BVwG W219 2100920-1

BVwGW219 2100920-123.6.2015

AVG 1950 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
AVG 1950 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W219.2100920.1.00

 

Spruch:

W219 2100920-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter TOLAR als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXXvertreten durch RA Dr. Karl NEWOLE, Zelinkagasse 6, 1010 Wien, gegen den Bescheid der AUSTRO CONTROL Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH vom 15.01.2015, LSA 605-047/04-14-5, betreffend Verhängung einer Mutwillensstrafe, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 35 AVG iVm § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß § 25a VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.01.2015 verhängte die Austro Control GmbH (die belangte Behörde) über die Beschwerdeführerin als flugmedizinische Sachverständige gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 450,--.

1.1. In der Begründung dieses Bescheides hält die belangte Behörde - nach Darstellung der anzuwendenden Rechtsvorschriften - unter "Sachverhalt" Folgendes fest:

Die Beschwerdeführerin sei gemäß unionsrechtlichen Bestimmungen als flugmedizinische Sachverständige ("aero-medical examiner" - "AME") autorisiert. Seit Anwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 vertrete die Beschwerdeführerin die Rechtsauffassung, dass eine Übermittlung von Untersuchungsergebnissen gemäß MED.A.025 (b) (4) leg.cit. iVm AMC1.MED.A.025 (a) aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig sei. Die Beschwerdeführerin habe sich geweigert, ihren Pflichten zur Übermittlung detaillierter Untersuchungsergebnisse an die belangte Behörde gemäß MED.A.025 (b)

(4) leg.cit. nachzukommen. Als Grund habe die Beschwerdeführerin neben den datenschutzrechtlichen Bedenken angegeben, dass "die AMC und der Zivilluftfahrtpersonal-Hinweis (ZPH.MED.1) der Austro Control GmbH" nicht verbindlich seien.

Mit Schreiben vom 07.06.2013 habe die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgefordert, "die gemäß den unionsrechtlichen Bestimmungen verpflichtend zu übermittelnden Unterlagen (v.a. Antragsformular und medizinischer Untersuchungsbericht gemäß ARA.MED.135 leg.cit. iVm AMC1.ARA.MED.135) nachzureichen".

Mit Schreiben vom 27.06.2013 habe das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) ersucht, bis zur Klärung der Frage einer allfälligen rechtlich zulässigen Alternative zur Übermittlung detaillierter Untersuchungsergebnisse vorerst von den in den unionsrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen gegen jene flugmedizinischen Sachverständigen, die MED.A.025 (b) (4) leg.cit. nicht beachten, alleine aus diesem Titel Abstand zu nehmen. Aus diesem Grund habe die belangte Behörde die Weigerung der Beschwerdeführerin, den in Rede stehenden Verpflichtungen nachzukommen, "bis vor Kurzem geduldet. Dass dies allerdings nur temporär bis zur abschließenden Klärung der oben angeführten Rechtsfrage erfolgen wird, war [der Beschwerdeführerin] selbstredend bekannt".

Die Beschwerdeführerin habe auch in der Folge nicht die von der belangten Behörde verlangten Unterlagen, sondern lediglich das von ihr ausgestellte flugmedizinische Tauglichkeitszeugnis und einen "Bericht" ohne Untersuchungsergebnisse übermittelt.

Mit Schreiben vom 11.12.2014 habe das BMVIT, nachdem die rechtliche Abklärung umfassend erfolgt sei, das "Ersuchen vom 27.06.2013" für gegenstandslos erklärt.

Mit Schreiben vom 18.12.2014 habe die belangte Behörde der Beschwerdeführerin in Ergänzung zum Schreiben vom 07.06.2013 mitgeteilt, dass sie ab sofort nach Abschluss einer flugmedizinischen Tauglichkeitsbeurteilung die flugmedizinischen Unterlagen (Antragsformular, Untersuchungsbericht, Tauglichkeitszeugnis) gemäß der geltenden Rechtslage unverzüglich an die belangte Behörde zu übermitteln habe sowie die noch ausständigen flugmedizinischen Unterlagen der von ihr seit 08.04.2013 durchgeführten flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen (Antragsformular, Untersuchungsbericht) bis 08.01.2015 nachzureichen habe. Dem Schreiben sei eine Liste der insgesamt 64 von 08.04.2013 bis 16.12.2014 durchgeführten flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen beigelegt worden. Als Gründe hierfür seien der Beschwerdeführerin in diesem Schreiben folgende Erwägungen mitgeteilt worden:

* Die Tatsache der Negierung der Pflicht der flugmedizinischen Sachverständigen zur Übermittlung von detaillierten Gesundheitsdaten gemäß MED.A.025 (b) (4) iVm AMC1.MED.A.025 (a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 sei bis zur Überprüfung einer allfälligen Alternative bloß geduldet worden.

* Eine Arbeitsgruppe aus Pilotenvertretern, namhaften Datenschutzexperten sowie Vertretern der Austro Control GmbH, des BMVIT, des Bundesministeriums für Gesundheit und der EASA habe die diesbezüglichen Fragestellungen und auch den "vom Antragsteller" verwendeten Bericht umfassend rechtlich geprüft und das Ergebnis dem Datenschutzrat mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2014 zur Kenntnis gebracht.

* Die Datenschutzbehörde habe mit Schreiben vom 01.10.2014 die Vorgangsweise der belangten Behörde aus datenschutzrechtlicher Sicht bestätigt.

