BVwG W147 2012424-5

BVwGW147 2012424-54.8.2017

AVG 1950 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W147.2012424.5.00

 

Spruch:

W147 2012494-5/2E

 

W147 2012428-5/2E

 

W147 2012424-5/2E

 

W147 2012429-5/2E

 

W147 2012427-5/2E

 

W147 2117743-4/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerden von (1.) XXXX , geb. XXXX , (2.) XXXX , geb. XXXX , (3.) XXXX , geb. XXXX , (4.) XXXX , geb. XXXX , (5) XXXX , geb. XXXX , (6) XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörige der Russischen Föderation, alle vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils 10. Mai 2017, Zl. (1) 821884003-170164736 (2) 821884101-170164752 (3) 811884210-170164765 (4) 821884308-170164779 (5) 821884406-170164787

(6) 1046232502-170164809, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als

unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

 

Der Erstbeschwerdeführer reiste gemeinsam mit seiner Ehegattin (Zweitbeschwerdeführerin) und den minderjährigen Kindern (Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer) unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und brachten diese am 28. Dezember 2012 Anträge auf internationalen Schutz ein. Die Sechstbeschwerdeführerin wurde im Bundesgebiet geboren und für diese am 25. November 2014 ihr erster Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

 

Zunächst wurden die Anträge auf internationalen Schutz von den Beschwerdeführern 1 bis 5 mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 2. September 2014 in Bezug auf den Status des Asyl- wie des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden nicht erteilt, Rückkehrentscheidungen gegen Beschwerdeführer 1 bis 5 erlassen und festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.

 

Diese Bescheide wurden mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2014 behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung von neuen Bescheiden an die belangte Behörde zurückverwiesen. Aufgetragen wurde der belangten Behörde insbesondere eine Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin zu den von ihr miterlebten Ereignissen, da eine solche im Verfahren unterblieben sei.

 

Nach ergänzenden Einvernahmen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurden die Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Beschwerdeführer mit Bescheiden des Bundesamts vom 29. Oktober 2015 in Bezug auf den Status von Asyl sowie subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden nicht erteilt. Gegen die Beschwerdeführer wurden Rückkehrentscheidungen erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.

 

Die Beschwerden gegen diese Bescheide wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten ihr Fluchtvorbringen nicht glaubhaft machen können. Auch würden ihnen im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation keine Behandlung oder Lebensumstände drohen, welche die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gebieten würden. Schließlich würden die Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erfüllen; insbesondere seien sie in Österreich noch nicht ausreichend intensiv integriert, dass dies ihrer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen würde.

 

Diese Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden am 20. Juli 2016 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

 

Sämtliche Familienmitglieder begründeten die mit Erkenntnissen vom 18. Juli 2016 erledigten Anträge auf internationalen Schutz zunächst ausschließlich mit gegen den Erstbeschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen in der Russischen Föderation. Dieser brachte als Begründung seines Antrages vor, dass sich sein Vater im Jahr 2000 tschetschenischen Kämpfern angeschlossen habe und im selben Jahr bei Kampfhandlungen getötet worden sei. Seither hätten "Russen" das Haus der Familie wiederholt aufgesucht und durchsucht und dort versteckte Waffen vermutet. Selbst nach dem Abzug der "Russen" aus Tschetschenien hätten Abgesandte von Kadyrow die Familie aufgesucht und diese aufgefordert, Waffen abzugeben. Im Jahr XXXX sei dann ein Cousin des Erstbeschwerdeführers mitgenommen und bei einer Einheit Kadyrows gefangen gehalten worden. Für 500.000 Rubel sei er freigekauft worden; bei seiner Abholung aus der Gefangenschaft sei er blutüberströmt gewesen und an den Folgen dieser Verletzungen am XXXX verstorben. Vier Monate später hätten die Behörden das Haus der Familie erneut aufgesucht und den Erstbeschwerdeführer mitnehmen wollen. Die Behördenvertreter hätten nicht geglaubt, dass der Cousin verstorben sei und nach diesem gesucht. Der Erstbeschwerdeführer sei bei dieser Dursuchung geschlagen worden; dann seien Anrainerrinnen herbeigeeilt und hätten – gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin – schreiend verlangt, vom Erstbeschwerdeführer abzulassen. Die Behörden hätten damit gedroht, den Erstbeschwerdeführer umzubringen, sollten die Waffen nicht herausgegeben werden. Bis zum 19. oder 20. Dezember 2012 seien die Behörden nicht wiedergekehrt; an diesem Tag habe der Erstbeschwerdeführer beobachtet, dass Abgesandte Kadyrows das Heim der Familie aufgesucht hätten, als er nach Hause gekommen sei. Er habe sich aus Angst zu Verwandten begeben und sei am 23. Dezember 2012 aus der Russischen Föderation ausgereist.

