BVwG I419 2153876-1

BVwGI419 2153876-118.1.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §74
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2153876.1.00

 

Spruch:

I419 2153876-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA Nigeria, vertreten durch RA Dr. Michael VELIK, LL.M., 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29.03.2017, Zl. XXXX, zu Recht:

 

I. A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III wie folgt zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

und beschließt:

 

II. A) Der Antrag auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 12.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Bei seiner Erstbefragung im Beisein seines Rechtsberaters am nächsten Tag gab der Beschwerdeführer das im Spruch genannte Alias-Datum an, und damit, erst 17 zu sein. Unter der Rubrik "Fluchtgrund" äußerte er Folgendes: "Nach dem Tod meines Vaters war es sehr schwer für mich[,] in Nigeria zu leben und meine Ausbildung zu beenden. Ich wollte ein besseres Leben und bin aus diesem Grund nach Libyen gefahren. Dort habe ich mein Geld als Autowäscher verdient[,] um weiter nach Europa zu reisen." Zuvor habe er acht Jahre die Grundschule in Edo State besucht, und auch eine Berufsausbildung als "Kameramann".

 

Nach seinem Aufbruch aus Nigeria 2012 habe er drei Jahre in Tripolis verbracht und sei dann am 05.12.2015 übers Meer nach Italien aufgebrochen, wo er am 08.12.2015 in Neapel eingetroffen sei. Am 11.12.2015 sei er dann mit einem Reisezug nach Österreich gefahren, weil er gehört habe, dass die Sozialleistungen und die Behandlung von Ausländern hier gut seien.

 

Zu seinen Rückkehrbefürchtungen brachte er vor: "Ich habe Angst vor einer Rückkehr, da ich dort keinen ordentlichen Lebensstandard erreichen kann."

 

Vermerkt wurde, dass es keine Verständigungsprobleme gab, was unter anderem von Rechtsberater und Beschwerdeführer unterschrieben wurde.

 

3. Nach Einholung eines Altersgutachtens stellte das BFA mit Verfahrensanordnung vom 01.06.2016 die Volljährigkeit des Beschwerdeführers und das dem Verfahren zu Grunde zu legende frühere Geburtsdatum wie im Spruch angegeben fest. Dieser zog anschließend von Niederösterreich nach Wien, wo er seit Juli 2016 gemeldet ist.

 

4. Bei seiner Einvernahme am 23.01.2017 brachte der Beschwerdeführer weiter vor, nach sechs Schuljahren sei sein Vater gestorben, und danach habe er sich die Schule nicht mehr leisten können. Er habe dann als Busschaffner gearbeitet, bis er Mitte 2012 per Bus nach Niger ausgereist sei, von dort weiter nach Libyen. Als Busschaffner habe er nicht gut verdient. Er wolle ein besseres Leben für sich und seine Familie.

 

"Eigentlich" habe er in Italien bleiben wollen, sei aber "in den falschen Zug gestiegen". Auf Nachfrage, ob er weitere Fluchtgründe habe, replizierte er: "Nein, ich wollte nur ein besseres Leben." Die Fragen nach Problemen wegen seiner Religionszugehörigkeit oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit verneinte er ausdrücklich. Außer seiner Muttersprache Edo könne er auch gut Englisch. Die Dolmetscherin für Englisch verstehe er einwandfrei.

 

Konkret zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt, gab er an: "Erstens werde ich nicht werden, was ich sein will. Zweitens werde ich nicht ohne Schwierigkeiten leben können. Ich habe keinen Ort zum Leben und wirtschaftliche Probleme. Meine Familie lebt in Armut. Ich kann mir keine Ausbildung dort leisten. Ich werde eine andere Person werden, die ich nicht sein will, weil das Leben dort hart ist."

 

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria (Spruchpunkt II) ab. Einen Aufenthaltstitel aus "berücksichtigungswürdigen Gründen" erteilte es nicht, erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Für die freiwillige Ausreise betrage die Frist 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

 

6. Die Beschwerde rügt die Verletzung von Verfahrensvorschriften und unzutreffende rechtliche Beurteilung. Der Beschwerdeführer habe nicht genug Englischkenntnisse, um einer behördlichen Befragung zu folgen und die Fragen sinnhaft zu beantworten. Er habe "deutlich gemacht", dass er als Christ Probleme mit Boko Haram befürchte, die speziell in Edo State, woher der Beschwerdeführer stamme, ihre terroristischen Akte setze. Er habe unvorstellbaren Terror vor allem gegen Christen mitansehen müssen und ständig um sein Leben gefürchtet, sodass er mit 15 von zuhause weggelaufen und aus seiner Heimat geflüchtet sei.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

 

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der in Österreich strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist gesund, volljährig, ledig, und arbeitsfähig. Er stammt aus Edo State, gehört der Volksgruppe der Edo an und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht nicht fest. Er ist strafrechtlich unbescholten, spricht seine Muttersprache Edo und Englisch und hat sich für einen Deutschkurs angemeldet.

 

Der Beschwerdeführer hält sich seit spätestens 12.12.2015 in Österreich auf. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung, spricht nicht qualifiziert Deutsch und weist auch sonst keine sozialen oder wirtschaftlichen Integrationsmerkmale auf.