* Die EASA habe im Rahmen einer behördlichen Überprüfung der belangten Behörde im Oktober 2014 die formelle Beanstandung gegenüber der Republik Österreich ausgesprochen, dass bezüglich jener flugmedizinischen Sachverständigen, welche keine vollständigen Berichte an die Aufsichtsbehörde übermittelten, bisher keine behördlichen Aufsichtsmaßnahmen (wie in den anzuwendenden unionsrechtlichen Regelungen vorgesehen) erfolgt seien.

Mit Schreiben vom 24.12.2014 habe die Beschwerdeführerin um Fristerstreckung und um "Ausstellung der Forderung der Austro Control GmbH in Bescheidform" ersucht.

Mit Schreiben vom 07.01.2015 habe die belangte Behörde dem Ersuchen um Fristerstreckung stattgegeben und die Frist bis 21.01.2015 erstreckt.

Mit Bescheid vom 08.01.2014 (gemeint: 2015), GZ LSA 605-047/04-14-3, habe die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 24.12.2014 auf Ausstellung des Inhalts des Aufforderungsschreibens der belangten Behörde vom 18.12.2014 abgewiesen. Dies insbesondere mit der Begründung, dass die Rechtslage klar und nachvollziehbar sei und die Beschwerdeführerin kein privates rechtliches Interesse hinsichtlich der bereits geklärten Rechtsfrage habe.

Am 08.01.2014 (gemeint: 2015) habe ein Bote im Auftrag der Beschwerdeführerin der belangten Behörde ein Paket ohne Begleitschreiben gebracht. Das Paket habe zwar die gemäß dem Unionsrecht zu übermittelnden Antragsformulare und medizinischen Berichte der geforderten Probanden enthalten. Allerdings seien auf sämtlichen Dokumenten die enthaltenen Gesundheitsdaten geschwärzt bzw. abgedeckt und mit dem Ausdruck "Fiduciam Commissum" versehen worden. Dadurch seien sämtliche Gesundheitsdaten der Probanden offenbar bewusst und absichtlich unkenntlich gemacht worden und für die Behörde nicht verwertbar gewesen.

1.2. Unter "Rechtliche Würdigung" hält der angefochtene Bescheid fest:

Die Rechtslage hinsichtlich der Übermittlung von Gesundheitsdaten durch flugmedizinische Sachverständige an die zuständige Behörde nach flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen sei allen flugmedizinischen Sachverständigen klar und transparent dargestellt worden und der Beschwerdeführerin daher bekannt. Die belangte Behörde und das BMVIT habe der Beschwerdeführerin zwar zunächst ein Interesse an der abschließenden Klärung der nach Ansicht der Beschwerdeführerin unklaren Rechtslage zugestanden, indem eineinhalb Jahre lang die Nichtübermittlung der Untersuchungsergebnisse gemäß MED.A.025 (b) (4) leg.cit. iVm AMC1.MED.A.025 (a) bis zur abschließenden Klärung einer allfälligen rechtlich zulässigen Alternative zur Datenübermittlung nicht sanktioniert worden sei. Jedenfalls mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 02.10.2013, V 42/2013, und spätestens mit der abschließenden rechtlichen Beurteilung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden (ACG, BMVIT, EASA) sei "ein weiteres Vorgehen [der Beschwerdeführerin] im Hinblick auf die ‚Abklärung der strittigen Rechtsfrage' keinesfalls mehr nachvollziehbar".

Dass die Beschwerdeführerin dennoch am 24.12.2014 den Antrag auf Ausstellung eines Bescheides über den Inhalt des Schreibens der belangten Behörde vom 18.12.2014 gestellt habe, zeige deutlich, dass es der Beschwerdeführerin "offenkundig nicht um Rechtsklarheit bzw. Rechtssicherheit, sondern ausschließlich um die Durchsetzung ihrer individuellen Rechtsansicht ging". Die Beschwerdeführerin habe mit dieser Antragstellung die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen, weil sie in Kenntnis der Rechtslage, der erfolgten Abklärungsmaßnahmen der Aufsichtsbehörden, der genannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs und der Rechtsansicht der Datenschutzbehörde gewesen sei. Im Übrigen sei der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bescheidausstellung nicht begründet gewesen. Die Beschwerdeführerin habe sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit mit einem Anbringen an die belangte Behörde gewandt, noch dazu in Form eines Antrags, über den in Bescheidform abzusprechen gewesen sei. Der Antrag lasse auf eine "Freude an der Behelligung der Behörde" schließen. Die offenbare Mutwilligkeit der Antragstellung liege darin, dass die Beschwerdeführerin die Behörde wider besseres Wissen in Anspruch genommen habe, obwohl jedermann die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, erkennen hätte müssen. Die Verhängung einer Mutwillensstrafe nach § 35 AVG sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beispielsweise dann gerechtfertigt, wenn aus einander widersprechenden Angaben ersichtlich sei, dass Rechtsmittel im Bewusstsein ihrer Grundlosigkeit eingebracht wurden und damit offenbar nur die Verschleppung der endgültigen Erledigung bezweckt werde. Daher sei die Einbringung des Antrags vom 24.12.2014 durch die Beschwerdeführerin unter § 35 AVG subsumierbar.

