BVwG W203 2130235-1

BVwGW203 2130235-126.7.2016

B-VG Art.133 Abs4
SchUG §19 Abs3a
SchUG §25 Abs1
SchUG §25 Abs2
SchUG §71 Abs2 litc
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
SchUG §19 Abs3a
SchUG §25 Abs1
SchUG §25 Abs2
SchUG §71 Abs2 litc
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W203.2130235.1.00

 

Spruch:

W203 2130235-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde der mj. XXXX, geboren am XXXX, als Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten XXXX als Zweitbeschwerdeführer und XXXX als Drittbeschwerdeführerin vom 13.07.2016 gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 08.07.2016, GZ 200.002/0336-AH/2016, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 25 Abs. 1 und 2 und § 71 Abs. 2 lit. c Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

Die Schülerin XXXX ist zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe, die 8. Klasse des Oberstufenrealgymnasiums, nicht berechtigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 102/2014, nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF) besuchte im Schuljahr 2015/16 die 7. I-Klasse des XXXX in XXXX.

2. Im Jahreszeugnis für das Schuljahr 2015/16 wurde die BF im Pflichtgegenstand Englisch mit "Nicht genügend" und in sechs weiteren Pflichtgegenständen mit "Genügend" beurteilt.

3. Am 23.06.2016 entschied die Klassenkonferenz der 7. I-Klasse des XXXX, dass die BF die Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht erhalte.

Am 27.06.2016 bestätigte der Zweitbeschwerdeführer als Vertreter der BF den Erhalt dieser Entscheidung.

4. Am 27.06.2016 erhoben der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin einen als "Berufung" bezeichneten Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 23.06.2016 und begründeten diesen zusammengefasst wie folgt:

Die BF habe auf Grund einer schweren Erkrankung mehrere Wochen lang nicht am Unterricht teilnehmen können und weise insgesamt 196 Fehlstunden auf. Trotzdem habe sie im Selbststudium binnen kürzester Zeit alle Fächer bis auf Englisch positiv abschließen können. Die BF verfüge über das Potential, bis zur Matura auch den versäumten Stoff in Englisch nachholen und sich gleichzeitig in allen anderen Fächern weiter verbessern zu können. Als Grund für die Nichtgewährung der Aufstiegsklausel wäre von der Klassenkonferenz ein "ungesichertes Genügend" in Deutsch angegeben worden. Diese Benotung wäre auf Schwierigkeiten bei einer Textanalyse im Rahmen einer Schularbeit zurückzuführen, die sich daraus ergeben hätten, dass die BF krankheitsbedingt nicht in der Schule gewesen sei, als der Text detailliert analysiert und geübt worden wäre. Da die BF auf die vorletzte Schularbeit ein "Genügend" bekommen habe, könne es sich bei der Benotung im Jahreszeugnis nicht um ein "ungesichertes Genügend" handeln.

Die BF habe in ihrer gesamten schulischen Laufbahn nie eine Nachprüfung gehabt, habe nie die "Aufstiegsklausel" in Anspruch nehmen müssen und sei auch in den Halbjahreszeugnissen nie negativ beurteilt worden.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum der BF die Aufstiegsklausel nicht gewährt werde, obwohl sie in den letzten Schulwochen nach ihrer Genesung eindeutig bewiesen habe, welches Verbesserungspotential in ihr stecke.

Die BF stehe auf Grund dieser Fehlentscheidung unter enormem psychischen Druck.

Weitere Belege für das Vorhandensein von Leistungsreserven würden sich daraus ergeben, dass die BF zwei Muttersprachen, nämlich Deutsch und Tschechisch, spreche, und ihre Tschechisch-Kenntnisse im regelmäßigen Selbststudium vertiefe. Sie würde aber dieses Selbststudium in Tschechisch vorübergehend hintanstellen, sollte sich herausstellen, dass sie den Maturafächern noch mehr Aufmerksamkeit widmen müsse.

Die BF würde Einzelunterricht in der Maturaschule nehmen, und im September würde die Familie voraussichtlich wieder eine australische Austauschschülerin aufnehmen, mit der die BF Englisch auch praktisch üben könne.

Die BF würde während des Maturajahrganges auch die aktive Mitwirkung bei schulischen Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts sowie vorübergehend ihr Engagement im Jugendchor einstellen.