 

Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben, seine Mutter, die Landwirtin ist, sein Bruder und seine zwei Schwestern leben nach wie in Nigeria, nämlich in Benin City. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat mindestens sechs Jahre lang die Schule besucht und war zuletzt als Busschaffner in Nigeria beschäftigt. In Libyen hat sich der Beschwerdeführer seinen Unterhalt als Autowäscher aus eigenem erwirtschaftet, wobei es ihm möglich war, die Kosten für seine Reise nach Europa anzusparen.

 

1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer hat Nigeria nicht aus Furcht vor Anschlägen der Boko Haram verlassen, sondern aus nicht asylrelevanten wirtschaftlichen Gründen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung in Nigeria verfolgt wurde oder verfolgt werden würde.

 

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

 

1.3 Zur Lage in Nigeria:

 

Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 02.09.2016 zitiert. Aktuell liegen Länderinformationen mit Stand 07.08.2017 vor, die in der vorliegenden Rechtssache keine Änderung der entscheidenden Sachverhaltselemente beinhalten. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die Informationen zur Sicherheits- und zur Lage von Rückkehrenden von Relevanz. Demnach ist festzustellen:

 

Sicherheitslage

 

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 21.11.2016). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta (SBM 17.1.2017). Laut SBM Intel war Boko Haram im Jahr 2016 für 71 Vorfälle mit 1.240 Toten verantwortlich. Den Fulani-Hirten werden für das Jahr 2016 47 Vorfälle mit 1425 Toten zugeschrieben. Viehdiebstahl, welcher für viele Jahre an Bedeutung verloren hat, ist inzwischen für Hirten, die hauptsächlich von Fulani abstammen, ein Grund für Konflikte und Angriffe geworden. Bei zwölf Vorfällen von Viehdiebstahl sind 470 Menschen getötet worden. Die Ölkonflikte, die sich im Jahr 2016 im Nigerdelta zugetragen haben, haben sich auf die ölproduzierenden Bundesstaaten im Südwesten und Südosten verbreitet. Bei 32 Vorfällen wurden 97 Menschen getötet (SBM 17.1.2017).

 

Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 24.7.2017).

 

Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi und Gombe. Darüber hinaus wird auch von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten. Wegen des besonders hohen Entführungsrisikos wird außerdem von Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insb. Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom abgeraten (AA 24.7.2017). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie an die Grenze zu Niger im Bundesstaat Zamfara (UKFCO 24.7.2017).

 

Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reise-warnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti,

 

Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia sowie an die Grenze zu Niger in Sokoto und Kebbi und die Trockengebiete von Delta, Bayelesa und Rivers (UKFCO 24.7.2017). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 24.7.2017).

 

In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 24.7.2017) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Ein-satz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 21.11.2016).

 

Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2016 bis Juni 2017 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.097), Benue (754), Rivers (360), Zamfara (308) und Adamawa (201). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (3), Kebbi (7) und Sokoto (8) (CFR 2017). Laut OSAC besteht eine erhebliche terroristische Bedrohung vor allem in Nordnigeria. Boko Haram hat für die meisten terroristischen Aktivitäten die Verantwortung übernommen. In der gesamten Nigerdelta-Region greifen mehrere aufständische Gruppen gezielt die Infrastruktur und Mitarbeiter von internationalen Ölgesellschaften an. Viele Gebiete im südlichen Nigeria erleben aufgrund großer Armut, mangelnder Bildung, Jugendarbeitslosigkeit und bedeutender Inflation Unruhen verursacht durch Zivilisten (OSAC 4.7.2017).

 

Nigerdelta

 

Das Nigerdelta, welches die Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River umfasst, sorgt mit seinen Öl- und Gasreserven für 95 Prozent der Exporterlöse Nigerias (DACH 2.2013; vgl. OP 22.6.2017).

 

Die Lage im Nigerdelta hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, ist aber noch nicht voll-ständig stabil und bleibt volatil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen und Piraten bleibt ein Risiko, ebenso wie die Verschlechterung der ökologischen Grundlagen der Region (AA 4 .2017c). Es gab eine Reihe von Angriffen auf die Ölinfrastrukturen, so zum Beispiel übernahm im Mai 2016 die aufständische Gruppe Niger Delta Avengers die Verantwortung für mehrere Angriffe auf die Ölgiganten Chevron, Shell und Nigerian National Petroleum Company (N24 29.5.2016). Ende August 2016 gaben die Niger Delta Avengers bekannt, dass die Gruppe die Feindseligkeiten einstellt und zum Dialog mit der Regierung bereit sei (NW 30.8.2016). Die Delta Avengers haben mit ihren Angriffen aufgehört, um den Friedensgesprächen eine Chance zu geben. Allerdings hat sich eine neue Gruppe, die sich die "New Delta Avengers" nennen, gebildet (Reuters 14.6.2017; vgl. NW 29.6.2017). Der Vizepräsident, Yemi Osinbajo, hat dem Nigerdelta bereits mehrere Besuche abgestattet und sich dabei mit traditionellen Führern und lokalen Politikern getroffen, um die Lage zu besprechen (FT 9.4.2017).

 

Entführungen sind besonders häufig im Nigerdelta und in den südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra. Politiker, Reiche und Ausländer waren die häufigsten Opfer (FH 1.2017).

 

Von 2000 bis 2010 agierten im Nigerdelta militante Gruppen, die den Anspruch erhoben, die Rechte der Deltabewohner zu verteidigen und die Forderungen auf Teilhabe an den Öleinnahmen auch mittels Gewalt gegenüber der Regierung durchzusetzen (AA 21.11.2016).