Der Tatbestand des § 35 AVG sei auch durch die "Übermittlung der Unterlagen in der beschriebenen Form am 08.01.2015" verwirklicht, weil in der Absicht, die Angelegenheit zu verschleppen, unrichtige Angaben gemacht worden seien. Die Beschwerdeführerin müsse sich im Klaren darüber gewesen sein, dass sie mit der Übermittlung von geschwärzten Antragsformularen und medizinischen Untersuchungsberichten weder der Aufforderung der belangten Behörde vom 18.12.2014, noch ihrer rechtlichen Verpflichtung gemäß MED.A.025 (b) (4) leg.cit. gerecht werden habe können. Insbesondere die offensichtlich akribisch erfolgte "Bearbeitung" der übermittelten Unterlagen (von insgesamt 128, unter großem Zeitaufwand manipulierten Formularen betreffend 64 Probanden) belege den offenbaren Mutwillen der Beschwerdeführerin, die Angelegenheit zu verschleppen, worin "abermals eine Freude an der Behelligung der Behörde" zu sehen sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs könne nach § 35 AVG die Inanspruchnahme der Behörde "in welcher Weise immer" geahndet werden. Darunter könne auch die bloße Überweisung eines Geldbetrages an die Behörde fallen, wenn daraus zB die Notwendigkeit folge, diesen zu verbuchen und beim zuständigen Referenten rückzufragen, bzw. reiche es aus, wenn die Behörde das Schreiben lesen und entsprechende Handlungen setzen müsse. Dass sich durch die "Anbringen" der Beschwerdeführerin die Notwendigkeit eines sehr hohen zusätzlichen Arbeitsaufwandes für die Behörde ergebe, sei offenkundig. Dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondiere nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts. Dieser Verpflichtung sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, sondern sie habe vielmehr die Behörde offenbar mutwillig behindert, ihren Aufsichtspflichten gemäß der geltenden Rechtslage nachzukommen. Die Beschwerdeführerin hätte ihrer rechtlichen Verpflichtung gemäß MED.A.025 (b) (4) leg.cit. seit 08.04.2013 nachkommen müssen. Die belangte Behörde habe in kulanter Weise bis zur Klärung der offenen Fragen auf die laufende Erfüllung dieser Pflicht vorerst verzichtet. Dass die Beschwerdeführerin damit, dass sie nach erfolgter Aufforderung die Unterlagen mutwillig nicht in der rechtlich gebotenen Form übermittelt habe, die Verschleppung der Angelegenheit und somit eine Verzögerung der Aufsicht über die durchgeführten flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen intendiert habe, sei offenkundig. Weil die Beschwerdeführerin sich "über den ohnehin beträchtlichen Arbeitsaufwand im Zusammenhang mit der nachträglichen Bearbeitung der Unterlagen im Klaren hätte sein müssen", stelle die Übermittlung in der beschriebenen Art und Weise keine adäquate Mitwirkung, sondern vielmehr "eine bewusste Schikane der Behörde" [sic] in offenbarer Verschleppungsabsicht dar.

Strafbar nach § 35 AVG könnten sowohl Menschen sein, welche an die Behörde herantreten, als auch solche, auf die sich eine Amtshandlung bezieht; beides treffe auf die Beschwerdeführerin zu. Die belangte Behörde sei die zuständige Aufsichtsbehörde über flugmedizinische Sachverständige und daher auch für die Erlassung des Bescheides gemäß § 35 AVG zuständig. Die Strafhöhe sei "angesichts der eingetretenen unnötigen Inanspruchnahme der Behörde in einem bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung des gegenständlichen Bescheides [gemeint wohl: eingetretenen Ausmaß von] zwei Werktage[n] eines Mitarbeiters und einige[n] Stunden einer weiteren Mitarbeiterin des zuständigen Sachgebiets der Behörde und des noch nicht abschätzbaren Ausmaßes der zukünftig erforderlichen Beschäftigung der Behörde" und auf Grund der "Eigentumsverhältnisse" [sic] der Beschwerdeführerin gerechtfertigt. Darüber hinaus würden die wiederholte Inanspruchnahme der Behörde und das Ausmaß des an den Tag gelegten Mutwillens die Verhängung der Strafe in der festgesetzten Höhe erforderlich machen, um den Strafzweck - die Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, insbesondere um eine adäquate Aufsicht durch die belangte Behörde zu gewährleisten - zu erreichen.

2. Gegen diesen Bescheid zur Gänze richtete sich die vorliegende Beschwerde vom 02.02.2015, die von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 10.02.2015, eingelangt am 13.02.2015, samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

Die Beschwerde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht wolle den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung ersatzlos aufheben, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Verwaltungsbehörde zurückverweisen.