5. Aus Anlass des Widerspruchs holte der Stadtschulrat für Wien (im Folgenden: die belangte Behörde) mehrere Stellungnahmen ein.

5.1. Die Direktorin der Schule nahm am 30.06.2016 zusammengefasst wie folgt Stellung: Unbestritten seien die Bemühungen und der Lernwille der BF. Das Problem sei aber auch, dass "an den vielfach vorhandenen Schwächen aus den letzten Jahren" gearbeitet werden müsse.

Die Entscheidung der Klassenkonferenz sei nach reiflicher Überlegung aufgrund der Faktenlage und nach pädagogischen Kriterien erfolgt. Es könne keine Rede davon sein, dass ein Teil der Lehrerschaft "nicht an die BF glauben" würde, vielmehr sei der BF nicht zuletzt wegen deren zahlreicher Fehlstunden auf Grund von Erkrankung in den beiden vergangenen Schuljahren sehr entgegengekommen worden.

Aus Sicht des Lehrkörpers sei die BF inzwischen an ihren Leistungsreserven angelangt und verfüge über keine zusätzlichen Kapazitäten, auf die sie im kommenden Schuljahr zurückgreifen könne.

5.2. Gemäß einer Stellungnahme des Klassenvorstands der 7. I-Klasse vom 29.06.2016 habe es während des gesamten Schuljahres 2015/16 weder von der BF noch von deren Eltern Beschwerden über die Behandlung der BF im Unterricht und deren Benotung gegeben. Der gesamte Lehrkörper habe die BF stets wohlwollend behandelt und unterstützt. Von etwaigen psychischen Problemen der BF habe er nichts gemerkt, vielmehr sei diese im Unterricht zwar ruhig gewesen, habe aber niemals depressiv oder ausgelaugt gewirkt und auch in den Pausen immer einen fröhlichen Eindruck hinterlassen.

Nicht nur er, sondern auch die Kollegenschaft würde die BF im Unterricht als sehr zurückhaltend, leise und schüchtern erleben. Aktive Mitarbeit der BF sei eher selten, doch sei sie aufmerksam und habe stets ihre Unterlagen parat. Die Noten der BF wären seit der fünften Klasse vor allem in den sprachlichen Fächern meist "gerade noch positiv" gewesen und auch in Mathematik sei sie stets mit "Genügend" beurteilt worden. Die BF habe bis jetzt die Klassen der Oberstufe nur "mit Mühe und hohem Einsatz" positiv abschließen können. Auf Grund der Notenentwicklung wäre die BF wohl an ihrem Leistungsplafond angekommen und es scheine "so gut wie keine Leistungsreserven" mehr zu geben.

5.3. In einem undatierten Schreiben nahm die Deutschlehrerin der BF im Schuljahr 2015/16 zusammengefasst wie folgt zu dem Widerspruch Stellung:

Es habe im Schuljahr pro Semester je eine Schularbeit gegeben, wobei die erste Schularbeit der BF mit "Genügend" und die zweite mit "Nicht genügend" beurteilt worden sei. Auf Grund der negativ beurteilten zweiten Schularbeit sei nach erfolgter "Frühwarnung" gemäß § 19 Abs. 3a SchUG an die Eltern der BF ein von der BF selbst gewählter Prüfungstermin vereinbart worden. Diese Prüfung, die am 06.06.2016 stattgefunden habe, sei lediglich auf Grund der Berücksichtigung der zahlreichen Fehlstunden der BF positiv beurteilt worden.

Mündliche Mitarbeit durch die BF sei kaum vorhanden gewesen, sie habe sich nur sehr selten in den Unterricht eingebracht. Hausübungen habe die BF zeitgerecht abgegeben und verbessert, würden aber immer wieder inhaltliche Schwächen und sprachliche Mängel - vor allem in der Grammatik - aufweisen. Die BF tue sich sehr schwer, Gelerntes richtig anzuwenden und auf Arbeitsaufträge einzugehen.

In einem Gespräch mit der Drittbeschwerdeführerin am 22.04.2016 sei diese intensiv darauf hingewiesen worden, dass nicht damit zu rechnen sei, dass die BF auf Grund der vorhandenen großen Lücken problemlos in die 8. Klasse aufsteigen können werde. Da die BF massive Probleme im Unterrichtsgegenstand Deutsch, die sich keinesfalls durch ein paar Nachhilfestunden beseitigen lassen könnten, habe, seien keine Leistungsreserven vorhanden, um auch noch den versäumten Stoff im Gegenstand Englisch aufholen zu können.