 

2009 gelang dem damaligen Präsidenten Yar'Adua mit dem Amnestieangebot für die Militanten im Niger-Delta eine Beruhigung des Konflikts. Unter Buhari lief das Programm am 15.12.2015 aus. Damit begannen wieder die Angriffe auf die Ölinfrastruktur und die Produktion brach ein. Die Regierung scheint vornehmlich auf eine militärische Lösung zu setzen (AA 21.11.2016). Mit dem Amnestieprogramm gingen Kriminalität und Gewalt im Süden zunächst merklich zurück. Allerdings steigen Kriminalität und Gewalt in letzter Zeit wieder an. Deshalb hat die Regierung Buhari im Februar 2016 beschlossen, das Ende 2015 ausgelaufene Amnestieprogramm um weitere zwei Jahre bis 2017 zu verlängern (AA 4 .2017a).

 

Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelt es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen und der Staatsgewalt, als auch um Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Interessen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind bis heute teils unter Kontrolle von separatistischen und kriminellen Gruppen. Teile des unzugänglichen Gebiets stellen weiterhin einen weitgehend rechtsfreien Raum dar, in dem die Einflussmöglichkeiten staatlicher Ordnungskräfte begrenzt sind (AA 21.11.2016). Das UK Home Office berichtet, dass laut DefenceWeb eine Joint Task Force (JTF) 2013 eingerichtet wurde, um den Terrorismus und andere Bedrohungen im Nigerdelta zu bekämpfen (UKHO 8.2016a). Die JTF, auch Operation Pulo Shield genannt, wurde im Juni 2016 umstrukturiert und mit der neuen Operation Delta Safe ersetzt, damit die derzeitigen Sicherheitsprobleme im Nigerdelta angegangen werden können (PT 22.6.2016; vgl. auch NT 9.7.2016).

 

Middle Belt inkl. Jos/Plateau

 

Die ethnischen Gegensätze in Nigeria werden durch religiös-konfessionelle Trennlinien verstärkt, die aufgrund historischer Entwicklungen und moderner Binnenmigration viel komplizierter verlaufen, als es das vereinfachte Bild einer Nord-Süd-Teilung Nigerias in einen überwiegend muslimischen Norden und einen stärker christlich geprägten Süden nahelegt. Immer wieder kommt es zu lokalen Konflikten zwischen einzelnen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen, wie insbesondere zwischen Hirten und Bauern in Zentralnigeria (AA 4 .2017a). Während diese Gewalt gewöhnlich nicht als religiöser Konflikt beginnt, nimmt es häufig religiöse Untertöne an und wird so von vielen Beteiligten als religiöser Konflikt wahr-genommen (USCIRF 26.4.2017). Bei derartiger Gewalt liegt der Ursprung gewöhnlich jedoch darin, dass in einem sehr heterogenen und ethnisch vielfältigen Teil Nigerias eine Gruppe die Kontrolle des Staatsapparates gegenüber einer anderen Gruppe beansprucht (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015, IRIN 13.6.2017). Die Gründe, die für die Gewalt genannt werden, sind unter anderem Landstreitigkeiten, da Hirten Weideland für ihre Rinder suchen; bewaffnete Hirten, die sich vor Viehdiebstahl schützen wollen; und Fulani, die im Süden von Kaduna Rache für 500 Muslime, die bei Gewalt nach den Wahlen getötet wurden, ausüben (USCIRF 26.4.2017).

 

Obwohl kommunale Auseinandersetzungen in nahezu allen Regionen des Landes vorkommen, sind Intensität und Opfer in der Region des "Middle Belt? gravierender. Dies gilt v.a. für die Bundesstaaten Kaduna und Plateau, wo zahllose Menschen, vornehmlich Frauen und Kinder, auf brutalste Weise ermordet werden (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015). Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Die Region wird von kleinen christlichen Ethnien dominiert, die eine lange Tradition des Widerstandes gegen die muslimischen Ethnien aus dem Norden haben. Die Spannungen im Middle Belt sind mit dem Problem der "Indigenität" verbunden: Jeder Bundesstaat und jede LGA in Nigeria unterteilt seine Bevölkerung in "indigene" und "nicht-indigene" Bürger, oder "Einheimische" und "Siedler". Im Middle Belt

 

genießen vorwiegend die o.g. kleinen christlichen Ethnien den Status der Indigenen, während die muslimischen Hausa und Fulani als Siedler eingestuft werden (DACH 2.2013; vgl. WWR 20.3.2015; IRIN 13.6.2017).

 

In Nigeria leben 18 Millionen Fulani, die auch Fulbe oder Peul genannt werden. 98 Prozent der Fulani sind muslimisch (CWI 6.2016). Die Fulani haben seit Jahrhunderten in einem großen Bereich Westafrikas ihre Rinderherden weiden lassen, doch sind sie dem wachsenden Druck ausgesetzt sich niederzulassen. Viele von ihnen haben es auch bereits getan. Da die Umweltbedingungen sich in der Sahelzone verschlechtern, sind die Fulani-Hirten gezwungen, auf der Suche nach neuen Weidegebieten langsam Richtung Süden und Westen zu wandern. Dies führt zu Konkurrenz und somit auch zu Kämpfen zwischen den Hirten und den Bauern um die natürlichen Ressourcen (CWI 6.2016; vgl. IRIN 27.7.2017).