Obwohl im Spruch des bekämpften Bescheides nicht näher spezifiziert, sei aus dessen Begründung abzuleiten, dass die Mutwillensstrafe als Sanktion für den Antrag auf Bescheidausstellung vom 24.12.2014 sowie für die teilweise Schwärzung der übermittelten Unterlagen der Probanden verhängt worden sei. Verfehlt sei die Ansicht der belangten Behörde, die Mutwillensstrafe könne auch Sanktion für die Verletzung der Mitwirkungspflicht als Partei im Verwaltungsverfahren sein. Die Rechtmäßigkeit der Verhängung der Mutwillensstrafe hätte unter anderem zur Voraussetzung, dass die materiellrechtliche Verpflichtung zur Befolgung der Aufforderung zur Urkundenvorlage vom 24.12.2014 nicht bloß eindeutig bestehen würde, sondern auch für Nicht-Juristen leicht erkennbar wäre. Zusätzlich hätte bei der Beschwerdeführerin Wissentlichkeit hinsichtlich des Bestehens der Verpflichtung bzw. hinsichtlich der Aussichtslosigkeit eines diesbezüglich anderen Rechtsstandpunktes vorliegen müssen. Zu dieser Tatbestandsvoraussetzung habe die belangte Behörde aber überhaupt kein Beweisverfahren geführt und kein Parteiengehör eingeräumt, was schon für sich den angefochtenen Bescheid rechtswidrig mache. Nicht einmal Sachverhaltsfeststellungen seien dazu getroffen worden. Dass der in Rede stehende Umstand laut der Begründung des bekämpften Bescheides der Beschwerdeführerin nach der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs bewusst hätte sein müssen, sei keine taugliche Sachverhaltsfeststellung für positive Wissentlichkeit, und außerdem sei dieser Schluss verfehlt, da nicht einmal die belangte Behörde selbst nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs "auf der rechtlichen Durchsetzbarkeit der von ihr behaupteten Verpflichtung bestanden" habe. Selbstverständlich habe es bei der Beschwerdeführerin keine solche Wissentlichkeit gegeben, und zwar schon deshalb, weil die Behauptung, es bestünde eine solche Verpflichtung, schlicht unzutreffend sei. Daran ändere auch die zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nichts. Dieser habe sich über die Frage der Rechtsverbindlichkeit der AMC bloß in einem obiter dictum geäußert. Vor allem habe er sich mit den Argumenten der Beschwerdeführerin nicht auseinander gesetzt. Daher sei es durchaus möglich, dass der Verfassungsgerichtshof von seiner Meinung in Zukunft wieder abgeht. Aus einer einzigen Entscheidung, die nicht einmal alle Argumente geprüft habe, sei keine gefestigte Rechtsprechung abzuleiten. Noch weniger könne darauf eine Mutwillensstrafe gestützt werden, wären doch diesfalls Argumente, die auf Änderungen bestehender Rechtsprechung hinzielen, von vornherein unzulässig und darauf gerichtete Rechtsmittel mit Mutwillensstrafe zu ahnden. Aus dem Umstand, dass sich die belangte Behörde selbst beinahe zwei Jahre lang der Richtigkeit ihres eigenen Standpunkts so unsicher war, ergebe sich, dass nicht davon die Rede sein könne, dass die Unrichtigkeit des gegenteiligen Standpunkts für jedermann erkennbar gewesen sei. Im Übrigen komme es für die vorgebliche Verpflichtung zur Befolgung der Aufforderung zur Unterlagenvorlage auf die Frage der Verbindlichkeit der AMC gar nicht an. Selbst wenn diese bejaht würde, enthalte nämlich weder die VO 1178/2011 noch eine andere Norm eine Rechtsgrundlage dafür, dass die Behörde ohne weiteres Unterlagen anfordern könnte, welche ihr früher anlässlich von Untersuchungen zu übermitteln gewesen wären. Die Voraussetzungen für eine behördliche Unterlagenanforderung nach "MED 0 25 (d)" [gemeint wohl: MED.A.025 (d)] der VO 1178/2011 seien nicht erfüllt, weil die Aufforderung zur Unterlagenvorlage nicht durch einen konkreten Aufsichtszweck gerechtfertigt gewesen sei. Falls es um die Kontrolle der Tätigkeit und die Ordnungsgemäßheit der Arbeit der Beschwerdeführerin gegangen wäre, wäre es geboten gewesen, das datenschutzrechtlich gelindere, jedoch ausreichende Mittel zu wählen und bloß die Herausgabe anonymisierter Unterlagen zu verlangen. Aus der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ergebe sich "naturgemäß nichts zur Frage der Befolgung der Aufforderung vom 18.12.2015 [gemeint: 2014], bei der es überhaupt nicht um die AMC ging". Das Argument der belangten Behörde, dass "die Sache auch für andere Stellen (EASA, BMVIT, Datenschutzbehörde) klar sei", sei unbeachtlich. Im Rechtsstaat sei eine Frage dann geklärt, wenn es eine gesicherte Rechtsprechung der zuständigen Gerichte gibt (die vorliegend jedoch fehle), und nicht bloß deshalb, weil verschiedene Verwaltungsbehörden, deren Handeln ja der Kontrolle der Gerichte unterworfen sei, eine bestimmte Rechtsansicht vertreten. Demnach sei die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht keineswegs objektiv aussichtslos. Noch weniger sei dies für jedermann leicht erkennbar. Was die Zulässigkeit des Antrags der Beschwerdeführerin auf Bescheidausstellung angehe, so sei das Argument der belangten Behörde, es gehe nicht um subjektive Rechte der Beschwerdeführerin, im Hinblick auf den Umstand, dass es darum gehe, ob die Beschwerdeführerin verpflichtet ist, einer strafsanktionierten, vorgeblichen Verpflichtung zur Unterlagenvorlage nachzukommen, evident unrichtig. Auch entfalle ein Feststellungsinteresse keineswegs schon deshalb, weil die Behörde meine, ihre Rechtsansicht sei richtig, sondern erst, wenn die Sache rechtskräftig entschieden sei, was hier nicht der Fall sei. Auch das Argument der belangten Behörde, es gehe der Beschwerdeführerin nicht um Rechtsklarheit, sondern um die Durchsetzung ihres individuellen Rechtsstandpunkts, verkenne das Thema der Zulässigkeit des gestellten Feststellungsantrags. Denn dieser habe nach seinen objektivrechtlichen Grundlagen (analog § 228 ZPO) den Zweck, eine gerichtliche Klärung der Richtigkeit individueller Rechtsstandpunkte im Zusammenhang mit strittigen Rechtsverhältnissen zu erlauben. Dass der Antrag auf "Ausstellung eines Bescheides" gemessen an der Rechtsprechung zur analogen Anwendung des § 228 ZPO nicht völlig korrekt formuliert gewesen sei, sei im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin keine Juristin sei, keinesfalls als mutwillig anzusehen und auch nicht für jedermann leicht erkennbar. Das "Schwärzen in den Unterlagen" sei per se keine unrichtige Angabe, weshalb die Mutwillensstrafe für dieses Verhalten auch nicht auf die zweite Alternative des § 35 AVG gestützt werden könne. Die Bestrafung sei, da sie erstmalig erfolgt sei, jedenfalls zu hoch. Die Angaben der belangten Behörde zu dem bei ihr entstandenen Arbeitsaufwand seien nicht "intersubjektiv nachvollziehbar".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt steht fest:

