BVergG §129 Abs2
BVergG §131 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z1
BVergG §313
BVergG §318 Abs1
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §37
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §129 Abs1 Z7
BVergG §129 Abs2
BVergG §131 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z1
BVergG §313
BVergG §318 Abs1
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §37
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W149.2117365.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Rita-Maria KIRSCHBAUM als Einzelrichterin im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gem. § 312 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 betreffend das Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien" der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, vertreten durch die Bundesbeschaffungs GmbH (BBG), Wien, diese vertreten die Finanzprokuratur, Wien, über den Antrag der XXXX , XXXX , vom 18.11.2015 beschlossen:
A) Der Antrag, dem Auftraggeber Universität für Musik und
darstellende Kunst Wien im Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien" für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht bei sonstiger Exekution zu untersagen,
die Rahmenvereinbarung abzuschließen;
in eventu
das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen;
sowie auszusprechen,
dass der Auftraggeber dem Antragsteller die Pauschalgebühr für diesen Antrag zu Handen ihrer ausgewiesenen Rechtsvertreter bei sonstiger Exekution zu bezahlen hat,
wird gem. § 328 Abs. 1 BVergG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahren und Anträge
Aus der Aktenlage und dem zum derzeitigen Stand des Verfahrens unbestrittenen bzw. von der Antragsgegnerin bestätigten Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich Folgendes:
Die Antragstellerin ist Unternehmen im Bereich der Reinigungsdienstleistungen. Die Antragsgegnerin ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts (Universität). Ziel der Ausschreibung ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung.
Mit Bekanntmachung in Österreich vom 03.07.2015 (EU-weit am 08.07.2015) schrieb die Antragsgegnerin Reinigungsdienstleistungen für die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, im offenen Verfahren (Oberschwellenbereich) nach dem Bestbieter-Prinzip aus.
Die Angebotsfrist endete am 24.08.2015 - 10:00 Uhr und die Antragstellerin gab fristgerecht ein Angebot ab.
Die Angebote wurden sofort nach Ende der Angebotsfrist geöffnet.
Mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 09.11.2015, der Antragstellerin am selben Tag zugestellt, wurde das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden, wobei sich die Antragsgegnerin auf § 129 Abs. 1 Z 7 und Abs 2 BVergG 2006 und zur Begründung im Wesentlichen darauf berief, dass das Angebot zwingend auszuscheiden war, weil das Angebot der Antragstellerin - trotz entsprechender Gelegenheit zur Aufklärung - den kollektivvertraglichen Bedingungen und bestimmten Punkten der Ausschreibungsbedingungen widerspreche sowie eine nicht angeforderte Aufklärung, die in den Ausschreibungsbedingungen so nicht vorgesehen sei, eingereicht habe.
Mit Schriftsatz vom 18.11.2015 stellte die Antragstellerin den
Antrag
Das Bundesverwaltungsgericht möge in der Ausschreibung "Reinigungsdienstleistungen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien" nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Bekanntgabe des Auftraggebers vom 09.11.2015 durch dessen Vertreter Bundesbeschaffung GmbH für nicht erklären.
Des Weiteren stellte die Antragstellerin die
Anträge
auf Ersatz der Pauschalgebühr gemäß § 319 BVergG 2006 zu Handen der Antragstellvertreter (gemäß § 19a RAO) sowie auf Akteneinsicht nach Vorlage des Vergabeaktes.
Darüber hinaus stellte die Antragstellerin den Antrag auf Erlassung nachstehender
Einstweiliger Verfügung
Dem Auftraggeber Universität für Musik und darstellende Kunst Wien wird im Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien" für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht bei sonstiger Exekution untersagt,
die Rahmenvereinbarung abzuschließen;
in eventu
das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen;
sowie auszusprechen, dass
der Auftraggeber dem Antragsteller die Pauschalgebühr für diesen Antrag zu Handen ihrer ausgewiesenen Rechtsvertreter bei sonstiger Exekution zu bezahlen hat.