 

Die wiederkehrende Gewalt zwischen den überwiegend christlichen Bauern und überwiegend muslimischen nomadischen Hirten ist im Jahr 2016 und Anfang 2017 angestiegen und hat zu hunderten von Toten und Zerstörungen von Kirchen geführt. Solche Angriffe wurden für Kaduna, Plateau, Bauchi, Taraba und Benue vermeldet. So wurden im März 2016 in Agatu Local Government Area, Benue zwischen 100-300 Menschen getötet und laut Berichten zufolge mindestens sechs Dörfer zerstört (USCIRF 26.4.2017). Eine andere Quelle spricht von über 500 Toten. Insgesamt sind im Jahr 2016 bei 59 Vorfällen 1.895 Menschen getötet worden (SBM 7.1.2017).

 

Die Regierung hat es lange nicht geschafft auf diese Gewalt adäquat zu reagieren. Die Bundespolizei wird selten eingesetzt, geschweige denn rechtzeitig. Die Regierung hat Polizei und Militär ins südliche Kaduna entsandt, um die Gewalt dort in den Griff zu bekommen. Jedoch gibt es Berichte, dass die Truppen sich nur bei den Hauptstraßen aufhielten und nicht weiter in die ländlichen Gebiete, wo es auch zu Gewalt kommt, vorgedrungen sind (USCIRF 26.4.2017).

 

Nordnigeria – Boko Haram

 

In den ersten eineinhalb Jahren Amtszeit hat es Buhari geschafft, die Bedrohung durch Boko Haram (Jama’atu Ahlis Sunna Lidda’awati wal-Jihad (USDOS 2.6.2016) weitgehend einzudämmen (AA 4 .2017a). Boko Haram ist seit Mitte 2010 für zahlreiche schwere Anschläge mit tausenden von Todesopfern verantwortlich. Seitdem fielen diesem Konflikt unterschiedlichen unabhängigen Schätzungen zufolge zwischen 20.000 und 30.000 Menschenleben zum Opfer (AA 4 .2017a).

 

Im Nordosten und Zentrum Nigerias hatte sich die Sicherheitslage insgesamt verbessert. Die nigerianischen Streitkräfte konnten den Großteil der von Boko Haram eingenommenen Territorien wieder zurückerobern, allerdings gelingt es ihnen kaum, diese Gebiete zu sichern (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 19.7.2017). In den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es weiterhin zu tödlichen Anschlägen der Islamisten; nur die Distriktzentren gelten als sicher (AA 21.11.2016).

 

Die von Boko Haram betroffenen Staaten haben sich im Februar 2015 auf die Aufstellung einer 8.700 Mann starken Multinational Joint Task Force (MNJTF) zur gemeinsamen Bekämpfung von Boko Haram verständigt (AA 4 .2017a). Bei der im April gestarteten Offensive des Militärs im Sambisa Forest, dem wichtigsten Rückzugsraum Boko Harams, konnten bis Anfang Mai ca. 700 von Boko Haram entführte Frauen und Kinder befreit werden (AA 21.11.2016). Bis Oktober 2015 konnte Boko Haram aus allen von ihr kontrollierten Städten und aus fast allen Landkreisen im Nordosten Nigerias vertrieben werden, ohne das es den nigerianischen Sicherheitsbehörden bisher gelungen ist, diese Gebiete dann auch abzusichern und vor weiteren Angriffen der Islamisten zu schützen. Mit Selbstmordanschlägen in den Städten und Angriffen auf einzelne Orte vor allen in ländlichen Regionen, bleiben die Islamisten weiterhin aktiv (AA 4 .2017). In den Bundesstaaten Adamawa und Borno gab es die meisten Anschläge (USDOS 19.6.2017). Boko Haram übte weiterhin Morde, Bombenanschläge, Selbstmordanschläge und Angriffe auf zivile und militärische Ziele aus (USDOS 19.7.2017). Beim verheerendsten Angriff der Boko Haram seit Monaten sind in Nigeria mindestens 50 Menschen ums Leben gekommen, als ein Konvoi mit Mitarbeitern des staatlichen Ölkonzerns NNPC am 25.7.2017 im Nordosten des Landes in einen Hinterhalt geriet. Auch Soldaten und Mitarbeiter der Universität Maiduguri waren unter den Opfern. Der Konvoi wurde nahe Magumeri im Bundesstaat Borno angegriffen (DS 28.7.2017).

 

Frauen und Kinder gerieten in den vergangenen zwei Jahren zunehmend auch ins Visier von Boko Haram, die sie nach ihrer Entführung zur Konversion zum Islam und zur Heirat mit Kämpfern zwangen, als Arbeitssklaven missbrauchten oder verkauften (AA 21.11.2016). Viele von den Frauen werden sexuell versklavt oder zu Kämpferinnen ausgebildet (AI 14.4.2015; vgl. USDOS 3.3.2017) und als Selbstmordattentäterinnen eingesetzt (AI 24.2.2016). Außerdem setzt Boko Haram Kindersoldaten ein (USDOS 3.3.2017). Nach langen Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung hat die Extremistengruppe Boko Haram 82 weitere der über 200 Mädchen freigelassen - im Austausch für einige von den Behörden festgehaltene Boko-Haram-Verdächtige (DS 6.5.2017; vgl. FAZ 6.5.2017). Die 82 freigelassenen Mädchen gehören zu den rund 270 meist christlichen Schülerinnen, die im April 2014 in der Stadt Chibok im Nordosten Nigerias in der Nacht entführt worden waren (DW 6.5.2017).