1.1. Die belangte Behörde richtete an die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als flugmedizinische Sachverständige ("aero-medical examiner", kurz "AME" iSd VO EU Nr. 1178/2011 ) am 18.12.2014 unter dem Titel "Aufforderung zur Übermittlung von flugmedizinischen Unterlagen" folgendes Schreiben, das der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 23.12.2014 zugestellt wurde:

"Sehr geehrte Frau Dr. .... !

Die [belangte Behörde] erlaubt sich, in Ergänzung zum ho. Schreiben vom 07.06.2013 Folgendes mitzuteilen:

Seit 08.04.2013 ist für die Durchführung flugmedizinischer Tauglichkeitsuntersuchungen und die Ausstellung flugmedizinischer Tauglichkeitszeugnisse die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 , idgF, anzuwenden.

Flugmedizinische Sachverständige sind verpflichtet, die sie betreffenden Bestimmungen des Unionsrechts zu beachten.

* Sie übermitteln der [belangten Behörde] jedoch nur das jeweilige Tauglichkeitszeugnis und einen nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechenden medizinischen Bericht.

* Sie übermitteln entgegen der [sic] unionsrechtlichen Bestimmungen der [belangten Behörde] keine Untersuchungsergebnisse.

Dieser Umstand wurde auf Grund des Ersuchens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 27.06.2013 auf Grund der Stellungnahme des Datenschutzrates vom 29.04.2013 seitens der [belangten Behörde] bis zur abschließenden rechtlichen Abklärung der Möglichkeit von alternativen Nachweisverfahren zu MED.A.025 (b) (4) leg.cit. iVm AMC1.MED.A.025 (a) geduldet und daher bislang rein aus der Tatsache der Nichtübermittlung der rechtlich geforderten Unterlagen von der Einleitung eines Widerrufs- oder Aussetzungsverfahrens abgesehen. Dies wurde Ihnen seitens der [belangten Behörde] per e-mail mit gleichem Datum mitgeteilt.

Die zu diesem Zweck ins Leben gerufene Arbeitsgruppe, an der neben der [belangten Behörde] auch das BMVIT, das Bundesministerium für Gesundheit, die Europäische Agentur für Flugsicherheit EASA, Pilotenvertreter sowie namhafte Datenschutzexperten beteiligt waren, hat die diesbezüglichen Fragestellungen und auch den von Ihnen verwendeten Bericht umfassend rechtlich geprüft. Das Ergebnis wurde dem Datenschutzrat mit Schreiben der [belangten Behörde] vom 05.12.2014 zur Kenntnis gebracht.

Die Datenschutzbehörde hat darüber hinaus mit Schreiben vom 01.10.2014 die Vorgangsweise der [belangten Behörde] aus datenschutzrechtlicher Sicht bestätigt.

Die EASA hat im Rahmen einer behördlichen Überprüfung der [belangten Behörde] im Oktober 2014 zum Bereich MED die formelle Beanstandung gegenüber der Republik Österreich ausgesprochen, dass bezüglich jener flugmedizinischer Sachverständigen, welche keine vollständigen Berichte an die Aufsichtsbehörde übermitteln, bisher keine behördlichen Aufsichtsmaßnahmen (wie in den anzuwendenden unionsrechtlichen Regelungen vorgesehen) erfolgt sind.

Das BMVIT hat mit Schreiben vom 11.12.2014 mitgeteilt, dass auf Grund der obigen Erwägungen das Schreiben vom 17.06.2013 gegenstandslos ist.

Somit sind ab sofort nach Abschluss einer flugmedizinischen Tauglichkeitsbeurteilung die flugmedizinischen Unterlagen (Antragsformular, Untersuchungsbericht, Tauglichkeitszeugnis) unverzüglich an die [belangte Behörde] zu übermitteln.

Sie werden darüber hinaus aufgefordert, der [belangten Behörde] bis längstens 8. Jänner 2015 folgende Unterlagen sämtlicher von Ihnen seit dem 08.04.2013 durchgeführten flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen in Kopie zu übermitteln (eine entsprechende Liste der von Ihnen übermittelten Tauglichkeitszeugnisse ist diesem Schreiben angeschlossen):

* Antragsformular gemäß AMC1.ARA.MED.135

* medizinischer Untersuchungsbericht gemäß AMC1. ARA.MED.135

* sofern sich dies aus dem Untersuchungsbericht als notwendig ergibt, auch die entsprechenden dazu gehörenden Befunde

Sofern die geforderten Unterlagen nicht innerhalb der oben genannten Frist bei der [belangten Behörde] einlangen, werden die unionsrechtlich vorgesehenen Maßnahmen gemäß ARA.GEN.355 und ARA.MED.250 leg.cit. eingeleitet."