Am selben Tag überwies die Antragstellerin Pauschalgebühren in Höhe von € 3.078,00 und die Antragsgegnerin wurde gemäß § 328 Abs. 5 BVergG 2006 durch das Bundesverwaltungsgericht über den Nachprüfungsantrag und die beantragte einstweilige Verfügung informiert und aufgefordert, unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 25.11.2015 beim Bundesverwaltungsgericht einlangend, Angaben darüber zu machen, ob Interessen sonstiger Bewerber oder Bieter, der Auftragsgeberin oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung sprechen.
Im Übrigen wurde die Antragsgegnerin aufgefordert innerhalb der besagten Frist näher bezeichnete allgemeine Auskünfte zum gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen und gemäß § 313 Abs. 1 BVergG 2006 sämtliche Unterlagen des gegenständlichen Vergabeverfahrens im Original (unter Anschluss einer vollständigen Übersicht) zu übermitteln.
Am selben Tag erfolgte die Bekanntmachung gemäß § 323 BVergG 2006 auf der Webseite des Bundesverwaltungsgerichts.
Mit Schriftsatz vom 23.11.2015 (eingelangt am selben Tag) reichte die Antragsgegnerin eine Stellungnahme zum Antrag auf einstweilige Verfügung ein übermittelte die geforderten allgemeinen Auskünfte. Die Unterlagen zum Vergabeverfahren langten am 26.11.2015 ein. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass die Zuschlagsentscheidung iSd §§ 130 f BVergG 2006 noch nicht erfolgt ist (Allgemeine Auskünfte, Punkt 18.)
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Erlassung einer einstweilige Verfügung (Spruchpunkt A)
a) Zulässigkeit
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG 2006.
Die Antragsgegnerin ist nämlich öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 und die gegenständlichen Ausschreibung betrifft einen Dienstleistungsauftrag mit einem geschätzten Auftragswert im Oberschwellenbereich gemäß §§ 6, 37 Z 2 BVergG.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 312 Abs. 1 BVergG 2006.
Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 fristgerecht eingebracht, gemäß § 318 Abs. 1 BVergG 2006 vergebührt (§ 328 Abs. 7 BVergG 2006) und enthält die gemäß § 328 Abs. 2 BVergG 2006 geforderten Angaben.
b) Abweisung des Antrages auf Untersagung der Zuschlagerteilung
Das Begehren der Antragstellerin ist darauf gerichtet, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Rahmenvereinbarung abzuschließen bzw. den Zuschlag zu erteilen.
Es ist zunächst festzuhalten, dass sich das Vergabeverfahren im Stadium vor Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung befindet (siehe oben 0).
Es steht somit die Erteilung des Zuschlages nicht unmittelbar bevor, weshalb der Antragstellerin beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens jedenfalls kein unmittelbarer Schaden durch die Erteilung des Zuschlages bevorsteht (BVwG vom 25.02.2014, W139 2001504-1/7E, vom 23.04.2014, W123 2007137-1/7E und vom 17.07.2015, W138 2110661-1/2E sowie bereits BVA vom 12.01.2009, N/0001-BVA/13/2009-6; BVA vom 04.07.2011, N/0056- BVA/12/2011-EV6;
BVA vom 20.07.2011, N/0070-BVA/12/2011-EV7; BVA vom 26.07.2011, N/0071-BVA/12/2011-EV8; BVA vom 27.07.2012, N/0072-BVA/08/2012-EV20;
siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung RV 1171 BlgNR XXII. GP , 141).
Die Antragsgegnerin ist zudem gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 verpflichtet, den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll.
Die Erläuterungen zur BVergG-Novelle 2009 erklären, dass ein Bieter als im Vergabeverfahren verblieben gilt, wenn das Ausscheiden des Angebotes noch nicht bestandsfest geworden ist (Art. 2a Abs. 2 zweiter Unterabsatz der RM-RL spricht von einem "endgültigen" Ausschluss). Dies wäre nämlich erst der Fall, wenn das Ausscheiden des Angebotes von der zuständigen Vergabekontrollstelle bereits für rechtmäßig erkannt wurde oder wenn es keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann (RV 327 BlgNR XXIV. GP , 24 unter Bezugnahme auf RV 1171 BlgNR XXII. GP , 85).
