B-VG Art.133 Abs4
AuslBG §12b Z1
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W151.2129874.1.00
Spruch:
W151 2129874-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichterin Mag. Sandra Huber und den fachkundigen Laienrichter Anton Liedlbauer als Beisitzer über die Beschwerden vom 31.03.2016 XXXX , beide vertreten durch Dr. Johannes Bric, öffentl. Notar, Kagraner Platz 1, 1220 Wien gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 29.02.2016, GZ. XXXX betreffend Versagung der Zulassung zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG ) in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 12 b Z1 AuslBG iVm § 20d AuslBG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Das Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz hat der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF zuständigen Behörde schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für XXXX für die Zulassung zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z1 AuslBG erfüllt sind.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden: BF 2 oder XXXX ), geb. XXXX , STA Russische Föderation, stellte am XXXX an die Fremdenbehörde gemäß § 20d Abs 1 AuslBG einen Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG. Dem angeschlossen befand sich die Arbeitgebererklärung der XXXX , XXXX , (im Folgenden: BF 1 oder XXXX ) wonach die BF 2 für die Überwachung der ordnungsgemäßen Herstellung eines Brustkrebstestkits sowie Weiterentwicklung und Verbesserung in diesem Bereich zuständig sein soll und dafür im Betrieb des Unternehmens mit 40 Wochenstunden zu einem Bruttomonatsgehalt (ohne Zulagen) von € 4300.- beschäftigt werden soll. Eine Vermittlung von Ersatzkräften wurde nicht gewünscht, da die Kenntnisse der BF 2 sowie ihr Patent darauf von wesentlicher Bedeutung für die Herstellung und Modifikation seien. Beigelegt waren weiters eine beglaubigte Übersetzung aus dem Russischen betreffend das Diplom der Universität Moskau im Fachbereich Biologie und Chemie vom 30.06.1993 sowie ein Nachweis von Englischkenntnissen der Stufe B2 (IELTS) vom 22.07.2015.
2. Mit Schreiben vom 11.02.2016 gewährte das Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz Parteiengehör, da bei den vorliegenden Angaben die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte nicht vorliegen würden. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.
3. Mit den Bescheiden vom 29.02.2016, XXXX hat das Arbeitsmarktservice Esteplatz (im Folgenden: AMS) den Antrag der BF nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 AuslBG abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die BF 2 die gemäß Anlage C zu § 12b Z 1 AuslBG zu fordernde Mindestpunkteanzahl nicht erreiche. Die BF 2 habe für Qualifikation 30 Punkte erreicht, für ausbildungsadäquate Berufserfahrung 0 Punkte, für Sprachkenntnisse 15 Punkte und für ihr Alter 0 Punkte erhalten, in Summe daher nur 45 anstelle der geforderten 50 Punkte. Die BF 2 sei mittels Parteiengehör aufgefordert worden weitere Nachweise zu erbringen. Da allerdings kein Nachweis bezüglich der Berufserfahrung erbracht worden sei, könnten nun auch keine Punkte angerechnet werden.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Vertretung der BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wegen Begründungsmangel und inhaltlicher Unrichtigkeit und stellte den Antrag den angefochtenen Bescheid aufzuheben und hinsichtlich der ausbildungsadäquaten Berufserfahrung dergestalt abzuändern, dass die Punktezahl 10 vergeben werde und dem Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft im Rahmen des Unternehmens der BF 1 stattzugeben. Inhaltlich wurde – für das Verfahren relevant – zusammengefasst Folgendes vorgebracht:
Die ausbildungsadäquate Berufserfahrung der BF 2 sei bereits im Vorverfahren zu GZ: XXXX (bewilligender Bescheid vom 17.12.2014) rechtskräftig festgestellt und dafür die Höchstpunkteanzahl von 10 vergeben worden. Beigelegt wurde eine Kopie des genannten Bescheides. Die diesbezüglichen Entscheidungsgrundlagen und Dokumente seien aus dem der Behörde vorliegenden Akt ersichtlich. An den Entscheidungsgrundlagen und Dokumenten des Vorverfahrens habe sich nichts geändert. Es sei somit nicht nachvollziehbar, warum die Behörde zwar die fachliche Eignung berücksichtigt, die aktenkundige ausbildungsadäquate Berufserfahrung aber gänzlich unberücksichtigt gelassen habe. Ergänzend wurde eine aktualisierte Bestätigung des " XXXX " vom 18.03.2016 vorgelegt, aus der sich ergebe, dass die BF 2 seit dem letzten Bescheid weiterhin ausbildungsadäquat tätig gewesen sei.