Angeschlossen war diesem Schreiben eine "Liste der Probanden" der Beschwerdeführerin "ab 08.04.2013".

1.2. Die Beschwerdeführerin erwiderte darauf mit folgendem Telefax vom 24.12.2014:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bestätige den Erhalt Ihres Schreibens vom 18.12.2014, eingelangt am 23.12.2014, mit der Forderung nach Übermittlung sämtlicher im Rahmen flugmedizinischer Untersuchungen erhobener Daten seit 8.4.2013 bis zum 8.1.2015.

Aus naheliegenden Gründen ist diese Frist nicht einzuhalten.

Ich ersuche daher um Fristerstreckung um zumindest 6 Wochen und um Ausstellung Ihrer Forderung in Bescheidform.

Mit freundlichen Grüßen ..."

1.3. Am 07.01.2015 richtete die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin folgendes Schreiben, das der Beschwerdeführerin am 12.01.2015 per Hinterlegung zugestellt wurde:

"Sehr geehrte Frau Dr. ... !

Bezug nehmend auf Ihr Ansuchen um Fristerstreckung vom 24.12.2014 (ho. eingelangt per FAX am 24.12.2014) um sechs Wochen ergeht folgende Verfahrensanordnung:

Die mit Schreiben der [belangten Behörde] vom 18.12.2014 erteilte Frist zur Übermittlung der darin angeführten flugmedizinischen Unterlagen der von Ihnen seit dem 08.04.2013 durchgeführten flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen in Kopie wird vom 8.01.2015 auf 21.01.2015 erstreckt."

1.4. Am 08.01.2015 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde per Boten ein Paket ohne Begleitschreiben, das die vollständigen Antragsformulare und medizinischen Berichte sämtlicher 64 Probanden, für welche die belangte Behörde dies mit dem Schreiben vom 18.12.2014 gefordert hatte, enthielt. Die Beschwerdeführerin hatte auf sämtlichen Dokumenten die enthaltenen Gesundheitsdaten unkenntlich gemacht und mit dem Ausdruck "Fiduciam Commissum" versehen.

1.5. Mit Bescheid vom 08.01.2015, der Beschwerdeführerin zugestellt durch Hinterlegung am 13.01.2015, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin "vom 24.12.2014 (eingelangt am 24.12.2014) auf Ausstellung eines Bescheides über den Inhalt des Schreibens vom 18.12.2014 (Aufforderung der Übermittlung von flugmedizinischen Unterlagen an die [belangte Behörde] gemäß MED.A.025 (b) (4) der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 )" ab. Der Begründung dieses Bescheides gemäß bestehe auf Grund der klaren Rechtslage kein Grund, der Antragstellerin ein rechtliches Interesse an der Ausstellung eines Bescheides über den Inhalt des Schreibens vom 18.12.2014 zuzubilligen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel.

1.6. Der bekämpfte Bescheid vom 15.01.2015 wurde der Beschwerdeführerin am 20.01.2015 zugestellt.

2. Diese Feststellungen gründen auf folgender Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt beruht zur Gänze auf den Verwaltungsakten bzw. auf den Schriftsätzen im Beschwerdeverfahren, wobei die Verfahrensparteien zu den festgestellten Punkten kein voneinander abweichendes Vorbringen erstattet haben und der Sachverhalt somit jedenfalls insoweit unstrittig ist.

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu A)

3.1. Nach Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. In diesem Sinne ist das Bundesverwaltungsgericht für Beschwerden gegen Bescheide der Austro Control GmbH zuständig (siehe auch Janezic, Neues im Luft-fahrtrecht 2014, ZVR 2014/69; allgemein zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Zusammenhang vgl. Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2013] 29 [40ff]). Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern - wie im vorliegenden Fall - die Entscheidung durch Senate gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

Gemäß § 17 VwGVG, BGBl. I 33/2013, sind - soweit nichts anderes bestimmt ist - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG insbesondere die Bestimmungen des AVG und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in jenem Verfahren, das dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Gemäß § 35 AVG kann die Behörde gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.

3.3. Die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 03.11.2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 311 vom 25.11.2011, enthält im Abschnitt A des Anhangs IV ("Allgemeine Anforderungen") betreffend die Pflichten flugmedizinischer Sachverständiger ("aero-medical examiner", kurz "AME") insbesondere folgende Bestimmung:

"MED.A.025 ...

b) Nach Abschluss der flugmedizinischen Untersuchungen und/oder Beurteilungen müssen flugmedizinische Zentren, flugmedizinische Sachverständige, Ärzte für Allgemeinmedizin und Ärzte für Arbeitsmedizin: ...

(4) im Falle von Bewerbern um ein Tauglichkeitszeugnis unverzüglich einen unterzeichneten oder elektronisch authentifizierten Bericht bei der Genehmigungsbehörde einreichen, der das Ergebnis der Beurteilung und eine Kopie des Tauglichkeitszeugnisses einschließt.

c) Flugmedizinische Zentren, flugmedizinische Sachverständige, Ärzte für Allgemeinmedizin und Ärzte für Arbeitsmedizin müssen gemäß der nationalen Gesetzgebung Aufzeichnungen führen, in denen die Einzelheiten über die gemäß diesem Teil durchgeführten Untersuchungen und Beurteilungen sowie deren Ergebnisse enthalten sind.

d) Flugmedizinische Zentren, flugmedizinische Sachverständige, Ärzte für Allgemeinmedizin und Ärzte für Arbeitsmedizin müssen dem medizinischen Sachverständigen der zuständigen Behörde auf Anfrage sämtliche flugmedizinischen Aufzeichnungen und Berichte sowie alle übrigen relevanten Informationen vorlegen, wenn dies für die Bescheinigung der Tauglichkeit und/oder für Aufsichtszwecke erforderlich ist."