 

Dieses Vorbringen wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis vom 18. Juli 2016 als unglaubwürdig gewertet.

 

Zusätzlich brachte die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 29. Oktober 2015 erstmals vor, sie würde in Tschetschenien nunmehr auch deshalb verfolgt werden, weil sie begonnen habe, einen Hijab zu tragen; auch dieses Vorbringen wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 mit Verweis auf näher bezeichnete Dokumentationsquellen über die örtlichen Gegebenheiten in der Russischen Föderation, welche dieser Einschätzung widersprechen würden, als unglaubwürdig qualifiziert.

 

2. Zweites Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

 

Am 25. August 2016, sohin einen Monat nach Rechtskraft des Erstverfahrens, stellten sämtliche Beschwerdeführer erneut Anträge auf internationalen Schutz (Folgeanträge).

 

Der Erstbeschwerdeführer begründete seinen Folgeantrag dahingehend, er werde in der Heimat nach wie vor gesucht, weshalb er erneut um Asyl ansuche. Er habe kürzlich zu seiner in Tschetschenien lebenden Tante per Skype Kontakt aufgenommen. Diese habe ihm mitgeteilt, auf keinen Fall zurückzukommen, weil einige Personen nach ihm gesucht hätten. Er werde verfolgt, weil sein Vater gegen die Russen gekämpft hätte; sein Cousin sei von den örtlichen Behörden getötet worden. Zu seinen Befürchtungen, was ihm in der Heimat drohe, brachte er vor, davon überzeugt zu sein, getötet zu werden, sollte er zurückkehren müssen. Auf die Frage, ob es konkrete Hinweise dafür gebe, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung oder Strafe, die Todesstrafe oder sonstige Sanktionen drohen würden, antwortete der Erstbeschwerdeführer, dass dies nicht der Fall sei, er jedoch davon überzeugt sei, wie sein Vater und Cousin von den Behörden getötet zu werden, welche nicht nach dem Gesetz handeln würden. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderungen seiner Situation oder Fluchtgründe bekannt seien, antwortete er: "Es gibt keine Änderungen."

 

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zu den Neuerungen seit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz an, sie wisse nicht, dass der Antrag schon entschieden worden sei. Ihr Anwalt habe den Beschwerdeführern angeraten, einen neuerlichen Antrag zu stellen. Eine Verwandte ihres Mannes habe diesem per Skype mitgeteilt, dass die Familie auf keinen Fall zurückkommen solle. Denn der Erstbeschwerdeführer werde nach wie vor gesucht. Kürzlich seien wieder Personen zum Haus der Familie gekommen und hätten nach ihm gesucht. Der Cousin des Erstbeschwerdeführers sei getötet worden; danach hätten dessen Mörder auch ihren Gatten gesucht. Den Grund dafür kenne sie nicht, die Behörden würden aber handeln, wie sie wollten.

 

Mit Bescheiden wies das Bundesamt die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 25. August 2016 wegen entschiedener Sache zurück (jeweils Spruchpunkt I.). Ferner wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sämtliche Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Ferner wurde für sämtliche Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig sei (jeweils Spruchpunkt II.). Schließlich bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).

 

In Folge der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurde diese mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Jänner 2017, W234 2012494-3/4E, W234 2012428-3/4E, W234 2012424-3/4E, W234 2012429-3/4E, W234 2012427-3/4E, W234 2117743-2/4E, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG und § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

 

Diese Erkenntnisse wurden am 9. Jänner 2017 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

 

3. Drittes Verfahren (zwischenzeitig ebenfalls in Rechtskraft erwachsen):

 

Am 7. Februar 2017, sohin einen Monat danach, stellten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und die restlichen Beschwerdeführer weitere Folgeanträge auf internationalen Schutz.

