BBG §40 Abs1
BBG §41 Abs1
BBG §42 Abs1
BBG §42 Abs2
BBG §45 Abs1
BBG §45 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
EStG §35 Abs2
BBG §1 Abs2
BBG §40 Abs1
BBG §41 Abs1
BBG §42 Abs1
BBG §42 Abs2
BBG §45 Abs1
BBG §45 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
EStG §35 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:L501.2131310.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Mag. Hermann LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Johann PHILIPP, RR als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX , VSNR. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 14.06.2016 wegen Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) stellte mit Schreiben vom 07.09.2015, eingelangt am 18.09.2015, beim Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) unter Beifügung eines Schreibens des Gewaltschutzzentrums Salzburg einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung.
In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten wird von Dr. XXXX (in der Folge Dr. A.), Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 08.01.2016, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Status Psychicus:
Zu Person, Zeit und Ort orientiert, Antrieb und Psychomotorik reduziert, Aufmerksamkeit und Konzentration nicht beeinträchtigt, psychomotorische Unruhe, Gedankenductus teilweise inkohärent, verminderte Stress- und Frustrationstoleranz, Zukunftsängste, Existenzängste, keine aktuelle Suicidalität, Schlafstörungen, Albträume, Affekt verflacht, Verdacht auf Beziehungsideen
Lfd. Nr. | Funktionseinschränkung | Position | GdB |
01 | Schizoaffektive Psychose, kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Anteilen Wahl des unteren Rahmensatzes, aufgrund der herabgesetzten psychophysischen Belastbarkeit, verminderter Stress- und Frustrationstoleranz, eine adäquate neuropsychiatrische Behandlung wird zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht in Anspruch genommen | 03.04.02 | 50 vH |
Gesamtgrad der Behinderung | 50 vH | ||
In dem anschließend
aktenmäßig durchgeführten Ermittlungsverfahren wurde vom Leitenden Arzt der belangten Behörde festgestellt:
Lfd. Nr. | Funktionseinschränkung | Position | GdB |
02 | Neurodermitis, Zustand nach ausgeprägten Hautausschlägen an unbedeckten Körperstelle wie Gesicht und Händen, aktuell keine Ekzemläsionen vorhanden | 01.01.01 | 10 vH |
Gesamtgrad der Behinderung | 50 vH | ||
Der Grad der Behinderung beträgt somit fünfzig von Hundert (50 v.H.). Keine Steigerung des Grades der Behinderung des führenden Leidens Nr. 1 durch Nr. 2 wegen Geringfügigkeit. Im Vergleich zum Vorgutachten konnte von Seiten der psychischen Störung keine maßgebliche Änderung festgestellt werden. Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt somit unverändert.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG wurde der bP mit Schreiben vom 09.02.2016 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Am 17.02.2016 langte eine Stellungnahme ein, in der im Wesentlichen eine Zunahme der psychosomatischen Beschwerden "hinsichtlich" der chronischen Neurodermitis vorgebracht wurde, zumal die Schübe häufiger geworden seien, mit Schlafstörungen und alltäglichen Erschwernissen einhergehen würden und sich die Erkrankung auch im Gesicht auswirke. Die Zunahme sei nicht, wie unfassbar im Sachverständigengutachten unterstellt, eine wie immer geartete psychische Störung oder gar Erkrankung, sondern die Folge von Cybermobbing. Die erheblich persönlichkeits- und ehrverletzenden kriminalisierenden Veröffentlichungen würden eine andauernde Belastungssituation bewirken, welche zu dem psychosomatischen Beschwerdebild mit den Auswirkungen auf die Haut führe. Es gäbe nicht die geringsten Anzeichen für eine schizoaffektive Psychose - kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Anteilen. Auch sei weder von einer neuropsychiatrischen Behandlung gesprochen worden, noch davon, ob ekzematöse Läsionen vorhanden seien. Sie hielte es ohne Medikation oder sonstigen Missbrauch aus und ‚wenn dabei die Disposition der Neurodermitis häufigere Schübe zeige, dann sei das nur das Übliche von psychosomatischen Erscheinungen als Ausdruck von körperlichen Beschwerden durch psychische Stresssituation'. Es sei nicht nur kein ausführliches Gespräch, sondern gar keines geführt worden, es sei nicht zu Auskünften gekommen. Die angegebene Reduzierung von Antrieb und Psychomotorik sei frei erfunden, auch sei der Gedankenductus nicht inkohärent, die Frustrationstoleranz vermindert oder bestünden Beziehungsideen.
In dem von der belangten Behörde hierauf eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten wird von Dr. XXXX (in der Folge Dr. B), Fachärztin für Neurologie, basierend auf einer persönlichen
Untersuchung am 04.05.2016, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Untersuchungsbefund:
Status Psychicus:
lucide, zeitlich, örtlich, zur eigenen Person und situativ gut orientiert, die Stimmung gedrückt, im Antrieb etwas gesteigert, im Affekt verflacht, psychomotorisch unruhig, Gedankenduktus teilweise inkohärent, Existenzängste, kein Hinweis auf Zwänge oder Phobien, paranoide Ideen, keine akute Suizidalität, Schlafstörungen
Lfd. Nr. | Funktionseinschränkung | Position | GdB |
01 | Schizoaffektive Psychose, kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Anteilen | 03.04.02 | 50 vH |
Gesamtgrad der Behinderung | 50 vH | ||
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die Position 03.04.02 wird mit 50% eingestuft.