 

Boko Haram möchte eine Version vom Islam durchsetzen, die es für Muslimen "haram" macht oder ihnen verbietet an irgendeiner politischen oder sozialen Tätigkeit teilzunehmen, die mit dem Westen assoziiert wird. Dazu gehört das Wählen, das Tragen von Hemden und Hosen oder säkulare Bildung. Boko Haram betrachtet den nigerianischen Staat als von Ungläubigen betrieben, ungeachtet dessen, ob der Präsident muslimisch ist oder nicht (BBC 24.11.2016). Grob datiert werden kann die Entstehung der Gruppe auf das Jahr 2002. Sie hat sich in Maiduguri im Norden Nigerias formiert. Ihr Vorgehen war zunächst friedlich. Experten sehen die anfängliche Attraktivität von Boko Haram vor allem in den politischen und sozialen Verhältnissen im Norden Nigerias begründet: Die Gesellschaft ist ethnisch und religiös zersplittert, Armut und Arbeitslosigkeit sind höher als in anderen Landesteilen. Der Staat kommt seinen Aufgaben nur bedingt nach, die Lokalregierungen sind oft korrupt. Etwa ab 2009 radikalisierte sich die Gruppe und bekämpft seither aktiv den nigerianischen Staat. Seit 2011 kommt es beinahe im Wochenrhythmus zu Überfällen auf Kirchen, Polizeistationen, Schulen, Universitäten und andere Einrichtungen des Staates. Markenzeichen von Boko Haram sind sogenannte Drive-by-Shootings, gezielte Tötungen vom Motorrad aus, die sogar zu einem Motorrad-Verbot in Maiduguri führten. Aufgrund des anhaltenden Terrors rief der ehemalige nigerianische Präsident Goodluck Jonathan im Mai 2013 in den drei nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Notstand aus. Der Konflikt weitete sich in-zwischen auf die Nachbarländer Kamerun, Tschad und Niger aus. Seit November 2013 wird Boko Haram von den USA als Terrororganisation eingestuft. Die finanziellen Mittel Boko Harams stammen einerseits von Überfällen, bei denen in den vergangenen Jahren mutmaßlich Millionen von Dollar erbeutet wurden. Die Organisation wird aber auch von anderen Terror-organisationen wie Al-Kaida und ihrem nordafrikanischen Ableger Al-Kaida im islamischen Maghreb (Aqmi), der somalischen al-Schabab oder dem Islamischen Staat unterstützt. Der Chef von Boko Haram war von 2010 bis 2016 Abubakar Shekau. Wie viel Kontrolle Shekau über die diversen Gruppierungen von Boko Haram hatte, ist fraglich. Im August 2016 meldete das IS-Magazin Al-Naba, dass Shekau als Chef von Boko Haram entmachtet wurde. Als Nachfolger nannte das Magazin den bisherigen Sprecher der Organisation, Abu Musab al-Barnawi (Zeit 18.1.2017). Es gibt Berichte, dass Boko Haram sich in zwei Gruppierungen aufgeteilt hat, eine wird von Abubakar Shekau geführt und die andere von Abu Musab al-Barnawi (NW 15.3.2017; vgl. DW 4.8.2016). Boko Haram soll in untergeordneten, lokalen Zellen organisiert sein. Zudem soll es einen Rat geben, der das oberste Entscheidungsorgan der Gruppe ist und auf dessen Zustimmung der Anführer bei Entscheidungen angewiesen ist (Zeit 18.1.2017).

 

Im Jahr 2015 hat die nigerianische Regierung mehrere Schritte im Kampf gegen Boko Haram unternommen. So wurde im Laufe des Jahres von Mitgliedern des nigerianischen Militärs berichteten, dass seit Buhari sein Amt antrat, sie zunehmend die erforderlichen Ressourcen im Kampf gegen Boko Haram erhalten haben (USDOS 2.6.2016). Buhari ordnete im Mai an, dass das nigerianische Militär sein Hauptquartier nach Maiduguri verlegt, damit Boko Haram besser bekämpft werden kann (USDOS 2.6.2016, BBC 8.6.2015). Boko Haram war aufgrund der Versuche des nigerianischen Militärs die Organisation zu isolieren zunehmend auf das Sambisa Waldgebiet beschränkt (USDOS 2.6.2016) und im Dezember 2016 erklärte das nigerianische Militär den Sambisa Wald frei von Boko Haram (VOA 31.3.2017). Boko Haram übte trotzdem sporadische Angriffe im Sambisa Waldgebiet aus und verstärkte Überfälle auf Dörfer und Städte in der Suche nach Nahrungsmitteln (DW 28.3.2017)

 

Die nigerianische Armee beging bei ihrem Kampf gegen Boko Haram zwischen 2011 und 2015 Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Präsident Buhari versprach, Hinweisen auf mehrere Kriegsverbrechen des Militärs im Zeitraum Juni bis Dezember 2015 nachzugehen. Es wurden jedoch keine weiteren Maßnahmen ergriffen, um unabhängige und unparteiische Untersuchungen einzuleiten (AI 24.2.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Sicherheitskräfte unter dem Kommando der 7. und 3. Division der nigerianischen Armee, die Polizei und das Department of State Service (DSS) haben weiterhin militärische Operationen gegen Boko Haram im Nordosten des Landes durchgeführt. Einige der Truppen töteten mutmaßliche Boko Haram Mitglieder. Auch gab es Massenverhaftungen von Männern und Buben, die auch gefoltert wurde. Laut einem AI-Bericht hat das nigerianische Militär in den Jahren 2013 und 2014 im Zuge von militärischen Operationen 1.200