 

Dabei gab der Erstbeschwerdeführer vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge der Erstbefragung zum Grund für die neuerliche Antragstellung an, würde er nach Hause zurückkehren, werde er bestenfalls für zehn Jahre ins Gefängnis "gesteckt", im schlimmsten Fall ermordet oder in ein Kriegsgebiet entsendet. Er habe eine Ladung von der Kriminalpolizei in Tschetschenien erhalten, nach ihm werde gefahndet. Die Ladung habe er am 29. Jänner 2017 von einem Freund aus Tschetschenien erhalten. Seine Tante habe diese Ladung am 20. Oktober 2016 übernommen. Befragt, ob er all seine Gründe genannt habe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe sowohl in früheren Verfahren als auch jetzt alle Gründe genannt.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge ihrer Erstbefragung am selben Tag an, die Familie könne nicht in ihre Heimat zurückkehren, da der Erstbeschwerdeführer dort große Probleme habe. Ihr Gatte habe eine Ladung bekommen; sie hätten beschlossen, dass diese nach Österreich geschickt werde, wann dies der Fall gewesen sei, könne sie nicht angeben, da über alle wichtigen Dinge ihr Gatte entscheide. Im Falle einer Rückkehr bestehe zu 100%iger Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass der Erstbeschwerdeführer ins Gefängnis "gesteckt" oder ermordet werde. In ihrer Heimat herrsche Willkür, in Österreich fühlen sich die Beschwerdeführer sicher. Ihre Kinder würden wesentlich besser Deutsch als Tschetschenisch sprechen und würden diese große Schwierigkeiten haben, sich in Tschetschenien einzuleben.

 

Am 21. April 2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor der EAST-Ost statt. Der Erstbeschwerdeführer erklärte zu Beginn nach erfolgter Rechtsberatung, er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren. Auch die Kinder seien gesund. Er nehme Arzneimittel gegen Stresszustände und für bessere Laune ein.

 

In seinem Herkunftsstaat aufhältig sei neben seiner Mutter, eine Tante und ein Onkel sowie eine Halbschwester. Mit seiner Mutter stehe er über Skype ein oder zweimal im Monat in Kontakt. Seine Gattin habe neben ihren Eltern, zwei Brüder und zwei Schwestern im Herkunftsstaat, auch zu diesen bestehe Kontakt.

 

Befragt zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung führte der Erstbeschwerdeführer aus, er werde gesucht und lege in diesem Zusammenhang die bereits erwähnte Ladung im Original vor. Andere Gründe habe er nicht, aber werde er von den Behörden gesucht. Im Fall seiner Rückkehr werde er getötet oder bestenfalls ins Gefängnis kommen. Es bestehe auch die Gefahr, dass er nach Syrien zum Kämpfen geschickt werde, so werde dies bei ihnen zu Hause gemacht. Vor kurzem sei eine Militäreinrichtung von Terroristen überfallen worden, dies sei im Fernsehen gezeigt worden. Auch sei gezeigt worden, dass die Angreifer dabei getötet worden seien. Einen von diesen habe er persönlich gekannt, mit diesem als Kind gemeinsam Fußball gespielt. Man habe auf den Handgelenken Spuren von Handschellen gesehen; die Behörden hätten einfach irgendjemanden getötet und ihn dann am Tatort abgelegt. Die tatsächlichen Terroristen seien aber weg. Im Anschluss daran seien die Verwandten von den Getöteten aus Tschetschenien vertrieben und deren Häuser niedergebrannt worden. Deshalb habe er Angst nach Hause zurückzukehren. Die Behörden würden bestimmt mit dem Erstbeschwerdeführer das Gleiche machen und auch ganz sicher seine Verwandten vertreiben. Befragt was dieser Vorfall mit dem Erstbeschwerdeführer zu tun habe antwortete dieser, sein Freund sei als Terrorist bezeichnet worden, obwohl dieser keiner gewesen sei. Auch sein Onkel; dieser habe allerdings damals gegen die Russen gekämpft.