Die BF habe nicht nur jenen Stoff, der während ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit unterrichtet worden sei, sondern auch die sonstigen durchgenommenen Textsorten nicht ausreichend beherrscht. In der 8. Schulstufe müssten zur Vorbereitung auf die Matura weitere Textsorten erarbeitet werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die BF die bereits durchgenommenen Textsorten nicht ausreichend beherrsche und gleichzeitig Mängel im Fach Englisch aufzuarbeiten habe, sei es nicht vorstellbar, dass sie im Fach Deutsch dem Unterricht der 8. Klasse erfolgreich folgen können werde.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.07.2016, GZ 200.002/0336-AHS/2016, wurde der Widerspruch der BF gegen die Nichtberechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe abgewiesen. Begründend wurde unter weitegehend wörtlicher Widergabe der Stellungnahme der Deutschlehrerin der BF ausgeführt, dass die BF im Jahreszeugnis zwar nur im Pflichtgegenstand Englisch mit "Nicht genügend" beurteilt worden sei, dass sie aber auf Grund der Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe nicht aufweise.

7. Am 13.07.2016 erhoben der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 08.07.2016. Begründend führten sie aus, dass auf die im Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vorgebrachten Argumente im Bescheid nicht eingegangen worden wäre.

Bei der Erstellung der Leistungsprognose hätten auch die besonderen Umstände, vor allem die lange Erkrankung der BF, berücksichtigt werden müssen. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass die BF im Schuljahr 2015/16 genügend Leistungsreserven aufgebracht habe, um alle Fächer bis auf Englisch positiv abzuschließen. Die negative Beurteilung der zweiten Schularbeit sei nicht auf mangelnde Leistungsreserven sondern darauf zurückzuführen, dass die BF jene Unterrichtseinheiten versäumt habe, in denen der Schularbeitsstoff detailliert behandelt worden wäre.

Wie eine Akteneinsicht am 05.07.2016 gezeigt habe, sei für die Nachprüfung im Pflichtgegenstand Englisch [gemeint:

Wiederholungsprüfung gemäß § 23 SchUG] die Englischlehrerin, die bereits angekündigt habe, die Fragen so zu stellen, dass die BF keinesfalls die Prüfung bestehen werde, als Erstprüferin vorgesehen, womit der BF schon vorab die Chance auf eine faire Prüfung genommen werde.

Außerdem habe sich das "unredliche Verhalten" einiger Lehrer gegenüber der BF auch während der Ferien fortgesetzt, was ebenfalls Anlass zur Sorge gebe, dass die BF bei der "Nachprüfung" nicht fair behandelt werden würde.

8. Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen einlangend am 18.07.2016 samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Landesschulrates (Stadtschulrates für Wien) wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 i.d.g.F., entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F., sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

2. Zu Spruchpunkt A)

2.1. Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit "Befriedigend" beurteilt wurde.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist ein Schüler ferner zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält, aber

a) der Schüler nicht auch schon im Jahreszeugnis des vorhergegangenen Schuljahres in demselben Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" erhalten hat,

b) der betreffende Pflichtgegenstand - ausgenommen an Berufsschulen - in einer höheren Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist und

c) die Klassenkonferenz feststellt, dass der Schüler auf Grund seiner Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweist.

Gemäß § 71 Abs. 2 lit c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer von zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit§ 25) oder zum Übertritt in eine mindestens dreijährige mittlere oder in eine höhere Schule nicht berechtigt ist (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6a) ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß § 18 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.

Gemäß § 19 Abs. 3a SchUG ist, wenn die Leistungen des Schülers auf Grund der bisher erbrachten Leistungen in einem Pflichtgegenstand zum Ende eines Semesters mit "Nicht genügend" zu beurteilen wären, dies den Erziehungsberechtigten ab November bzw. ab April unverzüglich mitzuteilen und dem Schüler sowie den Erziehungsberechtigten vom Klassenvorstand oder vom unterrichtenden Lehrer Gelegenheit zu einem beratenden Gespräch zu geben (Frühwarnsystem). Dabei sind insbesondere Fördermaßnahmen zur Vermeidung dieser negativen Beurteilung (z.B. Analyse der Lerndefizite unter Einbeziehung der individuellen Lern- und Leistungsstärken, Fördermöglichkeiten, Förderunterrichtsangebote, Leistungsnachweise) zu erarbeiten und zu vereinbaren.

