
3.1.9 Zur Rückkehrentscheidung
Wenn ein Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 abgewiesen, dann ist nach § 10 Abs. 3 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß 8. Hauptstück FPG zu verbinden.
Das ist, da die Anträge der BF nach § 55 AsylG 2005 abgewiesen wurden, der Fall. Da, wie oben dargelegt, die Abwägung der Aspekte des § 9 Abs. 2 BFA-VG die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ergeben hat, war diese jeweils auch zu erlassen, sodass auch der zweite Teil der jeweiligen Spruchpunkte I der angefochtenen Bescheide zu bestätigen und die Beschwerden dagegen abzuweisen waren.
3.2 Zur Zulässigkeit der Abschiebungen (Spruchpunkte II)
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig betont die Rechtsprechung des VwGH jedoch unter Hinweis auf jene des EGMR, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Nach den Feststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.
Zur Feststellung, dass eine Abschiebung der BF jeweils nach Ägypten zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass den BF im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Das gilt auch, wenn eine Unterstützung durch Angehörige ausbleiben sollte, was angesichts der bereits festgestellten Unterstützung durch die Angehörigen von BF2 unwahrscheinlich ist. BF1 ist ausreichend gesund und daher erwerbsfähig, weshalb er in Ägypten zweifelsfrei die Möglichkeit hat, am Arbeitsmarkt fündig zu werden. Auch BF2 kann erforderlichenfalls während die Kinder außer Haus sind und/oder in Heimarbeit zum Unterhalt beitragen.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die BF möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben können, genügt nicht für die Annahme, sie würden in Ägypten keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht in Ägypten keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre. Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Ägypten das Leben der BF oder ihre Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, auch nicht wie behauptet wegen der christlichen Religion der BF.
Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die BF im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten, sodass auch der Spruchpunkt II der angefochtenen Bescheide zu bestätigen war.
3.3 Zur Ausreisefrist (Spruchpunkte III):
Das BFA hat die Frist für die freiwillige Ausreise der BF jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt, wobei es sich auf § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bezog. Dieser Bestimmung - konkret Abs. 2 - ist zu entnehmen, dass die Frist grundsätzlich 14 Tage beträgt, soweit nicht ausnahmsweise besondere Umstände eine längere Frist gebieten (Abs. 2 f) oder nach Abs. 1a keine solche besteht. Da keiner der Ausnahmefälle behauptet wurde oder vorlag, hat das BFA die Frist korrekt festgestellt, womit die Beschwerden auch für diesen Spruchpunkt abzuweisen waren.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Frage der Rückkehrentscheidung betreffend Drittstaatsangehörige nach Ende des Aufenthaltstitels, auch nicht mit Inlandsanknüpfungen im Privat- oder Familienleben.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. (Vgl. VwGH 28.06.2018, Ra 2018/19/0271 mwH)
Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass die jüngst eingeholten Registerauskünfte den Sachverhalt bestätigen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung der belangten Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.
Zwar kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu (VwGH 23.03.2017, 2016/21/0349), und das auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände. Daraus ist aber keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen positiven persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422).
Das Gericht musste sich keinen persönlichen Eindruck von den BF verschaffen, da es sich um einen solchen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist.
Angesichts des fast völligen Fehlens familiärer Anknüpfungspunkte der BF im Inland außerhalb der Kernfamilie - ein Onkel von BF1 - kann bei den unstrittigen Aufenthaltsdauern kein anderes Ergebnis im Beschwerdeverfahren erzielt werden.
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.
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