 

Befragt, woher der Erstbeschwerdeführer wisse, dass er nach Syrien müsste, vermeinte der Erstbeschwerdeführer, dies aus dem Internet erfahren zu haben. Viele Menschen würden von den Behörden gezwungen werden, nach Syrien zu gehen um zu kämpfen. Er habe auch im Internet gelesen, dass Menschen in Haft gequält werden; wenn man ins Gefängnis komme und dann später wieder herauskommen sollte, dann sei die Gesundheit ruiniert. Die Häftlinge würden mit Skorpionen gestochen werden, man führe Flaschen in den After oder Stacheldraht. Sein Cousin sei auch mitgenommen worden, zehn Tage hindurch angehalten worden und so schlimm zugerichtet, dass er danach gestorben sei.

 

Befragt, wann er erfahren habe, dass Behörden Menschen dazu zwingen würden, in Syrien zu kämpfen führte der Erstbeschwerdeführer aus, vor circa einem Jahr. Diese Befürchtung habe er bereits im Zuge der Erstbefragung zu diesem Asylverfahren erwähnt.

 

Dezidiert befragt, ob die Befürchtung nach Syrien geschickt zu werden in Zusammenhang mit der erhaltenen Ladung stünde, antwortete der Erstbeschwerdeführer "ja, klar." Die Gründe für seine Antragstellung seien also im Wesentlichen seit 2012 unverändert und halte er diese aufrecht. Jetzt habe er eine Vorladung.

 

Dezidiert befragt ob also seit seiner Antragstellung im Jahr 2012 keine Änderungen an seinem Fluchtvorbringen eingetreten seien, antwortete der Erstbeschwerdeführer "Nein, keine". Er denke, dass sich die Lage verschlimmert hätte, seiner Tante habe man diese Vorladung ausgehändigt und gedroht, sie wüssten, wo sich die Familie des Erstbeschwerdeführers verstecken würde. Aber sie hätten keine Macht hierher zu kommen. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er wie bereits ausgeführt entweder getötet oder für zehn bis 15 Jahre ins Gefängnis zu kommen oder nach Syrien geschickt zu werden. Oder sie würden ihn zwingen, Informationen über Tschetschenen, die hier in Österreich leben auszuliefern. Eher würde er aber Selbstmord begehen.

 

Die Frage ob er in seinem Herkunftsstaat vorbestraft sei, verneinte der Erstbeschwerdeführer. Als er 16 Jahre alt gewesen sei, sei er unterwegs angehalten und seine Papiere kontrolliert worden. Sie hätten sich die Daten seines Passes notiert und über seine Frage nach dem Zweck gesagt, dass in der Nähe eine Person getötet worden sei und er als Zeuge geführt werde. Über einen Bekannten habe er dann erfahren, dass die Polizisten dem Erstbeschwerdeführer den Mord "anhängen" wollten.

 

Befragt nach Problemen aufgrund seiner Religion führte der Erstbeschwerdeführer nunmehr aus, damals nicht, aber jetzt schon. Die Behörden würden den Islam auslegen wie sie möchten. Die einen Bart tragen würden, würden mitgenommen werden. Er habe bereits erzählt, dass die Behörden derzeit praktizieren würden, junge Männer mitzunehmen, zu töten und zu behaupten, sie seien Terroristen gewesen; all diese Männer hätten Bärte getragen. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er keinen Bart getragen, jetzt, falls er nach Hause geschickt werde, könnte ihm gleiches widerfahren. Er sei in Österreich noch kein einziges Mal wegen seines Bartes oder seiner Kleidung aufgehalten worden; hier werde seine Religion respektiert. Zu Hause würde er sicher mitgenommen werden wegen seines Bartes. Befragt, ob der Bart für ihn ein religiöses Symbol darstelle antwortete der Erstbeschwerdeführer, im Koran sei geschrieben, dass Männer als Moslem Bärte tragen sollen und Frauen den Hijab. Befragt weshalb er bei seiner Einreise nach Österreich keinen Bart trug, rechtfertigte dies der Erstbeschwerdeführer mit seiner Angst mitgenommen zu werden, seine Gattin habe auch keinen Hijab getragen. Dezidiert befragt, ob der Erstbeschwerdeführer somit erklären wolle, dass schlechthin jeder Tschetschene, der einen Bart trage Gefahr laufe, seitens der Behörden als Terrorist eingestuft und erschossen zu werden, antwortete der Erstbeschwerdeführer "Nicht jeder, ein Polizist zB oder ein Mullah darf einen Bart tragen. Gemeint sind die Normalsterblichen wie ich." Sich den Bart abzurasieren, um diesem Problem zu entgehen sei eine Schande. Außerdem würden sie dann einen anderen Grund finden. Über Vorhalt, wonach die Sorge einer religiösen Unterdrückung bereits im Vorverfahren abgehandelt worden sei, rechtfertigte sich der Erstbeschwerdeführer, er könne sich nicht genau erinnern. Er habe nach der Beschwerde sogleich eine negative Entscheidung erhalten und kein Interview gehabt. Das habe er seinem Anwalt zu verdanken, der ihn betrogen und nur Geld kassiert hätte.