Die Wahl des unteren Rahmensatzes der Position 03.04.02 ergibt sich aufgrund der gedrückten Stimmungslage, verbunden mit einer psychomotorischen Unruhe, verminderten Stresstoleranz, Existenzängsten, paranoiden Inhalten sowie Schlafstörungen. Es besteht keine Krankheitseinsicht. Die Untersuchte steht in keiner regelmäßigen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Betreuung. Ein höherer Grad der Behinderung ist nicht zu begründen.
Am 10.06.2016 erstattete der Leitende Arzt der belangten Behörde eine ergänzende Stellungnahme, wonach das Gutachten von Dr. B. die gleiche Diagnose und den gleichen GdB wie im Gutachten Dris. A. ergeben habe. Neurodermitische Ekzeme seien bei der jetzigen Untersuchung nicht festgestellt werden. Der Gesamtgrad der Behinderung bleibe somit unverändert 50%.
Mit Bescheid vom 14.06.2016 wies die belangte Behörde sodann den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gemäß §§ 41, 42 und 45 BBG ab und stellte den Grad der Behinderung weiterhin mit 50% fest; dem Bescheid angefügt war das ärztliche Sachverständigengutachten Dris. B. In der Begründung wurde ausgeführt, dass neurodermitische Ekzeme im Vergleichsgutachten keine mehr festgestellt worden seien, es aufgrund der Geringfügigkeit aber zu keiner Veränderung im festgestellten Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH käme.
Gegen diesen Bescheid wurde mit einem am 21.07.2016 in der belangten Behörde eingelangten Schreiben ohne Vorlage von Beweismitteln fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher die im Gutachten enthaltene diagnostische Komponente "schizoide Anteile" als unzutreffend bezeichnet und die mangelnde Krankheitseinsicht bestritten wird. Die Auswirkungen des Cybermobbing seien nach wie vor vorhanden und nur schwer zu ertragen. Sie sehe sich in dieser Situation zu 100 % beeinträchtigt und behindert, einer angemessenen Lebensführung nachzukommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Sie hat ihren Wohnsitz im Inland.
Lfd. Nr. | Funktionseinschränkung | Position | GdB |
01 | Schizoaffektive Psychose, kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Anteilen Die Wahl des unteren Rahmensatzes der Position 03.04.02 ergibt sich aufgrund der gedrückten Stimmungslage, verbunden mit einer psychomotorischen Unruhe, verminderten Stresstoleranz, Existenzängsten, paranoiden Inhalten sowie Schlafstörungen. Es besteht keine Krankheitseinsicht. Die Untersuchte steht in keiner regelmäßigen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Betreuung. | 03.04.02 | 50 vH |
02 | Neurodermitis, aktuell keine Ekzemläsionen vorhanden | 01.01.01 | 10 vH |
Gesamtgrad der Behinderung | 50 vH | ||
Gesamtgrad der Behinderung: Keine Steigerung des Grades der Behinderung des führenden Leidens Nr. 1 durch Nr. 2 wegen Geringfügigkeit. Im Vergleich zu den Vorgutachten aus dem Jahr 2011 (klinische Untersuchung am 15.09.2011 durch Dris. A. bzw. klinische Untersuchung am 31.10.2011 durch Dris. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin) ist weder von Seiten der psychischen Störung noch der Neurodermitis eine maßgebliche Änderung festzustellen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes. Die seitens der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. A., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, und Dris. B., Facharzt für Neurologie, sind ausführlich begründet, schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf, auch stimmen sie in ihren Aussagen überein. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Das Vorliegen der Neurodermitis war aufgrund des Vorgutachtens aus dem Jahr 2011 (klinische Untersuchung am 31.10.2011 durch Dris. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin) im Zusammenhang mit der ergänzenden Anmerkung des Leitenden Arztes der belangten Behörde vom 10.06.2016 festzustellen, zumal der Leitende Arzt aus dem Fehlen von Ekzemen bei der Untersuchung nur das Gleichbleiben des Gesamtgrades der Behinderung und keinesfalls den Wegfall der Hauterkrankung ermittelte.
Die bP ist in ihrer Beschwerde den Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen der Sachverständigen seien unzutreffend. Das Vorbringen, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, wurde von der bP durch keinerlei Beweise oder auch nur Beweisanbote untermauert. Es bedarf aber mehr als bloß pauschalen Behauptungen, also eines gewissen Mindestmaßes an Konkretisierung des Vorbringens, um im Rahmen der freien Beweiswürdigung an der Richtigkeit der Sachverständigengutachten Zweifel zu erwecken bzw. um die Pflicht der Behörde zum weiteren Tätigwerden auszulösen (vgl. VwGH 21.11.2014, 2013/02/0223). Unterlässt es eine Partei im Verfahren genügend mitzuwirken, so handelt die Behörde im Allgemeinen nicht rechtswidrig, wenn sie weitere Erhebungen unterlässt (vgl. VwGH vom 10.092008, 2006/05/0062).
Es war daher den seitens der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten zu folgen, weshalb diese in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen. (§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Im Hinblick auf den - wie gezeigt unbedenklichen - Inhalt der Sachverständigengutachten ist das Hauptleiden unter Pos. 03.04.02 mit 50vH als führend anzunehmen und wirkt die Pos. 01.01.01 nicht steigernd. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie unter Punkt II. 2. ausgeführt, wurden die hierzu eingeholte Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Es war daher von vornherein absehbar, dass eine mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, sodass der erkennende Senat unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung Abstand nahm.
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