BVwG I404 1262188-3

BVwGI404 1262188-312.10.2017

B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
VwGVG §28 Abs3
VwGVG §8a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:I404.1262188.3.00

 

Spruch:

I404 1262188-3/6.E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Algerien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE-Rechtsberatung gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2017, Zl. 301596201, beschlossen:

 

A)

 

I. In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

 

II. Der Verfahrenshilfeantrag wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Algeriens, reiste nach eigenen Angaben am 31.08.2004 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.09.2004 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.08.2009, XXXX, wurde der Antrag in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF (AsylG), abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt. In Spruchpunkt III. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgewiesen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.10.2009 zu XXXX wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

2. Am 17.04.2012 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 03.07.2012 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

 

3. Am 27.05 2010 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu XXXX XXXX wegen des Vergehens §§ 15, 127, und 130 1. Fall StGB, § 27 Abs. 1/1 1. und 2. Fall Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt sowie zu XXXX wegen §§ 27 Abs1/1 8. Fall, 27 Abs. 1 und 2/1 1. Fall und 2. Fall, 27/3, 27/2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Am 27.06.2012 wurde er vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu XXXX, wegen des Verbrechens §§ 27 1. und 2. Fall, 130 4. Fall StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Am 08.11.2012 wurde er durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen des Verbrechens §§ 27 (1) Z 1 1. Und 2. Fall, 27 (2) SMG und §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

 

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer am 17.06.2017 im Rahmen seiner Abschiebung festgenommen und am 03.08.2017 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen des Vergehens des Wiederstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1. 84 Abs. 2 StGB und hierfür unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem Strafsatz des § 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.

 

4. Mit Schreiben vom 3.7.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Angaben zu näher angeführten Fragestellungen abzugeben. Diesem Schreiben waren keine Länderberichte beigelegt ebenso wenig wurde nach dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gefragt. Des weiteren konnte selbst auf Nachfrage durch das Bundesverwaltungsgericht eine Bestätigung über die Übernahme dieses Schreibens nicht vorgelegt werden. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ist in der Folge nicht eingelangt.

 

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde), wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Asylgesetz 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 52 Abs. 1. Z. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). In den Feststellungen hielt die belangte Behörde fest, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund der Identifizierung durch die algerische Botschaft fest stehe. Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten oder familiäre Bindung an Österreich und er sei in Österreich weder sozial noch beruflich integriert. Feststellungen zum Gesundheitszustand wurden nicht getroffen. Zur Lage im Herkunftsstadt hielt die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer zweimal einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, welche abgelehnt worden seien. Die Staatendokumentation der belangten Behörde sei hinreichend im Hinblick auf die Rückkehr geprüft und als Beweismittel herangezogen worden. Bei Bedarf könne jederzeit bei der belangten Behörde Einsicht genommen werden. Konkrete Feststellungen zu Algerien wurden nicht getroffen. In der Beweiswürdigung wurde zur Lage im Herkunftsstadt festgehalten, dass die Feststellungen auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation basieren würden. Rechtlich führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. aus, dass mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen sei, dass eine Abschiebung zulässig sei, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Die Abschiebung Fremder in einen Staat sei gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt werde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Dazu führte die belangte Behörde weiter aus, dass weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sich eine derartige Gefährdung ergebe.

 

6. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE-Rechtsberatung, rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer derzeit in der Justizanstalt XXXX aufhalte, wo er sich eine Nieren- und Darmerkrankung zugezogen habe und am 14.9.2017 einer Operation habe unterziehen müssen. Die belangte Behörde wäre im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht verpflichtet gewesen, den entscheidungserheblichen Sachverhalt insbesondere zur abschiebungsrelevanten Lage in Algerien festzustellen und dem Beschwerdeführer dazu Parteiengehör zu gewähren. Die Unterlassung jeglicher Feststellungen zur Lage in Algerien würde einen schwerwiegenden Verfahrensmangel darstellen. Es wären also von der belangten Behörde Länderfeststellungen zu treffen und dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu diesen zu gewähren gewesen. Zudem habe die Behörde den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht entsprechend ermittelt, um beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführer bei Rückkehr nach Algerien einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt wäre. Im Fall des Beschwerdeführers sei eine existenzbedrohende Notlage höchstwahrscheinlich, zumal er mit keinerlei familiärer Unterstützung rechnen könne und nach seiner Nierenoperation noch rekonvaleszent sei. Weiters wurden umfangreiche Ausführungen zum Einreiseverbot getätigt. Schließlich beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Verfahrenshilfe speziell im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr.

 

7. Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes wurde vom KH Krems bestätigt, dass am 13.09.2017 beim Beschwerdeführer eine Operation durchgeführt worden sei.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Zu Spruchpunkt A)

 

1. Aufhebung und Zurückverweisung (Spruchpunkt I.):

 

1.1. Die §§ 28 Abs. 1 bis 3 und 31 VwGVG lauten wie folgt:

 

Erkenntnisse und Beschlüsse

 

Erkenntnisse

 

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Beschlüsse

 

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

 

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

 

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

 

1.2. § 50, § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), in der geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

Verbot der Abschiebung

 

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

(4) Rückkehrentscheidung

 

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

 

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

 

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

 

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht von der in § 28 Abs. 3 VwGVG festgelegten Befugnis zur Aufhebung und Zurückverweisung Gebrauch machen darf, im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, näher präzisiert.