 

Probleme auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in seiner Heimat nicht gehabt. Er sei nicht in "Russland" unterwegs gewesen, nur einmal bei seiner Ausreise nach Österreich. Probleme auf Grund seiner politischen Überzeugung, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder weitere persönliche Probleme mit staatlichen Behörden oder Gerichten habe er nicht gehabt.

 

In weiterer Folge wurden Unterlagen bezugnehmend auf Integrationsbemühungen der Familie des Erstbeschwerdeführers vorgelegt.

 

Auf die Möglichkeit zu den ihm vorgehaltenen Länderberichten Stellung zu nehmen verzichtete der Erstbeschwerdeführer, er habe diese nun bereits zum vierten Mal bekommen.

 

Abschließend wurde dem Erstbeschwerdeführer mitgeteilt, dass aus Sicht der belangten Behörde eine mutwillige Antragstellung vorliege und beabsichtigt sei, über den Erstbeschwerdeführer eine Mutwillensstrafe zu verhängen.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin legte zu Beginn ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde Zeugnisse über absolvierte Deutschkurse und eine Bestätigung vor, wonach sie ehrenamtlich als Reinigungskraft arbeite. Sie fühle sich physisch und psychisch in der Lage, der Einvernahme zu folgen, sei gesund. Auch ihre Kinder seien gesund.

 

Ihre bisherigen Angaben entsprechen der Wahrheit. Die Zweitbeschwerdeführerin erstattete sodann ihre familiäre Situation im Herkunftsland und gab an, dass nach wie vor Kontakt zu ihren Angehörigen bestehe.

 

Befragt nach den Gründen für die neuerliche Antragstellung führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, sie könnten wegen der Probleme ihres Mannes auf keinen Fall nach Hause fahren. Befragt, ob sich seit ihrer ersten Antragstellung etwas geändert hätte bzw. ob sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom Jänner 2017 etwas geändert hätte, gab sie an, sie hätten nunmehr eine Vorladung erhalten. Weitere Fluchtgründe bestünden nicht. Die Gründe für ihre Antragstellung seien also im Wesentlichen seit 2012 unverändert und halte sie diese aufrecht.

 

Im Falle einer Rückkehr würde ihr Gatte ins Gefängnis wandern oder gar getötet werden. Abschließend wurde auch die Zweitbeschwerdeführerin informiert, dass aus Sicht der belangten Behörde eine mutwillige Antragstellung vorliege und beabsichtigt sei, Mutwillensstrafe zu verhängen.

 

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge auf internationalen Schutz vom 7. Februar 2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchteil II. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurden erneut eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei. Unter Spruchteil III. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt.

 

Die Bescheide wurde im Wesentlichen damit begründet, dass entschiedene Sache vorliege, das Vorbringen der Beschwerdeführer in einem rechtskräftig beendeten Verfahren bereits als nicht glaubwürdig erachtet worden sei und die vorgelegten neuen Beweismittel nicht geeignet seien, an dieser Einschätzung etwas zu ändern. Im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführer und der Integration hätten sich für die belangte Behörde keine Umstände ergeben, die zu einer anderen Einschätzung als in den rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren geführt hätten.