 

außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 3.3.2017). Sowohl Human Rights Watch als auch Amnesty International haben das in ihren verschiedenen Berichten seit mehreren Jahren massiv kritisiert und verwiesen dabei vor allem auf Fälle immer wieder auftretender Folterungen von Gefangenen durch die Polizei im ganzen Land, extra-legaler Tötungen und das Verschwindenlassen angeblicher Boko Haram-Mitglieder im Norden des Landes. Seit März 2011 sollen nach Angaben von AI (Juni 2015) im Nordosten Nigerias über 7.000 Menschen während ihrer Haft ums Leben gekommen sein, von denen seit Februar 2012 durch das nigeria-nische Militär mehr als über 1.200 Gefangene bewusst getötet worden wären (AA 21.11.2016).

 

Auch hat sich eine Civilian Joint Task Force (CJTF) als Reaktion auf die Aufständischen und das Militär im Jahr 2013 in Maiduguri gebildet (TNY 22.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Das nigerianische Militär gab den Mitgliedern der CJTF Fahrzeuge und Uniformen unter der Bedingung, dass sie bei einem Ausbildungsprogramm - geführt durchs Militär - teilnehmen (TNY 22.12.2015; vgl. IRIN 9.5.2017). Jedoch musste das Trainingslager in ein Flüchtlings-lager umstrukturiert werden und so konnte nur eine geringe Zahl der CJTF Mitglieder ausgebildet werden (TNY 22.12.2015). Laut der UN und anderen internationalen Organisationen rekrutierte die CJTF (manchmal auch mit Gewalt) Kinder, um sie als Kindersoldaten einzusetzen. Die Regierung verbietet den Einsatz von Kindersoldaten und behauptet, dass die CJTF keine Kindersoldaten einsetzte. Dennoch wird die CJTF finanziell von der Regierung des Bundesstaates Borno unterstützt (USDOS 3.3.2017). Es gibt auch Berichte, dass Frauen in IDP-Lager von Mitgliedern der CJTF und des Militärs sexuell ausgebeutet und missbraucht werden (AI 6.2017). Die CJTF hat aus Angst vor weiblichen Selbstmordattentätern für Frauen in Maiduguri eine Ausgangssperre verhängt. Frauen, die diese nicht einhalten, werden verprügelt. Trotz Versprechungen der Regierung die CJTF unter Kontrolle zu bringen, gibt es weiterhin Berichte, dass CJTF-Mitglieder ihre Opfer schikanieren, foltern und misshandeln (IRIN 9.5.2017).

 

In Lagos gibt es keine Fälle von Tötungen durch Boko Haram. Die Terroristen sind nicht in der Lage, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren. Wenn sich Menschen von Boko Haram bedroht fühlen, dann können sie im Land umsiedeln (VA1 16.11.2015). Im Süden gibt es Schläfer-Zellen der Boko Haram. Trotzdem können z.B. Deserteure der Boko Haram in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind (VA2 16.11.2015).

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Be-drohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

 

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

 

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere

 

außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

 

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vor-schriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

 

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

 

Die Verhältnisse in Nigeria haben sich seit der Erlassung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2017, in welchem bereits geprüft und festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nummer 6 und Nummer 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens, Würde und Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Artikels mit sich bringen würde, nicht maßgeblich verändert. Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.

 

2. Beweiswürdigung

 

2.1 Zum Sachverhalt:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

 

Das Datum der Antragstellung wurde übereinstimmend mit dem BFA-Bescheid festgestellt, obwohl sie in der Niederschrift der Erstbefragung mit dem Tag der Befragung, 08:00 Uhr, vermerkt ist. Im Akt findet sich allerdings die Anforderung eines Rechtsberaters per Mail vom Vortag, 17:58 Uhr, für den Termin der Erstbefragung am nächsten Morgen, die noch am Vorabend um 18:07 Uhr beantwortet wurde. Das legt den Schluss nahe, dass der frühere Tag stimmt.

 

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur illegalen Einreise des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben, wonach er nie einen Reisepass besessen habe. Da der Beschwerdeführer nicht imstande oder nicht willens war, identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

 

Aus dem Gutachten betreffend das Alter des Beschwerdeführers (AS 85 ff) ergibt sich das im Spruch genannte Geburtsdatum als spätestes mögliches. Demnach konnte dessen Volljährigkeit festgestellt werden. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich gründen sich auf seine eigenen, unbedenklichen Angaben. Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Strafregister, für die Anmeldung zum Deutschkurs liegt eine Bestätigung vor.

 

2.3 Zu den Fluchtgründen:

 

Die Feststellung betreffend das Nichtvorliegen von konventionsrelevanten Fluchtmotiven und die fehlende Gefahr einer existenziellen Bedrohung nach Rückkehr, die das Gericht mit dem BFA (AS 162) teilt, ergibt sich aus dem Fehlen eines substantiierten Vorbringens in dieser Hinsicht sowie aus den Feststellungen zum Beschwerdeführer und zu Nigeria. Im Verwaltungsverfahren hat er eine Verfolgung ausdrücklich in Abrede gestellt (AS 137), Fragestellungen des Organwalters, ob er in Nigeria Probleme wegen seiner Religions- oder Volkgruppenzugehörigkeit oder sonstige Probleme mit der Regierung, den Polizei oder allenfalls mit Privatpersonen habe, dezidiert verneint und ausschließlich wirtschaftliche Motive ins Treffen geführt.