Gemäß § 20 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand auf einer ganzen Schulstufe alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen (§ 18 SchUG) zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist. Dabei sind die fachliche Eigenart des Unterrichtsgegenstandes und der Aufbau des Lehrstoffes zu berücksichtigen.

2.2. Unstrittig ist, dass die BF im Jahreszeugnis für das Schuljahr 2015/16 im Pflichtgegenstand Englisch mit der Note "Nicht genügend" und in sechs weiteren Pflichtgegenständen mit der Note "Genügend" beurteilt worden ist, wobei die Beurteilung im Pflichtgegenstand Deutsch von der Klassenkonferenz als "nicht ausreichend abgesichert" bewertet worden ist.

Im gegenständlichen Verfahren ist daher ausschließlich zu prüfen, ob bei der BF in den übrigen Pflichtgegenständen, also allen außer Englisch, ausreichend "Leistungsreserven" im Sinne des § 25 Abs. 2 lit c SchUG für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe vorhanden sind. Da in allen anderen Pflichtgegenständen außer Deutsch die Beurteilungen mit Genügend gemäß einstimmigem Beschluss der Klassenkonferenz und unbestritten als "ausreichend abgesichert" bewertet wurden, kann sich die Prüfung im vorliegenden Fall auf den Pflichtgegenstand Deutsch beschränken.

Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei der "Aufstiegsklausel" iSd § 25 Abs. 2 lit. c SchUG um eine Ausnahmeregelung zum Grundsatz handelt, dass eine Schulstufe nur dann erfolgreich abgeschlossen worden ist, wenn das Jahreszeugnis in keinem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält. Dies ergibt sich zum einen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn er davon ausgeht, dass dem Aufsteigen trotz Vorliegen einer auf "Nicht genügend" lautenden Beurteilung "dann, aber auch nur dann" der Vorzug vor dem Wiederholen der Schulstufe gebührt, wenn es auf Grund zu erwartender positiver Entwicklung des Leistungsbildes des Schülers in der nächsthöheren Schulstufe gerechtfertigt erscheint, ihm die Absolvierung eines weiteren (zusätzlichen) Schuljahres zu ersparen. (VwGH, 24.01.1994, 93/10/0224). Zum anderen geht auch das für Unterricht zuständige Bundesministerium für Bildung in seinem an die Schulbehörden, Schulleiter und Lehrer gerichteten Rundschreiben Nr. 20/1997 vom Ausnahmecharakter dieser Bestimmung aus, wenn es darin heißt: "Die Konzeption des § 25 SchUG bedeutet, dass Abs. 2 leg. cit. die Ausnehmeregel (Ausnahmetatbestand) zu Abs. 1 dieser Bestimmung darstellt und nicht in jedem Fall zum Tragen kommt."

Die Frage, wie die Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen - also in allen Pflichteggenständen außer jenem, der mit "Nicht genügend" beurteilt worden ist - beschaffen sein müssen, um einen erfolgreichen Abschluss der nächsthöheren Schulstufe erwarten zu lassen, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten; vielmehr ist eine Einzelfallprüfung durchzuführen (vgl. VwGH 28.04.2006, 2005/10/0158).

Dem § 25 Abs. 2 lit. c SchUG liegt der Gedanke zu Grunde, dass die "Aufstiegsklausel" nur dann zur Anwendung gelangen soll, wenn sich aus den Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen ableiten lässt, dass der Schüler über genügend Leistungsreserven verfügt, um einerseits die Defizite in dem mit "Nicht genügend" beurteilten Gegenstand zu beseitigen und andererseits trotz der hierfür erforderlichen besonderen Anstrengung auch die übrigen Gegenstände positiv abzuschließen. (VwGH 28.04.2006, 2005/10/0158).