5. Am 11.08.2016 legte das AMS den Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor, dieser wurde der zuständigen Gerichtsabteilung am selben Tag zugeteilt. Die angeschlossene Stellungnahme des AMS führte im Wesentlichen aus, dass der BF 2 bereits eine Rot-Weiß-Rot-Karte mit Gültigkeit vom 20.01.2015 bis 20.01.2016 erteilt worden sei, eine Beschäftigung aber bis dato nicht aufgenommen worden sei. Die BF 2 sei für die BF 1 laut Mitteilung vom 26.06.2015 noch nicht tätig geworden, obwohl sie seit 06.03.2014 als Geschäftsführerin im Firmenbuch eingetragen sei. Betreffend den zweiten Geschäftsführer der BF 1 sei eine Rot-Weiß-Rot-Karte für die Tätigkeit bei der Firma
XXXX GmbH erteilt worden; eine Anmeldung zur Sozialversicherung sei auch hier nicht erfolgt. Es sei daher nicht nachvollziehbar, ob und welche Tätigkeiten die Erstbeschwerdeführerin bereits bisher für die Zweitbeschwerdeführerin verrichtet habe und weshalb bisher keine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt sei.
Betreffend der Berufserfahrung sei eine Bestätigung des " XXXX Moskau" vom 18.03.2016, unterzeichnet von XXXX , sei anzumerken, dass keine Eintragung im russischen Arbeitsbuch erfolgt sei. Betreffend das vorgelegte Patent habe eine Recherche ergeben, dass der Patentschutz dazu in Österreich nicht mehr aufrecht sei. Somit könne die Verwertung des Patents durch jede andere Person in Österreich erfolgen, sofern nicht andere Schutzrechte vorliegen würden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine Vermittlung von Ersatzkräften nicht gewünscht worden sei.
6. Mit Schreiben vom 05.10.2016 wurde den BF vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des Parteiengehörs die Stellungnahme des AMS übermittelt.
7. Mit Schreiben vom 25.10.2016 wurde eine Stellungnahme durch die rechtsfreundliche Vertretung abgegeben. Darin wurde ergänzend zur fachlichen Qualifikation der BF 2 ausgeführt. Zum Beweis wurden ergänzend Auszüge aus dem russischen Arbeitsbuch sowie die Anstellungsverträge seit 2005 in Kopie, alles in russischer Sprache, vorgelegt. Eine nähere Beschreibung des von der BF 2 entwickelten Brustkrebskits sei unter der Website des " XXXX " zu finden. Ebenso seien weitere Informationen zur fachlichen Arbeit der BF 2 auf der internationalen Forschungsplattform " XXXX " ersichtlich. Weiters wurde der Link zu den Patenten der BF 2 bereitgestellt.
Zur Tätigkeit/Funktion der BF 2 wurde ausgeführt, dass die BF 2 für XXXX GmbH die Aufgaben der Herstellung, Weiterentwicklung und eine über Österreich hinausgehende Vermarktung des von ihr entwickelten und zum Patent angemeldeten Brustkrebstestkits wahrnehmen solle. Lediglich der Patentschutz der von ihr entwickelten Patente betreffend eines präventiven HIV Impfstoffes sei von der BF 2 nicht weiter verfolgt worden. Die Aufgabe der XXXX bestehe darin, den an der Einlizenzierung des Brustkrebstestkits interessierten ausländischen Unternehmen entsprechende Konsultationen anbieten zu können und diese bei der Kalibrierung und Anpassung des Brustkrebstestkits unterstützen zu können. Dafür sei es wesentlich, dass die Produktion und Zertifizierung der Brustkrebstestkits innerhalb der EU sowie der Ersteinführung der Brustkrebstestkits in Kliniken und die Schulung des technischen Personals vor Ort vorgenommen werde. In Ermangelung einer Arbeits- und damit verbundenen Aufenthaltsgenehmigung habe die BF 2 dies im letzten Jahr im Rahmen der Möglichkeiten aus Moskau wahrgenommen.
Zu den Ausführungen zu Herrn XXXX wurde vorgebracht, dass aufgrund der langwierigen Vorgänge betreffend Erhalt der notwendigen Arbeitsgenehmigungen Investoren abgesprungen seien und es darum zu Verzögerungen gekommen sei. Als Resultat daraus habe Herr XXXX eine vergleichbare Stelle in den USA angenommen. Ebenso wurde vorgebracht, dass es rechtlich unzulässig, die beiden Verfahren (der BF 2 XXXX ) zu verknüpfen.
Zusammenfassend ergänze die Stellungnahme die einschlägige Berufserfahrung und außerordentliche fachliche Qualifikation der BF 2 für die konkret in Österreich vorgesehene Tätigkeit.