 

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Juni 2017, W147 2012494-4/3E, W147 2012428-4/3E, W147 2012424-4/3E, W147 2012429-4/3E, W147 2012427-4/3E und W147 2117743-3/3E wurden die Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 FPG 2005, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG, § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

 

4. Mit den nunmehr angefochtenen, im Spruch genannten Bescheiden der belangte Behörde vom 10. Mai 2017 wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 35 erster Fall Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 275,- verhängt.

 

Begründend führte die belangte Behörde nach kurzer Darstellung der Verfahren der einzelnen Anträge aus, die Beschwerdeführer hätten bereits zweimal Folgeanträge gestellt, wobei lediglich ein Zeitraum von wenigen Wochen seit Rechtskraft des jeweiligen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vergangen wäre ohne dass diese eine neues Vorbringen erstattet hätten. Dass diese Anträge nicht zur Zuerkennung eines Schutzstatus führen könnten, habe den Beschwerdeführern in Ermangelung einer Änderung der Faktenlage und aufgrund der zeitlichen Abfolge bewusst sein müssen. Es sei sohin offenkundig, dass die Beschwerdeführer diese Anträge ausschließlich mit dem Ziel gestellt hätten, ihre rechtmäßige Abschiebung in die Russische Föderation zu verhindern. Die Beschwerdeführer hätten somit die Tätigkeit des Bundesamtes mutwillig in Anspruch genommen und hiedurch den Tatbestand des § 35 erster Fall AVG verwirklicht.

 

Die Höhe der Strafe sei angemessen, um die Beschwerdeführer von weiteren derartigen Handlungen abzuhalten.

 

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhoben.

 

Die Beschwerdevorlagen der belangten Behörde vom 13. Juni 2017 langten am 22. Juni 2017 ein.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte, durch Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten zu den in Rechtskraft erwachsenen Verfahren und schließlich durch Einsicht in Auszüge aus ZMR, GVS und IZR.

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Sie bekennen sich zum muslimischen Glauben. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet und sind diese Eltern der restlichen Beschwerdeführer.

 

Die Beschwerdeführer gelangten illegal zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt auf österreichisches Bundesgebiet und stellten am 28. Dezember 2012 (Beschwerdeführer 6 am 25. November 2014) ihren ersten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz und sind seither ununterbrochen im österreichischen Bundesgebiet aufhältig. Über diese Anträge wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 rechtskräftig negativ entschieden. Dabei wurde gleichzeitig eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen und die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation festgestellt.

 

Die Beschwerdeführer stellten daraufhin am 25. August 2016 Folgeanträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation festgestellt. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Jänner 2017 wurde über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden rechtskräftig negativ entschieden.

 

Daraufhin stellten die Beschwerdeführer am 7. Februar 2017 weitere, Folgeanträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden neuerlich wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation festgestellt. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Juni 2017 wurde über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden rechtskräftig negativ entschieden.

 

Die Beschwerdeführer sind illegal eingereist, haben drei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und waren nicht gewillt, nach negativem Ausgang der ersten beiden Verfahren freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.

 

Die Beschwerdeführer beziehen Grundversorgung und gehen keiner Erwerbstätigkeit nach.

 

In beiden Folgeanträgeverfahren nahmen die Beschwerdeführer Rechtsberatung in Anspruch.

 

2. Rechtliche Beurteilung samt Beweiswürdigung:

 

Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Zu A)

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

§ 35 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, lautet:

 

"Mutwillensstrafen

 

§ 35. Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."

 

Eingangs sie zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei einer Mutwillensstrafe nach § 35 AVG, wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Disziplinarmittel handelt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, sowie das zu § 34 AVG ergangene und auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragbare Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1994, 92/10/0469, VwSlg. Nr. 14.064 A/1994).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt im Sinne des § 35 AVG mutwillig, wer sich (u.a.) im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Februar 2012, 2011/01/0271, VwSlg. Nr. 18.337 A/2012, mwN).

 

Die Voraussetzungen zur Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Beschwerdefall gegeben:

 

Die Beschwerdeführer gelangten illegal zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt auf österreichisches Bundesgebiet und stellten am 28. Dezember 2012 (Beschwerdeführer 6 am 25. November 2014) ihren ersten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz. Über diese Anträge wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 rechtskräftig negativ entschieden.