 

Im Verfahren ergaben sich auch keine Hinweise auf eine ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und spricht Edo und Englisch. Er war auch bereits mehrere Jahre berufstätig, sodass ihm die Teilnahme am Arbeitsmarkt möglich sein wird.

 

Wenn im Beschwerdeschriftsatz nunmehr erstmals vorgebracht wird, dem Beschwerdeführer sei es aufgrund sprachlicher Defizite in Englisch nicht möglich gewesen, seine Fluchtgründe ausreichend darzulegen, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass für eine solche Annahme kein Anlass besteht:

 

Zunächst erweist die Niederschrift, dass bei der Erstbefragung, bei welcher der Rechtsberater des Beschwerdeführers anwesend war, der nach den Feststellungen bereits volljährige Beschwerdeführer selbst ausdrücklich bestätigte, den Dolmetscher zu verstehen (AS 19). Zudem erfolgte eine Rückübersetzung des Protokolls und wurde vom Beschwerdeführer - und auch vom Rechtsberater - ausdrücklich bestätigt, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben hatte (AS 25).

 

Auch in der Niederschrift vom 23.01.2017 finden sich keine Hinweise auf Verständigungs-probleme, im Gegenteil: Der Beschwerdeführer gab an, gut Englisch zu können und die Dolmetscherin einwandfrei zu verstehen (AS 134). Er erklärte, alle Fluchtgründe vorgebracht zu haben, und auf die Frage am Ende der Einvernahme, ob er sich bei dieser konzentrieren und die Dolmetscherin verstehen haben können, antwortete er: "Ja ich konnte mich konzentrieren und habe die Dolmetscherin einwandfrei verstanden." (AS 137) Schließlich bestätigte er auch, dass die Niederschrift rückübersetzt und ihm danach die Möglichkeit eingeräumt worden war, Einwendungen vorzubringen. Am Ende der Einvernahme gab er ausdrücklich an, dass alles richtig und vollständig protokolliert worden sei (AS 138).

 

Auf dem Boden dieser Umstände handelt es sich bei den erstmals in der Beschwerde ins Treffen geführten Verständigungsschwierigkeiten aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse um ein akten- und faktenwidriges Konstrukt.

 

Der Beschwerdeführer erstattete auch in der Beschwerde kein substantiiertes Vorbringen über eine drohende Verfolgung oder Gefährdung. Die Behauptung, das Wohngebiet des Beschwerdeführers werde regelmäßig von "mordenden und plündernden" Mitgliedern der Boko Haram heimgesucht, lässt sich vor dem Hintergrund der Länderberichte nur als "Schutzbehauptung" zum Zweck der Beschwerdeausführung verstehen, zumal Boko Haram nahezu ausschließlich im Norden und Nordosten Nigerias tätig wird, und sich in den Länderberichten keine Hinweise auf "regelmäßige" Überfälle in Edo State oder gar im Bereich Benin City finden.

 

Im Hinblick auf die damit verbundenen Ausführungen, der Beschwerdeführer habe Nigeria aus Furcht vor Anschlägen der Boko Haram, somit aus Furcht vor Verfolgung aus religiösen Gründen verlassen, ist daneben auch darauf zu verweisen, dass dieses Vorbringen dem Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA-VG unterliegt. Das gilt im Übrigen auch für das Vorbringen, wonach er zuletzt mit seiner Familie in einer einräumigen Hütte "in geradezu elendem dörflichen Umfeld" gelebt habe, welches obendrein der Angabe des Beschwerdeführers widerspricht, wonach er 2012 an eine konkrete Adresse in die Stadt gezogen sei (AS 19, 135). Über die bereits behandelte Sprachkenntnis hinausgehende Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht in der Lage war, Tatsachen oder Beweismittel rechtzeitig vorzubringen oder ihm solche nicht zugänglich waren, fehlen ebenso wie Anhaltspunkte dafür, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Verfahren geführt hätte.

 

Dem Vorbringen, wonach dem Beschwerdeführer nur unzureichend Einsicht in die Länderberichte gewährt worden sei, ist entgegenzuhalten, dass diesem die Länderberichte im Zuge der Einvernahme vorgelegt und samt der Niederschrift am 23.01.2017 ausgehändigt wurden. Aus dieser geht auch hervor, dass dem Beschwerdeführer bereits zuvor die Möglichkeit eingeräumt wurde, eine Stellungnahme zu den Länderberichten abzugeben, er diese aber nicht nutzte und äußerte, keine Stellungnahme abgeben zu wollen (AS 137).

 

Selbst bei einer Verletzung des Parteiengehörs wäre aber für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil die mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme eine solche Verletzung grundsätzlich saniert.

 

Die vorgebrachten, mit den Feststellungen harmonierenden Gründe wie wirtschaftlich schlechte Situation und schlechtes Einkommen entfalten, wie in der rechtlichen Würdigung dargelegt wird, keine Asylrelevanz. Damit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden. Das Gericht kommt daher – wie auch schon die belangte Behörde – zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

2.4 Zum Herkunftsstaat:

 

Der Beschwerdeführer ist den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat damit entgegengetreten, dass diese im Zusammenhang mit der Christenverfolgung in Edo State nicht zuträfen. Es wurden allerdings keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

Bei den zur Feststellung der Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen - soweit fallbezogen von Bedeutung und oben zitiert entsprechen die vom BFA zur Zeit der Erlassung des Bescheids verwendeten inhaltlich den nunmehr aktuellen - handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann.