8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2016 wurden den BF ein Verbesserungsauftrag – Amtssprache Deutsch, auch für Beilagen – aufgetragen und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, die verbesserten Unterlagen bis 09.12.2016 zu übermitteln, andernfalls aufgrund der derzeitigen Aktenlage entschieden werde.
Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 19.01.2016 beantragte die am XXXX geborene BF XXXX , Staatsangehörigkeit Russische Föderation (GUS) bei der Stadt Wien, Mag Abt 35 (Fremdenbehörde) gemäß § 20d Abs 1 AuslBG die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG im Unternehmen der XXXX GmbH.
Dem Antrag war beigelegt:
eine Arbeitgebererklärung der XXXX GmbH vom 13.0.2016, aus der hervorgeht, dass diese beabsichtige, die BF 2 aufgrund ihres Patents für die Herstellung eines Brustkrebskits zur Steuerung der Therapie bei an Brustkrebs Erkrankten mit einer Entlohnung (ohne Zulage) von € 4300,-- pro Monat für 40 Wochenarbeitsstunden zu beschäftigen. Ebenso soll sie die ordnungsgemäße Herstellung dieser Kits überwachen und für eine Weiterentwicklung und Verbesserung sorgen.
Die Arbeitgebererklärung enthielt den Hinweis, dass die Vermittlung von Ersatzarbeitskräften nicht erwünscht war, da die speziellen Kenntnisse der BF für die Herstellung und Modifikation der Testkits erforderlich ist.
Zum Nachweis der gemäß Anlage C zu § 12b Abs 1 AuslBG geforderten Kriterien legte die BF Kopien der folgenden Dokumente vor:
* Zeugnis über die Absolvierung eines IELTS Tests vom 22.07.2015 und dem daraus resultieren Sprachnachweis für Englisch der Stufe B2
* beglaubigte Übersetzung des Diploms der staatlichen pädagogischen Universität Moskau, wonach die BF am XXXX 1993 die Fachrichtung Biologie und Chemie absolviert hat und ihr die Qualifikation Biologie und Chemielehrer zuerkannt wurde.
In der Beschwerde wurde eine Arbeitsbestätigung des " XXXX Moskau" vom 18.03.2016 vorgelegt.
Es wurden weitere russische Urkunden (im Original) im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Der Aufforderung des Gerichts, diese in deutsche Sprache zu übersetzen, wurde nicht nachgekommen.
Im AMS geführten Vorverfahren wurde XXXX mit Bescheid vom 17.12.2014, GZ XXXX gemäß § 12b AuslBG als sonstige Schlüsselkraft beim selben Arbeitgeber ( XXXX GmbH) zugelassen und festgestellt, dass aufgrund ihres speziellen Arbeitsgebietes und ihrer Forschertätigkeit, die Ablehnung der Vermittlung von Ersatzkräften gerechtfertigt ist. Weiters wurden ihr 10 Punkte für die ausbildungsadäquate Berufserfahrung zuerkannt.
XXXX erfüllt die erforderliche Mindestpunktezahl im Sinne der Anlage
C zu §12b Z 1 und zwar für Qualifikation 30 Punkte, Sprachkenntnisse 15 Punkt und ausbildungsadäquate Berufserfahrung 10 Punkte, insgesamt daher 55 Punkte.
Das Erfordernis der Mindestbruttoentgeltzahlung ist ebenfalls erfüllt, die Ablehnung der Vermittlung von Ersatzarbeitskräften war gerechtfertigt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Im vorliegenden Fall besteht somit Senatszuständigkeit.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
Das AMS hat mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid XXXX die Zulassung zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) bei der XXXX GmbH versagt. Begründet wurde dies mit dem Nichterreichen der nötigen Punkteanzahl für die in Anlage C zu § 12b Z1 AuslBG angeführten Kriterien, nämlich keiner Punktevergabe für das Kriterium der ausbildungsadäquaten Berufserfahrung .
Kriterien der Schlüsselkraft im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG
Gemäß § 12b Z 1 AuslBG werden Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind.
Gemäß Anlage C über die Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z1 AuslBG lauten diese wie folgt:
Kriterien | Punkte |
Qualifikation | maximal anrechenbare Punkte: 30 |
abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung | 20 |
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120 | 25 |
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer | 30 |
ausbildungsadäquate Berufserfahrung | maximal anrechenbare Punkte: 10 |
Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr) | 2 4 |
Sprachkenntnisse | maximal anrechenbare Punkte: 15 |
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung oder Englischkenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung | 10 15 |
Alter | maximal anrechenbare Punkte: 20 |
bis 30 Jahre bis 40 Jahre | 20 15 |
Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen | 75 20 |
erforderliche Mindestpunkteanzahl | 50 |
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2011/09/0207 vom 26.01.2012 klargestellt hat, sind die in § 12b Z. 1 AuslBG unter anderem enthaltenen Tatbestandselemente "Mindestpunktezahl" und das "Mindestbruttoentgelt" zwingende Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft und müssen kumulativ erfüllt sein.