 

Die Beschwerdeführer nahmen daraufhin Rechtsberatung in Anspruch und stellten kurz nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Rückkehr am 25. August 2016 Folgeanträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Jänner 2017 wurde über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden rechtskräftig negativ entschieden.

 

Wiederum kurz nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise stellten die Beschwerdeführer am 7. Februar 2017 weitere, Folgeanträge auf internationalen Schutz, nachdem sie neuerlich Rechtsberatung in Anspruch genommen hatten. Diese wurden mit Bescheiden neuerlich wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Juni 2017 wurde über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden neuerlich rechtskräftig negativ entschieden.

 

Trotz des Umstandes, dass die Beschwerdeführer über die Voraussetzungen, welche zur Abweisung des Antrages führten, im Bilde waren, stellten sie in Kenntnis dieses Sachverhalts Folgeanträge, wobei in diesem Zusammenhang zu betonen ist, dass sie jeweils Rechtsberatung in Anspruch nahmen, somit über die Erfolgsaussichten ihrer Begehren auch juristisch beraten wurden.

 

Insbesondere der chronologische Hergang der einzelnen Folgeanträge zeigt zweifelsfrei, dass die Beschwerdeführer im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit bzw. der Nutz- und Zwecklosigkeit ihre neuerlichen Anträge stellten. Aufgrund der erfolgten Rechtsberatung liegt auch offen auf der Hand, dass die erfolgte drittmalige Inanspruchnahme der belangten Behörde wider besseres Wissen geschah und dies für jedermann erkennbar war bzw. ist.

 

Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe - gegen die sich die Beschwerde übrigens nicht wendet - ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von 726 Euro derart zu bemessen ist, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten werden kann (vgl. dazu etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1999, 98/12/0406). Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Strafrahmen des § 35 AVG in der Höhe von bis zu 726 Euro nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft.

 

Neben dem bereits beschriebenen Mutwillen ist zu Lasten der Beschwerdeführer auch der von ihnen verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger, sowie die Bindung von Ressourcen der belangten Behörde und des ho. Gerichts zu berücksichtigen. Trotz der notorisch bekannten Tatsache, dass die logistischen Mittel des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und auch des ho. Gerichts gegenwärtig voll ausgeschöpft werden müssen, um eingehende Anträge gemäß dem Asyl- und Fremdenrecht und deren Beschwerden in einer einigermaßen vertretbaren Zeit bearbeiten zu können, und eine zeitliche Verzögerung der Erledigung von begründeten Anträgen durch die Bindung von Ressourcen im gegenständlichen Verfahren zur Verletzung wesentlicher Interessen der Antragsteller führt.

 

Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Sanktionshöhe als erschwerend zu werten.

 

Strafmildernde Umstände wurden von den Beschwerdeführern hingegen nicht ins Treffen geführt, zumal sich die Beschwerde auch nicht ausdrücklich gegen die Strafhöhe richtet.

 

Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Beschwerdeführer bei der Bemessung der Strafhöhe nicht weitergehend zu ihren Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass – nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG - § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist und auch sonst keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1994, 92/10/0469, VwSlg. Nr. 14.064 A/1994).

 

Vor dem Hintergrund der geforderten präventiven Wirkung der verhängten Mutwillenstrafe kann im Lichte der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass eine verhängte Strafe in der Höhe von Euro 275,-- in den gegenständlichen Einzelfällen als unverhältnismäßig hoch anzusehen wäre.

 

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Entfall der mündlichen Verhandlung:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) – folgend: GRC – hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

 

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

 

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, Zl. U 466/11 ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

 

Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Projiziert auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Inhalt der Verwaltungsakten die Grundlage der bekämpften Bescheide unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich auch in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern zu erörtern.

 

In der Beschwerde finden sich auch keine Hinweise, wonach eine weitere mündliche Verhandlung notwendig ist, zumal sich dort keine substantiierten Ausführungen finden, die dies erforderlich machen würden.

 

Der maßgebliche Sachverhalt war demnach aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mündlich zu erörtern gewesen wäre, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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