 

Danach hat die meritorische Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts Vorrang und bildet die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme, deren Inanspruchnahme begründungspflichtig ist und die strikt auf den ihr gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Zur Aufhebung und Zurückverweisung ist das Verwaltungsgericht bei "krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken" befugt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Verwaltungsbehörde "jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen", "lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt" oder "bloß ansatzweise ermittelt" hat oder wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Behörde "Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer ‚Delegierung' der Entscheidung)".

 

1.4. Mit der bekämpften Entscheidung hat die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung entlassen und ausgesprochen, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Diesbezüglich verlangt § 50 Abs. 1 FPG die Prüfung nach Artikel 2 und 3 EMRK.

 

Im Hinblick auf diese Prüfung ist es jedoch erforderlich, aktuelle Länderberichte nicht nur "in das Verfahren einzuführen", sondern in der Entscheidung inhaltlich wiederzugeben (VfGH vom 13.03.2013, U 2375/12).

 

In diesem Sinne ist es erforderlich, sich mit der persönlichen Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf die getroffenen Länderfeststellungen auseinanderzusetzen (VfGH vom 02.05.2011, U 1005/10). Die Berufung auf die Staatendokumentation und § 5 Absatz 2 BFA-VG ersetzt keineswegs die Aufgabe der belangten Behörde von sich aus Länderquellen zu verwenden, die in ihrer Gesamtheit als "ausgewogen zusammengestellt" bewertet werden können (Asylgerichtshof vom 14.08.2013, C16 420.015-1/2011).

 

Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von den Asyl- (und Fremdenbehörden) zu erwarten, dass sie zur Feststellung zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen und von Amts wegen aktuelles Berichtsmaterial heranziehen (z.B. VwGH vom 15.09.2010, 2008/23/0334 und viele andere mehr).

 

Wie in der Beschwerde zu Recht gerügt, hat im vorliegenden Fall die belangte Behörde jegliche Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers unterlassen und auch keinerlei Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen und sich auch in keiner Weise mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ihm auch nicht zu aktuellen Länderberichten betreffend den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers Algerien das Parteiengehör gewährt.

 

Weiters hat sie auch jegliche Ermittlungstätigkeit in Bezug auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers unterlassen. Auch finden sich im Bescheid keinerlei diesbezügliche Feststellungen.

 

1.5. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der Situation im Herkunftsstaat Algerien unterlassen hat und auch keine Feststellungen zu dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers getroffen hat. Insofern hat die belangte Behörde nur ansatzweise ermittelt und liegen daher die Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des VwGH für ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 VwGVG vor.

 

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch anzuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Notwenigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aktuelle Länderbericht einzuholen und Feststellungen der belangten Behörde zu ergänzen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich macht (vgl. VwGH vom 26.04.2017, Zl. Ra 2016/19/0290) und gegenständlich ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vorliegt, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 5 VFA-VG zuzuerkennen.

 

Auch unter Effizienzgesichtspunkten verbietet sich daher eine Heranziehung des § 28 Abs. 2 Z.2 VwGVG, zumal die Verwaltungsbehörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinne des Gesetzes zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Verwaltungsgericht bewerkstelligen wird können, zumal fallbezogen die Verfahrensführung durch die Regionaldirektion Niederösterreich erfolgte und der Beschwerdeführer sich derzeit in der Justizanstalt XXXX befindet.

 

Angesichts der oben angeführten Verhandlungspflicht des BVwG bei einer Sachentscheidung ist daher nicht anzunehmen, dass die zur Erforschung der materiellen Wahrheit ergänzenden Ermittlungen unter Wahrung des Parteiengehörs durch das Bundesverwaltungsgericht selbst mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wären. Wobei es bei der Beurteilung der Kostenersparnis und Raschheit darüber hinaus nicht auf die Auswirkungen auf das Gesamtverfahren, sondern nur auf die Ersparnis an Zeit und Kosten für die jeweilige konkrete Amtshandlung ankommt. Dass die Zurückverweisung den gesamten Verfahrensverlauf verlängert, ist bei der Zeit- und Kostenersparnis nicht in Rechnung zu stellen, weil ansonsten eine kassatorische Entscheidung nie in Frage käme (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG, § 66 Rz 20 mwN).

 

2. Zum Verfahrenshilfeantrag (Spruchpunkt II.):

 

2.1. Gemäß § 8a. Abs. 1 ist soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

 

Der Beschwerdeführer hat die Verfahrenshilfe in seiner Beschwerde, welche er durch seinen Rechtsberater eingebracht hat, beantragt. Die Verfahrenshilfe wird ausschließlich im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr beantragt. Diese Eingabegebühr wurde auch nicht entrichtet.

 

Laut Angaben im Vermögensverzeichnis verfügt der Beschwerdeführer über die € 30 Eingabegebühr (derzeit würden sich € 35,00 auf seinem Konto befinden) und bezieht ein Nettoeinkommen von € 120,00 monatlich. Da der Beschwerdeführer sich derzeit in Haft befindet, kann daher nicht angenommen werden, dass die Bezahlung dieses Betrages zu einer Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts führen würde.

 

Der Antrag war daher abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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