 

Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogene und aktuelle.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu I A) Abweisung der Beschwerde

 

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

 

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass die geschilderten ökonomischen Schwierigkeiten – Armut, schlechtes Einkommen, teure Ausbildung – keine asylrelevante Intensität erreichen. Die wirtschaftliche Benachteiligung einer bestimmten, beispielsweise ethnischen Gruppe, die den Angehörigen dieser Gruppe jegliche Existenzgrundlage entzieht, kann grundsätzlich als "reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse" (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174) asylrelevant sein, wurde aber in dieser Intensität weder behauptet noch von Amts wegen festgestellt.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

 

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

3.2.2 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

 

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers unterbleibt, weil er arbeitsfähig ist und auch bereits im Herkunftsland berufstätig war.

 

3.2.3 Es ist dem Beschwerdeführer auch unbenommen, allenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Spruchteil II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

 

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

 

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels

 

Im ersten Satz des Spruchpunkts III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß §§ 57 und 55 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint, wie die Bescheidbegründung erweist (S. 61, AS 215). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

 

In Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, ist nicht auch noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen. Daher war die Nennung dieser Vorschrift aus dem Spruchteil zu streichen.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

 

3.3.2 Rückkehrentscheidung

 

Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch jenes des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

 

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

 

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und erwerbsfähig.

 

Auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

 

Bei einer Dauer des Aufenthalts von aktuell etwas mehr als zwei Jahren kann nicht von einer relevanten Verfestigung des Beschwerdeführers in der österreichischen Gesellschaft ausgegangen werden.

 

Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben etwa 1 ¿ Jahre vor Bescheiderlassung eingereist. In dieser Zeit hat er keine relevante Bindung oder Beziehung aufgebaut und abgesehen von der behaupteten Mitgliedschaft in der Pfingstgemeinde (AS 133, 136) keine weitere Integrationsstufe erreicht, speziell keine Sprachprüfung absolviert.

 

Der Beschwerdeführer führt keine Lebensgemeinschaft und kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet, sondern lediglich "viele Freunde unterschiedlicher Nationalitäten". Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz von unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanten Bindungen allenfalls hätte ergeben können. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und – folgt man den Angaben zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Nigeria – den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, familiäre, sprachliche und kulturelle Verbindungen, speziell seine Mutter und seine drei Geschwister, zu denen er nach eigenen Angaben über soziale Medien Kontakt hat.

 

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

 

Im konkreten Fall kommt dazu, dass der die Behörden nach seiner Einreise über sein Alter zu täuschen versucht hat. Er lebt von der Grundversorgung, weist kaum Integrationsmerkmale auf und hat seinen Aufenthalt nur mittels eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz nach faktischer Einreise verwirklichen konnte.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

 

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

 

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

 

Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.

 

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können.

 

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als in Nigeria, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

 

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

 

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

 

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

 

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg nach Lagos. Es ist daher keine Bedrohung des Beschwerdeführers durch Anschläge der Boko Haram bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat erkennbar. Daher erwies sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung dorthin als rechtmäßig und die Beschwerde insoweit als unbegründet.

 

Die Beschwerde war daher – von der Richtigstellung im ersten Satz abgesehen – auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

 

3.4 Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

 

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe der Erlassung der Rückkehrentscheidung überwiegen.

 

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

 

Daher ist die im Bescheid genannte Frist korrekt angegeben, weshalb die Beschwerde auch in Bezug auf Spruchpunkt IV abzuweisen war.

 

Zu II A) Zurückweisung des Antrags auf Kostenersatz:

 

§ 17 VwGVG ordnet die subsidiäre Anwendung der Bestimmungen des AVG mit genannten Ausnahmen sowie weiterer Verfahrensgesetze und jener verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen an, welche die Behörde im vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

In § 74 AVG ist festgelegt dass jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat. Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, wird den Verwaltungsvorschriften überlassen.

 

Mangels gesetzlicher Grundlage bestünde im Rahmen des vorliegenden Verfahrens über eine Bescheidbeschwerde auch dann kein Anspruch auf einen Aufwandersatz, wenn der Beschwerde Erfolg beschieden gewesen wäre. Daher war der Antrag des Beschwerdeführers, "der Republik Österreich die Verfahrenskosten aufzuerlegen" als unzulässig zurückzuweisen.

 

Zu I B) und II B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Die folgenden Ausführungen betreffen Erkenntnis (I) und Beschluss

(II).

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz wirtschaftlicher Notlagen aus Konventionssicht oder zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit der Abschiebung.

 

Auch die eindeutige Rechtslage betreffend die Selbstkostentragung im Verfahren über eine Bescheidbeschwerde wirft keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf.

 

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

 

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

 

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt wurde bereits durch das BFA vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund 9 ¿ Monate liegen – die gebotene Aktualität auf. Die Ermittlungen des Gerichts in Bezug auf die in der Beschwerde enthaltenen zusätzlichen Behauptungen zum Sachverhalt haben zweifelsfrei ergeben, dass sein nunmehriges Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde im bekämpften Bescheid hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

 

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben. Ausdrücklich angemerkt sei, dass das nicht nur für das Erkenntnis zutrifft, sondern auch der Beschluss über die Zurückweisung ohne Verhandlung ergehen konnte, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage und der Beschwerde geklärt ist.

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