Zur Frage, inwieweit die Anzahl der mit "Genügend" beurteilten sonstigen Pflichtgegenstände für die Beurteilung von Leistungsreserven eine Rolle spielt, führt das Rundschreiben RS 20/1997 des BMU aus, dass Konstellationen denkbar seien, bei denen trotz mehrerer auf "Genügend" lautender Jahresbeurteilungen die Erteilung der "Aufstiegsklausel" vertretbar erscheine. Als Entscheidungshilfe bietet des Rundschreiben an, dass eine Situation, in der das Aufsteigen verweigert werden müsse, dann vorliegen könne, wenn bis unmittelbar vor Ende des Schuljahres eine negative Leistungsbeurteilung gedroht habe. Wie sich aus der Stellungnahme der zuständigen Lehrerin ergibt, ist im Pflichtgegenstand Deutsch eine "Frühwarnung" iSd § 19 Abs. 3a SchUG gegenüber den Eltern der BF ausgesprochen worden. Aus dem Umstand, dass eine Frühwarnung gemäß § 19 Abs. 3a SchUG nur dann auszusprechen ist, wenn die Leistungen eines Schülers in einem Pflichtgegenstand auf Grund der bisher erbrachten Leistungen mit "Nicht genügend" zu beurteilen wären, ergibt sich, dass der BF bis unmittelbar vor Ende des Schuljahres eine negative Leistungsbeurteilung im Pflichtgegenstand Deutsch gedroht hat. Schon allein daraus ist ersichtlich, dass es sich bei der Benotung in diesem Gegenstand keineswegs um ein ausreichend abgesichertes "Genügend" handeln kann. Diese Einschätzung der Leistungen der BF decken sich auch mit dem von dieser im Schuljahr 2015/16 gezeigten Leistungsbild. So war neben der ganzjährig gleich bleibenden, geringen Mitarbeitsleistung der BF die erste Schularbeit der BF mit "Genügend" und die zweite mit "Nicht genügend" beurteilt worden. Auch der Umstand, dass bei der Leistungsbeurteilung für eine Schulstufe "dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist" (vgl. § 20 Abs. 1 SchUG), und im Falle der BF sich die Leistungen im Pflichteggenstand Deutsch tendenziell leicht absteigend entwickelt haben, lässt nicht darauf schließen, dass die für die Aufstiegsklausel erforderlichen Leistungsreserven in ausreichendem Maße vorhanden wären.

Das Vorbringen der BF, die belangte Behörde habe es unterlassen, auf die im Widerspruch genannten außergewöhnlichen Belastungen, von denen die BF im Schuljahr 2015/16 betroffen gewesen wäre, einzugehen, geht insofern ins Leere, als bei der Beurteilung von Leistungsreserven ausschließlich auf die erbrachten Leistungen und nicht etwa darauf abzustellen ist, ob in der Sphäre des Schülers gelegene Umstände, die geeignet wären, seine Leistungen negativ zu beeinflussen, vorliegen. (vgl. VwGH 21.09.1987, 87/10/0073). In diesem Sinne können weder die Erkrankung der BF noch deren außerschulische Betätigungen im Jugendchor und beim Vertiefen der Kenntnisse in der tschechischen Muttersprache etwas daran ändern, das die einzig maßgeblichen, im abgelaufenen Schuljahr 2015/16 erbrachten Leistungen der BF nicht auf das Vorhandensein von Leistungsreserven schließen lassen.

Es ist somit keine Rechtswidrigkeit darin zu erkennen, dass die belangte Behörde auf Grund der Leistungen der BF in den übrigen Pflichtgegenständen - insbesondere im Pflichtgegenstand Deutsch - zum Ergebnis gelangt, dass diese die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe nicht erfüllt.

Zu den in der Beschwerde geäußerten Bedenken hinsichtlich einer fairen Durchführung der Wiederholungsprüfung ist festzuhalten, dass Verfahrensgegenstand ausschließlich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nichtgewährung der Aufstiegsklausel trotz eines "Nicht genügend" ist. Auf das Vorbringen hinsichtlich der Bedenken betreffend die Durchführung der noch ausstehenden Wiederholungsprüfung ist daher nicht einzugehen.

2.3. Zur Unterlassung einer mündlichen Verhandlung:

2.3.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

2.3.2. Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde zu Recht entschieden hat, dass die BF zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, da der Sachverhalt nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde und dieser Sachverhaltsfeststellung in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig, noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im verfahrensgegenständlichen Fall daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff).

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.

3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. (vgl. dazu die jeweils zitierten Erkenntnisse des VwGH). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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