Gemäß Art 2a Abs. 2 der RM-RL ist die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter abzusenden. Bieter gelten danach als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist erst dann endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.
Verbliebene Bieter gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 sind (neben jenen Bietern, die nicht ausgeschlossen wurden bzw deren Angebot nicht ausgeschieden wurde) daher auch jene Bieter, welche die sie betreffende Ausscheidenentscheidung noch fristgerecht bekämpfen können oder welche die Ausscheidensentscheidung rechtzeitig angefochten haben und das betreffende Nachprüfungsverfahren noch nicht beendet ist (Aicher in: Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 131 Rdnr 16).
Selbst unter der Annahme, dass die Antragsgegnerin in naher Zukunft eine Zuschlagsentscheidung treffen würde, wäre diese somit verpflichtet, diese Entscheidung der Antragstellerin als im Vergabeverfahren verbliebener Bieterin - bei sonstiger Bekämpfbarkeit der nachfolgenden Zuschlagserteilung - mitzuteilen, zumal (mit den Worten der RM-RL) der "Ausschluss" gerade Gegenstand des noch nicht abgeschlossenen Hauptverfahrens ist (Aicher in:
Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 131 Rdnr 17; siehe auch die eingangs Judikatur).
Daher ist im konkreten Fall eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung entstandene oder sonstige unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin, die im Sinne des § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu beseitigen oder zu verhindern wären, nicht ersichtlich. Die Untersagung der Zuschlagserteilung ist zur Absicherung des Nichtigerklärungsbegehrens und des potentiell bestehenden Anspruches auf Zuschlagserteilung nicht notwendig (idS Madl in: Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³, Rdnr 2058).
c) Gebühren
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
2. Zulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich mit Beschluss vom 09.08.2010, AW 2010/04/0024, ausgeführt:
Durch die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an die gegenständliche Beschwerde würde die am 27.05.2010 für die Dauer von höchstens sechs Wochen erlassene einstweilige Verfügung nicht wieder in Kraft treten (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11.08.2008, Zl. AW 2008/04/0043). Die Beschwerdeführerin würde vielmehr lediglich so gestellt, als ob das Nachprüfungsverfahren ohne aufrecht bestehende einstweilige Verfügung anhängig wäre. Diesfalls könnte die Beschwerdeführerin jedoch - entgegen ihrer offenbaren Ansicht - nicht als "im Vergabeverfahren verbliebene Bieterin" angesehen werden, der gemäß § 131 BVergG 2006 die Zuschlagsentscheidung mitzuteilen ist und die diese Entscheidung daher anfechten kann (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 10.10.2007, Zl. AW 2007/04/0054, mit dem der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen die Abweisung eines von einer ausgeschiedenen Bieterin gestellten Antrages auf einstweilige Verfügung mit der Begründung stattgegeben hat, dass ohne die dem Antrag auf einstweilige Verfügung zukommende Sperrwirkung der Bieter Gefahr liefe, von einer Zuschlagsentscheidung nicht verständigt zu werden und diese Entscheidung daher nicht anfechten zu können).
Der Verwaltungsgerichtshof geht offenbar entgegen der im vorliegenden Beschluss geäußerten Ansicht davon aus, dass ein Bieter, der ein Nachprüfungsverfahren hinsichtlich des Ausscheidens seines Angebotes eingeleitet hat, bereits vor Beendigung des betreffenden Vergabekontrollverfahrens als "nicht im Vergabeverfahren verbliebener Bieter" angesehen werden könnte und für diesen somit mangels entsprechender Sicherungsmaßnahme die Gefahr besteht, nicht von der Zuschlagsentscheidung in Kenntnis gesetzt zu werden.
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