Mindestpunktezahl:
XXXX hat die erforderliche Mindestpunktezahl im Sinne der Anlage C zu §12b Z 1 AuslBG erreicht:
Das AMS selbst hat der BF im Bescheid für Qualifikation 30 Punkte und für Sprachkenntnisse 15 Punkt zuerkannt, jedoch keine für ihre ausbildungsadäquate Berufserfahrung.
Das AMS begründete dies damit, dass XXXX keine Nachweise für ihre ausbildungsadäquate Berufserfahrung erbrachte.
Dem ist nicht zu folgen:
Das Kriterium der ausbildungsadäquaten Berufserfahrung wurde bereits im Vorverfahren (mit Bescheid vom 17.12.2014, XXXX positiv erledigt) von der Behörde geprüft und es wurden dafür beim gleichgelagerten Sachverhalt (gleiche Dienstnehmerin und gleicher Dienstgeber, gleiche Tätigkeit) 10 Punkte vergeben. Die ausbildungsadäquate Berufserfahrung war daher bereits amtsbekannt. Die belangte Behörde hätte sich lediglich durch Einschau in ihren Vorakt Kenntnis darüber verschaffen und allenfalls im gegenständlich bekämpften Bescheid ausführen müssen, warum sie im gegenwärtigen Verfahren allenfalls zu einem anderem Ergebnis kommt. Die von der Behörde erbrachte Begründung, die BFs hätten der Behörde keine diesbezüglichen Nachweise erbracht, erweist sich daher als haltlos.
XXXX sind folglich 10 Punkte für ihre ausbildungsadäquate Berufserfahrung zuzusprechen, damit hat sie die nötige Punkteanzahl nicht nur erreicht, sondern überschritten (insgesamt 55 Punkte).
Mindestbruttoentgelt
§ 12b Z 1 AuslBG fordert neben dem Erreichen der Mindestpunkteanzahl gemäß der Anlage C, dass der beschäftigten Person für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt gewährt wird, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt.
Die monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt im Jahr 2016 € 4860,00.
Das für XXXX relevante Mindestentgelt beträgt im Jahr 2016 € 2916,-- brutto pro Monat (60%), da sie zum Zeitpunkt der Antragstellung das 30. Lebensjahr überschritten hat.
Das in der Arbeitgebererklärung angeführte monatliche Bruttoentgelt in Höhe von € 4300.- entspricht daher zur Zeit der Antragstellung (Jänner 2016) dem gemäß § 12b Z 1 AuslBG erforderlichen Mindestentgelt für über 30-jährige ArbeitnehmerInnen.
Dem Erfordernis des Mindestbruttomonatsentgeltes ist damit Rechnung getragen.
Arbeitsmarktprüfung:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2013/09/0189 vom 5.9.2014 klargestellt hat, muss für eine Bewilligung nach § 12b Z 1 AuslBG die Voraussetzung des § 4 Abs 1 AuslBG (mit Ausnahme der Z 1 des § 4 Abs 1 AuslBG) gegeben sein.
Die belangte Behörde hat selbst im Vorverfahren umfänglich ausgeführt, dass aufgrund des speziellen Arbeitsgebietes und der Forschertätigkeit von XXXX die Ablehnung der Vermittlung von Ersatzkräften gerechtfertigt ist. Im bekämpften Bescheid finden sich keinerlei Ausführungen dazu, lediglich in der Beschwerdevorlage wird kurz ausgeführt, dass nicht "schlüssig" sei, warum die Vermittlung von Ersatzarbeitskräften von den BFs nicht gewünscht war.
Diese Erwägungen sind für das Bundesverwaltungsgericht aber irrelevant, da im bekämpften Bescheid weder rechtliche Ausführungen zu finden sind noch sich die Ablehnung auf dieses Kriterium stützt.
Die belangte Behörde hätte im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung Möglichkeit gehabt ihren rechtlichen Standpunkt zu vertiefen und umfassend darzulegen. Vielmehr ist dies nur im Wege einer kurzen Stellungnahme im Rahmen der Beschwerdevorlage erfolgt. Damit hat sich die belangte Behörde aber nicht ihrer rechtlichen Möglichkeiten bedient.
Aus all den genannten Gründen war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben und der Beschwerde stattzugeben.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs kann im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung nicht besser und effizienter entsprochen werden. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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