Die Acceptable Means of Compliance (AMC) and Guidance Material to Part-MED zur VO (EU) Nr 1178/2011, ausgegeben von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safety Agency - EASA) am 15. Dezember 2011, wurden auf der Internetseite der EASA kundgemacht und lauten auszugsweise:

"AMC1 MED.A.025 Obligations of ... AME ...

(a) The report required in MED.A.025 (b) (4) should detail the results of the examination and the evaluation of the findings with regard to medical fitness.

(b) The report may be submitted in electronic format, but adequate identification of the examiner should be ensured.

(c) If the medical examination is carried out by two or more AMEs or GMPs, only one of them should be responsible for coordinating the results of the examination, evaluating the findings with regard to medical fitness, and signing the report."

3.4. Die belangte Behörde hat die Mutwillenstrafe zum einen als Sanktion dafür verhängt, dass die Beschwerdeführerin - als Reaktion auf das Schreiben der belangten Behörde vom 18.12.2014 unter dem Titel "Aufforderung zur Übermittlung von flugmedizinischen Unterlagen" - in ihrem Telefax vom 24.12.2014 um "Ausstellung Ihrer Forderung in Bescheidform" ersucht hat. Die belangte Behörde sieht in dieser Antragstellung eine offenbar mutwillige Inanspruchnahme der Behörde, weil die Beschwerdeführerin in Kenntnis der Rechtslage (die belangte Behörde ist - wie die anderen genannten Aufsichtsbehörden - der Rechtsansicht, dass bereits unmittelbar das Unionsrecht klar und verbindlich zum Ausdruck bringe, welche Unterlagen - und das ohne Schwärzungen - im Zusammenhang mit Tauglichkeitsuntersuchungen durch "AME" vorzulegen sind) gewesen sei, sie sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit ihres Anbringens an die belangte Behörde gewandt habe, wobei jedermann die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, erkennen hätte müssen, weil die Beschwerdeführerin überdies den Antrag nicht begründet habe und weil der Antrag auf eine "Freude an der Behelligung der Behörde" schließen lasse.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kann der Tatbestand der mutwilligen Inanspruchnahme der Behörde iSd § 35 AVG auch durch Stellung von Anträgen (vgl. VwGH 08.11.2000, 97/21/0023) und sogar durch Erhebung von Rechtsmitteln verwirklicht werden. Dabei ist aber zu bedenken, dass der Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden muss. Ein solcher ist daher nur ausnahmsweise dann am Platz, wenn für das Verhalten des Einschreiters nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt. Es genügt jedenfalls nicht, dass die Partei ihren Rechtsstandpunkt in der Hoffnung, dabei erfolgreich zu sein, mit einer gewissen Hartnäckigkeit vertritt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I 2. Ausgabe 2014, § 35 Rz 3, und die dortigen Nachweise, insbesondere VwGH 29.06.1998, 98/10/0183; 16.02.2012, 2011/01/0271).

Die Beschwerdeführerin hat den Bescheid vom 08.01.2015, mit dem die belangte Behörde den - im vorliegend bekämpften Bescheid als mutwillige Inanspruchnahme der Behörde qualifizierten - Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Bescheides abgewiesen hat, nicht bekämpft. Daher ist es dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, gewissermaßen im Sinne einer "Feinprüfung" über die Frage zu entscheiden, ob im Wege eines solchen Antrages das von der Beschwerdeführerin angestrebte Ziel, ihren Rechtsstandpunkt betreffend eine datenschutzrechtliche Einschränkung der von der belangten Behörde behaupteten Verpflichtungen zur Vorlage von Unterlagen durchzusetzen, erreicht werden kann. Davon, dass mit diesem Antrag die Inanspruchnahme der Behörde wider besseres Wissen und unter solchen Umständen geschehen sei, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen (also Rechtsschutz im Hinblick auf den datenschutzrechtlichen Standpunkt der Beschwerdeführerin zu finden), für jedermann erkennbar gewesen sei (wie dies eine Subsumtion unter § 35 AVG voraussetzen würde, vgl. VwGH 18.04.1997, 95/19/1707; 27.05.1999, 97/02/0345, 16.02.2012, 2011/01/0271), kann aber nicht die Rede sein: Mit dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten Beschluss vom 02.10.2013, V 42/2013, wies der Verfassungsgerichtshof einen auf Art. 139 B-VG gestützten Individualantrag eines (anderen) flugmedizinischen Sachverständigen, Teile eines "Zivilluftfahrtpersonal-Hinweises" (ZPH) der belangten Behörde, kundgemacht auf deren Internetseite, als gesetzwidrig aufzuheben, zurück. Dies mit der Begründung, der bekämpfte ZPH sei mittlerweile außer Kraft getreten. Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass der Antrag "darüber hinaus auch aus anderen Gründen zurückzuweisen wäre", insbesondere aus dem folgenden:

"Wie die Austro Control GmbH in ihrer Äußerung dartut, ist die Übermittlung der Gesundheitsdaten an die zuständige Behörde durch die VO (EU) Nr 1178/2011 samt den hierzu seitens der EASA ergangenen Acceptable Means of Compliance (AMC) explizit vorgesehen (MED.A.025 (b) (4) samt AMC 1 MED.A.025, MED.A.050, AMC1 ARA.MED.135 (a), (b) und (c) u.a.). Die AMC wurden gemäß dem Verfahren des Art. 19 iVm Art. 52 der VO (EG) Nr. 216/2008 unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten erlassen und sind dadurch Teil des unmittelbar anwendbaren EU-Sekundärrechts geworden. Aus diesem Grund sind die AMC für die jeweiligen Normadressaten - also für flugmedizinische Sachverständige wie den Antragsteller - bereits ohne Dazwischentreten eines weiteren innerstaatlichen Rechtsaktes (wie zB die Erlassung des ZPH.MED.1) verbindlich. Die Inhalte des ZPH.MED.1 ergeben sich bereits aus den genannten EU-Sekundärrechtsakten bzw. aus den gemäß dem Verfahren des Art. 19 iVm Art. 52 der VO (EG) Nr 216/2008 erlassenen AMC. Durch eine Aufhebung von einzelnen Bestimmungen des ZPH.MED.1 bzw. des ZPH.MED.1 zur Gänze würde die vom Antragsteller angenommene Rechtswidrigkeit nicht beseitigt werden."

Damit hat der Verfassungsgerichtshof gerade keinen Rechtsschutz im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Bedenken (etwa im Sinne eines Erwägens einer allfälligen Primärrechtswidrigkeit der vom Verfassungsgerichtshof genannten Bestimmungen des EU-Sekundärrechts) gewährt bzw. aus prozessrechtlichen Gründen gewähren können und die Rechtslage insoweit auch nicht geklärt - schon gar nicht im Hinblick auf die konkrete Situation der Beschwerdeführerin, etwa im Hinblick darauf, ob die von ihr verwendeten Berichte (vgl. die Aussage der belangten Behörde im Schreiben vom 18.12.2014, sie übermittle regelmäßig "einen nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechenden medizinischen Bericht") den rechtlichen Anforderungen genügen. Dass ein solcher Rechtsschutz - in der Situation, in der sich die Beschwerdeführerin nach Empfang des Schreibens der belangten Behörde vom 18.12.2014 befunden hat - im Wege eines Antrages auf "Ausstellung der Forderung in Bescheidform" an die belangte Behörde (und weiterer Rechtsmittel gegen deren Entscheidung) erzielt werden könnte, ist jedenfalls nicht mit einer für jedermann erkennbaren Aussichtslosigkeit behaftet. Die Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG als Sanktion für die Stellung dieses Antrags ist daher mangels Mutwilligkeit der Inanspruchnahme der Behörde rechtswidrig.

3.5. Den Tatbestand des § 35 AVG sieht die belangte Behörde auch durch die "Übermittlung der Unterlagen in der beschriebenen Form am 08.01.2015" verwirklicht, weil in der Absicht, die Angelegenheit zu verschleppen, unrichtige Angaben gemacht worden seien.

Auch darin jedoch, dass die Beschwerdeführerin Unterlagen vorgelegt hat, die teilweise geschwärzt bzw. abgedeckt und mit dem Zusatz "Fiduciam Commissum" versehen worden waren, liegt keine Handlung, die gemäß § 35 AVG mit Mutwillensstrafe bedroht ist: Mit dieser Handlungsweise hat die Beschwerdeführerin allenfalls aus der Sicht der belangten Behörde unvollständige, jedoch keine unrichtigen Angaben, wie sie § 35 AVG aber ausdrücklich voraussetzt, gemacht. Ob die Beschwerdeführerin mit ihren allenfalls unvollständigen Angaben einer - von der belangten Behörde ins Treffen geführten - "Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung des Sachverhalts" entsprochen hat oder nicht, ist für das Vorliegen einer Verwirklichung des Tatbestandes "unrichtige Angaben in der Absicht der Verschleppung der Angelegenheit" iSd § 35 AVG irrelevant.

3.6. Die gegen die Beschwerdeführerin verhängte Mutwillensstrafe erweist sich somit als nicht rechtmäßig. In Fällen, in denen - wie hier - der maßgebliche Sachverhalt feststeht und der Bescheid von Amts wegen ohne Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen erlassen worden ist, kommt lediglich die ersatzlose Aufhebung gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG in Betracht (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, S. 156, Anm. 18, iVm Hengstschläger/Leeb, AVG III § 66 Rz 105).

Der Bescheid war daher ersatzlos aufzuheben.

4. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt vollständig anhand der Aktenlage und der insofern unstrittigen bzw. einander nicht widersprechenden Angaben beider Verfahrensparteien in den Schriftsätzen feststellbar war, konnte im vorliegenden Fall die Durchführung der Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

5. Die Revision ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der gegenständliche Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten (und als solcher einheitlichen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Mutwillensstrafe konnten zur Auslegung des § 35 AVG etwa die Erkenntnisse VwGH 18.04.1997, 95/19/1707; 29.06.1998, 98/10/0183; 27.05.1999, 97/02/0345; 08.11.2000, 97/21/0023; 16.02.2012, 2011/01/0271 herangezogen werden, wobei die individuelle Frage, ob die Verhängung der Mutwillensstrafe im konkreten Fall der Beschwerdeführerin rechtmäßig ist, keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung hat (vgl. VwGH 24.04.2014, Ra 2014/01/0010).

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